Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.11.20129. Alle Macht der Drogen
Wer gerade Oliver Stones Film "Savages" im Kino gesehen oder vorher sogar den Roman von Don Winslow gelesen hat (der auf Deutsch "Zeit des Zorns" heißt), der ist jetzt reif für "Kings of Cool". Der Titel ist kein leeres Versprechen. Don Winslow, 59, hat seine Prosa über die Jahre immer stärker verschlankt, hat sie immer elastischer und schneller werden lassen, so dass er inzwischen mühelos ein Tempo geht, das an James Ellroy erinnert. Und wo Ellroys Stakkato-Rhythmen eher hart und hämmernd werden, hat Winslow einen viel leichteren Anschlag.
Da ist mehr Ironie, mehr Eleganz im Spiel, da ist ein entspannterer Rhythmus, was sicher auch damit zu tun hat, dass Ellroy von blutigen Politverschwörungen erzählt und Winslow von Drogenhandel und Drogenkrieg, was zwar nun auch alles andere als unblutig oder unpolitisch, aber eben immer auch von südkalifornischer Surfer- und Kiffergelassenheit durchdrungen ist.
"Kings of Cool" fängt dort an, wo die Helden aus "Zeit des Zorns" ihre Wurzeln haben: Ben, der liberale Psychotherapeutensohn, Chon, der Elitesoldat, der zum Einsatz nach Afghanistan muss, O, das verwöhnte Orange-County-Girl, das die beiden zwar liebt, aber noch nicht in einer Dreiecksbeziehung mit ihnen lebt. Noch sind wir im Jahr 2005, noch sind Ben und Chon eher Kleingewerbetreibende mit Start-up-Qualitäten im großen Marihuana-Geschäft. Und dazu wirft die Vergangenheit ihre langen, langen Schatten. Wie Winslow in gut dosierten, bis ins Jahr 1967 reichenden Rückblenden die Geschichte des Drogenhandels in der Region zugleich als Familienepos erzählt, als Geschichte von Surfern, Hippies und Dealern, in welche auch die Eltern von Chon, Ben und O auf sehr verschiedene Weise verstrickt sind, das ist großartig.
Und es ist dieser coole, lässige Stil, der Kalifornien mal als Hölle und mal als Paradies erscheinen lässt, ohne dass sich daraus Widersprüche ergeben würden, und der die Verhältnisse so unnachahmlich auf den Punkt bringt: "In dem großen Spielfilm, der das illegale Drogengeschäft ist, agiert man nicht als Schauspieler, Autor, Regisseur oder Produzent. Man ist der Agent der Stars. Wenn man den zehn wichtigsten Dealern im eigenen Gebiet jeweils fünfzehn Prozent abknöpft, ist man automatisch selbst der größte Dealer. Ohne jemals eine Droge auch nur angefasst zu haben. Kleines Risiko, großer Profit." Bingo!
Peter Körte
Don Winslow: "Kings of Cool". Roman. Deutsch von Conny Lösch. Suhrkamp, 351 Seiten, 19,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wer gerade Oliver Stones Film "Savages" im Kino gesehen oder vorher sogar den Roman von Don Winslow gelesen hat (der auf Deutsch "Zeit des Zorns" heißt), der ist jetzt reif für "Kings of Cool". Der Titel ist kein leeres Versprechen. Don Winslow, 59, hat seine Prosa über die Jahre immer stärker verschlankt, hat sie immer elastischer und schneller werden lassen, so dass er inzwischen mühelos ein Tempo geht, das an James Ellroy erinnert. Und wo Ellroys Stakkato-Rhythmen eher hart und hämmernd werden, hat Winslow einen viel leichteren Anschlag.
Da ist mehr Ironie, mehr Eleganz im Spiel, da ist ein entspannterer Rhythmus, was sicher auch damit zu tun hat, dass Ellroy von blutigen Politverschwörungen erzählt und Winslow von Drogenhandel und Drogenkrieg, was zwar nun auch alles andere als unblutig oder unpolitisch, aber eben immer auch von südkalifornischer Surfer- und Kiffergelassenheit durchdrungen ist.
"Kings of Cool" fängt dort an, wo die Helden aus "Zeit des Zorns" ihre Wurzeln haben: Ben, der liberale Psychotherapeutensohn, Chon, der Elitesoldat, der zum Einsatz nach Afghanistan muss, O, das verwöhnte Orange-County-Girl, das die beiden zwar liebt, aber noch nicht in einer Dreiecksbeziehung mit ihnen lebt. Noch sind wir im Jahr 2005, noch sind Ben und Chon eher Kleingewerbetreibende mit Start-up-Qualitäten im großen Marihuana-Geschäft. Und dazu wirft die Vergangenheit ihre langen, langen Schatten. Wie Winslow in gut dosierten, bis ins Jahr 1967 reichenden Rückblenden die Geschichte des Drogenhandels in der Region zugleich als Familienepos erzählt, als Geschichte von Surfern, Hippies und Dealern, in welche auch die Eltern von Chon, Ben und O auf sehr verschiedene Weise verstrickt sind, das ist großartig.
Und es ist dieser coole, lässige Stil, der Kalifornien mal als Hölle und mal als Paradies erscheinen lässt, ohne dass sich daraus Widersprüche ergeben würden, und der die Verhältnisse so unnachahmlich auf den Punkt bringt: "In dem großen Spielfilm, der das illegale Drogengeschäft ist, agiert man nicht als Schauspieler, Autor, Regisseur oder Produzent. Man ist der Agent der Stars. Wenn man den zehn wichtigsten Dealern im eigenen Gebiet jeweils fünfzehn Prozent abknöpft, ist man automatisch selbst der größte Dealer. Ohne jemals eine Droge auch nur angefasst zu haben. Kleines Risiko, großer Profit." Bingo!
Peter Körte
Don Winslow: "Kings of Cool". Roman. Deutsch von Conny Lösch. Suhrkamp, 351 Seiten, 19,95 Euro
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[Winslow] is an excellent crime writer. He writes in the simplest, clearest, most spare way of anybody I've read. He's been honing it for years. Evening Standard