Der Irak-Krieg war ein visuelles Spektakel. Das Fernsehen präsentierte die Ereignisse im Nahen Osten in einer Flut von (bewegten) Bildern, die in der Geschichte der Kriegsberichterstattung ohne Beispiel ist. Relativ gut verstanden sind dabei die im weitesten Sinne propagandistischen Aspekte der televisuellen Inszenierung dieses Krieges, von der militärisch-medialen Zusammenarbeit (embedded correspondents) bis hin zu den narrativen Schemata von Heldenmythen und Bildersturm. Hingegen blieb die Frage nach den Realitätseffekten der Visualisierung des Ereignisses bisher unbeantwortet. Auf welche Weise also erzeugten die Bilder aus dem Irak den Eindruck, sie zeigten, was wirklich geschehen ist? Eingebettet in eine Konzeption des Medienereignisses als Kompositum von realistischen und performativen Anteilen entwirft dieses Buch erstmals eine Theorie des visuellen Ereignis-Realismus und wendet diese auf Nachrichtensendungen zum Irak-Krieg an. Anhand von Bildmaterial der Sender CBS, BBC, ARD und SF1 wird eine Typologie von vier Darstellungsformen entwickelt, die vorgeben, das Ereignis bloß wiederzugeben (Realismus der Plötzlichkeit, des Geheimnisses, der Topologie und der Unterbrechung). Ergänzt wird dies durch eine Betrachtung des vielfältigen Zusammenspiels von realistischen Bildern und journalistischen Beobachtern (vom Studiosprecher bis zum Reporter in Bagdad). Eine kurze Geschichte der Ereignis-Medien fundiert die Analyse medienkomparatistisch, indem sie der Tele-Vision des Ereignisses die Unmöglichkeit eines akustischen Realismus und den Hyperrealismus des Kinofilms gegenüberstellt.