Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.03.2020Das Paradies im Kopf
Kein anderer Künstler seiner Zeit dürfte derart in der Welt herumgekommen sein wie Paul Gauguin. Lange bevor er in Tahiti und auf Hiva Oa seine berühmtesten, farbglühenden Bilder malte, war er in der Ferne unterwegs. Den Lehnstuhlreisenden setzt der "Gauguin-Atlas" auf die Spur des vagabundierenden Suchers nach Inspiration in einem "natürlichen" Leben. Mit historischen Fotos und Briefen, mit Landkarten und vor allem mit Gauguins Werken vermittelt er ein authentisches Bild davon, wie der Künstler seine diversen, heute stark veränderten Stationen vorfand. Dieser unruhige Geist, der nach früher Kindheit in Lima jahrelang als Matrose über die Weltmeere zieht, der dann eine erfolgreiche Karriere als Börsenmakler an den Nagel hängt, Frau und fünf Kinder im Stich lässt und seine gesamte Energie in seine Kunst investiert, schlug seine Zelte in der Bretagne neben Bauernhäusern auf, zog ins winterliche Dänemark, gastierte kurz im verregneten Panama und im exotischen Martinique. Hinzu kommen Stippvisiten in diversen Städten. Nach Tahiti nahm er große Mengen Malmaterialien mit, erwartete er doch, hier endlich das Paradies vorzufinden. Aber paradiesisch dürften ihm dort allenfalls die freizügigen Beziehungen zu jungen Frauen erschienen sein. Längst hatte sich die Zivilisation europäischer Prägung durchgesetzt. Auf seinen Bildern unterschlägt Gauguin dies, seine sinnlichen Südsee-Schönheiten ruhen von Arbeit unbeschwert in schönster Vegetation. Bettelarm starb Gauguin 1903 nach schwerer Krankheit auf Hiva Oa. Sein Grab dort ist heute ein touristisches Ziel.
bsa
"Der Gauguin Atlas" von Nienke Denekamp. Sieveking Verlag, München 2019. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 29 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Kein anderer Künstler seiner Zeit dürfte derart in der Welt herumgekommen sein wie Paul Gauguin. Lange bevor er in Tahiti und auf Hiva Oa seine berühmtesten, farbglühenden Bilder malte, war er in der Ferne unterwegs. Den Lehnstuhlreisenden setzt der "Gauguin-Atlas" auf die Spur des vagabundierenden Suchers nach Inspiration in einem "natürlichen" Leben. Mit historischen Fotos und Briefen, mit Landkarten und vor allem mit Gauguins Werken vermittelt er ein authentisches Bild davon, wie der Künstler seine diversen, heute stark veränderten Stationen vorfand. Dieser unruhige Geist, der nach früher Kindheit in Lima jahrelang als Matrose über die Weltmeere zieht, der dann eine erfolgreiche Karriere als Börsenmakler an den Nagel hängt, Frau und fünf Kinder im Stich lässt und seine gesamte Energie in seine Kunst investiert, schlug seine Zelte in der Bretagne neben Bauernhäusern auf, zog ins winterliche Dänemark, gastierte kurz im verregneten Panama und im exotischen Martinique. Hinzu kommen Stippvisiten in diversen Städten. Nach Tahiti nahm er große Mengen Malmaterialien mit, erwartete er doch, hier endlich das Paradies vorzufinden. Aber paradiesisch dürften ihm dort allenfalls die freizügigen Beziehungen zu jungen Frauen erschienen sein. Längst hatte sich die Zivilisation europäischer Prägung durchgesetzt. Auf seinen Bildern unterschlägt Gauguin dies, seine sinnlichen Südsee-Schönheiten ruhen von Arbeit unbeschwert in schönster Vegetation. Bettelarm starb Gauguin 1903 nach schwerer Krankheit auf Hiva Oa. Sein Grab dort ist heute ein touristisches Ziel.
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"Der Gauguin Atlas" von Nienke Denekamp. Sieveking Verlag, München 2019. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 29 Euro.
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