"The Middlesteins had me from its very first pages, but it wasn't until its final pages that I fully appreciated the range of Attenberg's sympathy and the artistry of her storytelling."-Jonathan Franzen, author of Freedom . For more than thirty years, Edie and Richard Middlestein shared a solid family life together in the suburbs of Chicago. But things are splintering apart, for one reason, it seems: Edie's fixated on food--thinking about it, eating it--and if she doesn't stop, she won't have much longer to live.For more than thirty years, Edie and Richard Middlestein shared a solid family life together in the suburbs of Chicago. But now things are splintering apart, for one reason, it seems: Edie's enormous girth. She's obsessed with food--thinking about it, eating it--and if she doesn't stop, she won't have much longer to live. When Richard abandons his wife, it is up to the next generation to take control. Robin, their schoolteacher daughter, is determined that her father pay for leaving Edie. Benny, an easy-going, pot-smoking family man, just wants to smooth things over. And Rachelle-- a whippet thin perfectionist-- is intent on saving her mother-in-law's life, but this task proves even bigger than planning her twin children's spectacular b'nai mitzvah party. Through it all, they wonder: do Edie's devastating choices rest on her shoulders alone, or are others at fault, too? With pitch-perfect prose, huge compassion, and sly humor, Jami Attenberg has given us an epic story of marriage, family, and obsession. The Middlesteins explores the hopes and heartbreaks of new and old love, the yearnings of Midwestern America, and our devastating, fascinating preoccupation with food.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.04.2015Essen als Versteck
Falstaffiade: Jami Attenbergs Roman "Die Middlesteins"
Andy Warhol soll gesagt haben, die meisten Filme wären interessanter, schaute man sich nur ihre geschnittenen Szenen an. Jami Attenbergs "Die Middlesteins" lässt bisweilen an diese Empfindung denken. Der dritte Roman der 1971 geborenen Amerikanerin zirkelt um Edie Middlestein, folgt der Tochter jüdischer Eltern im Nachkriegs-Chicago auf ihrem Weg in die Gegenwart, bis aus dem Mädchen mit morbidem Interesse an "salziger Leberwurst" - nicht ganz überraschend - eine fettleibige Matriarchin geworden ist, in deren Orbit die Mitglieder einer klischiert dysfunktionalen Familie kreisen, um sie davor zu bewahren, sich zu Tode zu essen.
Weil Edie sich bereits der zweiten "Stent-Operation" gegen Gefäßverengung unterziehen muss, riechen Edies Kinder Benny und Robin endlich Feuer - und Bennys Frau Rachelle macht es sich zur Aufgabe, die zu falstaffscher Größe angeschwollene Schwiegermutter vor dem sicheren Tod zu retten.
Während die Geschichte sich entwickelt, springen Attenbergs Erzähler - acht an der Zahl - durch Zeiten und Perspektiven und neigen vermehrt zu Abschweifungen, die (häufig in Klammern gepackt) nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft abzweigen. Zum Beispiel im Falle Robins, deren schwieriges Verhältnis zu Männern dazu führt, dass sie ihren neuen Freund Daniel mehr als Ablenkung denn als Anlehnung sieht. Der Grund liegt vielleicht in Robins Verhältnis zu ihrem Vater, der die übergewichtige Edie verlassen hat, denn er konnte "nicht mehr mit ansehen, wie sie sich umbringt". Doch man erfährt über Robin in Klammern: "(Bei seiner Beerdigung allerdings ist sie am Boden zerstört. Sie schwimmt in Tränen, Daniel hält sie fest im Arm, fernab von anderen Familienmitgliedern, die mit ihrer eigenen Trauer kämpfen.)" Diese Blenden sind nicht ungeschickt. Leider sind sie spannender und konkreter als die primären Erzählstränge, und jedes Mal muss man mit Ernüchterung zurück in die Familiengeschichte der Middlesteins. Paradoxerweise verdeutlichen diese Abschweifungen das zentrale Problem des Textes: ein ästhetisches. Die Stimmen des Romans wirken entweder überbordend flapsig oder rührselig frivol und klingen alle gleich. Vom Sex ist die Rede, "wie sie sich verschwitzt und salzig und lustvoll verknoteten und abwechselnd dreckige oder schwindelerregend süße Worte tauschten".
Der Stil führt zu einer Abneigung gegen Figuren, die eigentlich Sympathie verdient hätten. Nur in den Abschweifungen sind die eingeklammerten Bemerkungen gelöst vom steifen Unterhaltungsstil des Romans, der etwas ironisch Durchgeknalltes erzwingen will, was so anstrengend wirkt wie ein alternder Klassenclown oder der Dinnergast, der über seine eigenen Witze lacht. Zugegeben, diese stilistischen Entscheidungen müssen nicht als Fehler gelten, da sich durchaus eine Korrelation ergibt zwischen der mühsamen, wuchtigen Ästhetik und der Hauptfigur, deren Körperfülle auch für das Romanpersonal etwas zunehmend Aufdringliches hat: "Was war mit dieser Edie passiert? ... Wir brachten es nicht fertig, sie anzusehen, sie, die ganz in unserer Nähe saß. Wir wollten uns nicht einmal vorstellen, dass unsere Ehepartner jemals so werden könnten wie Edie."
Gleichzeitig ist die Wirkung dieses Stils oft so grob, dass viele Passagen an einem genauen Blick auf die tiefe Zerrüttung der Figuren einfach vorbeihetzen. So ist nichts daran gelegen, die Ursachen von Edies Essstörung und den Furchen durch die Familie Middlestein anders zu ergründen als durch stupend stupide Psychologisierung. Am Ende des Romans heißt es über den Mann, der dreißig Jahre mit Edie zusammenlebte: "Auf einmal glaubte er auch, Edie zu begreifen und warum sie so viel gegessen hatte - unentwegt, unaufhörlich und ohne Rücksicht auf Geschmack oder Gehalt ... Essen war einfach ein wunderbares Versteck."
Psychologisieren dieser Art ist ein Abschließen, wo ein Öffnen subtiler und sinnvoller wäre. Immer wieder bricht der Roman das Suchen nach Ursachen, das Eintauchen in die Untiefen der Familie ab, als fürchte er sich vor Düsternis und Leid. Ein Symptom dessen ist, dass beinahe jeder Moment, da sich der Blick auf den Schmerz der Figuren lenkt, abgetötet wird durch einen melodramatischen Ausgang. Diese Figuren sind näher am Wasser gebaut als die Seufzerbrücke. Mit der Frequenz eines Tschechow-Stücks fängt hier alle Momente jemand an zu seufzen und zu heulen, nur weniger elegant, denn hier ist stets die Folge, dass ein Dialog über die Störungen in der Familie ins Leere läuft. Sicher, der Roman speist sich aus gestörter Kommunikation. Doch die Frage bleibt, ob ein Roman diese Störungen nicht besser erzählen sollte, anstatt die Kommunikationsstörung ins Verhältnis zwischen Buch und Leser auszulagern.
Dabei gibt es interessante Figuren. Die zwei komplexesten sind Edie selbst und ihre Tochter Robin, die sich näher sind, als es Robin lieb ist: "Als Erwachsene verhielt sich Robin unwillkürlich wie ihre Mutter." Doch auch sie bleiben größtenteils fremd. Die Erzählerstimmen reden um sie herum, ohne sie zu entdecken. Besonders in Edies Fall ist das unglücklich, da sie schließlich zu einer Figur wird, deren Schicksal einen beinahe kaltlässt, obwohl in ihr der Grundstoff eines guten Romans durchaus vorhanden ist. Aber selbst ihre Essstörung zeigt der Roman nur in skizzenhaften Szenen, ohne sie mit ernsten Reflexionen auszufüllen.
Es gibt zwei Arten schlechter Bücher: Die einen sind miserabel, weil sie inhaltlich und ästhetisch nichts Literarisches zu bieten haben. Die überflüssigen Hindernisse der Literaturgeschichte. Die anderen aber sind vielleicht die noch schlechteren Bücher, nämlich jene, die überall Interessantes und Anspruchsvolles andeuten, aber die Hoffnung auf deren Erzählung konsequent durchkreuzen.
Attenbergs Roman ist vielleicht kein hoffnungsloser Fall. Einige wenige Szenen sind erfreulich, wie ein Moment zwischen Rachelle und Benny, in dem Rachelle in Gedanken eine Reihenfolge der Lügen auflistet, die sie ihrem Mann im Leben erzählt hat. Oder die letzte Passage des Romans - und das nicht nur, weil man es zum Ende geschafft hat. In den Schlusszeilen findet der Text einen Moment der Nähe zwischen zwei Figuren, deren Kommunikation einst vollkommen gescheitert war: "Niemand hätte gedacht, dass sie viel gemeinsam hatten, außer dass sie zu einer Familie gehörten." Zum Ende entspannt sich noch einmal der durchkrampfte Stil des Romans, es kehrt Ruhe ein, es wird etwas erzählbar. Zwar lohnt es vielleicht nicht, einen Roman nur für seinen Schluss zu lesen. Allerdings ist es auch falsch zu sagen, das Ende eines Romans, wie das Ende eines Lebens, sei nur ein unbedeutender Teil des Ganzen - aber eben auch nicht der bedeutendste.
JAN WILM
Jami Attenberg: "Die Middlesteins". Aus dem Englischen von Barbara Christ. Schöffling & Co., Frankfurt am Main, 2015. 264 S., geb., 21,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Falstaffiade: Jami Attenbergs Roman "Die Middlesteins"
Andy Warhol soll gesagt haben, die meisten Filme wären interessanter, schaute man sich nur ihre geschnittenen Szenen an. Jami Attenbergs "Die Middlesteins" lässt bisweilen an diese Empfindung denken. Der dritte Roman der 1971 geborenen Amerikanerin zirkelt um Edie Middlestein, folgt der Tochter jüdischer Eltern im Nachkriegs-Chicago auf ihrem Weg in die Gegenwart, bis aus dem Mädchen mit morbidem Interesse an "salziger Leberwurst" - nicht ganz überraschend - eine fettleibige Matriarchin geworden ist, in deren Orbit die Mitglieder einer klischiert dysfunktionalen Familie kreisen, um sie davor zu bewahren, sich zu Tode zu essen.
Weil Edie sich bereits der zweiten "Stent-Operation" gegen Gefäßverengung unterziehen muss, riechen Edies Kinder Benny und Robin endlich Feuer - und Bennys Frau Rachelle macht es sich zur Aufgabe, die zu falstaffscher Größe angeschwollene Schwiegermutter vor dem sicheren Tod zu retten.
Während die Geschichte sich entwickelt, springen Attenbergs Erzähler - acht an der Zahl - durch Zeiten und Perspektiven und neigen vermehrt zu Abschweifungen, die (häufig in Klammern gepackt) nicht nur in die Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft abzweigen. Zum Beispiel im Falle Robins, deren schwieriges Verhältnis zu Männern dazu führt, dass sie ihren neuen Freund Daniel mehr als Ablenkung denn als Anlehnung sieht. Der Grund liegt vielleicht in Robins Verhältnis zu ihrem Vater, der die übergewichtige Edie verlassen hat, denn er konnte "nicht mehr mit ansehen, wie sie sich umbringt". Doch man erfährt über Robin in Klammern: "(Bei seiner Beerdigung allerdings ist sie am Boden zerstört. Sie schwimmt in Tränen, Daniel hält sie fest im Arm, fernab von anderen Familienmitgliedern, die mit ihrer eigenen Trauer kämpfen.)" Diese Blenden sind nicht ungeschickt. Leider sind sie spannender und konkreter als die primären Erzählstränge, und jedes Mal muss man mit Ernüchterung zurück in die Familiengeschichte der Middlesteins. Paradoxerweise verdeutlichen diese Abschweifungen das zentrale Problem des Textes: ein ästhetisches. Die Stimmen des Romans wirken entweder überbordend flapsig oder rührselig frivol und klingen alle gleich. Vom Sex ist die Rede, "wie sie sich verschwitzt und salzig und lustvoll verknoteten und abwechselnd dreckige oder schwindelerregend süße Worte tauschten".
Der Stil führt zu einer Abneigung gegen Figuren, die eigentlich Sympathie verdient hätten. Nur in den Abschweifungen sind die eingeklammerten Bemerkungen gelöst vom steifen Unterhaltungsstil des Romans, der etwas ironisch Durchgeknalltes erzwingen will, was so anstrengend wirkt wie ein alternder Klassenclown oder der Dinnergast, der über seine eigenen Witze lacht. Zugegeben, diese stilistischen Entscheidungen müssen nicht als Fehler gelten, da sich durchaus eine Korrelation ergibt zwischen der mühsamen, wuchtigen Ästhetik und der Hauptfigur, deren Körperfülle auch für das Romanpersonal etwas zunehmend Aufdringliches hat: "Was war mit dieser Edie passiert? ... Wir brachten es nicht fertig, sie anzusehen, sie, die ganz in unserer Nähe saß. Wir wollten uns nicht einmal vorstellen, dass unsere Ehepartner jemals so werden könnten wie Edie."
Gleichzeitig ist die Wirkung dieses Stils oft so grob, dass viele Passagen an einem genauen Blick auf die tiefe Zerrüttung der Figuren einfach vorbeihetzen. So ist nichts daran gelegen, die Ursachen von Edies Essstörung und den Furchen durch die Familie Middlestein anders zu ergründen als durch stupend stupide Psychologisierung. Am Ende des Romans heißt es über den Mann, der dreißig Jahre mit Edie zusammenlebte: "Auf einmal glaubte er auch, Edie zu begreifen und warum sie so viel gegessen hatte - unentwegt, unaufhörlich und ohne Rücksicht auf Geschmack oder Gehalt ... Essen war einfach ein wunderbares Versteck."
Psychologisieren dieser Art ist ein Abschließen, wo ein Öffnen subtiler und sinnvoller wäre. Immer wieder bricht der Roman das Suchen nach Ursachen, das Eintauchen in die Untiefen der Familie ab, als fürchte er sich vor Düsternis und Leid. Ein Symptom dessen ist, dass beinahe jeder Moment, da sich der Blick auf den Schmerz der Figuren lenkt, abgetötet wird durch einen melodramatischen Ausgang. Diese Figuren sind näher am Wasser gebaut als die Seufzerbrücke. Mit der Frequenz eines Tschechow-Stücks fängt hier alle Momente jemand an zu seufzen und zu heulen, nur weniger elegant, denn hier ist stets die Folge, dass ein Dialog über die Störungen in der Familie ins Leere läuft. Sicher, der Roman speist sich aus gestörter Kommunikation. Doch die Frage bleibt, ob ein Roman diese Störungen nicht besser erzählen sollte, anstatt die Kommunikationsstörung ins Verhältnis zwischen Buch und Leser auszulagern.
Dabei gibt es interessante Figuren. Die zwei komplexesten sind Edie selbst und ihre Tochter Robin, die sich näher sind, als es Robin lieb ist: "Als Erwachsene verhielt sich Robin unwillkürlich wie ihre Mutter." Doch auch sie bleiben größtenteils fremd. Die Erzählerstimmen reden um sie herum, ohne sie zu entdecken. Besonders in Edies Fall ist das unglücklich, da sie schließlich zu einer Figur wird, deren Schicksal einen beinahe kaltlässt, obwohl in ihr der Grundstoff eines guten Romans durchaus vorhanden ist. Aber selbst ihre Essstörung zeigt der Roman nur in skizzenhaften Szenen, ohne sie mit ernsten Reflexionen auszufüllen.
Es gibt zwei Arten schlechter Bücher: Die einen sind miserabel, weil sie inhaltlich und ästhetisch nichts Literarisches zu bieten haben. Die überflüssigen Hindernisse der Literaturgeschichte. Die anderen aber sind vielleicht die noch schlechteren Bücher, nämlich jene, die überall Interessantes und Anspruchsvolles andeuten, aber die Hoffnung auf deren Erzählung konsequent durchkreuzen.
Attenbergs Roman ist vielleicht kein hoffnungsloser Fall. Einige wenige Szenen sind erfreulich, wie ein Moment zwischen Rachelle und Benny, in dem Rachelle in Gedanken eine Reihenfolge der Lügen auflistet, die sie ihrem Mann im Leben erzählt hat. Oder die letzte Passage des Romans - und das nicht nur, weil man es zum Ende geschafft hat. In den Schlusszeilen findet der Text einen Moment der Nähe zwischen zwei Figuren, deren Kommunikation einst vollkommen gescheitert war: "Niemand hätte gedacht, dass sie viel gemeinsam hatten, außer dass sie zu einer Familie gehörten." Zum Ende entspannt sich noch einmal der durchkrampfte Stil des Romans, es kehrt Ruhe ein, es wird etwas erzählbar. Zwar lohnt es vielleicht nicht, einen Roman nur für seinen Schluss zu lesen. Allerdings ist es auch falsch zu sagen, das Ende eines Romans, wie das Ende eines Lebens, sei nur ein unbedeutender Teil des Ganzen - aber eben auch nicht der bedeutendste.
JAN WILM
Jami Attenberg: "Die Middlesteins". Aus dem Englischen von Barbara Christ. Schöffling & Co., Frankfurt am Main, 2015. 264 S., geb., 21,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main