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Using Scott Walker and Wisconsin's prominent and protracted debate about the appropriate role of government, the author illuminates the contours of rural consciousness, showing how place-based identities profoundly influence how people understand politics, regardless of whether urban politicians and their supporters really do shortchange or look down on those living in the country. Simultaneous. (Political Science)

Produktbeschreibung
Using Scott Walker and Wisconsin's prominent and protracted debate about the appropriate role of government, the author illuminates the contours of rural consciousness, showing how place-based identities profoundly influence how people understand politics, regardless of whether urban politicians and their supporters really do shortchange or look down on those living in the country. Simultaneous. (Political Science)
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Autorenporträt
Katherine J. Cramer is professor of political science at the University of Wisconsin-Madison, where she is also director of the Morgridge Center for Public Service and an affiliate faculty member in the School of Journalism and Mass Communication, the LaFollette School of Public Affairs, the Department of Forest and Wildlife Ecology, the Wisconsin Center for the Advancement of Postsecondary Education, and the Center for Community and Nonprofit Studies. She is the author of Talking about Race and Talking about Politics, both also published by the University of Chicago Press.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.01.2017

Der Stolz
der Kläglichen
Besser als jede Trump-Analyse: Katherine J. Cramer
hat der weißen Landbevölkerung einfach zugehört
VON VIOLA SCHENZ
A n diesem Freitag, 12 Uhr Ostküstenzeit, wird Donald Trump also als 45. Präsident der Vereinigten Staaten auf den Stufen des Kapitols vereidigt, und große Teile der Menschheit werden sich zum x-ten Mal seit der Nacht zum 9. November fragen: Wie konnte es dazu kommen? Wie konnte so jemand gewinnen? Ins höchste Amt gewählt, obwohl er so viele Wählergruppen verhöhnt und attackiert hat. Das Fragen, das Schuldsuchen, das Fingerzeigen und Wundenlecken werden sich mit der Inauguration fortsetzen. Nach diesem Wahlergebnis ist kaum jemand schlauer. Eine jedoch war es lange vorher: Katherine J. Cramer, eine junge Professorin für Politikwissenschaft an der Universität Madison, der Hauptstadt des Bundesstaats Wisconsin.
Im März 2016 erschien ihr Buch „The Politics of Resentment“ (Die Politik des Unmuts), eine Analyse des politischen Bewusstseins der ländlichen Bevölkerung von Wisconsin. Cramers Erkenntnis: In der politischen Debatte Amerikas geht es längst nicht mehr um die Frage „Demokrat oder Republikaner“, sondern um die geografische Verortung, um Stadt oder Land. Die weiße ländliche Mittelschicht sieht sich von einer selbsterklärten urbanen Elite und damit von der großen Politik ignoriert und verachtet. Sie ist überzeugt, dass sie nicht ihren fairen Anteil erhält: an Staatshilfen, an politischer Mitsprache, an Respekt. Dagegen bekämen andere Gruppen – Schwarze, Einwanderer, Banker, Beamte – mehr, als ihnen zustehe („Resentment“ bedeutet auch „Missgunst“).
Was sich wie eine Prognose des Wahlausgangs vom November liest, hatte Cramer natürlich gar nicht im Blick. Als sie das Buch recherchierte und schrieb, war Trumps Präsidentschaftskandidatur noch unvorstellbar. Sie exerziert ihre These an Scott Walker durch, dem Republikaner, den die Tea-Party-Bewegung 2010 ins Amt des Gouverneurs von Wisconsin hievte. Seit Walkers Wahl zerfällt der Staat in zwei Lager: konservative Land- und liberale Großstadtbevölkerung. Das ist nicht untypisch für die USA, dieses riesige, in weiten Teilen dünn besiedelte Land. Doch in Wisconsin geht die Kluft besonders tief, 2012 verliehen Journalisten dem Staat den zweifelhaften Beinamen „Politisch meistspaltender Landstrich in Amerika“.
Ungewöhnlich und bemerkenswert ist Cramers Vorgehensweise: Während die Politikwissenschaft immer mathematischer und quantitativer wird, belebt sie die gute alte, von den Methodenfanatikern belächelte Feldstudie. Sie hat getan, was Wissenschaftler, Politiker, Journalisten, Demoskopen, so der Vorwurf, nicht (mehr) tun: Sie hat sich eingehend mit den „Abgehängten“ befasst, sich fünf Jahre lang, von 2007 bis 2012, regelmäßig mit ihnen getroffen, sich stundenlang unterhalten, die Gespräche transkribiert und ausgewertet – 39 Gruppen in 27 Landkreisen Wisconsins. Kaum ein einzelner Wissenschaftler oder Journalist, geschweige denn ein Politiker, investiert so viel Mühe. Das hier ist Hands-on-Forschung, und ihr Buch wird seit der Wahl wie ein papiergewordenes „Aha!“ durch das vermeintliche „Establishment“ gereicht – durch Redaktionen, Thinktanks, Abgeordnetenbüros.
Wisconsin liegt im Norden der USA, an den Großen Seen. Der Staat ist zweieinhalb Mal so groß wie Bayern, knapp 90 Prozent der 5,7 Millionen Einwohner sind Weiße, fast die Hälfte stammt von deutschen Einwanderern ab. Die Landwirtschaft ist einer der drei wichtigsten Wirtschaftszweige, der Staat hat den Beinamen America’s Dairyland, Amerikas Molkereiland, in den Souvenirläden der Flughäfen hat man eine große Auswahl an gelben Schaumstoffhüten in Form eines löchrigen Käses. Es gehört zum Flyover Country, zu jenen US-Staaten, die die Großstädter der West- und Ostküste angeblich nur aus dem Flugzeugfenster kennen. Vor allem ist Wisconsin bei Präsidentschaftswahlen ein „Swing State“, ein Bundesstaat, bei dem bis zuletzt ungewiss ist, ob Demokraten oder Republikaner das Rennen machen. Diesmal holte sich Trump dort alle zehn Wahlleutestimmen.
Katherine Cramer ist in Wisconsin aufgewachsen. Sie beobachtet, wie die wachsende Kluft zwischen Land und Stadt in offene Anfeindungen ausartet. In ihrem Heimatstaat, in dem es zum guten Ton gehört, immer Zeit zu haben für einen Schwatz, bekommt man jetzt an Tankstellen zu hören „Mit Leuten wie Ihnen spreche ich nicht“, wenn man einen Republikaner-kritischen Spruch auf der Stoßstange kleben hat. Solche Szenen brachten sie auf die Idee, Tankstellen und Schnellrestaurants zum Forschungsgebiet zu machen, genau hier den „einfachen Menschen“ zuzuhören. Doch leichter geplant als umgesetzt.
Ihre Anbahnversuche lesen sich amüsant. Es braucht Mut und Überwindung, sich als „city girl“, als Vertreterin des verhassten, zumindest kritisch beäugten politisch-akademischen Großstadt-Establishments den Farmern, Jägern und Holzfällern zu nähern, den kleinen VW zwischen den großen Pick-ups zu parken, zu fragen, ob man zuhören, mitdiskutieren darf, und die Gespräche mitschneiden – und das fünf Jahre lang. Vier Uhr dreißig aufstehen ist angesagt, wenn man dem morgendlichen „Coffee Klatch“ in der Sitzecke der Tankstelle lauschen will. In der Hirschjagdsaison wiederum hat das frühe Aufstehen keinen Sinn, weil alle im Wald sind. Und die Holzfäller richten ihren Morgenrhythmus nach dem Regen, danach, wie ihre Trucks durch die Schlammpisten kommen.
Es gibt Szenen, wo alle wortlos den Raum verlassen oder „Here comes trouble!“ rufen, wenn sie auftaucht. Es gibt Anzüglichkeiten aus Männerrunden, da helfen ihr weder der Ehering noch, irgendwann, der Babybauch. Doch die meisten heißen sie willkommen. Cramer erfährt von schlecht ausgestatteten Schulen, hohen Benzin- und Strompreisen in den abgelegenen Regionen, von zu vielen Walmarts, die das „family business“ kaputt machten, zu viel Bürokratie, zu vielen Umweltschutzvorschriften von Leuten, die keine Ahnung von der Natur hätten. Sie hört sich politische Unkorrektheiten an, deren Kernaussagen sich allerdings mit den Ergebnissen jahrelanger wissenschaftlicher Arbeit decken. So meint Ron, ein Holzfäller, über die indianischstämmige Bevölkerung von Wisconsin, die wie in anderen US-Staaten unter Alkoholmissbrauch, Arbeitslosigkeit, Übergewicht und häuslicher Gewalt leidet: „Sie haben den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als rumzusitzen, und dafür kriegen sie Geld. Was will man da anderes erwarten? Ein Sprichwort lautet: Ein hungriger Hund jagt besser. Wer seinen Hund überfüttert, dessen Hund wird nicht jagen, sondern faul rumliegen und fett werden.“ Längst waren Sozialwissenschaftler zu der Erkenntnis gelangt, dass die Wohlfahrtspolitik gegenüber den Indianern (als Versuch einer Wiedergutmachung) gescheitert war. Ihr würde eine solche Aussage als Rassismus ausgelegt, schreibt Cramer, Ron aber gehe es um uramerikanische Tugenden wie harte Arbeit und Verdienst.
Es ist Trump-Wähler-Territorium, es sind die Menschen, die Hillary Clinton im Wahlkampf „deplorables“ (Bedauerliche, Klägliche) nannte, eine Verachtung, die sie vermutlich mit den Wahlsieg kostete. Hier statten Politiker allenfalls Blitzbesuche ab, als Besserwisser ohne Sinn für lokale Nöte – wie Cramer in ihren Runden immer wieder erfährt. Die „deplorables“ sind es, die glauben, was auch immer Trump von sich gibt, er stehe zumindest auf ihrer Seite und sollte eine Chance kriegen.
Man hätte das ahnen können, man hätte Cramers Buch früher zur Hand nehmen können. Vor allem hätte man den Menschen einfach mal zuhören können.
Seit der Wahl von Gouverneur
Scott Walker zerfällt Wisconsin
in zwei Lager
An Tankstellen
und in Schnellrestaurants
kamen die Sorgen zur Sprache
Katherine J. Cramer:
The Politics of
Resentment. Rural Consciousness in Wisconsin and the Rise of Scott Walker.
University of Chicago
Press 2016, 256 Seiten,
30 Dollar. E-Book: ca. 20 Euro je nach Anbieter.
„Man kann die Hälfte der Trump-Unterstützer in das hineinstecken, was ich einen
Sack von Kläglichen (basket of deplorables) nenne“, hatte Hillary Clinton gesagt. Hier die Antwort
der Trump-Fans in Green Bay, Wisconsin, 16. Oktober 2016.
 Tannen Maury / dpa
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