Comedian and actor Stephen Fry's witty and practical guide, now in paperback, gives the aspiring poet or student the tools and confidence to write and understand poetry. Stephen Fry believes that if one can speak and read English, one can write poetry. In The Ode Less Travelled, he invites readers to discover the delights of writing poetry for pleasure and provides the tools and confidence to get started. Through enjoyable exercises, witty insights, and simple step-by-step advice, Fry introduces the concepts of Metre, Rhyme, Form, Diction, and Poetics. Most of us have never been taught to read or write poetry, and so it can seem mysterious and intimidating. But Fry, a wonderfully competent, engaging teacher and a writer of poetry himself, sets out to correct this problem by explaining the various elements of poetry in simple terms, without condescension. Fry's method works, and his enthusiasm is contagious as he explores different forms of poetry: the haiku, the ballad, the villanelle, and the sonnet, among many others. Along the way, he introduces us to poets we've heard of but never read. The Ode Less Travelled is not just the survey course you never took in college, it's a lively celebration of poetry that makes even the most reluctant reader want to pick up a pencil and give it a try.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.11.2008Das Mondkalb unter den Kühen
Dichten macht fröhlich, gesund und schön - jedenfalls wenn man es mit seiner Methode versucht: Stephen Fry, der englische Schriftsteller, Schauspieler und Komiker, erweist sich als mitreißender Lehrer für alle, die den Reim nicht scheuen.
Von Dirk von Petersdorff
Haben Sie den Schriftsteller, Schauspieler und Komiker Stephen Fry vor Augen? Wie sieht er aus? "Ne krumme Nase und ein Kinn zuviel, / auch schlaffe Schenkel und recht dünnes Haar." Das sind fünfhebige Verse, und man darf sie zitieren, weil sie von Fry selber stammen. Leicht verändert, mit Zäsur und Enjambement klingen sie so: "Ein Kinn zu viel - das reicht schon, ohne an / der Nase rumzumäkeln und am Haar." Schon haben wir gelernt oder uns daran erinnert, was eine Zäsur ist, ein Einschnitt im Vers, und was als Enjambement bezeichnet wird: die Weiterführung eines Satzes über das Versende hinweg.
Stephen Fry ist auch, und das wussten bisher die wenigsten, ein großartiger Lehrer, wie er uns in "Feigen, die fusseln", seiner jetzt ins Deutsche übersetzten Schule des Gedichts, beweist. Er kann Metrik, Reim, Strophen- und Gedichtformen erklären, vorführen, üben lassen. Dies geschieht mit einer Begeisterung, einem Charme und Witz, der auch Leser mitreißen wird, die es bisher nicht als Lebensziel ansahen, einige daktylische Verse über eine Kuhherde zu schreiben; so eine der Fryschen Aufgaben, mit denen er die Kapitel seines Buches abschließt. Fry gehört zu jenem Lehrertyp, der seinen Gegenstand für den wichtigsten der Welt hält, der auf die Schüler zugeht, sie anspricht, aber Distanz wahrt und sie nicht aus vorgeblich didaktischen Erwägungen heraus unterfordert; also zu jenen Lehrern, an die wir besonders gern zurückdenken. Sein Vergnügen an geformter, rhythmisierter Sprache, die eine pure physische, sinnlich spürbare Wirkung ausübt, springt über: "Ich glaube, in uns allen steckt eine angeborene Sehnsucht zu dichten."
Dieser Sehnsucht sollen wir nachgeben, sie ausleben. Aber sollen wir sie "entfesseln", wie der deutsche Untertitel sagt? Stephen Frys Ausführungen und Beispiele beziehen sich alle auf regelmäßig geformte Lyrik. "Wir werden uns hier recht wenig um die Avantgarde, experimentelle oder dunkle Lyrik kümmern", bekennt er mit jener Offenheit und Klarheit, die ihn auch sonst auszeichnet. "Ein Reimschmied also", wird mancher Leser murmeln, "ein Versknecht", "verklemmter Charakter, der ohne Zwänge nicht auskommt", "traditionshöriger Typ".
Auf solche Vorbehalte geht Fry sehr geschickt ein. Es gehöre zu den Paradoxien der Kunst, dass Struktur, Form und Konvention den Künstler befreien können. Einen viel zu einfachen Gegensatz wie den zwischen natürlicher und metrisierter Sprache reißt er ein, und wenn er poetologisch noch weiter ausholt, dann erklärt er, dass die Herrschaft des freien Verses die Lyrik in einen müden und angeschlagenen Zustand versetzt habe. Die Begründer des Modernismus wie Pound hatten allen Grund, gegen Konventionen, Klebrigkeiten und Klischees ihrer Vorfahren anzugehen, aber "jetzt sind es einige von Pounds einst neuen Ideen, die ausgestopft im Regal stehen und langweilig geworden sind".
Jetzt sind Formen etwas, das neu entdeckt werden kann, das den Reiz des Fremden ausübt, ein ziemlich unbekanntes Land. Fry führt in dieses Land ein. Sein erstes Kapitel, in dem er grundlegend erklärt, dass das Englische (und auch das Deutsche, denn sonst wäre dieses Buch nicht übersetzbar) zu den betonungsstrukturierten Sprachen gehört und deshalb eine akzentuierende Metrik besitzt, ist meisterhaft. Wie er hier von der natürlichen Betonung der Worte in der Alltagsrede über seine alte Cellolehrerin und ihr rhythmisches Händeklatschen bis zum fünfhebigen Jambus gelangt, das lässt jeden, der auch einmal versucht hat, diese Dinge zu erklären, respektvoll nicken.
Aber auch Fragen wie die nach der Übertragbarkeit antiker Versformen in die englische (und deutsche) Sprache erklärt er ebenso anspruchsvoll wie fassbar. Da hängt vieles am Spondeus. Was war noch einmal ein Spondeus? Richtig, die Abfolge von zwei langen Silben in den antiken Sprachen. In der Moderne wird daraus die Abfolge von zwei betonten Silben. Genau diese Abfolge von zwei wirklich gleich betonten Silben gibt es aber in den akzentuierenden Sprachen selten oder gar nicht. Fry führt das an der schon genannten Aufgabe mit den Kühen vor. Die Verse sollen aus vier Daktylen und einem Spondeus bestehen: "Wie sie so stehen in wahllosen Grüppchen im Gras dort, / Duldsam wie Statuen, schnaubend und keuchend wie Dampfloks. / Nachdenklich wartend auf etwas, das einfach nicht eintritt. / Wahrscheinlich halten sie mich für ein Mondkalb." Wenn man hier die Häkchen für die Akzente setzt, dann sollen etwa im Wort "Dampflok" oder "eintritt" beide Silben betont werden. Aber ist das lesbar, ohne dass wir dabei in ein seltsames Deklamieren geraten?
Nun ist in Frys Buch keineswegs ständig von Kühen oder krummen Nasen die Rede. Nur in den Aufgabenteilen fordert er seine Leser auf, solche Alltagsbeobachtungen in Verse und Strophen zu übersetzen. Ansonsten ist Fry ein großartiger Kenner der englischen Lyrikgeschichte. Immer wieder zitiert er Verse, Strophen und Gedichte von Shakespeare über Wordsworth bis zu Ted Hughes. Die lyrische Tradition ist für ihn wie eine neoklassizistische Londoner Villa, in der er sich mit Freude und Bewunderung, aber gleichzeitig mit völliger Freiheit und Selbstverständlichkeit bewegt. Er lebt mit Versen, sagt sie sich unter der Dusche vor, streitet mit Freunden über seltsame Gedichtformen wie die Villanelle. Es ist aber nicht nur der Fundus, aus dem er schöpfen kann, der den Leser beeindruckt, sondern mehr noch das feine Gehör für die rhythmischen Nuancen der Sprache. Fry kann präzise erläutern, wie minimale sprachliche Umstellungen den Ausdruckswert einer Formulierung verändern, wie eine kleine Variation die Gefühle des Lesers in eine neue Richtung lenkt. Die alte Cellolehrerin, die für seine musikalische Grundausbildung zuständig war, hat ganze Arbeit geleistet.
Der Verlag hat für die höchst anspruchsvolle und kaum angemessen zu honorierende Übersetzung dieses Buches einen mutigen Weg gewählt. Eine Gruppe von Absolventen des Graduiertenkollegs für literarisches Übersetzen an der Universität München hat unter der Leitung von Andreas Mahler diese Arbeit besorgt. Das Ergebnis beeindruckt. Die Übersetzer haben Stephen Frys Text und seine eigenen Verse souverän ins Deutsche gebracht. Für die von Fry zitierten Gedichte aus der Tradition greifen sie auf bereits vorliegende Übertragungen zurück. Das ist naheliegend, hat aber gelegentlich den Nachteil, dass diese Übertragungen nicht genau die Formfrage erläutern können, auf die es Fry ankommt. Hier hätten sich die Münchener ruhig noch mehr zutrauen können. Aber wie Frys Vorlage erfreut auch die Übersetzung, weil sie das Engagement und vor allem den Spaß ausstrahlt, den die Übersetzer bei der Arbeit offenbar hatten. Die deutschen Versionen von Frys Versen sind sehr witzig geraten, und dann nehmen sich Übersetzer auch das Recht, Verse von deutschen Bands wie den Beginnern einzufügen, um vorzuführen, welche Reimpotentiale die jüngere deutsche Popmusik eröffnet hat.
Mit den "Feigen, die fusseln" haben wir jetzt ein Buch, das es bisher im Deutschen nicht gab und das manche Ängstlichkeiten im Umgang mit lyrischen Formen vertreiben kann. Wie sagt Stephen Fry: "Der Reim verschafft eine besondere Form der Zufriedenheit." Mit den Comedian Harmonists gesprochen: "Denn Theben ist für Memphis, das was Lausanne für Genf ist."
- Stephen Fry: "Feigen, die fusseln". Entfessle den Dichter in dir. Aus dem Englischen übersetzt von Birke Bossmann, Anne Bussmann, Susanne Grübl, Christel Klink, Andreas Mahler, Christina Matthies, Sandra Meder, Jens Müller, Gabriele Schrettle, Birgit Schwan, Karin Sleuser, Christine Voland, Maike Walter, Christine Wiesmeier. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 475 S., geb., 22,95 [Euro].
Der Dichter und Schriftsteller Dirk von Petersdorff, geboren 1966, veröffentlichte zuletzt den Band "Geschichte der deutschen Lyrik".
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Dichten macht fröhlich, gesund und schön - jedenfalls wenn man es mit seiner Methode versucht: Stephen Fry, der englische Schriftsteller, Schauspieler und Komiker, erweist sich als mitreißender Lehrer für alle, die den Reim nicht scheuen.
Von Dirk von Petersdorff
Haben Sie den Schriftsteller, Schauspieler und Komiker Stephen Fry vor Augen? Wie sieht er aus? "Ne krumme Nase und ein Kinn zuviel, / auch schlaffe Schenkel und recht dünnes Haar." Das sind fünfhebige Verse, und man darf sie zitieren, weil sie von Fry selber stammen. Leicht verändert, mit Zäsur und Enjambement klingen sie so: "Ein Kinn zu viel - das reicht schon, ohne an / der Nase rumzumäkeln und am Haar." Schon haben wir gelernt oder uns daran erinnert, was eine Zäsur ist, ein Einschnitt im Vers, und was als Enjambement bezeichnet wird: die Weiterführung eines Satzes über das Versende hinweg.
Stephen Fry ist auch, und das wussten bisher die wenigsten, ein großartiger Lehrer, wie er uns in "Feigen, die fusseln", seiner jetzt ins Deutsche übersetzten Schule des Gedichts, beweist. Er kann Metrik, Reim, Strophen- und Gedichtformen erklären, vorführen, üben lassen. Dies geschieht mit einer Begeisterung, einem Charme und Witz, der auch Leser mitreißen wird, die es bisher nicht als Lebensziel ansahen, einige daktylische Verse über eine Kuhherde zu schreiben; so eine der Fryschen Aufgaben, mit denen er die Kapitel seines Buches abschließt. Fry gehört zu jenem Lehrertyp, der seinen Gegenstand für den wichtigsten der Welt hält, der auf die Schüler zugeht, sie anspricht, aber Distanz wahrt und sie nicht aus vorgeblich didaktischen Erwägungen heraus unterfordert; also zu jenen Lehrern, an die wir besonders gern zurückdenken. Sein Vergnügen an geformter, rhythmisierter Sprache, die eine pure physische, sinnlich spürbare Wirkung ausübt, springt über: "Ich glaube, in uns allen steckt eine angeborene Sehnsucht zu dichten."
Dieser Sehnsucht sollen wir nachgeben, sie ausleben. Aber sollen wir sie "entfesseln", wie der deutsche Untertitel sagt? Stephen Frys Ausführungen und Beispiele beziehen sich alle auf regelmäßig geformte Lyrik. "Wir werden uns hier recht wenig um die Avantgarde, experimentelle oder dunkle Lyrik kümmern", bekennt er mit jener Offenheit und Klarheit, die ihn auch sonst auszeichnet. "Ein Reimschmied also", wird mancher Leser murmeln, "ein Versknecht", "verklemmter Charakter, der ohne Zwänge nicht auskommt", "traditionshöriger Typ".
Auf solche Vorbehalte geht Fry sehr geschickt ein. Es gehöre zu den Paradoxien der Kunst, dass Struktur, Form und Konvention den Künstler befreien können. Einen viel zu einfachen Gegensatz wie den zwischen natürlicher und metrisierter Sprache reißt er ein, und wenn er poetologisch noch weiter ausholt, dann erklärt er, dass die Herrschaft des freien Verses die Lyrik in einen müden und angeschlagenen Zustand versetzt habe. Die Begründer des Modernismus wie Pound hatten allen Grund, gegen Konventionen, Klebrigkeiten und Klischees ihrer Vorfahren anzugehen, aber "jetzt sind es einige von Pounds einst neuen Ideen, die ausgestopft im Regal stehen und langweilig geworden sind".
Jetzt sind Formen etwas, das neu entdeckt werden kann, das den Reiz des Fremden ausübt, ein ziemlich unbekanntes Land. Fry führt in dieses Land ein. Sein erstes Kapitel, in dem er grundlegend erklärt, dass das Englische (und auch das Deutsche, denn sonst wäre dieses Buch nicht übersetzbar) zu den betonungsstrukturierten Sprachen gehört und deshalb eine akzentuierende Metrik besitzt, ist meisterhaft. Wie er hier von der natürlichen Betonung der Worte in der Alltagsrede über seine alte Cellolehrerin und ihr rhythmisches Händeklatschen bis zum fünfhebigen Jambus gelangt, das lässt jeden, der auch einmal versucht hat, diese Dinge zu erklären, respektvoll nicken.
Aber auch Fragen wie die nach der Übertragbarkeit antiker Versformen in die englische (und deutsche) Sprache erklärt er ebenso anspruchsvoll wie fassbar. Da hängt vieles am Spondeus. Was war noch einmal ein Spondeus? Richtig, die Abfolge von zwei langen Silben in den antiken Sprachen. In der Moderne wird daraus die Abfolge von zwei betonten Silben. Genau diese Abfolge von zwei wirklich gleich betonten Silben gibt es aber in den akzentuierenden Sprachen selten oder gar nicht. Fry führt das an der schon genannten Aufgabe mit den Kühen vor. Die Verse sollen aus vier Daktylen und einem Spondeus bestehen: "Wie sie so stehen in wahllosen Grüppchen im Gras dort, / Duldsam wie Statuen, schnaubend und keuchend wie Dampfloks. / Nachdenklich wartend auf etwas, das einfach nicht eintritt. / Wahrscheinlich halten sie mich für ein Mondkalb." Wenn man hier die Häkchen für die Akzente setzt, dann sollen etwa im Wort "Dampflok" oder "eintritt" beide Silben betont werden. Aber ist das lesbar, ohne dass wir dabei in ein seltsames Deklamieren geraten?
Nun ist in Frys Buch keineswegs ständig von Kühen oder krummen Nasen die Rede. Nur in den Aufgabenteilen fordert er seine Leser auf, solche Alltagsbeobachtungen in Verse und Strophen zu übersetzen. Ansonsten ist Fry ein großartiger Kenner der englischen Lyrikgeschichte. Immer wieder zitiert er Verse, Strophen und Gedichte von Shakespeare über Wordsworth bis zu Ted Hughes. Die lyrische Tradition ist für ihn wie eine neoklassizistische Londoner Villa, in der er sich mit Freude und Bewunderung, aber gleichzeitig mit völliger Freiheit und Selbstverständlichkeit bewegt. Er lebt mit Versen, sagt sie sich unter der Dusche vor, streitet mit Freunden über seltsame Gedichtformen wie die Villanelle. Es ist aber nicht nur der Fundus, aus dem er schöpfen kann, der den Leser beeindruckt, sondern mehr noch das feine Gehör für die rhythmischen Nuancen der Sprache. Fry kann präzise erläutern, wie minimale sprachliche Umstellungen den Ausdruckswert einer Formulierung verändern, wie eine kleine Variation die Gefühle des Lesers in eine neue Richtung lenkt. Die alte Cellolehrerin, die für seine musikalische Grundausbildung zuständig war, hat ganze Arbeit geleistet.
Der Verlag hat für die höchst anspruchsvolle und kaum angemessen zu honorierende Übersetzung dieses Buches einen mutigen Weg gewählt. Eine Gruppe von Absolventen des Graduiertenkollegs für literarisches Übersetzen an der Universität München hat unter der Leitung von Andreas Mahler diese Arbeit besorgt. Das Ergebnis beeindruckt. Die Übersetzer haben Stephen Frys Text und seine eigenen Verse souverän ins Deutsche gebracht. Für die von Fry zitierten Gedichte aus der Tradition greifen sie auf bereits vorliegende Übertragungen zurück. Das ist naheliegend, hat aber gelegentlich den Nachteil, dass diese Übertragungen nicht genau die Formfrage erläutern können, auf die es Fry ankommt. Hier hätten sich die Münchener ruhig noch mehr zutrauen können. Aber wie Frys Vorlage erfreut auch die Übersetzung, weil sie das Engagement und vor allem den Spaß ausstrahlt, den die Übersetzer bei der Arbeit offenbar hatten. Die deutschen Versionen von Frys Versen sind sehr witzig geraten, und dann nehmen sich Übersetzer auch das Recht, Verse von deutschen Bands wie den Beginnern einzufügen, um vorzuführen, welche Reimpotentiale die jüngere deutsche Popmusik eröffnet hat.
Mit den "Feigen, die fusseln" haben wir jetzt ein Buch, das es bisher im Deutschen nicht gab und das manche Ängstlichkeiten im Umgang mit lyrischen Formen vertreiben kann. Wie sagt Stephen Fry: "Der Reim verschafft eine besondere Form der Zufriedenheit." Mit den Comedian Harmonists gesprochen: "Denn Theben ist für Memphis, das was Lausanne für Genf ist."
- Stephen Fry: "Feigen, die fusseln". Entfessle den Dichter in dir. Aus dem Englischen übersetzt von Birke Bossmann, Anne Bussmann, Susanne Grübl, Christel Klink, Andreas Mahler, Christina Matthies, Sandra Meder, Jens Müller, Gabriele Schrettle, Birgit Schwan, Karin Sleuser, Christine Voland, Maike Walter, Christine Wiesmeier. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 475 S., geb., 22,95 [Euro].
Der Dichter und Schriftsteller Dirk von Petersdorff, geboren 1966, veröffentlichte zuletzt den Band "Geschichte der deutschen Lyrik".
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 27.12.2008Die Regeln des Reimens
Stephen Fry lehrt den Leser das Handwerk des Dichtens
Man könnte dieses Buch auch in Form eines Sonetts rezensieren. Acht Zeilen lang würde man zum Schein klagen: Wie viel Zeit es einen kostet, wie viel Fachbegriffe man braucht, wie viel englische Klassik vorkommt. Dann aber käme ein für das Sonett unerlässliches Dennoch, und siehe da, die restlichen sechs Zeilen würden den wunderbaren Autor, die bewundernswerten Übersetzer, die staunenswerte englische Klassik loben und preisen.
Auf solche Gedanken bringt einen „Feigen, die fusseln. Entfessle den Dichter in dir” von Stephen Fry fast von selbst. Der 51-jährige Filmstar, Theatermacher und Romancier aus London kennt sich also auch mit der Dichtung aus. Genauer: Er ist bekennender Hobbydichter. Er will mit seinen Gedichten keinen Ruhm erlangen, es mache ihm einfach Freude, zu dichten, sagt er, und man glaubt ihm das sogar.
Vor allem ist er nämlich ein Liebhaber und Kenner der Dichtkunst. Ansprechende Lyrik kann einer nur verfassen, wenn er sich in der Geschichte dieser Kunst auskennt, lautet sein Credo. Fry legt großen Wert auf die Form. Um sie zu brechen, muss man sie kennen, sagt er. Mit diesem wertkonservativen Ansatz dürfte er in unserer experimentiermüden Zeit viel Zustimmung finden.
Gratis gibt es die Form allerdings nicht. Muss ich das alles wissen? fragt der Hobbydichter in uns, der vielleicht nur ein paar Limericks schreiben möchte. Sofern er das Buch nicht längst wieder auf den Büchertisch gelegt (und einen Fehler gemacht) hat, darf er auch das tun, in einer der zwanzig „praktischen Lyrikübungen”. Aber zuerst muss er durch die harte Schule der Metrik. Ganz vorne muss er anfangen, bei den einfachsten Formen der Akzentuierung, aber schon bald wird er wissen, was ein Enjambement ist und was eine pyrrhische Substitution; einen Jambus wird er da schon im Traum erkennen können.
Es ist eine Freude, wie Fry das Heben und Senken und Silbensetzen in unsere Köpfe und auf unsere Zungen bringt und dabei lehrt, auf die Nuancen zu achten. Das Kapitel über die Metrik ist der Glanzpunkt des Buches, es alleine macht das Buch zu einer lohnenden Lektüre nicht nur für Hobbydichter, sondern auch für Schüler, Studenten oder Literaturprofessoren, die – kann ja mal vorkommen – leider gerade nicht präsent haben, was ein Trybrachis oder ein Molossus ist.
Also: Ein Molossus ist ein dreisilbiger Versfuß mit drei betonten Silben, das nur am Rande. Mit dem Buch kann man ganz gut ein wenig Angeberwissen erwerben, aber das ist wirklich nicht sein Hauptziel. Wenn Fry überhaupt ein solches verfolgt, dann liegt es darin, die romantische und klassische Dichtung zurück in die Herzen der Leser zu schreiben. Und hier liegt natürlich ein wenig die Krux des Buches. Fry, der Fan von Blake, Whitman und Robert Browning, zitiert fast nur englischsprachige und da vornehmlich britische Lyrik.
Es ist den Übersetzern zu verdanken, dass der deutschsprachige Leser mit diesem Makel gut leben kann; wo es ausdrücklich um „angelsächsische Ansichten” geht, kann er ja weiterblättern. Dreizehn Absolventen eines Münchner Graduiertenkollegs haben Frys Buch ins Deutsche übertragen, und sie haben mit spürbarer Lust übersetzt und eigene Beispiele kreiert.
Das Buch ist so gewitzt, wie sein Autor zurückhaltend mit der heiteren Dichtung ist, sie kommt nur kurz vor. Der Witz liegt beim Gedicht primär im Reim, ab dreisilbigen Reimpaaren gehe es dann nur noch komisch zu, sagt Fry, eine Beobachtung, die stimmen könnte.
Reimkunde ist schnell gelernt, Kreuzreim, Binnenreim, ein paar Reimschemata, und die Frage, was einen guten Reim von einem schlechten unterscheidet. Dieses Kapitel ist das schwächste. Zu großer Form läuft Fry dann bei der Ballade auf, einer seiner Lieblingsformen. Mit der Ballade schlägt er auch eine der wenigen Brücken zur Populärkultur, genannt wird Johnny Cashs großartiges „A boy named Sue”. Rap oder Spoken Poetry kommen dagegen nur ganz am Rand vor. Dennoch kann es auch keinem Rapper schaden, wenigstens ein paar der „praktischen Lyrikübungen” zu machen. Alle Übungen dürften sowieso kaum ein Leser machen, aber das ist noch das mildeste Schicksal, dass der Dichtung heute widerfahren kann.MICHAEL ANGELE
STEPHEN FRY: Feigen, die fusseln. Entfessle den Dichter in dir. Aus dem Englischen von Birke Bossmann, Anne Bussmann, Susanne Grübl, Christel Klink, Andreas Mahler, Christina Matthies, Sandra Meder, Jens Müller, Gabriele Schrettle, Birgit Schwan, Karin Sleuser, Christine Voland, Maike Wal. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 475 Seiten, 22,95 Euro.
Stephen Fry Foto: AFP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Stephen Fry lehrt den Leser das Handwerk des Dichtens
Man könnte dieses Buch auch in Form eines Sonetts rezensieren. Acht Zeilen lang würde man zum Schein klagen: Wie viel Zeit es einen kostet, wie viel Fachbegriffe man braucht, wie viel englische Klassik vorkommt. Dann aber käme ein für das Sonett unerlässliches Dennoch, und siehe da, die restlichen sechs Zeilen würden den wunderbaren Autor, die bewundernswerten Übersetzer, die staunenswerte englische Klassik loben und preisen.
Auf solche Gedanken bringt einen „Feigen, die fusseln. Entfessle den Dichter in dir” von Stephen Fry fast von selbst. Der 51-jährige Filmstar, Theatermacher und Romancier aus London kennt sich also auch mit der Dichtung aus. Genauer: Er ist bekennender Hobbydichter. Er will mit seinen Gedichten keinen Ruhm erlangen, es mache ihm einfach Freude, zu dichten, sagt er, und man glaubt ihm das sogar.
Vor allem ist er nämlich ein Liebhaber und Kenner der Dichtkunst. Ansprechende Lyrik kann einer nur verfassen, wenn er sich in der Geschichte dieser Kunst auskennt, lautet sein Credo. Fry legt großen Wert auf die Form. Um sie zu brechen, muss man sie kennen, sagt er. Mit diesem wertkonservativen Ansatz dürfte er in unserer experimentiermüden Zeit viel Zustimmung finden.
Gratis gibt es die Form allerdings nicht. Muss ich das alles wissen? fragt der Hobbydichter in uns, der vielleicht nur ein paar Limericks schreiben möchte. Sofern er das Buch nicht längst wieder auf den Büchertisch gelegt (und einen Fehler gemacht) hat, darf er auch das tun, in einer der zwanzig „praktischen Lyrikübungen”. Aber zuerst muss er durch die harte Schule der Metrik. Ganz vorne muss er anfangen, bei den einfachsten Formen der Akzentuierung, aber schon bald wird er wissen, was ein Enjambement ist und was eine pyrrhische Substitution; einen Jambus wird er da schon im Traum erkennen können.
Es ist eine Freude, wie Fry das Heben und Senken und Silbensetzen in unsere Köpfe und auf unsere Zungen bringt und dabei lehrt, auf die Nuancen zu achten. Das Kapitel über die Metrik ist der Glanzpunkt des Buches, es alleine macht das Buch zu einer lohnenden Lektüre nicht nur für Hobbydichter, sondern auch für Schüler, Studenten oder Literaturprofessoren, die – kann ja mal vorkommen – leider gerade nicht präsent haben, was ein Trybrachis oder ein Molossus ist.
Also: Ein Molossus ist ein dreisilbiger Versfuß mit drei betonten Silben, das nur am Rande. Mit dem Buch kann man ganz gut ein wenig Angeberwissen erwerben, aber das ist wirklich nicht sein Hauptziel. Wenn Fry überhaupt ein solches verfolgt, dann liegt es darin, die romantische und klassische Dichtung zurück in die Herzen der Leser zu schreiben. Und hier liegt natürlich ein wenig die Krux des Buches. Fry, der Fan von Blake, Whitman und Robert Browning, zitiert fast nur englischsprachige und da vornehmlich britische Lyrik.
Es ist den Übersetzern zu verdanken, dass der deutschsprachige Leser mit diesem Makel gut leben kann; wo es ausdrücklich um „angelsächsische Ansichten” geht, kann er ja weiterblättern. Dreizehn Absolventen eines Münchner Graduiertenkollegs haben Frys Buch ins Deutsche übertragen, und sie haben mit spürbarer Lust übersetzt und eigene Beispiele kreiert.
Das Buch ist so gewitzt, wie sein Autor zurückhaltend mit der heiteren Dichtung ist, sie kommt nur kurz vor. Der Witz liegt beim Gedicht primär im Reim, ab dreisilbigen Reimpaaren gehe es dann nur noch komisch zu, sagt Fry, eine Beobachtung, die stimmen könnte.
Reimkunde ist schnell gelernt, Kreuzreim, Binnenreim, ein paar Reimschemata, und die Frage, was einen guten Reim von einem schlechten unterscheidet. Dieses Kapitel ist das schwächste. Zu großer Form läuft Fry dann bei der Ballade auf, einer seiner Lieblingsformen. Mit der Ballade schlägt er auch eine der wenigen Brücken zur Populärkultur, genannt wird Johnny Cashs großartiges „A boy named Sue”. Rap oder Spoken Poetry kommen dagegen nur ganz am Rand vor. Dennoch kann es auch keinem Rapper schaden, wenigstens ein paar der „praktischen Lyrikübungen” zu machen. Alle Übungen dürften sowieso kaum ein Leser machen, aber das ist noch das mildeste Schicksal, dass der Dichtung heute widerfahren kann.MICHAEL ANGELE
STEPHEN FRY: Feigen, die fusseln. Entfessle den Dichter in dir. Aus dem Englischen von Birke Bossmann, Anne Bussmann, Susanne Grübl, Christel Klink, Andreas Mahler, Christina Matthies, Sandra Meder, Jens Müller, Gabriele Schrettle, Birgit Schwan, Karin Sleuser, Christine Voland, Maike Wal. Aufbau Verlag, Berlin 2008. 475 Seiten, 22,95 Euro.
Stephen Fry Foto: AFP
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Fry's extraordinary book is an idiots' guide to the writing of poetry, a primer, a tutorial with funny turns, an earnest textbook... You can't but marvel at Fry's easy familiarity with the rictameter and the rondeau redoublé and applaud the energy of his evangelistic zeal Independent on Sunday