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Drawing on the collective wisdom of over 280 languages, this book is arranged by theme so that you can compare attitudes all over the world to such subjects as food, the human body and the battle of the sexes. Here, you find not only those words for which there is no direct counterpart in English, but also those that sound confusingly the same.

Produktbeschreibung
Drawing on the collective wisdom of over 280 languages, this book is arranged by theme so that you can compare attitudes all over the world to such subjects as food, the human body and the battle of the sexes. Here, you find not only those words for which there is no direct counterpart in English, but also those that sound confusingly the same.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.03.2006

Das Gesichtsgras wachsen hören

Der Terror kennt keine Grenzen! Die Globalisierung tritt uns die Tür ein! Die Reihe der restlichen "Wehe! Wehe!"-Szenarien können wir alle im Schlaf aufsagen. Ebendieser soll daher bekanntlich immer häufiger gestört werden, weil unbescholtene Bürger des Nachts hochschrecken, gepackt von der unerklärlichen Angst, mir nichts, dir nichts von finsterem Gesindel oder übelwollenden Arbeitgebern mit unbekanntem Ziel verschleppt zu werden. Fürchte Dich nicht, Bürger, Du hast jetzt einen listenreichen Wegbegleiter, der Dir die fremde Welt in 280 Sprachen aufblättern kann, ein Vademecum, das im Bedarfsfall griffbereit unter dem Kopfkissen liegen sollte, damit es nicht zum Zusammenprall der Kulturen kommt.

Nun ist ja die Kompendien- und Listenliteratur enorm en vogue. Daß die Liste als solche von muttihaften Einkaufsassoziationen befreit wurde, verdankt sie sicher dem Aufzählmeister Nick Hornby und "High Fidelity". Prompt folgten Ben Schotts diverse Sammelsurien, Ankowitschs Handbücher und Konversationslexika, und auch Stuckrad-Barre will uns wie viele andere erklären, "Was.Wir.Wissen.". Gefehlt hat bei all diesen mehr oder weniger gelungenen Kompilationen bislang ein komprimiertes Universalwörterbuch, daß uns gleichermaßen Sprach- wie Kulturführer sein kann. Der britische Wortschatzsucher Adam Jacot de Boinod hat sich durch Hunderte Lexika gewühlt, das Netz durchforstet und Botschaftsangehörige aller Nationen gequält, um möglichst einzigartige, unübersetzbare Wörter und Redewendungen für alle Lebenslagen ans Licht zu bringen. "The meaning of Tingo" versammelt die schönsten, skurrilsten, nützlichsten und unnützesten von ihnen. Es dürfte nur eine Frage der Zeit zum Übersetzen sein, daß dieses Buch auch hierzulande ein Bestseller wird (Adam Jacot de Boinod: "The Meaning of Tingo". And Other Extraordinary Words from Around the World. Penguin Press, London 2006. 209 S., Abb., geb., 10,- £).

Ein paar Beispiele aus Jacot de Boinods großer weiter Welt: Schreit der erste Mensch, den Sie erblicken, fröhlich "kill!", weist er sich als guten Freund aus. Auf arabisch. Deuten äußere Anzeichen (Robbenfellturban?) auf Inuit-Vorfahren seinerseits, ist jetzt der Zeitpunkt, eine Runde "igunaujannguaq" vorzuschlagen, spielerisch umzufallen und sich von ihm stockfischsteif, pardon, "gefrorener Walroßkadaver"-gleich tragen zu lassen. Man wird seine Tochter nicht mehr Doris nennen, damit sie beim Urlaub auf Barbados nicht verlacht wird - "Polizei-Van", so die Bedeutung auf Bajan, klingt doch etwas irritierend. Man wird sie auch nicht Susan nennen, weil alle Thais rätseln würden, wieso Eltern ihr Kind "Friedhof" nennen. Eine erstgeborene Anele hingegen ist ein deutliches Bekenntnis zur Einkindgesellschaft, verstehen die Xhosa in Südafrika, denn "Genug", so die wörtliche Bedeutung, ist dort der Name für das (hoffentlich) letzte Kind. Während wir selbst das Verschwinden der Familie beklagen, uns entwurzelt und entortet fühlen, sehnen wir uns nach Lektüre dieses Buches nach den erweiterten Familienbande der Aborigines, die ein Wort für die Tochter der Tochter des Bruders der Mutter der Mutter besitzen, die "nganuwaay".

Die Kategorien, in die Jacot de Boinod seine prächtigen Fundstücke sortiert, orientieren sich in Teilen an der ach so komplizierten Welt menschlicher Beziehungen, in Teilen an typischen Sprachlehrbüchern, also Begrüßung, Körperteile, Transport, Familie, Uhrzeit, Essen und Trinken, Wetter und Zahlen. Wer zu Schulzeiten das ewige "Quel heure est t-il" nicht mochte, wird vielleicht Ehrgeiz entwickeln, Sesotho-Sprechern in Südafrika kurz vor Sonnenhöchststand auf ebendiese Frage lapidar antworten zu können, es sei "metsotso e mashome a meraro ka mora hora ya leshome le motso e mong", also halb elf. Muß das nicht ein glückliches Volk sein, das sich so viel Zeit für eine Uhrzeitabfrage gönnt?

Tatsächlich regt das Büchlein enorm an, sich eine Vielzahl vergnüglicher wie dilettantischer Gedanken zu den so wunderbar vielfältigen Kulturen unserer Welt zu machen. Was sind diese Inuit wohl für Leute, daß sie ein Wort für einvernehmlichen temporären Frauentausch haben? Wie gefährlich sind Japaner heute, wenn die Samuraitradition ein Verb überliefert, das so viel bedeutet wie: Man probiere ein neues Schwert an einem Passanten aus? Wie steht's mit mobbing unter australischen Aborigines, wenn sie ein Wort für "wir beide, dich eingeschlossen" haben, aber genauso eines für "wir beide, dich ausgeschlossen"? Ja, das sind die Fragen der Sofaethnologen. Sie schließen rasiermesserscharf, daß Bartwuchs in Papua-Neuguinea weniger weit verbreitet sein muß als in Albanien, das gut ein Dutzend Bartbezeichnungen kennt. Tok Pisin dagegen muß sich mit der bezaubernden Hilfskonstruktion "gras bilong fes", quasi Gesichtsgras behelfen.

Nun wollen wir selbstredend nicht die englische Herkunft des Verfassers als Ursache dafür vermuten, daß die verzeichneten genuin deutschen Wortkonstruktionen weniger amüsant sind. Unsere Weltsicht, lieber Herr Jacot de Boinod, ist nicht geprägt von trittbrettfahrenden Zechprellern mit Torschlußpanik. Auch daß als deutsches Palindrom lediglich das sauberkeitsdröge "Nie fragt sie: ist gefegt? Sie ist gar fein" vermerkt ist, wo die Finnen mit "neulo taas niin saat oluen" punkten dürfen (Strick noch mal, damit du ein Bier bekommst), ist nicht nett. Für die nächste Auflage wünschen wir uns wenigstens "Erika feuert nur untreue Fakire".

SABINE LÖHR

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