From one of the world's leading economists and his coauthors, a cutting-edge analysis of what drives economic growth and a blueprint for prosperity under capitalism. Crisis seems to follow crisis. Inequality is rising, growth is stagnant, the environment is suffering, and the COVID-19 pandemic has exposed every crack in the system. We hear more and more calls for radical change, even the overthrow of capitalism. But the answer to our problems is not revolution. The answer is to create a better capitalism by understanding and harnessing the power of creative destruction--innovation that disrupts, but that over the past two hundred years has also lifted societies to previously unimagined prosperity. To explain, Philippe Aghion, Celine Antonin, and Simon Bunel draw on cutting-edge theory and evidence to examine today's most fundamental economic questions, including the roots of growth and inequality, competition and globalization, the determinants of health and happiness, technological revolutions, secular stagnation, middle-income traps, climate change, and how to recover from economic shocks. They show that we owe our modern standard of living to innovations enabled by free-market capitalism. But we also need state intervention with the appropriate checks and balances to simultaneously foster ongoing economic creativity, manage the social disruption that innovation leaves in its wake, and ensure that yesterday's superstar innovators don't pull the ladder up after them to thwart tomorrow's. A powerful and ambitious reappraisal of the foundations of economic success and a blueprint for change, The Power of Creative Destruction shows that a fair and prosperous future is ultimately ours to make.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.07.2021Auf die Anreize kommt es an
Ein Buch über die Determinanten des Wohlstands
Der französische Wirtschaftswissenschaftler Philippe Aghion war Professor in Harvard und lehrt jetzt an der London School of Economics und dem Collège de France in Paris. Auch Céline Antonin und Simon Bunel arbeiten am Collège de France. Innovation bedeutet neue Ideen, neue Technologien, neue Arbeitsweisen und neuartige Arbeitsplätze; neue Unternehmen und neue Produkte oder Dienstleistungen. Schon Joseph Schumpeter hatte darauf hingewiesen, dass wir der Innovation nicht nur Wachstum und unseren Lebensstandard verdanken, sondern dass im Wettbewerb immer auch Unternehmen untergehen und Arbeitsplätze verloren gehen, damit Platz für Neues geschaffen wird. Kodifizierung und Diffusion des Wissens sind Voraussetzung für Innovationen, die aufeinander aufbauen. Deshalb konnten laut den Autoren Innovationen und Wirtschaftswachstum im 19. Jahrhundert beschleunigt werden. Der Westen konnte erstmalig für längere Zeiträume die 1-Prozent-Schwelle jährlichen Wachstums überschreiten und später noch mehr, nachdem vorher Schreibfähigkeit, Bücher, Enzyklopädien, Presse und Post weit verbreitet waren.
Vor allem aber kommt es auf die Anreize an. Hier betonen Aghion und sein Team die Bedeutung von Innovationsrenten, die ihrerseits sichere, staatlich anerkannte Eigentumsrechte voraussetzen, vor allem auch für geistiges Eigentum (etwa Patente). Während ungeschützter Zugriff auf die Ergebnisse akademischer Grundlagenforschung vorteilhaft ist, braucht die angewandte, produktnahe und unternehmensinterne Forschung den Anreiz zeitweiliger Innovationsrenten, die immer durch Veraltung und spätere Erfindungen bedroht werden. Wachstum korreliert nicht nur mit Innovationen und Patenten, sondern auch mit Neugründung und dem Untergang von Unternehmen, also schöpferischer Zerstörung.
Junge Unternehmen tragen besonders zu Innovationen und dem Aufbau von Arbeitsplätzen bei. Wettbewerb zwischen Unternehmen und Standortrivalität zwischen Staaten begünstigen Innovationen. Dabei profitieren vor allem die technologisch fortgeschrittensten Unternehmen vom Wettbewerb. Zumindest in der Vergangenheit waren technologische Innovationen trotz aller Befürchtungen nicht für Massenarbeitslosigkeit verantwortlich.
Auf der Basis empirischer Studien betonen die Autoren, dass Innovationen zwar den Einkommensabstand zwischen dem obersten einen Prozent und dem Rest der Gesellschaft erhöhen, aber die (etwa durch den Gini-Index erfasste) allgemeine Ungleichheit kaum erhöhen und gleichzeitig die soziale Mobilität fördern. Deshalb warnen sie davor, durch die Steuerpolitik die Innovationsanreize abzuwürgen. Gerade weil erfolgreiche Unternehmen versucht sind, spätere Innovationen von Konkurrenten zu behindern - ob durch Einfluss auf Regulierung oder defensive Patente -, ist es wichtig, dass der Staat den Wettbewerb und die Innovationsfähigkeit der Volkswirtschaft aktiv fördert. Mit Umwelt- und Klimaschutz rechtfertigen die Autoren auch einige lenkende Eingriffe des Staates, wie die Förderung von Elektroautos, die über die Abschwächung negativer Externalitäten etwa mittels steuerlicher Belastung von Emissionen hinausgehen.
Dass die kreative Zerstörung auch ihre Schattenseiten hat, zeigt sich unter anderem am Schicksal der Arbeiterschaft im amerikanischen Rostgürtel, die vor allem unter chinesischer Konkurrenz stark gelitten hat. Aghion und seine Mitautoren halten nicht Zölle und Entlassungsschutz, sondern den Ausbau des sozialen Netzes in den Vereinigten Staaten und Angebote zur Umschulung nach dänischem Vorbild ("flexicurity") für geeignete Maßnahmen. Man kann - das hoffen die Autoren - die kreative Zerstörung sozialverträglich machen. Sie weisen dem Staat aber nicht nur Versicherungsfunktionen zu, sondern betonen auch, dass eine reine Laissez-faire-Wirtschaft zu wenig in den Erwerb von Wissen und Innovationen investiert, weil Innovationen spätere, darauf aufbauende Erfindungen begünstigen und dieser positive externe Effekt im Gegensatz zu den erhofften Innovationsrenten keine Anreizwirkung auf private Investoren hat. Ein besonders erfolgreiches Beispiel für staatliche Innovationsförderung ist die amerikanische Behörde für militärische Forschung namens "Defense Advanced Research Projects Agency" (kurz: DARPA), die mit dem dezentralen Computernetz Arpanet in den 1960er-Jahren den Vorläufer des heutigen Internets entwickelt hat.
Das Buch ist außerordentlich gut lesbar. Die Theorie ist auch für Laien plausibel und nachvollziehbar. Die empirische Fundierung ist solide, in der Regel auf erst kürzlich oder vereinzelt sogar noch gar nicht erschienenen Studien aufbauend, aber trotzdem leicht zugänglich. Die Themenpalette ist breiter, als hier berücksichtigt werden konnte, umfasst auch noch die Frage, warum mache Entwicklungsländer über ein mittleres Einkommensniveau nicht hinauskommen, oder die positiven Einflüsse qualifizierter Zuwanderung oder die Vorzüge der Gewaltenteilung. Weil Aghion und sein Team vom Staat viel verlangen und ihm viele Aufgaben zumuten, könnte man sich am Schluss eine vom Public-Choice-Denken beeinflusste Analyse der Leistungsfähigkeit des Staates und des Risikos des Staatsversagens wünschen. Aber man sollte an diesem wichtigen Werk nicht vorbeigehen. ERICH WEEDE
Philippe Aghion, Céline Antonin and Simon Bunel: The Power of Creative Destruction. Economic Upheaval and the Wealth of Nations. Harvard University Press, Cambridge, MA, 2021, 400 Seiten, 31,50 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein Buch über die Determinanten des Wohlstands
Der französische Wirtschaftswissenschaftler Philippe Aghion war Professor in Harvard und lehrt jetzt an der London School of Economics und dem Collège de France in Paris. Auch Céline Antonin und Simon Bunel arbeiten am Collège de France. Innovation bedeutet neue Ideen, neue Technologien, neue Arbeitsweisen und neuartige Arbeitsplätze; neue Unternehmen und neue Produkte oder Dienstleistungen. Schon Joseph Schumpeter hatte darauf hingewiesen, dass wir der Innovation nicht nur Wachstum und unseren Lebensstandard verdanken, sondern dass im Wettbewerb immer auch Unternehmen untergehen und Arbeitsplätze verloren gehen, damit Platz für Neues geschaffen wird. Kodifizierung und Diffusion des Wissens sind Voraussetzung für Innovationen, die aufeinander aufbauen. Deshalb konnten laut den Autoren Innovationen und Wirtschaftswachstum im 19. Jahrhundert beschleunigt werden. Der Westen konnte erstmalig für längere Zeiträume die 1-Prozent-Schwelle jährlichen Wachstums überschreiten und später noch mehr, nachdem vorher Schreibfähigkeit, Bücher, Enzyklopädien, Presse und Post weit verbreitet waren.
Vor allem aber kommt es auf die Anreize an. Hier betonen Aghion und sein Team die Bedeutung von Innovationsrenten, die ihrerseits sichere, staatlich anerkannte Eigentumsrechte voraussetzen, vor allem auch für geistiges Eigentum (etwa Patente). Während ungeschützter Zugriff auf die Ergebnisse akademischer Grundlagenforschung vorteilhaft ist, braucht die angewandte, produktnahe und unternehmensinterne Forschung den Anreiz zeitweiliger Innovationsrenten, die immer durch Veraltung und spätere Erfindungen bedroht werden. Wachstum korreliert nicht nur mit Innovationen und Patenten, sondern auch mit Neugründung und dem Untergang von Unternehmen, also schöpferischer Zerstörung.
Junge Unternehmen tragen besonders zu Innovationen und dem Aufbau von Arbeitsplätzen bei. Wettbewerb zwischen Unternehmen und Standortrivalität zwischen Staaten begünstigen Innovationen. Dabei profitieren vor allem die technologisch fortgeschrittensten Unternehmen vom Wettbewerb. Zumindest in der Vergangenheit waren technologische Innovationen trotz aller Befürchtungen nicht für Massenarbeitslosigkeit verantwortlich.
Auf der Basis empirischer Studien betonen die Autoren, dass Innovationen zwar den Einkommensabstand zwischen dem obersten einen Prozent und dem Rest der Gesellschaft erhöhen, aber die (etwa durch den Gini-Index erfasste) allgemeine Ungleichheit kaum erhöhen und gleichzeitig die soziale Mobilität fördern. Deshalb warnen sie davor, durch die Steuerpolitik die Innovationsanreize abzuwürgen. Gerade weil erfolgreiche Unternehmen versucht sind, spätere Innovationen von Konkurrenten zu behindern - ob durch Einfluss auf Regulierung oder defensive Patente -, ist es wichtig, dass der Staat den Wettbewerb und die Innovationsfähigkeit der Volkswirtschaft aktiv fördert. Mit Umwelt- und Klimaschutz rechtfertigen die Autoren auch einige lenkende Eingriffe des Staates, wie die Förderung von Elektroautos, die über die Abschwächung negativer Externalitäten etwa mittels steuerlicher Belastung von Emissionen hinausgehen.
Dass die kreative Zerstörung auch ihre Schattenseiten hat, zeigt sich unter anderem am Schicksal der Arbeiterschaft im amerikanischen Rostgürtel, die vor allem unter chinesischer Konkurrenz stark gelitten hat. Aghion und seine Mitautoren halten nicht Zölle und Entlassungsschutz, sondern den Ausbau des sozialen Netzes in den Vereinigten Staaten und Angebote zur Umschulung nach dänischem Vorbild ("flexicurity") für geeignete Maßnahmen. Man kann - das hoffen die Autoren - die kreative Zerstörung sozialverträglich machen. Sie weisen dem Staat aber nicht nur Versicherungsfunktionen zu, sondern betonen auch, dass eine reine Laissez-faire-Wirtschaft zu wenig in den Erwerb von Wissen und Innovationen investiert, weil Innovationen spätere, darauf aufbauende Erfindungen begünstigen und dieser positive externe Effekt im Gegensatz zu den erhofften Innovationsrenten keine Anreizwirkung auf private Investoren hat. Ein besonders erfolgreiches Beispiel für staatliche Innovationsförderung ist die amerikanische Behörde für militärische Forschung namens "Defense Advanced Research Projects Agency" (kurz: DARPA), die mit dem dezentralen Computernetz Arpanet in den 1960er-Jahren den Vorläufer des heutigen Internets entwickelt hat.
Das Buch ist außerordentlich gut lesbar. Die Theorie ist auch für Laien plausibel und nachvollziehbar. Die empirische Fundierung ist solide, in der Regel auf erst kürzlich oder vereinzelt sogar noch gar nicht erschienenen Studien aufbauend, aber trotzdem leicht zugänglich. Die Themenpalette ist breiter, als hier berücksichtigt werden konnte, umfasst auch noch die Frage, warum mache Entwicklungsländer über ein mittleres Einkommensniveau nicht hinauskommen, oder die positiven Einflüsse qualifizierter Zuwanderung oder die Vorzüge der Gewaltenteilung. Weil Aghion und sein Team vom Staat viel verlangen und ihm viele Aufgaben zumuten, könnte man sich am Schluss eine vom Public-Choice-Denken beeinflusste Analyse der Leistungsfähigkeit des Staates und des Risikos des Staatsversagens wünschen. Aber man sollte an diesem wichtigen Werk nicht vorbeigehen. ERICH WEEDE
Philippe Aghion, Céline Antonin and Simon Bunel: The Power of Creative Destruction. Economic Upheaval and the Wealth of Nations. Harvard University Press, Cambridge, MA, 2021, 400 Seiten, 31,50 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main