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"When Pope Pius XII died in 1958, his papers were sealed in the Vatican Secret Archives, leaving unanswered questions about what he knew and did during World War II. Those questions have only grown and festered, making Pius XII one of the most controversial popes in Church history, especially now as the Vatican prepares to canonize him. In 2020, Pius XII's archives were finally opened, and David I. Kertzer--widely recognized as one of the world's leading Vatican scholars--has been mining this new material ever since, revealing how the pope came to set aside moral leadership in order to…mehr

Produktbeschreibung
"When Pope Pius XII died in 1958, his papers were sealed in the Vatican Secret Archives, leaving unanswered questions about what he knew and did during World War II. Those questions have only grown and festered, making Pius XII one of the most controversial popes in Church history, especially now as the Vatican prepares to canonize him. In 2020, Pius XII's archives were finally opened, and David I. Kertzer--widely recognized as one of the world's leading Vatican scholars--has been mining this new material ever since, revealing how the pope came to set aside moral leadership in order to preserve his church's power. Based on thousands of never-before-seen documents not only from the Vatican, but from archives in Italy, Germany, France, Britain, and the United States, The Pope at War paints a new, dramatic portrait of what the pope did and did not do as war enveloped the continent and as the Nazis began their systematic mass murder of Europe's Jews. The book clears away the myths and sheer falsehoods surrounding the pope's actions from 1939 to 1945, showing why the pope repeatedly bent to the wills of Hitler and Mussolini"--
Autorenporträt
David I. Kertzer is the Paul Dupee, Jr., University Professor of Social Science and professor of anthropology and Italian studies at Brown University, where he formerly served as provost. He is the author of twelve previous books, including The Pope and Mussolini, winner of the Pulitzer Prize, and The Kidnapping of Edgardo Mortara, a National Book Award finalist. In 2005 he was elected to membership in the American Academy of Arts and Sciences. Kertzer and his wife, Susan, live in Rhode Island and Maine.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.07.2022

Lavierend zwischen Diktatoren

Für die Interessen Roms: David Kertzer legt eine teils aus neuen Quellen gearbeitete Darstellung der Politik von Pius XII. in den Kriegsjahren vor.

Im März 2020 öffnete der Vatikan seine Archivbestände aus dem Pontifikat Pius' XII. und machte damit bisher geheime Akten über die Kriegs- und Nachkriegszeit der Wissenschaft zugänglich. Unter Historikern wurde dadurch die schon seit Jahrzehnten sehr kontrovers geführte Debatte zur Rolle der katholischen Kirche im Zweiten Weltkrieg und während der Schoa neu belebt. Mit seinem Buch "The Pope at War" legt der amerikanische Historiker und Pulitzer-Preisträger David Kertzer nun ein neues Standardwerk vor.

Spätestens seit der Veröffentlichung von Rolf Hochhuths Theaterstück "Der Stellvertreter" im Jahr 1963 sieht sich der Vatikan Vorwürfen ausgesetzt, die Verfolgung und Ermordung der Juden in Europa während des Krieges nie offen verurteilt zu haben. Darüber hinaus wurde der Kirche regelmäßig eine zu große Nähe zum nationalsozialistischen Regime in Deutschland und vor allem zum Faschismus in Italien unterstellt. Unter teils polemischen Titeln - wie "Hitler's Pope" - arbeiteten Historiker sogar mit dem Begriff eines "Klerikalfaschismus". Im Gegensatz dazu betonten andere Forscher jedoch auch die Verdienste Pius' XII. und insbesondere die Rettung von Juden in römischen Klöstern und auf dem Staatsgebiet des Vatikans. Bereits seit 1965 läuft in der katholischen Kirche ein Seligsprechungsverfahren für Pius XII.

Vor diesem Hintergrund versucht Kertzer, dem Leser eine nuancierte Gesamtdarstellung der Quellen aus der Kriegszeit zu bieten. Er nutzt hierzu nicht nur Dokumente aus dem Apostolischen Archiv, sondern auch aus staatlichen Archiven in Deutschland, Italien und anderen Ländern. Gleich zu Beginn stellt er dabei klar, dass Eugenio Pacelli keine persönlichen Sympathien für Adolf Hitler oder Benito Mussolini hegte. Im Gegenteil blickte er auf beide Diktatoren mit Angst und betrachtete ihre Regime als eine Gefahr für die Kirche. Besonders in der Ideologie des Nationalsozialismus sah er ein antichristliches Neuheidentum.

Gerade in der Angst des Papstes vor den Diktatoren Europas liegt für Kertzer jedoch die Schwäche der vatikanischen Politik: Anstatt sich offen gegen die Unterdrückung zu stellen, versuchte Pius XII. vor allem den Einflussbereich der Kirche zu erhalten. In Deutschland ging es ihm vornehmlich darum, das Reichskonkordat von 1933 zu bewahren, das im nationalsozialistischen Staat Schritt für Schritt ausgehöhlt wurde. Kritik, die unter Pius XI. und insbesondere in der Enzyklika "Mit brennender Sorge" noch offen geäußert wurde, gab es unter dem Pacelli-Papst nicht mehr in dieser Schärfe. Selbst in der Enzyklika, die Pius XII. einen Monat nach Kriegsbeginn im Oktober 1939 veröffentlichte, wurde der deutsche Angriff auf Polen nicht explizit verurteilt.

David Kertzers Buch enthält - neben vielen bereits bekannten Beobachtungen - auch einige Überraschungen. Besonders beachtlich ist etwa die Rolle des nationalsozialistischen Politikers Philipp von Hessen in der diplomatischen Vermittlung zwischen Pacelli und Hitler. Als Urenkel Queen Victorias und Schwiegersohn des italienischen Monarchen Vittorio Emanuele III. war dieser "Nazi-Prinz" prädestiniert für eine diskrete diplomatische Vermittlerrolle. Aufgrund seiner deutsch-italienischen Verbindungen sieht Kertzer diesen Protestanten als eine Schlüsselfigur in der Dreiecksbeziehung zwischen Hitler, Pius XII. und Mussolini.

In Rom und Castel Gandolfo kam es zu mehreren Treffen mit dem Papst, wo-durch ein geheimer Draht zwischen Pius XII. und Hitler entstand. Mit Philipp von Hessen wurde dabei über die Schließung von katholischen Schulen und Priesterseminaren gesprochen. Vor allem aber signalisierte ihm Eugenio Pacelli sein Interesse an einer diplomatischen Lösung aller Konflikte zwischen Staat und Kirche in Deutschland. Ein Ende nahm Philipp von Hessens Vermittlertätigkeit, als der italienische König Mussolini im Juli 1943 verhaften ließ, weshalb Philipp und seine Ehefrau, Prinzessin Mafalda, in KZ-Haft gerieten.

Grundsätzlich interpretiert David Kertzer die Sicht Pius' XII. auf den Weltkrieg als von zwei Phasen gekennzeichnet. Nach den Erfolgen der Wehrmacht in Polen, Skandinavien und Frankreich 1939 und 1940 musste der Vatikan mit einem deutschen Sieg rechnen und hoffte daher, durch diplomatische Zurückhaltung sein Bestehen auch in einer neuen, nationalsozialistischen Ordnung Europas zu sichern. Nach den Rückschlägen der Wehrmacht in Russland und Nordafrika 1942/43 wurde die Wende im Kriegsgeschehen offensichtlich. Nun aber begann die Kirche eine kommunistische Herrschaft über Europa im Fall einer deutschen Niederlage zu fürchten. Demgegenüber schienen faschistische und nationalsozialistische Machthaber für die vatikanische Politik zumindest teilweise zugänglich und aus einer Position der Schwäche auch verhandlungsbereit. Abhängig von ihrer Haltung gegenüber der Kirche schien man im Vatikan zwischen "bösen und guten Faschisten" zu unterscheiden. "Für jeden Farinacci gab es einen Ciano", schreibt Kertzer, "und für jeden Ribbentrop einen Weizsäcker".

David Kertzer zeigt dabei auch, welche Informationen Pius XII. persönlich über die Schoa durch Briefe und Berichte von Militärpfarrern an der Ostfront erhielt. Während sich der Papst in Italien dafür eingesetzt hatte, dass wenigstens getaufte Katholiken jüdischer Herkunft von Mussolinis Rassengesetzen ausgenommen werden sollten, fühlte er sich im deutschen Herrschaftsbereich machtlos. Auch als die jüdische Gemeinde Roms unter deutscher Besatzung am 16. Oktober 1943 deportiert wurde, gab es keinen öffentlichen vatikanischen Protest. "Als moralischen Führer", lautet Kertzers hartes Urteil, "muss man Pius XII. als gescheitert betrachten."

Kertzers Buch entspricht wissenschaftlichen Standards und ist dabei elegant und bisweilen fast literarisch geschrieben. Eine Vielzahl von klug ausgewählten Anekdoten macht das Buch für ein breites Publikum hochinteressant. Der Widerspruch von Historikern, die sein Buch als zu kirchenkritisch empfinden, wird wohl nicht auf sich warten lassen. Die politischen Kontroversen um Pius XII. sind jedenfalls mit Sicherheit noch nicht zu Ende. SIMON UNGER-ALVI

David Kertzer: "The Pope at War". The Secret History of Pius XII, Mussolini, and Hitler.

Penguin Random House, New York 2022. 672 S., geb., 33,50 Euro.

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