Jeder verdient eine zweite Chance, das gilt auch für die Gebäude, in denen wir leben. Ob unscheinbares Reihenhaus, ehemalige Schule, Garage oder historisches Bauernhaus - mit etwas Fantasie und Geschick lassen sich auch bestehende Gebäude in wahre Traumhäuser verwandeln. The Home Upgrade zeigt Umbauten, Anbauten und Renovierungen aus aller Welt, die von einfachen Maßnahmen bis zur kompletten Änderung des Grundrisses reichen. Gekonnt verbinden Architekten dabei alte Substanz und neue Ideen. Sie bewahren den ursprünglichen Charme der Gebäude und passen Raumaufteilung, Wohnkomfort und Effizienz den Anforderungen von heute an. Neben Grundrissen und anschaulichem Bildmaterial von über 30 Bauprojekten stellt The Home Upgrade innovative Architekten vor, die das Potenzial verkannter Gebäude voll ausschöpfen.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.2019Zweite Chance für ungeliebte Gebäude
Nicht nur Klimaaktivisten finden Umbau besser als Neubau. Denn in vielen schnöden Häusern steckt nicht nur graue Energie, sondern auch echte Wohnqualität.
Von Judith Lembke
Es gibt viele Gründe, Gebäuden eine zweite Chance zu geben, anstatt sie zum Abriss freizugeben. Sich mit dem, was schon da ist, auseinanderzusetzen hat eine historische, soziale, wirtschaftliche und vor allem ökologische Dimension. Die Klimaaktivisten der "Architects for Future" haben den Erhalt von Gebäuden nicht umsonst zum ersten Punkt auf ihrer Agenda erhoben, mit der sie für einen Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in der Baubranche kämpfen. Denn ein bestehendes Haus zu sanieren und umzubauen hat immer eine bessere Energiebilanz als ein Neubau - selbst wenn es ein Passivhaus ist.
Gebrauchtes liegt im Trend, das ist nicht nur bei Vintage-Kleidern und originalen Designklassikern der Fall. Noch nie zuvor haben sich so viele Deutsche für ein gebrauchtes Haus entschieden wie heute: Nur ein Viertel der Immobilienkäufer baut neu, drei Viertel hingegen bauen um, stocken auf, erweitern und sanieren. Dabei muss es nicht immer das Haus aus der Gründerzeit mit hohen, stuckverzierten Decken sein, an das die meisten beim Stichwort "Altbau" als Erstes denken. Denn das ist in vielen Großstädten schon seit Jahren ebenso gefragt wie Bauland und auch dementsprechend teuer. Deshalb lohnt es sich, einen Blick auf die Angebote zu werfen, die die anderen sofort wegklicken, wenn sie ihnen in der Suchabfrage des Immobilienportals angezeigt werden: Das Reihenmittelhaus aus den Fünfzigern zum Beispiel mit der tristen Fassade und den vielen kleinen Zimmern. Oder gar Gebäude, die gar nicht zum Wohnen gebaut wurden, sondern als Büro, Kirche oder Schule einst eine ganz andere Funktion erfüllten.
Was aus solchen Häusern entstehen kann, wenn mutige Bauherren auf einfallsreiche Architekten stoßen, zeigt das Buch "The Home Upgrade"*, das am kommenden Donnerstag erscheint. Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern, die sich ebenfalls dem Thema Umbau widmen, zeigt es nicht nur die spektakulären Metamorphosen, die neben Einfallsreichtum meistens auch ein gutgefülltes Konto voraussetzen. Die kommen auch vor - aber ebenso Allerweltsarchitekturen, die in individuelle Refugien umgewandelt wurden.
Das Londoner Architekturbüro Archmongers hat sich darauf spezialisiert, ungeliebten Nachkriegsbauten ein zweites Leben einzuhauchen. Die Architekten sind überzeugt, dass man aus diesen verkannten Immobilien häufig mehr machen kann als aus den beliebten viktorianischen Bauten am gleichen Standort: Sie sind günstiger nicht nur in der Anschaffung, sondern auch in der Renovierung, wodurch mehr Geld für individuelle Lösungen bleibt. Wie das aussehen kann, zeigt die Erweiterung eines rotgeklinkerten Reihenendhauses aus den achtziger Jahren in London. Aus der Garage wurde ein Schlafzimmer, das mit dem Haupthaus über einen eigenwilligen Anbau mit gezacktem Dach im Hof verbunden ist. Aus dem ungenutzten Außen wurde so ein lichtdurchflutetes Innen. Ein anderes Reihenhaus bekam nicht nur eine rosa Kachelfassade und eine blaue Tür verpasst, wodurch es aus der tristen Reihe hervorsticht, sondern auch Oberlichter für mehr Helligkeit und einen Anbau aus Stahl und Holz.
Das portugiesische Büro Fala Atelier geht noch verspielter an die Renovierung banaler städtischer Gebäude heran. So bekam ein winziges Haus, in dessen Innenraum nicht genug Platz für ein Bad war, kurzerhand einen monumentalen Duschturm zur Seite gestellt. Er birgt einen Nassraum, durch dessen rundes Dachfenster man beim Duschen in den Himmel schaut. Und vor ein schlichtes Einfamilienhaus aus dem 19. Jahrhundert setzte Fala Atelier kurzerhand eine dreifarbige Marmorfassade, die das Haus wie ein buntes Zebra inmitten einer grauen Herde wirken lässt.
Dass man selbst einen Wassertank in einen romantischen Platz verwandeln kann, beweist ein Projekt in New York. Auf einem Dach in Greenwich Village wurde ein stillgelegter Wassertank zu einem Rückzugsort zum Entspannen.
Manchmal ist es aber nicht Gestaltungswille, sondern die schlichte Notwendigkeit, die einen Umbau erzwingt. Ein Reihenhaus in Brooklyn, das 2012 während des Hurrikans Sandy teilweise unter Wasser stand und zerstört wurde, wurde zum Schutz vor künftigen Überschwemmungen über die Hochwasserlinie gerückt. Anstatt die baulichen Folgen, die der Klimawandel in diesem Fall hat, zu verstecken, betonten die Architekten die Anhebung. Auf dem Dach thront nun ein neues Penthouse mit silbrig glänzender Fassade und atemberaubendem Blick über die Stadt. Sosehr die Zerstörung des Gebäudes durch den Sturm die Besitzer geschmerzt haben mag: Im Ergebnis wurde aus ihrem düsteren Reihenhaus ein lichtes Familiendomizil im Herzen der Stadt mit zahlreichen Ecken zum Lesen, Essen und Wohlfühlen.
*Das Buch "The Home Upgrade. Neues Wohnen in umgebauten Häusern" erscheint am 26. September im Gestalten Verlag, Berlin. Es hat 256 Seiten und kostet 39,90 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Nicht nur Klimaaktivisten finden Umbau besser als Neubau. Denn in vielen schnöden Häusern steckt nicht nur graue Energie, sondern auch echte Wohnqualität.
Von Judith Lembke
Es gibt viele Gründe, Gebäuden eine zweite Chance zu geben, anstatt sie zum Abriss freizugeben. Sich mit dem, was schon da ist, auseinanderzusetzen hat eine historische, soziale, wirtschaftliche und vor allem ökologische Dimension. Die Klimaaktivisten der "Architects for Future" haben den Erhalt von Gebäuden nicht umsonst zum ersten Punkt auf ihrer Agenda erhoben, mit der sie für einen Wandel zu mehr Nachhaltigkeit in der Baubranche kämpfen. Denn ein bestehendes Haus zu sanieren und umzubauen hat immer eine bessere Energiebilanz als ein Neubau - selbst wenn es ein Passivhaus ist.
Gebrauchtes liegt im Trend, das ist nicht nur bei Vintage-Kleidern und originalen Designklassikern der Fall. Noch nie zuvor haben sich so viele Deutsche für ein gebrauchtes Haus entschieden wie heute: Nur ein Viertel der Immobilienkäufer baut neu, drei Viertel hingegen bauen um, stocken auf, erweitern und sanieren. Dabei muss es nicht immer das Haus aus der Gründerzeit mit hohen, stuckverzierten Decken sein, an das die meisten beim Stichwort "Altbau" als Erstes denken. Denn das ist in vielen Großstädten schon seit Jahren ebenso gefragt wie Bauland und auch dementsprechend teuer. Deshalb lohnt es sich, einen Blick auf die Angebote zu werfen, die die anderen sofort wegklicken, wenn sie ihnen in der Suchabfrage des Immobilienportals angezeigt werden: Das Reihenmittelhaus aus den Fünfzigern zum Beispiel mit der tristen Fassade und den vielen kleinen Zimmern. Oder gar Gebäude, die gar nicht zum Wohnen gebaut wurden, sondern als Büro, Kirche oder Schule einst eine ganz andere Funktion erfüllten.
Was aus solchen Häusern entstehen kann, wenn mutige Bauherren auf einfallsreiche Architekten stoßen, zeigt das Buch "The Home Upgrade"*, das am kommenden Donnerstag erscheint. Im Gegensatz zu vielen anderen Büchern, die sich ebenfalls dem Thema Umbau widmen, zeigt es nicht nur die spektakulären Metamorphosen, die neben Einfallsreichtum meistens auch ein gutgefülltes Konto voraussetzen. Die kommen auch vor - aber ebenso Allerweltsarchitekturen, die in individuelle Refugien umgewandelt wurden.
Das Londoner Architekturbüro Archmongers hat sich darauf spezialisiert, ungeliebten Nachkriegsbauten ein zweites Leben einzuhauchen. Die Architekten sind überzeugt, dass man aus diesen verkannten Immobilien häufig mehr machen kann als aus den beliebten viktorianischen Bauten am gleichen Standort: Sie sind günstiger nicht nur in der Anschaffung, sondern auch in der Renovierung, wodurch mehr Geld für individuelle Lösungen bleibt. Wie das aussehen kann, zeigt die Erweiterung eines rotgeklinkerten Reihenendhauses aus den achtziger Jahren in London. Aus der Garage wurde ein Schlafzimmer, das mit dem Haupthaus über einen eigenwilligen Anbau mit gezacktem Dach im Hof verbunden ist. Aus dem ungenutzten Außen wurde so ein lichtdurchflutetes Innen. Ein anderes Reihenhaus bekam nicht nur eine rosa Kachelfassade und eine blaue Tür verpasst, wodurch es aus der tristen Reihe hervorsticht, sondern auch Oberlichter für mehr Helligkeit und einen Anbau aus Stahl und Holz.
Das portugiesische Büro Fala Atelier geht noch verspielter an die Renovierung banaler städtischer Gebäude heran. So bekam ein winziges Haus, in dessen Innenraum nicht genug Platz für ein Bad war, kurzerhand einen monumentalen Duschturm zur Seite gestellt. Er birgt einen Nassraum, durch dessen rundes Dachfenster man beim Duschen in den Himmel schaut. Und vor ein schlichtes Einfamilienhaus aus dem 19. Jahrhundert setzte Fala Atelier kurzerhand eine dreifarbige Marmorfassade, die das Haus wie ein buntes Zebra inmitten einer grauen Herde wirken lässt.
Dass man selbst einen Wassertank in einen romantischen Platz verwandeln kann, beweist ein Projekt in New York. Auf einem Dach in Greenwich Village wurde ein stillgelegter Wassertank zu einem Rückzugsort zum Entspannen.
Manchmal ist es aber nicht Gestaltungswille, sondern die schlichte Notwendigkeit, die einen Umbau erzwingt. Ein Reihenhaus in Brooklyn, das 2012 während des Hurrikans Sandy teilweise unter Wasser stand und zerstört wurde, wurde zum Schutz vor künftigen Überschwemmungen über die Hochwasserlinie gerückt. Anstatt die baulichen Folgen, die der Klimawandel in diesem Fall hat, zu verstecken, betonten die Architekten die Anhebung. Auf dem Dach thront nun ein neues Penthouse mit silbrig glänzender Fassade und atemberaubendem Blick über die Stadt. Sosehr die Zerstörung des Gebäudes durch den Sturm die Besitzer geschmerzt haben mag: Im Ergebnis wurde aus ihrem düsteren Reihenhaus ein lichtes Familiendomizil im Herzen der Stadt mit zahlreichen Ecken zum Lesen, Essen und Wohlfühlen.
*Das Buch "The Home Upgrade. Neues Wohnen in umgebauten Häusern" erscheint am 26. September im Gestalten Verlag, Berlin. Es hat 256 Seiten und kostet 39,90 Euro.
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