13,99 €
inkl. MwSt.

Versandfertig in über 4 Wochen
  • Broschiertes Buch

â A riveting read that skips along at pace. Illuminating and concerning, it lifts the lid on the tawdry world of Westminster powerbrokingâ Tim Shipman, The Times The explosive behind-the-scenes account of the plot to bring down Boris Johnson

Produktbeschreibung
â A riveting read that skips along at pace. Illuminating and concerning, it lifts the lid on the tawdry world of Westminster powerbrokingâ Tim Shipman, The Times The explosive behind-the-scenes account of the plot to bring down Boris Johnson
Autorenporträt
Nadine Dorries
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.11.2023

Dr. No tötet Hasen und ernennt Premierminister
Die Briten lachen sich kaputt über die kruden Thesen von Nadine Dorries, die voriges Jahr noch Mitglied der Regierung war.

Von Eva Ladipo, London

Sex spielt natürlich auch eine Rolle. Es geht schließlich um britische Politik. Das Enthüllungsbuch strotzt vor sensationellen Details: Eine geheime Clique namens "Die Bewegung" unterhöhlt die britische Demokratie seit vierzig Jahren. Sie wird geleitet von einem "bösen Mann von teuflischem Verstand", dem die Autorin das Pseudonym Dr. No gibt. Er ernennt und entlässt Premierminister. Er feiert Sexpartys. Er erstellt Sexdossiers und dreht heimlich Sexvideos. Und er tötet Hasen. Zuletzt das Kaninchen des kleinen Bruders einer Ex-Freundin, das Dr. No in vier Teilen an die Haustür der Familie genagelt haben soll.

"The Plot" heißt das Buch und handelt laut Untertitel vom "politischen Mord an Boris Johnson". Es wurde seit Monaten in England mit Spannung erwartet, mehrmals verschoben, in der wichtigsten britischen Boulevardzeitung in Auszügen vorabgedruckt und konnte nun endlich unter großer medialer Aufmerksamkeit erscheinen. Jede maßgebliche britische Zeitung hat "The Plot" mindestens eine ausgiebige Rezension gewidmet, nicht zuletzt deshalb, weil es sich bei der Autorin um die ehemalige Kulturministerin handelt. Nadine Dorries saß bis vor eineinhalb Jahren am britischen Kabinettstisch, dann stieg sie aus, um laut Verlagsankündigung der "vernichtenden Spur des Verrats" zu folgen, "die das Gefüge unserer Demokratie zum Einsturz zu bringen droht".

Erstaunlicher als die krude These und die Autorenschaft des Buchs ist die Reaktion der Briten auf "The Plot". In jedem anderen Land würde die Tatsache, dass ein ehemaliges Regierungsmitglied aberwitzige Verschwörungstheorien im Stil von Qanon verbreitet, für Entrüstung und offizielle Stellungnahmen sorgen. Die Briten hingegen lachen sich kaputt. "The Plot" wird einhellig mit lustvollem, geradezu enthusiastischem Spott aufgenommen.

"Hat Nadine Dorries den Verstand verloren?", fragt etwa der konservative "Telegraph" und vergleicht das Buch mit einem "unlogischen Traum, den man beim Aufwachen zusammenklaubt". Der Rezensent der "Times" beteuert, dies sei "das seltsamste Buch", das er je gelesen habe, "und jeder, der nicht zu dem gleichen Schluss kommt, gehört in die geschlossene Anstalt". Selbst die vermeintlichen Verschwörer, die in "The Plot" genannt werden, nehmen die Sache mit Humor. "Sie hat natürlich recht", gibt Boris Johnsons ehemaliger Stabschef zu Protokoll. "Es war eine riesige Verschwörung von MI6, CIA und einer Sonderabteilung des KGB. Hut ab vor Nadine, dass sie das herausgefunden hat. Die Bewegung wünscht ihr alles Gute."

Die Gründe für die allgemeine Heiterkeit sind teils typisch britisch und teils spezifisch für das Buch. Lachen hat bekanntlich befreiende Wirkung. Es ist, als ob das Land mit jedem genüsslichen Verriss von "The Plot" ein Stück Vergangenheitsbewältigung betreibt und sich beweist, dass es im Gegensatz zu Dorries wieder zu Sinnen gekommen ist und sich aus Boris Johnsons Zauber befreit hat.

"Sie ist offensichtlich verknallt in ihn", kommentiert eine Kritikerin Dorries' 350 Seiten langen Versuch, den Niedergang von Boris Johnson neu zu deuten. Mithilfe meist anonymer Informanten, die von James Bond inspirierte Codenamen tragen wie Moneypenny, M oder Skyfall, will die ehemalige Ministerin beweisen, dass es nicht Johnsons Hang zur Unwahrheit war, der ihn zum Rücktritt zwang, nicht die chaotische Amtsführung, nicht die Partys während des Lockdown, nicht die schlechten Umfragewerte und nicht der Vertrauensverlust von Partei und Mitarbeitern - sondern "die Bewegung". Die nebulöse Clique unter Dr. No soll erst Boris Johnson erledigt haben, weil er zu fähig und zu klug war, und dann den jetzigen Premierminister Rishi Sunak als willfährige "Marionette" installiert haben.

Ein anderes Publikum könnten derart krasse Verschwörungstheorien aus dem Mund einer hochrangigen Politikerin verstören. Ein anderes Publikum könnte das Buch als Symptom dysfunktionaler Politik missverstehen, als beklagenswerten Auswuchs des postfaktischen Zeitalters, als gefährliche Irreführung. Die Briten dagegen scheinen die abgedrehte Verrücktheit von "The Plot" nicht zu verdammen, sondern eher zu feiern.

In gewisser Weise reiht sich das Werk der ehemaligen Ministerin ein in die weit zurückreichende Tradition, dass britische Politiker ungeniert unterhaltsame Bücher schreiben. Schon Benjamin Disraeli, zweimaliger Premierminister im neunzehnten Jahrhundert, schrieb siebzehn Romane, mehrere davon im Amt. Winston Churchill gewann bekanntermaßen den Nobelpreis für Literatur. Zu den erfolgreich schreibenden Politikern der Nachkriegszeit gehören Jeffrey Archer (dessen Romane sich weltweit 320 Millionen Mal verkauften), Edwina Currie (die ihre Affäre mit Premierminister John Major fiktionalisierte) und Michael Dobbs (Autor von "House of Cards"). Der ehemalige Außenminister Douglas Hurd will in einem Panzer in Sarajevo an einem seiner acht politischen Thriller gearbeitet haben. Und Boris Johnsons Roman aus dem Jahr 2004 heißt "72 Jungfrauen".

Auch Nadine Dorries hat als Hinterbänklerin angefangen zu schreiben und ist etablierte Autorin historischer Groschenromane. Ihr erstes Werk wurde fast genauso mitleidslos von der Kritik zerrissen wie "The Plot", verkaufte sich aber sehr gut. Vierzehn Romane hat sie mittlerweile veröffentlicht und angeblich drei Millionen Exemplare verkauft.

Der Anfang von "The Plot" handelt davon, wie schwer ihr gefallen sei, das Genre zu wechseln und ein ernstes Sachbuch über "die Wahrheit" zu schreiben. Die Kritik aber behandelt "The Plot", als ob Dorries einen weiteren Liebesroman geschrieben und die Gattung der Unterhaltung nie verlassen hätte. Und deshalb dankt der "Spectator" der Autorin im Namen des gebeutelten Landes dafür, "uns in diesen schweren Zeiten zum Lachen zu bringen".

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr