__WINNER OF THE COSTA BIOGRAPHY AWARD__
Edmund de Waal uncovers the history of a family through a turbulent century through 264 objects.
264 wood and ivory carvings, none of them bigger than a matchbox: Edmund de Waal was entranced when he first encountered the collection in his great uncle Iggie's Tokyo apartment. When he later inherited the 'netsuke', they unlocked a story far larger and more dramatic than he could ever have imagined.
From a burgeoning empire in Odessa to fin de siecle Paris, from occupied Vienna to Tokyo, Edmund de Waal traces the netsuke's journey through generations of his remarkable family against the backdrop of a tumultuous century.
'You have in your hands a masterpiece' Sunday Times
'The most brilliant book I've read for years... A rich tale of the pleasure and pains of what it is to be human' Daily Telegraph
__ONE OF THE GUARDIAN'S 100 BEST BOOKS OF THE 21st CENTURY_
Edmund de Waal uncovers the history of a family through a turbulent century through 264 objects.
264 wood and ivory carvings, none of them bigger than a matchbox: Edmund de Waal was entranced when he first encountered the collection in his great uncle Iggie's Tokyo apartment. When he later inherited the 'netsuke', they unlocked a story far larger and more dramatic than he could ever have imagined.
From a burgeoning empire in Odessa to fin de siecle Paris, from occupied Vienna to Tokyo, Edmund de Waal traces the netsuke's journey through generations of his remarkable family against the backdrop of a tumultuous century.
'You have in your hands a masterpiece' Sunday Times
'The most brilliant book I've read for years... A rich tale of the pleasure and pains of what it is to be human' Daily Telegraph
__ONE OF THE GUARDIAN'S 100 BEST BOOKS OF THE 21st CENTURY_
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.01.2011Die weite Reise der Häsin mit den Bernsteinaugen
Edmund de Waals erstaunliches Erinnerungsbuch ist in Großbritannien vom Geheimtipp zum Favoriten avanciert. Es könnte heute den Costa-Preises für das Buch des Jahres gewinnen. Es folgt einer Sammlung von Netsuke durch die Wirren der Zeit.
Im Kölner Wallraf-Richartz-Museum hängt Manets köstliches Stillleben eines Spargelbündels, das der Kunstkritiker und -sammler Charles Ephrussi 1880 direkt beim Künstler erwarb. Das Gemälde gefiel dem Käufer so gut, dass er Manet tausend Franc statt der verlangten achthundert zahlte. Manet schickte ihm daraufhin eine kleine Leinwand mit einem einzigen Spargel und dem charmanten Vermerk, dass diese Sprosse in Ephrussis Bündel noch gefehlt habe. Dieses Bild befindet sich heute im Musée d'Orsay. Getrennt von dem Kölner Stillleben steht es als beredtes Symbol der Zerstreuung von Sammlungen. Nur die in der Literatur überlieferte Anekdote stellt den Zusammenhang her.
Die Assoziationen und Erinnerungen, die sich mit Kunstwerken verbinden und ihnen eine über ihren künstlerischen Wert hinausreichende Bedeutung geben, ist ein Leitfaden der hinreißenden Familiengeschichte des in vielen Museen vertretenen britischen Töpfers Edmund de Waal, Charles Ephrussis Vetter zweiten Grades. Sein Buch "The Hare with the Amber Eyes" ("Der Hase mit den Bernsteinaugen") hat sich über die letzten Monate hinweg durch Mundpropaganda einen verdienten Platz auf der britischen Bestsellerliste erschlichen und ist jetzt der Favorit für den renommierten heute verliehenen Costa-Preis, der aus den fünf Kategorien Biographie, Roman, Erstlingsroman, Lyrik und Kinderbuch einen Titel zum Buch des Jahres kürt.
Den Anstoß für de Waals Spurensuche nach den Vorfahren gab eine Sammlung von 264 Netsuke, die er vor einigen Jahren von einem Großonkel erbte. Mit diesen kleinen geschnitzten Elfenbeinfiguren pflegten die Japaner eine Lackdose an ihrem Kimonogürtel zu befestigen. Als Töpfer, zumal einem, dem die japanische Keramik als Vorbild dient, reizte de Waal die Beschaffenheit und die fühlbare Qualität der Miniaturskulpturen, "Explosionen der Präzision", wie er sie nennt. Als Sohn eines mitteleuropäischen Vaters, dessen Familie von Hitler vertrieben wurde, verband er mit dieser Erbschaft die Geschichte jüdischer Assimiliation und Verfolgung, die er in "The Hare with Amber Eyes" auf berührende Weise erzählt.
Die Ephrussis waren enorm erfolgreiche Getreidehändler aus Odessa, die ein eigenes Bankhaus gründeten und ähnlich den Rothschilds ihre Söhne nach Wien und Paris entsandten, um Filialen zu etablieren. Wie die Rothschilds stiegen sie ins Großbürgertum auf. Sie bauten sich riesige historistische Paläste, in Wien an der Ringstraße, Ecke Schottentor, in Paris in an der Rue de Monceau, in dem Viertel, wo sich die arrivierten jüdischen Finanziers gegen Ende des zweiten Empire in aufwendigem Stil einrichteten. Dort beginnt die Odyssee der Netsuke-Sammlung, die der mondäne Charles Ephrussi, Besitzer der Kunstzeitschrift "Gazette des Beaux Arts", Sammler und Förderer der Impressionisten und einer der Vorbilder für Prousts Swann, erwarb, just zu der Zeit, als Paris in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts von der Japan-Mode erfasst wurde.
Der Autor ist fasziniert von dem Gedanken, wie Objekte Erinnerung verkörpern und was bleibt von den Menschen, die sie einmal besessen haben. Er begibt sich an die alten Schauplätze, reist bis Tokio und Odessa, atmet die Atmosphäre ein und rekonstruiert in Sebaldscher Manier anhand von Familienpapieren, Archivrecherchen und der umfassenden Lektüre historischer und literarischer Bücher das Leben in den Räumen um die Netsuke herum. De Waal tastet sich detektivisch an sein Sujet heran und formt aus lauter Mosaikstücken einen weiten narrativen Bogen, der den Weg der Netsuke umspannt. Diese Reise führt vom Paris der Belle Epoque ins Palais Ephrussi in Wien bis nach Japan, wohin die Netsuke 1899 verfrachtet werden als Hochzeitsgeschenk an den Lieblingsvetter Viktor von Ephrussi, der mit seiner jungen Braut Emmy Schey von Korumla in dem nicht ganz so opulenten, aber immer noch prachtvollen Stock über der Beletage wohnt. Die Vitrine mit den Netsuke wird in Emmys Ankleidezimmer aufgestellt, wo die drei Kinder sich abends versammeln, wenn die Mutter sich für ihre Aufritte in der Wiener Gesellschaft zurechtmacht. Wenn die Kinder mit den Netsuke spielen, erfindet ihnen die Mutter manchmal Geschichten dazu.
Die Figuren gehören, wie de Waal notiert, nicht mehr zum Salonleben, sondern zur Intimsphäre der Wiener Ephrussis. Sie sind Kinderspielzeuge geworden und haben so ihre ursprüngliche Bedeutung verändert. De Waal taucht ebenso einfühlsam in das Wien von Sigmund Freud und der Sezession ein wie zuvor in die proustsche Welt der Pariser Haute Juiverie und später in das Japan der Nachkriegszeit. Unaufdringlich streut er immer wieder ein, wie eng sich die säkularen Ephrussis der Kultur verbunden fühlten, in der sie lebten, wie sehr sie Goethe liebten und dem Kaiser ergeben waren. Jeden Tag kommen Pakete an mit Büchern, die der bibliophile Viktor von Ephrussi bei den Antiquariaten Europas bestellt. Und begeistert notiert seine Tochter Elisabeth, de Waals Großmutter, die Gedichte schreibt und mit Rilke korrespondiert, in dem kleinen grünen Buch, in dem sie ihre Konzert- und Opernbesuche verzeichnet, nach einer Vorstellung von Wagners "Meistersingern": "Heilige Deutsche Kunst".
Im Hintergrund aber raunt der Antisemitismus, der in Frankreich durch die Dreyfus-Affäre zum Ausbruch gelangt und Charles Ephrussis Welt erschüttert und der in Wien noch viel fatalere Folgen hat. Am 11. März 1938, dem Tag, and dem Bundeskanzler Schuschnigg zum Rücktritt gezwungen wird, sitzt das Ehepaar Ephrussi in der Bibliothek ihres Palais neben dem großen englischen Radiogerät. De Waal schildert, wie das Dienstmädchen Anna dem in Odessa geborenen Viktor den Tee nach russischer Art in einem Glas auf einer Porzellanplatte mit Zucker und einer Zitronenscheibe serviert, wie die herzschwache Emmy einen englischen Tee bekommt und wie der ganz und gar assimilierte Sohn einen schwarzen Kaffee nimmt. Aus solchen Einzelheiten bezieht das Buch seine Schmerzlichkeit. In derselben Nacht bricht der Pöbel in die Wohnung ein, verbannt die Familie in die Bibliothek, durchwühlt Schubladen, zerschlägt Möbel und macht sich mit einigen Prätiosen davon. Damit sei der Anfang gemacht, vermerkt de Waal lakonisch, bevor er zurückgenommen und dennoch tief ergriffen das kaltschnäuzig-bürokratische Verfahren der Enteignung und "Arisierung" dokumentiert. Die neunundfünfzig Jahre alte Emmy begeht Selbstmord, ihr bald achtzigjähriger Mann kann seiner Tochter ins englische Tunbridge Wells folgen. An seiner Uhrkette hängt noch der Schlüssel seiner längst zerstreuten Bibliothek. Die Netsuke wurden von dem treuen Dienstmädchen gerettet, die sie nach und nach heimlich in ihrer Schürze aus der Vitrine entfernt und sie in ihrer Matratze versteckt hatte. Annas Spur hat sich verloren, aber Edmund de Waal ist überzeugt, dass sich auch ihr Verbleib aufklären wird, spätestens mit der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe seines wunderbaren Buches.
GINA THOMAS
Edmund de Waal: "The Hare with Amber Eyes". A hidden inheritance.
Random House UK, London 2010. 368 S., geb., 16,99 £.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Edmund de Waals erstaunliches Erinnerungsbuch ist in Großbritannien vom Geheimtipp zum Favoriten avanciert. Es könnte heute den Costa-Preises für das Buch des Jahres gewinnen. Es folgt einer Sammlung von Netsuke durch die Wirren der Zeit.
Im Kölner Wallraf-Richartz-Museum hängt Manets köstliches Stillleben eines Spargelbündels, das der Kunstkritiker und -sammler Charles Ephrussi 1880 direkt beim Künstler erwarb. Das Gemälde gefiel dem Käufer so gut, dass er Manet tausend Franc statt der verlangten achthundert zahlte. Manet schickte ihm daraufhin eine kleine Leinwand mit einem einzigen Spargel und dem charmanten Vermerk, dass diese Sprosse in Ephrussis Bündel noch gefehlt habe. Dieses Bild befindet sich heute im Musée d'Orsay. Getrennt von dem Kölner Stillleben steht es als beredtes Symbol der Zerstreuung von Sammlungen. Nur die in der Literatur überlieferte Anekdote stellt den Zusammenhang her.
Die Assoziationen und Erinnerungen, die sich mit Kunstwerken verbinden und ihnen eine über ihren künstlerischen Wert hinausreichende Bedeutung geben, ist ein Leitfaden der hinreißenden Familiengeschichte des in vielen Museen vertretenen britischen Töpfers Edmund de Waal, Charles Ephrussis Vetter zweiten Grades. Sein Buch "The Hare with the Amber Eyes" ("Der Hase mit den Bernsteinaugen") hat sich über die letzten Monate hinweg durch Mundpropaganda einen verdienten Platz auf der britischen Bestsellerliste erschlichen und ist jetzt der Favorit für den renommierten heute verliehenen Costa-Preis, der aus den fünf Kategorien Biographie, Roman, Erstlingsroman, Lyrik und Kinderbuch einen Titel zum Buch des Jahres kürt.
Den Anstoß für de Waals Spurensuche nach den Vorfahren gab eine Sammlung von 264 Netsuke, die er vor einigen Jahren von einem Großonkel erbte. Mit diesen kleinen geschnitzten Elfenbeinfiguren pflegten die Japaner eine Lackdose an ihrem Kimonogürtel zu befestigen. Als Töpfer, zumal einem, dem die japanische Keramik als Vorbild dient, reizte de Waal die Beschaffenheit und die fühlbare Qualität der Miniaturskulpturen, "Explosionen der Präzision", wie er sie nennt. Als Sohn eines mitteleuropäischen Vaters, dessen Familie von Hitler vertrieben wurde, verband er mit dieser Erbschaft die Geschichte jüdischer Assimiliation und Verfolgung, die er in "The Hare with Amber Eyes" auf berührende Weise erzählt.
Die Ephrussis waren enorm erfolgreiche Getreidehändler aus Odessa, die ein eigenes Bankhaus gründeten und ähnlich den Rothschilds ihre Söhne nach Wien und Paris entsandten, um Filialen zu etablieren. Wie die Rothschilds stiegen sie ins Großbürgertum auf. Sie bauten sich riesige historistische Paläste, in Wien an der Ringstraße, Ecke Schottentor, in Paris in an der Rue de Monceau, in dem Viertel, wo sich die arrivierten jüdischen Finanziers gegen Ende des zweiten Empire in aufwendigem Stil einrichteten. Dort beginnt die Odyssee der Netsuke-Sammlung, die der mondäne Charles Ephrussi, Besitzer der Kunstzeitschrift "Gazette des Beaux Arts", Sammler und Förderer der Impressionisten und einer der Vorbilder für Prousts Swann, erwarb, just zu der Zeit, als Paris in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts von der Japan-Mode erfasst wurde.
Der Autor ist fasziniert von dem Gedanken, wie Objekte Erinnerung verkörpern und was bleibt von den Menschen, die sie einmal besessen haben. Er begibt sich an die alten Schauplätze, reist bis Tokio und Odessa, atmet die Atmosphäre ein und rekonstruiert in Sebaldscher Manier anhand von Familienpapieren, Archivrecherchen und der umfassenden Lektüre historischer und literarischer Bücher das Leben in den Räumen um die Netsuke herum. De Waal tastet sich detektivisch an sein Sujet heran und formt aus lauter Mosaikstücken einen weiten narrativen Bogen, der den Weg der Netsuke umspannt. Diese Reise führt vom Paris der Belle Epoque ins Palais Ephrussi in Wien bis nach Japan, wohin die Netsuke 1899 verfrachtet werden als Hochzeitsgeschenk an den Lieblingsvetter Viktor von Ephrussi, der mit seiner jungen Braut Emmy Schey von Korumla in dem nicht ganz so opulenten, aber immer noch prachtvollen Stock über der Beletage wohnt. Die Vitrine mit den Netsuke wird in Emmys Ankleidezimmer aufgestellt, wo die drei Kinder sich abends versammeln, wenn die Mutter sich für ihre Aufritte in der Wiener Gesellschaft zurechtmacht. Wenn die Kinder mit den Netsuke spielen, erfindet ihnen die Mutter manchmal Geschichten dazu.
Die Figuren gehören, wie de Waal notiert, nicht mehr zum Salonleben, sondern zur Intimsphäre der Wiener Ephrussis. Sie sind Kinderspielzeuge geworden und haben so ihre ursprüngliche Bedeutung verändert. De Waal taucht ebenso einfühlsam in das Wien von Sigmund Freud und der Sezession ein wie zuvor in die proustsche Welt der Pariser Haute Juiverie und später in das Japan der Nachkriegszeit. Unaufdringlich streut er immer wieder ein, wie eng sich die säkularen Ephrussis der Kultur verbunden fühlten, in der sie lebten, wie sehr sie Goethe liebten und dem Kaiser ergeben waren. Jeden Tag kommen Pakete an mit Büchern, die der bibliophile Viktor von Ephrussi bei den Antiquariaten Europas bestellt. Und begeistert notiert seine Tochter Elisabeth, de Waals Großmutter, die Gedichte schreibt und mit Rilke korrespondiert, in dem kleinen grünen Buch, in dem sie ihre Konzert- und Opernbesuche verzeichnet, nach einer Vorstellung von Wagners "Meistersingern": "Heilige Deutsche Kunst".
Im Hintergrund aber raunt der Antisemitismus, der in Frankreich durch die Dreyfus-Affäre zum Ausbruch gelangt und Charles Ephrussis Welt erschüttert und der in Wien noch viel fatalere Folgen hat. Am 11. März 1938, dem Tag, and dem Bundeskanzler Schuschnigg zum Rücktritt gezwungen wird, sitzt das Ehepaar Ephrussi in der Bibliothek ihres Palais neben dem großen englischen Radiogerät. De Waal schildert, wie das Dienstmädchen Anna dem in Odessa geborenen Viktor den Tee nach russischer Art in einem Glas auf einer Porzellanplatte mit Zucker und einer Zitronenscheibe serviert, wie die herzschwache Emmy einen englischen Tee bekommt und wie der ganz und gar assimilierte Sohn einen schwarzen Kaffee nimmt. Aus solchen Einzelheiten bezieht das Buch seine Schmerzlichkeit. In derselben Nacht bricht der Pöbel in die Wohnung ein, verbannt die Familie in die Bibliothek, durchwühlt Schubladen, zerschlägt Möbel und macht sich mit einigen Prätiosen davon. Damit sei der Anfang gemacht, vermerkt de Waal lakonisch, bevor er zurückgenommen und dennoch tief ergriffen das kaltschnäuzig-bürokratische Verfahren der Enteignung und "Arisierung" dokumentiert. Die neunundfünfzig Jahre alte Emmy begeht Selbstmord, ihr bald achtzigjähriger Mann kann seiner Tochter ins englische Tunbridge Wells folgen. An seiner Uhrkette hängt noch der Schlüssel seiner längst zerstreuten Bibliothek. Die Netsuke wurden von dem treuen Dienstmädchen gerettet, die sie nach und nach heimlich in ihrer Schürze aus der Vitrine entfernt und sie in ihrer Matratze versteckt hatte. Annas Spur hat sich verloren, aber Edmund de Waal ist überzeugt, dass sich auch ihr Verbleib aufklären wird, spätestens mit der Veröffentlichung der deutschen Ausgabe seines wunderbaren Buches.
GINA THOMAS
Edmund de Waal: "The Hare with Amber Eyes". A hidden inheritance.
Random House UK, London 2010. 368 S., geb., 16,99 £.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.05.2013Der Erbe der
kleinen Dinge
Edmund de Waal ist Professor für Keramik. Und er ist ein anerkannter Töpfer. Behutsamer, sinnlicher Umgang mit Dingen ist die zweite Natur des Briten. Als sein Großonkel Iggie stirbt, erbt er 264 Netsuke – kleine japanische Schnitzereien aus Holz oder Elfenbein. „Vermächtnisse erzählen keine einfachen Geschichten“, schickt er seinem Buch „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ voraus. Darin rekonstruiert er als eine Art „kunsthistorischer Privatdetektiv“ das Schicksal dieser Objekte von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, von Paris über Wien bis nach Tokio. Es ist eng verknüpft mit dem der eigenen Familie: De Waal ist Nachfahre der Ephrussis, jener jüdischen Bankiers-Dynastie, die bis zur Enteignung durch die Nazis ebenso reich an Geld, Einfluss und Beziehungen gewesen ist wie die Rothschilds. Der Urgroßonkel Charles war eines der Vorbilder für Prousts Swann, Großmutter Elisabeth pflegte eine Brieffreundschaft mit Rilke. De Waal versetzt einen in die Welt von gestern, haucht jedem Gegenstand Leben ein. Man kann die verlorene Zeit förmlich riechen – eine faszinierende Recherche (nicht nur) über kleine japanische Sachen. FLORIAN WELLE
Edmund de Waal:
Der Hase mit den
Bernsteinaugen. Aus
dem Englischen von Brigitte Hilzensauer.
dtv, München 2013.
352 Seiten, 9,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
kleinen Dinge
Edmund de Waal ist Professor für Keramik. Und er ist ein anerkannter Töpfer. Behutsamer, sinnlicher Umgang mit Dingen ist die zweite Natur des Briten. Als sein Großonkel Iggie stirbt, erbt er 264 Netsuke – kleine japanische Schnitzereien aus Holz oder Elfenbein. „Vermächtnisse erzählen keine einfachen Geschichten“, schickt er seinem Buch „Der Hase mit den Bernsteinaugen“ voraus. Darin rekonstruiert er als eine Art „kunsthistorischer Privatdetektiv“ das Schicksal dieser Objekte von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart, von Paris über Wien bis nach Tokio. Es ist eng verknüpft mit dem der eigenen Familie: De Waal ist Nachfahre der Ephrussis, jener jüdischen Bankiers-Dynastie, die bis zur Enteignung durch die Nazis ebenso reich an Geld, Einfluss und Beziehungen gewesen ist wie die Rothschilds. Der Urgroßonkel Charles war eines der Vorbilder für Prousts Swann, Großmutter Elisabeth pflegte eine Brieffreundschaft mit Rilke. De Waal versetzt einen in die Welt von gestern, haucht jedem Gegenstand Leben ein. Man kann die verlorene Zeit förmlich riechen – eine faszinierende Recherche (nicht nur) über kleine japanische Sachen. FLORIAN WELLE
Edmund de Waal:
Der Hase mit den
Bernsteinaugen. Aus
dem Englischen von Brigitte Hilzensauer.
dtv, München 2013.
352 Seiten, 9,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
[A] wonderful book Dame Felicity Lott Waitrose Weekend