Winner of the 2019 New-York Historical Society Barbara and David Zalaznick Book Prize in American History Winner of the 2018 American Academy of Diplomacy Douglas Dillon Award Shortlisted for the 2018 Duff Cooper Prize in Literary Nonfiction Honorable Mention (runner-up) for the 2019 ASEEES Marshall D. Shulman Prize “[A] brilliant book…by far the best study yet” (Paul Kennedy, The Wall Street Journal) of the gripping history behind the Marshall Plan and its long-lasting influence on our world. In the wake of World War II, with Britain’s empire collapsing and Stalin’s on the rise, US officials under new Secretary of State George C. Marshall set out to reconstruct western Europe as a bulwark against communist authoritarianism. Their massive, costly, and ambitious undertaking would confront Europeans and Americans alike with a vision at odds with their history and self-conceptions. In the process, they would drive the creation of NATO, the European Union, and a Western identity that continue to shape world events. Benn Steil’s “thoroughly researched and well-written account” (USA TODAY) tells the story behind the birth of the Cold War, told with verve, insight, and resonance for today. Focusing on the critical years 1947 to 1949, Benn Steil’s gripping narrative takes us through the seminal episodes marking the collapse of postwar US-Soviet relations—the Prague coup, the Berlin blockade, and the division of Germany. In each case, Stalin’s determination to crush the Marshall Plan and undermine American power in Europe is vividly portrayed. Bringing to bear fascinating new material from American, Russian, German, and other European archives, Steil’s account will forever change how we see the Marshall Plan. “Trenchant and timely…an ambitious, deeply researched narrative that…provides a fresh perspective on the coming Cold War” (The New York Times Book Review), The Marshall Plan is a polished and masterly work of historical narrative. An instant classic of Cold War literature, it “is a gripping, complex, and critically important story that is told with clarity and precision” (The Christian Science Monitor).
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.02.2022Kluge Macht
Wie die Vereinigten Staaten mit dem Marshallplan die Welt veränderten
Der Marshallplan des Jahres 1947 gilt seit Langem als Glanzstück kluger Weltpolitik der USA, betonte er doch nicht nur die militärische Führungsfähigkeit, sondern auch die wirtschaftliche und kulturelle Anziehungskraft des Landes im Ost-West-Konflikt. Dabei hätten die Ausgangsbedingungen für die Architekten des Plans, den Präsidenten Harry S. Truman und dessen Außenminister George C. Marshall, innen- wie außenpolitisch eigentlich kaum schwieriger sein können. Die Öffentlichkeit in den USA war nach dem verlustreichen Sieg im Zweiten Weltkrieg mehr als kriegsmüde. Der republikanisch kontrollierte Kongress hatte wenig Interesse an größeren wirtschaftlichen Aufbauhilfen für Nachkriegseuropa. Der sowjetische Diktator Josef Stalin suchte jede Machtverschiebung in Europa zugunsten der USA mit allen erdenklichen Mitteln zu verhindern. Frankreich und Großbritannien taten sich mit dem Gedanken eines zügigen industriellen Wiederaufbaus Nachkriegsdeutschlands schwer.
Truman und Marshall blieben von alledem unbeeindruckt und verfolgten mit auch heute noch höchst beeindruckendem politischen Führungswillen ihren Plan eines europäischen Wiederaufbauprogramms, wie Benn Steil vom renommierten New Yorker Council on Foreign Relations in seinem sehr beeindruckend recherchierten und äußerst lesenswerten Band zum Marshallplan unterstreicht. Der Autor verarbeitet dabei nicht nur die bereits vorhandene, sehr umfängliche Sekundärliteratur zum Thema, sondern hat auch die einschlägigen Archive, darunter unter anderem die in Moskau, Washington, D.C., in Paris, Koblenz und Belgrad konsultiert.
Das Ergebnis ist ein höchst plastisches Kaleidoskop der Entscheidungsfindung in den USA zum Marshallplan, die in jenes European Recovery Program für insgesamt 16 europäische Staaten mündete, für das der Kongress auf Betreiben der Truman-Regierung zwischen 1948 und 1952 die damals gigantische Summe von insgesamt über 13 Milliarden Dollar zur Verfügung stellte. Der Weg zu diesem Paradebeispiel kluger Weltpolitik der USA war dabei alles andere als ein Selbstläufer. Truman hatte mit der Ernennung des ehemaligen Fünf-Sterne-Generals Marshall allerdings jenen Außenminister gefunden, der sich mit großer strategischer Weitsicht und Entschlossenheit hinter die Truman-Doktrin vom Kampf "verschiedener Lebensarten" stellte, einer freien gegenüber einer totalitären.
In diesem Zusammenhang galt es nicht nur den strategischen Umgang mit Deutschland neu zu bewerten, sondern auch einen psychologischen Vorteil gegenüber der Sowjetunion in der Neuordnung Europas zu erringen, wie es George F. Kennan, der Leiter des Planungsstabes im Außenministerium unter Marshall, im Mai 1947 weitsichtig formulierte. Geschwindigkeit war von großer Bedeutung, nachdem Marshall Anfang Juni des gleichen Jahres an der Harvard-Universität ein entschlossenes Handeln der USA mit dem Ziel der "Wiederherstellung des Vertrauens der europäischen Völker in die wirtschaftliche Zukunft ihrer Länder und von Europa als Ganzem" verlangt hatte. Im Kongress, der zu diesem Zeitpunkt in beiden Kammern von den Republikanern kontrolliert wurde, war die Bereitschaft, Truman zu unterstützen, allerdings anfänglich gering. Im Folgejahr standen Präsidentschafts- und Kongresswahlen an, und die Opposition im Kapitol hatte kein Interesse daran, dass "die USA (mit dem Marshallplan) den Sozialismus in ganz Europa finanzierten". Eine Friedensdividende sollte nicht Europa, sondern den USA zugutekommen.
Truman reagierte gleichwohl ohne Zögern und bezog den Kongress von Anfang an geschickt in seine Überlegungen für ein Wiederaufbauprogramm ein. Zentral dabei war der damalige republikanische Vorsitzende des Auswärtigen Senatsausschusses, Arthur H. Vandenberg. Es war Vandenberg, der Truman mit Blick auf Öffentlichkeit und Kongress empfahl, mehrere überparteilich besetzte Ausschüsse zu schaffen, von denen der von Handelsminister Averell Harriman geleitete der prominenteste war. Ihm gehörten in enger Abstimmung mit Vandenberg einflussreiche Unternehmer genauso wie Gewerkschafter an. Auch das Committee for the Marshall Plan to Aid European Recovery, dem mehr als 300 prominente Mitglieder der Zivilgesellschaft angehörten, leistete große Überzeugungsarbeit.
Dem konnte sich der Kongress nicht entziehen, zumal bis zum Herbst 1947 mehr als 200 Kongressmitglieder nach Europa gereist waren, um sich über die Situation vor Ort ein Bild zu verschaffen. Die im Januar 1948 durchgeführten Anhörungen zur Marshallplan-Hilfe, bei denen allein im Repräsentantenhaus über 2200 Seiten Aussagen und Dokumente von 150 Privatpersonen dokumentiert wurden, mündeten in einem überwältigenden außenpolitischen Erfolg für Truman, der Anfang November 1948 dann in seiner überraschenden Bestätigung im Amt und in der demokratischen Kontrolle beider Kammern des Kongresses münden sollte.
Ein halbes Jahr vorher, im März 1948, stimmten unter Führung der oppositionellen Republikaner sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat mit großer Mehrheit dem Marshallplan zu, nachdem sich die Stimmung in der amerikanischen Öffentlichkeit bereits im Spätjahr 1947 gedreht hatte. Natürlich war klar, dass sich die ökonomische Stabilität in Europa, die im Zuge des Marshallplans mit einem klaren Bekenntnis der USA zur europäischen Integration verbunden war, nicht ohne militärische Präsenz verwirklichen lassen würde. Die Gründung der Nordatlantischen Allianz im Zuge der Machtrivalität mit der Sowjetunion war 1949 ebenso die Folge wie die kompromisslose Unterstützung Westberlins durch die USA während der sowjetischen Blockade 1948/1949. Wie hatte es George Kennan im Oktober 1947 visionär festgehalten: Die Auseinandersetzung mit der sowjetischen Bedrohung Europas war mehr als eine militärische Bedrohung. Vielmehr ging es um einen Kampf der Ideen, den nur eine kluge Machtpolitik gewinnen konnte und schließlich 1989/1991 auch gewann. JÜRGEN WILZEWSKI
Benn Steil: The Marshall Plan. Dawn of the Cold War
Oxford University Press, Oxford 2021. 624 S., Paperback, 14,99 £.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie die Vereinigten Staaten mit dem Marshallplan die Welt veränderten
Der Marshallplan des Jahres 1947 gilt seit Langem als Glanzstück kluger Weltpolitik der USA, betonte er doch nicht nur die militärische Führungsfähigkeit, sondern auch die wirtschaftliche und kulturelle Anziehungskraft des Landes im Ost-West-Konflikt. Dabei hätten die Ausgangsbedingungen für die Architekten des Plans, den Präsidenten Harry S. Truman und dessen Außenminister George C. Marshall, innen- wie außenpolitisch eigentlich kaum schwieriger sein können. Die Öffentlichkeit in den USA war nach dem verlustreichen Sieg im Zweiten Weltkrieg mehr als kriegsmüde. Der republikanisch kontrollierte Kongress hatte wenig Interesse an größeren wirtschaftlichen Aufbauhilfen für Nachkriegseuropa. Der sowjetische Diktator Josef Stalin suchte jede Machtverschiebung in Europa zugunsten der USA mit allen erdenklichen Mitteln zu verhindern. Frankreich und Großbritannien taten sich mit dem Gedanken eines zügigen industriellen Wiederaufbaus Nachkriegsdeutschlands schwer.
Truman und Marshall blieben von alledem unbeeindruckt und verfolgten mit auch heute noch höchst beeindruckendem politischen Führungswillen ihren Plan eines europäischen Wiederaufbauprogramms, wie Benn Steil vom renommierten New Yorker Council on Foreign Relations in seinem sehr beeindruckend recherchierten und äußerst lesenswerten Band zum Marshallplan unterstreicht. Der Autor verarbeitet dabei nicht nur die bereits vorhandene, sehr umfängliche Sekundärliteratur zum Thema, sondern hat auch die einschlägigen Archive, darunter unter anderem die in Moskau, Washington, D.C., in Paris, Koblenz und Belgrad konsultiert.
Das Ergebnis ist ein höchst plastisches Kaleidoskop der Entscheidungsfindung in den USA zum Marshallplan, die in jenes European Recovery Program für insgesamt 16 europäische Staaten mündete, für das der Kongress auf Betreiben der Truman-Regierung zwischen 1948 und 1952 die damals gigantische Summe von insgesamt über 13 Milliarden Dollar zur Verfügung stellte. Der Weg zu diesem Paradebeispiel kluger Weltpolitik der USA war dabei alles andere als ein Selbstläufer. Truman hatte mit der Ernennung des ehemaligen Fünf-Sterne-Generals Marshall allerdings jenen Außenminister gefunden, der sich mit großer strategischer Weitsicht und Entschlossenheit hinter die Truman-Doktrin vom Kampf "verschiedener Lebensarten" stellte, einer freien gegenüber einer totalitären.
In diesem Zusammenhang galt es nicht nur den strategischen Umgang mit Deutschland neu zu bewerten, sondern auch einen psychologischen Vorteil gegenüber der Sowjetunion in der Neuordnung Europas zu erringen, wie es George F. Kennan, der Leiter des Planungsstabes im Außenministerium unter Marshall, im Mai 1947 weitsichtig formulierte. Geschwindigkeit war von großer Bedeutung, nachdem Marshall Anfang Juni des gleichen Jahres an der Harvard-Universität ein entschlossenes Handeln der USA mit dem Ziel der "Wiederherstellung des Vertrauens der europäischen Völker in die wirtschaftliche Zukunft ihrer Länder und von Europa als Ganzem" verlangt hatte. Im Kongress, der zu diesem Zeitpunkt in beiden Kammern von den Republikanern kontrolliert wurde, war die Bereitschaft, Truman zu unterstützen, allerdings anfänglich gering. Im Folgejahr standen Präsidentschafts- und Kongresswahlen an, und die Opposition im Kapitol hatte kein Interesse daran, dass "die USA (mit dem Marshallplan) den Sozialismus in ganz Europa finanzierten". Eine Friedensdividende sollte nicht Europa, sondern den USA zugutekommen.
Truman reagierte gleichwohl ohne Zögern und bezog den Kongress von Anfang an geschickt in seine Überlegungen für ein Wiederaufbauprogramm ein. Zentral dabei war der damalige republikanische Vorsitzende des Auswärtigen Senatsausschusses, Arthur H. Vandenberg. Es war Vandenberg, der Truman mit Blick auf Öffentlichkeit und Kongress empfahl, mehrere überparteilich besetzte Ausschüsse zu schaffen, von denen der von Handelsminister Averell Harriman geleitete der prominenteste war. Ihm gehörten in enger Abstimmung mit Vandenberg einflussreiche Unternehmer genauso wie Gewerkschafter an. Auch das Committee for the Marshall Plan to Aid European Recovery, dem mehr als 300 prominente Mitglieder der Zivilgesellschaft angehörten, leistete große Überzeugungsarbeit.
Dem konnte sich der Kongress nicht entziehen, zumal bis zum Herbst 1947 mehr als 200 Kongressmitglieder nach Europa gereist waren, um sich über die Situation vor Ort ein Bild zu verschaffen. Die im Januar 1948 durchgeführten Anhörungen zur Marshallplan-Hilfe, bei denen allein im Repräsentantenhaus über 2200 Seiten Aussagen und Dokumente von 150 Privatpersonen dokumentiert wurden, mündeten in einem überwältigenden außenpolitischen Erfolg für Truman, der Anfang November 1948 dann in seiner überraschenden Bestätigung im Amt und in der demokratischen Kontrolle beider Kammern des Kongresses münden sollte.
Ein halbes Jahr vorher, im März 1948, stimmten unter Führung der oppositionellen Republikaner sowohl das Repräsentantenhaus als auch der Senat mit großer Mehrheit dem Marshallplan zu, nachdem sich die Stimmung in der amerikanischen Öffentlichkeit bereits im Spätjahr 1947 gedreht hatte. Natürlich war klar, dass sich die ökonomische Stabilität in Europa, die im Zuge des Marshallplans mit einem klaren Bekenntnis der USA zur europäischen Integration verbunden war, nicht ohne militärische Präsenz verwirklichen lassen würde. Die Gründung der Nordatlantischen Allianz im Zuge der Machtrivalität mit der Sowjetunion war 1949 ebenso die Folge wie die kompromisslose Unterstützung Westberlins durch die USA während der sowjetischen Blockade 1948/1949. Wie hatte es George Kennan im Oktober 1947 visionär festgehalten: Die Auseinandersetzung mit der sowjetischen Bedrohung Europas war mehr als eine militärische Bedrohung. Vielmehr ging es um einen Kampf der Ideen, den nur eine kluge Machtpolitik gewinnen konnte und schließlich 1989/1991 auch gewann. JÜRGEN WILZEWSKI
Benn Steil: The Marshall Plan. Dawn of the Cold War
Oxford University Press, Oxford 2021. 624 S., Paperback, 14,99 £.
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