The Capitol Building, Washington DC: Harvard symbologist Robert Langdon believes he is here to give a lecture. He is wrong. Within minutes of his arrival, a shocking object is discovered. It is a gruesome invitation into an ancient world of hidden wisdom.
When Langdon's mentor, Peter Solomon - prominent mason and philanthropist - is kidnapped, Langdon realizes that his only hope of saving his friend's life is to accept this mysterious summons.
It is to take him on a breathless chase through Washington's dark history. All that was familiar is changed into a shadowy, mythical world in which Masonic secrets and never-before-seen revelations seem to be leading him to a single impossible and inconceivable truth...
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
When Langdon's mentor, Peter Solomon - prominent mason and philanthropist - is kidnapped, Langdon realizes that his only hope of saving his friend's life is to accept this mysterious summons.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.09.2009Auf dem Weg zur Hölle
An diesem Dienstag erscheint Dan Browns „The Lost Symbol”
Jetzt können die digitalen Uhren ausruhen, die rückwärts hetzten, um im Sekundentakt den Countdown bis zum Erscheinen des neuen Thrillers von Dan Brown anzuzeigen. Sie ähnelten den Uhren, auf denen die Schuldenberge dramatisch anwachsen, aber sie eilten einem Hoffnungsdatum des Buchhandels entgegen, ab dem die Bilanzen in die Höhe schnellen sollen. Seit diesem Dienstag wird die englische Originalausgabe von „The Lost Symbol” verkauft, arbeiten die Übersetzerteams der lizenznehmenden Verlage in aller Welt im Akkord, beginnt im Netz das vielsprachige Gezwitscher der Verschwörungstheoretiker, Dechiffriersyndikate und Symbol-Experten.
Nichts ist öffentlichkeitstauglicher als eine Geheimgesellschaft, nirgends erstrahlt das Publizieren in größerem Glanz, als wenn ein Geheimnis veröffentlicht wird. Verleger sind „Publisher”, aber eben weil sie dies sind, wissen sie um die Aura des noch unpublizierten, unbekannten Manuskript. Und so hatten die Werbestrategen, die das Original betreuten, in den letzten Wochen perfekte Mimikry mit dem Stoff betrieben. Sie waren zu einer Geheimgesellschaft geworden, die den Inhalt des Buches wie einen Code hütete, der auf keinen Fall in die falschen Hände geraten darf. Im Dienste der Entfesselung der größtmöglichen Zirkulationsgeschwindigkeit des Buches bei seinem Erscheinen blockierte und kanalisierte diese Geheimgesellschaft die Zirkulation des Vorab-Wissens über das Buch bis in die Stunden der Auslieferung hinein.
Fahnen und Vorab-Exemplar mied sie wie der Teufel das Weihwasser. Wer vorab mit dem „verlorenen Symbol” zu tun hatte, war zum Schweigen verpflichtet, von strafbewehrten Geheimhaltungsklauseln umstellt, die nur eine Form des Vorabwissens zuließen: das Gerücht. Denn das Gerücht ist der ideale Aggregatzustand für die vitale Anwesenheit von Geheimnissen in der Öffentlichkeit. Angesichts der verbissen-perfekten Logistik aber, mit der das moderne Marketing die Mythologie von Aufklärung und exklusivem Geheimwissen kopierte, von der die Freimaurer und Illuminaten seit je umgeben sind, ist die Rezension zu „The Lost Symbol” nicht ohne Charme, die am Montag, einen Tag vor dem Erscheinen des Buches, von der New York Times publiziert wurde.
Die abgeschnittene Hand
Die Vorab-Rezension verrät keine Geheimnis des Buches – aber sie verrät durch ihren Stil, dass sie alle seine Rätsel kennt. Locker verwandelt sie das lang schon kursierende Gerücht in ein Faktum, diesmal sei der Symbol-Entschlüsseler Robert Langdon dem geheimen Wissen der Freimaurerei auf der Spur. Eher en passant stellt sie dem Louvre, dem französischen Zentrum der Weltkunst und Schauplatz von Dan Browns letztem Thriller, „Da Vinci Code”, das Capitol in Washington gegenüber, das Zentrum der amerikanischen Weltmacht, dessen Architektur nun vor aller Augen ein Geheimnis birgt, das der Entschlüsselung harrt – war nicht George Washington Freimaurer?
Schon zeichnet sich der touristische Parcours ab, der künftig in der amerikanischen Hauptstadt als Pendant zum Louvre-Parcours in Paris am Roman entlang durch die Library of Congress zum Capitol führen wird. Dieser Parcours ist im Roman mit Flüchen gepflastert: „What the hell . . . ?”, „Who the hell . . . ?” und „Why the hell . . . ?” Um diese Formeln gibt es überhaupt kein Geheimnis. Sie sind in den Thrillern von Dan Brown das unscheinbare Gegenstück zum Lateinischen, über das sich der Symbol-Entschlüsseler Robert Langdon immer diebisch freut, wenn es hinter irgendwelchem scheinbar sinnlosem Zeichensalat als Sprache der Wahrheit auftaucht.
Wie kleine blinkende rote Lämpchen säumen „What the hell . . . ?”, „Who the hell . . . ?” und „Why the hell . . . ?” in den Thrillern von Dan Brown die achterbahnartigen Plots, in denen plötzlich eine abgeschnittene Hand im Capitol liegt, eine Figur auftaucht, mit der niemand gerechnet hat, ein schreckliches Ereignis geschieht, dessen Ursache unsichtbar bleibt. Es mag so schlimm kommen, wie es will in „The Lost Symbol” – im Staccato des „What the hell . . . ?”, „Who the hell . . . ?” und „Why the hell . . . ?” arbeitet dem Schrecken ein verlässlich-vertrauter Stil entgegen. LOTHAR MÜLLER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
An diesem Dienstag erscheint Dan Browns „The Lost Symbol”
Jetzt können die digitalen Uhren ausruhen, die rückwärts hetzten, um im Sekundentakt den Countdown bis zum Erscheinen des neuen Thrillers von Dan Brown anzuzeigen. Sie ähnelten den Uhren, auf denen die Schuldenberge dramatisch anwachsen, aber sie eilten einem Hoffnungsdatum des Buchhandels entgegen, ab dem die Bilanzen in die Höhe schnellen sollen. Seit diesem Dienstag wird die englische Originalausgabe von „The Lost Symbol” verkauft, arbeiten die Übersetzerteams der lizenznehmenden Verlage in aller Welt im Akkord, beginnt im Netz das vielsprachige Gezwitscher der Verschwörungstheoretiker, Dechiffriersyndikate und Symbol-Experten.
Nichts ist öffentlichkeitstauglicher als eine Geheimgesellschaft, nirgends erstrahlt das Publizieren in größerem Glanz, als wenn ein Geheimnis veröffentlicht wird. Verleger sind „Publisher”, aber eben weil sie dies sind, wissen sie um die Aura des noch unpublizierten, unbekannten Manuskript. Und so hatten die Werbestrategen, die das Original betreuten, in den letzten Wochen perfekte Mimikry mit dem Stoff betrieben. Sie waren zu einer Geheimgesellschaft geworden, die den Inhalt des Buches wie einen Code hütete, der auf keinen Fall in die falschen Hände geraten darf. Im Dienste der Entfesselung der größtmöglichen Zirkulationsgeschwindigkeit des Buches bei seinem Erscheinen blockierte und kanalisierte diese Geheimgesellschaft die Zirkulation des Vorab-Wissens über das Buch bis in die Stunden der Auslieferung hinein.
Fahnen und Vorab-Exemplar mied sie wie der Teufel das Weihwasser. Wer vorab mit dem „verlorenen Symbol” zu tun hatte, war zum Schweigen verpflichtet, von strafbewehrten Geheimhaltungsklauseln umstellt, die nur eine Form des Vorabwissens zuließen: das Gerücht. Denn das Gerücht ist der ideale Aggregatzustand für die vitale Anwesenheit von Geheimnissen in der Öffentlichkeit. Angesichts der verbissen-perfekten Logistik aber, mit der das moderne Marketing die Mythologie von Aufklärung und exklusivem Geheimwissen kopierte, von der die Freimaurer und Illuminaten seit je umgeben sind, ist die Rezension zu „The Lost Symbol” nicht ohne Charme, die am Montag, einen Tag vor dem Erscheinen des Buches, von der New York Times publiziert wurde.
Die abgeschnittene Hand
Die Vorab-Rezension verrät keine Geheimnis des Buches – aber sie verrät durch ihren Stil, dass sie alle seine Rätsel kennt. Locker verwandelt sie das lang schon kursierende Gerücht in ein Faktum, diesmal sei der Symbol-Entschlüsseler Robert Langdon dem geheimen Wissen der Freimaurerei auf der Spur. Eher en passant stellt sie dem Louvre, dem französischen Zentrum der Weltkunst und Schauplatz von Dan Browns letztem Thriller, „Da Vinci Code”, das Capitol in Washington gegenüber, das Zentrum der amerikanischen Weltmacht, dessen Architektur nun vor aller Augen ein Geheimnis birgt, das der Entschlüsselung harrt – war nicht George Washington Freimaurer?
Schon zeichnet sich der touristische Parcours ab, der künftig in der amerikanischen Hauptstadt als Pendant zum Louvre-Parcours in Paris am Roman entlang durch die Library of Congress zum Capitol führen wird. Dieser Parcours ist im Roman mit Flüchen gepflastert: „What the hell . . . ?”, „Who the hell . . . ?” und „Why the hell . . . ?” Um diese Formeln gibt es überhaupt kein Geheimnis. Sie sind in den Thrillern von Dan Brown das unscheinbare Gegenstück zum Lateinischen, über das sich der Symbol-Entschlüsseler Robert Langdon immer diebisch freut, wenn es hinter irgendwelchem scheinbar sinnlosem Zeichensalat als Sprache der Wahrheit auftaucht.
Wie kleine blinkende rote Lämpchen säumen „What the hell . . . ?”, „Who the hell . . . ?” und „Why the hell . . . ?” in den Thrillern von Dan Brown die achterbahnartigen Plots, in denen plötzlich eine abgeschnittene Hand im Capitol liegt, eine Figur auftaucht, mit der niemand gerechnet hat, ein schreckliches Ereignis geschieht, dessen Ursache unsichtbar bleibt. Es mag so schlimm kommen, wie es will in „The Lost Symbol” – im Staccato des „What the hell . . . ?”, „Who the hell . . . ?” und „Why the hell . . . ?” arbeitet dem Schrecken ein verlässlich-vertrauter Stil entgegen. LOTHAR MÜLLER
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.09.2009Das Passwort der Welt
Was sagt uns die Pyramide auf dem Dollarschein? Dan Browns neuer Thriller "Das verlorene Symbol" veranstaltet eine große Schnitzeljagd in Washington
Was ist bloß mit dem Umschlag los? Fängt da schon die Verschwörung an? Ein blutroter Himmel über dem Kapitol in Washington, ein rotes Siegel, ein Stück Pergament voller Zeichen und Symbole - so sieht die amerikanische Ausgabe aus. Die britische dagegen, welche in Deutschland ausgeliefert wird, zeigt auch das Kapitol, in leicht schwefligem Licht, aber ansonsten nur einen Schlüssel mit Winkel und Zirkel, den typischen Symbolen der Freimaurer. Warum? Eine Frage der Ästhetik? Oder doch der Semiotik?
Ach, egal, man muss nicht alle Rätsel lösen, bloß weil über dem Schlüssel "Dan Brown" steht. Sicher ist: "The Lost Symbol" ist der neue Roman von Dan Brown. Startauflage: mehr als fünf Millionen in Amerika. Nach insgesamt 81 Millionen verkaufter Exemplare des "Da Vinci Codes" ist das kein grundloser Optimismus. Nur sechs Menschen kannten angeblich den Roman bis zum vergangenen Dienstag, dem Ersterscheinungstag, die Paletten mit den Büchern wurden in einem Hochsicherheitstrakt verwahrt, und die Übersetzer durften keinen Tag früher als Dienstag beginnen. Sechs wurden für die deutsche Ausgabe rekrutiert, damit die 509 Seiten pünktlich bis zur Buchmesse übersetzt sind. So macht man aus der Geheimniskrämerei des Buches eine Marketingstrategie.
Und schon liegt da auch eine abgetrennte Hand mitten im Besucherzentrum des Kapitols; sie weist zur Decke, die Fingerspitzen sind mit Tätowierungen, die Handfläche ist mit merkwürdigen Zeichen bedeckt. Die Hand gehört Peter Solomon, Chef der Smithsonian Institution, Amerikas mächtiger Bildungseinrichtung, und zugleich Washingtons oberster Freimaurer. Kein Albino-Mönch hat ihn in seine Gewalt gebracht, sondern ein Schurke, der sich Mal'akh (abgeleitet von Moloch) nennt; er hat sich selbst kastriert, seinen ganzen Körper mit kunstvollen, hochsymbolischen Tätowierungen verziert und sich bei den Freimaurern eingeschlichen, weil er nach dem größten Geheimnis, dem "magischen Passwort", sucht, das die Welt verändern soll und das von den Freimaurern gehütet wird.
Zum Glück aber ist Robert Langdon schon da, Browns Held, der einzige Symbolologe der Welt. Solomon ist sein Freund und Mentor, und er verwahrt für ihn in seiner Umhängetasche ein Päckchen, dessen Inhalt Dan Brown leider schon nach etwa hundert Seiten preisgibt, worin wir ihm nicht folgen wollen. Das Geheimnis hat auf jeden Fall mit jener Pyramide zu tun, die auf jedem Dollarschein abgebildet ist. Und natürlich ist auch die CIA schon im Bild, in Gestalt der 1,47 Meter großen Inoue Sato, die in einem jener Lager geboren wurde, in welchen nach Pearl Harbor japanischstämmige Amerikaner interniert wurden; und die trotz Kehlkopfkrebsoperation weiter Kette raucht und hart wie Granit ist - woran man schon ganz gut erkennt, dass Dan Brown seine Charaktere mit Eigenschaften behängt wie einen Weihnachtsbaum, ohne dass sie dadurch überzeugender würden.
Wem das verdächtig bekannt vorkommt, der hat sich nicht getäuscht. Es ist ja auch das Erzählmuster aus den beiden ersten Langdon-Büchern, das Brown bieder verwaltet, anstatt es zu variieren, es ist dieser erschütternd einfallslose Aufbau, mit den kurzen Kapiteln, aus denen die Cliffhanger ganz von selbst hervorgehen, weil es immer etwas von zwei oder drei verschiedenen Schauplätzen simultan zu erzählen gibt; und die Logik der Schnitzeljagd, bei der es Codes zu knacken und Zeichen zu entziffern gilt, wirkt inzwischen ein bisschen wie Sudoku ohne Zahlen, aber mit viel Architekturgeschichte, antiken Mysterien, Freimaurergeheimnissen und großen Namen wie Dürer, Newton, Einstein. Und wenn es dann ganz wichtig wird, wird ein Satz kursiv gedruckt: "Es gibt eine verborgene Welt hinter der, die wir alle sehen. Für uns alle." Es gibt sehr viele kursiv gedruckte Sätze in diesem Roman.
Dass die gesamte Handlung in einen Zeitraum von zwölf Stunden gepresst wird, sorgt nicht unbedingt für mehr Tempo, aber dafür gibt es ein paar wirklich tolle Requisiten (ein dreitausend Jahre altes Opfermesser, das aus einem eisernen Meteoriten gefertigt wurde) und großartige Schauplätze (die Kellerräume des Kapitols oder den riesigen Archivkomplex sämtlicher Smithsonian-Museen), die eher karg beschrieben werden, aber das wird die Verfilmung schon richten. Meist sprechen die Charaktere leider wie eine Wikipedia-Audiodatei, ordentlich, kompakt, trocken - und passend zu ihrer seltsamen Körperlosigkeit. Langdon kann tun, was er will, er kann brutal zusammengeschlagen werden und beinahe ertrinken in einem sargähnlichen Tank, er kann neben einer etwas hilflos beschriebenen, aber wohl doch attraktiven Frau auf dem Obelisken, dem Washington Monument, stehen und nur an den gestirnten Himmel über ihm, allenfalls auch noch an das moralische Gesetz in ihm denken - wenn ihn nicht Tom Hanks zwei Mal im Kino gespielt hätte, hätte man gar keine Vorstellung von ihm. Womöglich besteht seine DNS auch gar nicht aus Chromosomenketten, sondern nur aus langen Sequenzen von Lexikoneinträgen.
Man muss deshalb auch endlich mal mit einem Missverständnis aufräumen. Im Grunde ist Dan Brown gar kein Thrillerautor. Er ist ein religiöser Erbauungsschriftsteller, der sich als Thrillerautor ausgibt, und deshalb waren all die heftigen Anfeindungen, vor allem von Seiten der katholischen Kirche, auch ziemlich ungerecht. Mag sein, dass sich nun auch die Freimaurer verzerrt dargestellt fühlen, man kann es ja nie allen recht machen, obwohl Brown genau das zu glauben scheint. Unablässig grübelt er, durch das Medium seines Helden, wie Wissenschaft und Religion, Verstand und Intuition zueinander finden können. Seine Bücher sind gewissermaßen der runde Tisch, an dem sich alle Wissenschaftler, Weltreligionsvertreter und Geheimbündler guten Willens versammeln und nett zueinander sein sollen, weil ja die finsteren Verschwörer gar nicht aus ihrem Innersten kommen, sondern bösartige Usurpatoren sind.
Die Verfilmung von "Angels and Demons" (alias "Illuminati") hat diese latente Frömmigkeit viel klarer gemacht als die Vorlage; im "Verlorenen Symbol" wird Brown fast schon zum Prediger, der von den verborgenen Möglichkeiten schwärmt, die im menschlichen Geist schlummern: Sind wir nicht alle Brüder im Spirituellen? Ist Gott nicht das allen Kulturen in allen Epochen gemeinsame Symbol - was zugleich für seine Wahrheit spricht? Und Robert Langdon, in dunkelgrauem Rollkragenpullover, Khakihosen, Tweedsakko und Slippern, ist ihr Prophet, in dem Glauben und Wissen miteinander ringen.
Nebenbei kommt da auch ein sehr merkwürdiges Geschichtsbild zum Vorschein. Es ist weniger der Gedanke, dass alles anders hätte kommen können, welcher den "Da Vinci Code" beherrschte, als die Vorstellung, dass ja im Grunde seit ein paar tausend Jahren nichts Neues passiert ist. Atomphysik, Unschärferelation oder Stringtheorie sind im Prinzip schon bei Demokrit, in der Kabbala oder anderen alten Schriften angelegt, so dass alles Neue und aller Wandel nur zu den verschütteten Quellen zurückführen. Paradigmenwechsel, epistemologischer Bruch, kopernikanische Wende - ach was, verschlüsselt steht's schon in der Bibel, die ihrerseits die antiken Mysterien bewahrt, man muss es nur zu lesen wissen, und schon schließt sich der Kreis. Das ist ungemein tröstlich und eben: erbaulich wie Traktate, die einem mit so suggestiven wie vagen Analogien weismachen wollen, dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt und jedes Erkennen nur ein Wiedererkennen ist. Platon für Arme.
Und ohne zu viel zu verraten, kann man mit Blick auf den Plot des "Verlorenen Symbols" sagen: Es bleibt alles in der Familie. Und es bleibt diesmal auch im Herzen der Nation, ohne Paris, London, Rom. "Washingtons mystischer Symbolismus" macht den Symbolologen zum Heimatkundler. Warum man das trotzdem in einem Zug liest? Weil die Neugier größer ist als die Verzweiflung über den dürftigen Stil und über die unfreiwillig komischen Dialoge - ",Katherine', stammelte er und zwinkerte mit seinen grauen Augen, als wolle er sich vergewissern, dass er nicht träumte, ,ich glaube, du hast die menschliche Seele gewogen'" -, weil man einfach wissen möchte, wie Brown die Kurve kriegt, sich herauswindet aus dem selbsterzeugten Schlamassel, um das größte Welträtsel auf die simpelste Formel zusammenschnurren zu lassen.
Diesmal ist es allerdings eine ganz harte Geduldsprobe, denn die letzten sechzig Seiten kommen einem deutlich länger vor als die 450 zuvor. Es gibt eigentlich nichts mehr zu erzählen, aber Brown will partout nicht aufhören und uns auch noch auf eine kleine Sightseeingtour durch Washington mitnehmen, die man dort sicher bald wird buchen können. Er habe noch Ideen für ein Dutzend Langdon-Bücher, hat Dan Brown vor drei Jahren in einem Interview gesagt. Mag schon sein. Noch besser wäre es, wenn er nur eine Idee hätte, wie man daraus einen originellen Plot macht.
PETER KÖRTE
Dan Brown: "The Lost Symbol". Bantam Books, 509 Seiten, ca. 20 Euro. Die deutsche Ausgabe erscheint am 14. Oktober im Lübbe-Verlag und kostet 26 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Was sagt uns die Pyramide auf dem Dollarschein? Dan Browns neuer Thriller "Das verlorene Symbol" veranstaltet eine große Schnitzeljagd in Washington
Was ist bloß mit dem Umschlag los? Fängt da schon die Verschwörung an? Ein blutroter Himmel über dem Kapitol in Washington, ein rotes Siegel, ein Stück Pergament voller Zeichen und Symbole - so sieht die amerikanische Ausgabe aus. Die britische dagegen, welche in Deutschland ausgeliefert wird, zeigt auch das Kapitol, in leicht schwefligem Licht, aber ansonsten nur einen Schlüssel mit Winkel und Zirkel, den typischen Symbolen der Freimaurer. Warum? Eine Frage der Ästhetik? Oder doch der Semiotik?
Ach, egal, man muss nicht alle Rätsel lösen, bloß weil über dem Schlüssel "Dan Brown" steht. Sicher ist: "The Lost Symbol" ist der neue Roman von Dan Brown. Startauflage: mehr als fünf Millionen in Amerika. Nach insgesamt 81 Millionen verkaufter Exemplare des "Da Vinci Codes" ist das kein grundloser Optimismus. Nur sechs Menschen kannten angeblich den Roman bis zum vergangenen Dienstag, dem Ersterscheinungstag, die Paletten mit den Büchern wurden in einem Hochsicherheitstrakt verwahrt, und die Übersetzer durften keinen Tag früher als Dienstag beginnen. Sechs wurden für die deutsche Ausgabe rekrutiert, damit die 509 Seiten pünktlich bis zur Buchmesse übersetzt sind. So macht man aus der Geheimniskrämerei des Buches eine Marketingstrategie.
Und schon liegt da auch eine abgetrennte Hand mitten im Besucherzentrum des Kapitols; sie weist zur Decke, die Fingerspitzen sind mit Tätowierungen, die Handfläche ist mit merkwürdigen Zeichen bedeckt. Die Hand gehört Peter Solomon, Chef der Smithsonian Institution, Amerikas mächtiger Bildungseinrichtung, und zugleich Washingtons oberster Freimaurer. Kein Albino-Mönch hat ihn in seine Gewalt gebracht, sondern ein Schurke, der sich Mal'akh (abgeleitet von Moloch) nennt; er hat sich selbst kastriert, seinen ganzen Körper mit kunstvollen, hochsymbolischen Tätowierungen verziert und sich bei den Freimaurern eingeschlichen, weil er nach dem größten Geheimnis, dem "magischen Passwort", sucht, das die Welt verändern soll und das von den Freimaurern gehütet wird.
Zum Glück aber ist Robert Langdon schon da, Browns Held, der einzige Symbolologe der Welt. Solomon ist sein Freund und Mentor, und er verwahrt für ihn in seiner Umhängetasche ein Päckchen, dessen Inhalt Dan Brown leider schon nach etwa hundert Seiten preisgibt, worin wir ihm nicht folgen wollen. Das Geheimnis hat auf jeden Fall mit jener Pyramide zu tun, die auf jedem Dollarschein abgebildet ist. Und natürlich ist auch die CIA schon im Bild, in Gestalt der 1,47 Meter großen Inoue Sato, die in einem jener Lager geboren wurde, in welchen nach Pearl Harbor japanischstämmige Amerikaner interniert wurden; und die trotz Kehlkopfkrebsoperation weiter Kette raucht und hart wie Granit ist - woran man schon ganz gut erkennt, dass Dan Brown seine Charaktere mit Eigenschaften behängt wie einen Weihnachtsbaum, ohne dass sie dadurch überzeugender würden.
Wem das verdächtig bekannt vorkommt, der hat sich nicht getäuscht. Es ist ja auch das Erzählmuster aus den beiden ersten Langdon-Büchern, das Brown bieder verwaltet, anstatt es zu variieren, es ist dieser erschütternd einfallslose Aufbau, mit den kurzen Kapiteln, aus denen die Cliffhanger ganz von selbst hervorgehen, weil es immer etwas von zwei oder drei verschiedenen Schauplätzen simultan zu erzählen gibt; und die Logik der Schnitzeljagd, bei der es Codes zu knacken und Zeichen zu entziffern gilt, wirkt inzwischen ein bisschen wie Sudoku ohne Zahlen, aber mit viel Architekturgeschichte, antiken Mysterien, Freimaurergeheimnissen und großen Namen wie Dürer, Newton, Einstein. Und wenn es dann ganz wichtig wird, wird ein Satz kursiv gedruckt: "Es gibt eine verborgene Welt hinter der, die wir alle sehen. Für uns alle." Es gibt sehr viele kursiv gedruckte Sätze in diesem Roman.
Dass die gesamte Handlung in einen Zeitraum von zwölf Stunden gepresst wird, sorgt nicht unbedingt für mehr Tempo, aber dafür gibt es ein paar wirklich tolle Requisiten (ein dreitausend Jahre altes Opfermesser, das aus einem eisernen Meteoriten gefertigt wurde) und großartige Schauplätze (die Kellerräume des Kapitols oder den riesigen Archivkomplex sämtlicher Smithsonian-Museen), die eher karg beschrieben werden, aber das wird die Verfilmung schon richten. Meist sprechen die Charaktere leider wie eine Wikipedia-Audiodatei, ordentlich, kompakt, trocken - und passend zu ihrer seltsamen Körperlosigkeit. Langdon kann tun, was er will, er kann brutal zusammengeschlagen werden und beinahe ertrinken in einem sargähnlichen Tank, er kann neben einer etwas hilflos beschriebenen, aber wohl doch attraktiven Frau auf dem Obelisken, dem Washington Monument, stehen und nur an den gestirnten Himmel über ihm, allenfalls auch noch an das moralische Gesetz in ihm denken - wenn ihn nicht Tom Hanks zwei Mal im Kino gespielt hätte, hätte man gar keine Vorstellung von ihm. Womöglich besteht seine DNS auch gar nicht aus Chromosomenketten, sondern nur aus langen Sequenzen von Lexikoneinträgen.
Man muss deshalb auch endlich mal mit einem Missverständnis aufräumen. Im Grunde ist Dan Brown gar kein Thrillerautor. Er ist ein religiöser Erbauungsschriftsteller, der sich als Thrillerautor ausgibt, und deshalb waren all die heftigen Anfeindungen, vor allem von Seiten der katholischen Kirche, auch ziemlich ungerecht. Mag sein, dass sich nun auch die Freimaurer verzerrt dargestellt fühlen, man kann es ja nie allen recht machen, obwohl Brown genau das zu glauben scheint. Unablässig grübelt er, durch das Medium seines Helden, wie Wissenschaft und Religion, Verstand und Intuition zueinander finden können. Seine Bücher sind gewissermaßen der runde Tisch, an dem sich alle Wissenschaftler, Weltreligionsvertreter und Geheimbündler guten Willens versammeln und nett zueinander sein sollen, weil ja die finsteren Verschwörer gar nicht aus ihrem Innersten kommen, sondern bösartige Usurpatoren sind.
Die Verfilmung von "Angels and Demons" (alias "Illuminati") hat diese latente Frömmigkeit viel klarer gemacht als die Vorlage; im "Verlorenen Symbol" wird Brown fast schon zum Prediger, der von den verborgenen Möglichkeiten schwärmt, die im menschlichen Geist schlummern: Sind wir nicht alle Brüder im Spirituellen? Ist Gott nicht das allen Kulturen in allen Epochen gemeinsame Symbol - was zugleich für seine Wahrheit spricht? Und Robert Langdon, in dunkelgrauem Rollkragenpullover, Khakihosen, Tweedsakko und Slippern, ist ihr Prophet, in dem Glauben und Wissen miteinander ringen.
Nebenbei kommt da auch ein sehr merkwürdiges Geschichtsbild zum Vorschein. Es ist weniger der Gedanke, dass alles anders hätte kommen können, welcher den "Da Vinci Code" beherrschte, als die Vorstellung, dass ja im Grunde seit ein paar tausend Jahren nichts Neues passiert ist. Atomphysik, Unschärferelation oder Stringtheorie sind im Prinzip schon bei Demokrit, in der Kabbala oder anderen alten Schriften angelegt, so dass alles Neue und aller Wandel nur zu den verschütteten Quellen zurückführen. Paradigmenwechsel, epistemologischer Bruch, kopernikanische Wende - ach was, verschlüsselt steht's schon in der Bibel, die ihrerseits die antiken Mysterien bewahrt, man muss es nur zu lesen wissen, und schon schließt sich der Kreis. Das ist ungemein tröstlich und eben: erbaulich wie Traktate, die einem mit so suggestiven wie vagen Analogien weismachen wollen, dass alles irgendwie mit allem zusammenhängt und jedes Erkennen nur ein Wiedererkennen ist. Platon für Arme.
Und ohne zu viel zu verraten, kann man mit Blick auf den Plot des "Verlorenen Symbols" sagen: Es bleibt alles in der Familie. Und es bleibt diesmal auch im Herzen der Nation, ohne Paris, London, Rom. "Washingtons mystischer Symbolismus" macht den Symbolologen zum Heimatkundler. Warum man das trotzdem in einem Zug liest? Weil die Neugier größer ist als die Verzweiflung über den dürftigen Stil und über die unfreiwillig komischen Dialoge - ",Katherine', stammelte er und zwinkerte mit seinen grauen Augen, als wolle er sich vergewissern, dass er nicht träumte, ,ich glaube, du hast die menschliche Seele gewogen'" -, weil man einfach wissen möchte, wie Brown die Kurve kriegt, sich herauswindet aus dem selbsterzeugten Schlamassel, um das größte Welträtsel auf die simpelste Formel zusammenschnurren zu lassen.
Diesmal ist es allerdings eine ganz harte Geduldsprobe, denn die letzten sechzig Seiten kommen einem deutlich länger vor als die 450 zuvor. Es gibt eigentlich nichts mehr zu erzählen, aber Brown will partout nicht aufhören und uns auch noch auf eine kleine Sightseeingtour durch Washington mitnehmen, die man dort sicher bald wird buchen können. Er habe noch Ideen für ein Dutzend Langdon-Bücher, hat Dan Brown vor drei Jahren in einem Interview gesagt. Mag schon sein. Noch besser wäre es, wenn er nur eine Idee hätte, wie man daraus einen originellen Plot macht.
PETER KÖRTE
Dan Brown: "The Lost Symbol". Bantam Books, 509 Seiten, ca. 20 Euro. Die deutsche Ausgabe erscheint am 14. Oktober im Lübbe-Verlag und kostet 26 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main