Saddam Hussein is high on America's enemies listbut does an Iraq without him hold the seeds of the next Yugoslavia? To the dismay of many in the West, the Gulf War ended with Saddam Hussein still in control, still defiant, and determined to use any means of striking back. This book sounds an urgent note of caution: a future Iraq without Hussein could be even more unstable and more problematical to the security of the United States. The Reckoning is an account of the forceshistorical, religious, ethnic, and politicalthat produced Saddam's dictatorship. Forged after World War I from the Mesopotamian region of the collapsed Ottoman Empire, Iraq's people have never had a national identity or a sense of common purpose. Hussein, ruling by terror rather than persuasion, has pitted the various ethnic groups, religious interests, and tribes against each other and in so doing achieved the destruction of Iraq's middle class and civilized society. After he goes, however he goes, the country could be the site of conflict even more vicious than the Balkan wars.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.10.2002Hort der Instabilität
Sandra Mackeys glänzendes Buch über den Irak
Sandra Mackey: The Reckoning. Iraq and the Legacy of Saddam Hussein. Verlag W.W. Norton & Company, New York/London 2002. 415 Seiten, 22,50 Pfund.
Im vorletzten Stadium politischer Entscheidungsprozesse verdichten sich in der Regel alle Daten und Urteile zu einer einzigen und letzten Alternative: ja oder nein. Im Fall der Diktatur Saddam Husseins steht der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vor der Frage, ob der von diesem Regime ausgehenden Bedrohung des regionalen und des Weltfriedens notfalls auch militärisch zu begegnen sei. Der amerikanische Präsident Bush wiederum muß entscheiden, ob die Vereinigten Staaten notfalls auch ohne Mandat des Sicherheitsrates mit eigenen Streitkräften die Entwaffnung und einen politischen Wechsel im Irak einleiten sollen. Wenn ein Entscheidungsprozeß in diesem Stadium angelangt ist, wenn nur über das Ja und das Nein noch gestritten wird, dann gerät all das, was es zuvor an abwägenden Urteilen, an Motiven und unterschiedlichen Erklärungen gab, aus dem Blickfeld. Das muß man bedauern, denn dadurch werden nicht nur alle Differenzierungen plattgewalzt. Es macht auch den Streit selbst auf eigentümliche Weise unfruchtbar. Vermeiden läßt sich das in diesem Stadium allerdings kaum, eben weil es in der Natur solcher Entscheidungsprozesse liegt.
Trotzdem bleibt die Möglichkeit, sich tiefgründiger mit dem anstehenden Problem zu beschäftigen. Dafür ist es nie zu spät. Denn selbst nach einer getroffenen und durchgesetzten Entscheidung ist das politische Problem, um das es geht, meist noch keineswegs aus der Welt geschafft. Vielmehr taucht es in veränderter Form samt einer Menge von Folgeproblemen neu auf. Sollte also die Bedrohung durch Saddam Husseins Ambitionen, in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu gelangen, eliminiert worden sein, ist damit noch lange nicht klar, ob sich aus der dann entstandenen Lage nicht andere, ebenfalls sehr gefährliche Bedrohungen ergeben werden.
Genau diese Frage greift die amerikanische Journalistin Sandra Mackey auf. Ihr ausführlicher und auf langjährigen Recherchen im Nahen Osten beruhender Bericht stellt eine glänzende Mischung aus aktualitätsbezogener Geschichtsschreibung und abgewogener politischer Analyse dar. Wir erfahren von der Leidensgeschichte der Bevölkerung in einem Land, das über Generationen hinweg nur Objekt auswärtiger politischer Interessen war; von den religiösen, ethnischen, politischen und sozialen Trennlinien, die weder ein irakisches Staats- noch ein Nationalbewußtsein aufkommen ließen, und von dem Ölreichtum, der für ein paar Jahre das Land aufblühen ließ, bevor es dann durch die von Saddam Hussein begonnenen Golfkriege in tiefstes Elend gestürzt wurde.
Man muß diese lange und größtenteils deprimierende Geschichte der innerarabischen, innerislamischen und sozialen Spannungen und Kämpfe im Irak sowie die Geschichte der Auseinandersetzungen mit den Nachbarn und den weltpolitischen Bezugsmächten seit dem Ersten Weltkrieg zur Kenntnis genommen haben, um die tödliche Dramatik des jetzigen Regimes nachvollziehen zu können. Saddam Hussein hat es mit äußerst brutalem Terror nach innen und mit seinem kriegerischen Ausgreifen nach außen, erst gegen den Iran, dann gegen Kuwait, vermocht, die internen Trennlinien grob zuzudecken. Es geschah dies zu enormen menschlichen Kosten und wurde durch die Sanktionen der Vereinten Nationen seit dem Ende des zweiten Golfkrieges in der Wirkung leider verstärkt. Der Machthaber sitzt auch heute fest im Sattel. Er ist es, der den Irak zu einem Schurkenstaat gemacht hat.
Die panarabisch motivierten Kämpfe gegen das Ottomanische Reich vor und im Ersten Weltkrieg, die von den Briten aus Eigeninteresse geförderte matte Monarchie, die revolutionären Illusionen der Bath-Partei und zuletzt der als sozialer Kitt genutzte Antisemitismus und Antiamerikanismus, all das steht als Folie hinter den Umrissen eines von einigen sunnitischen Clans kontrollierten, während Saddam Husseins schrankenloser Herrschaft immer weiter ausgepreßten Landes. Aber so paradox es klingen mag - gerade weil diese Herrschaft alle Ansätze einer zivilen Gesellschaft ausradiert hat, sind der Diktator und seine Machtapparate die einzigen Klammern, welche die Reste der widerstrebenden politischen Kräfte in der Gesellschaft zusammenhalten. Gleichviel wie der Abgang Saddams sich vollziehen wird, auch danach werden der Irak und seine nähere Umgebung aller Voraussicht nach ein Hort der Instabilität bleiben. Dies ist Sandra Mackeys These, die sie mit viel Überzeugungskraft begründet.
Gegen ein gewaltsames Aus für die versteckten Aufrüstungsprogramme spricht dies zwar nicht. Denn wenn diese Programme einen derart bedrohlichen Charakter haben, wie die amerikanische und die britische Regierung annehmen, und diese Annahmen sind ja nun wahrlich nicht aus der Luft gegriffen, dann kann es im Interesse des Weltfriedens unabdingbar werden, die Entwaffnung des Irak, die Zerstörung seiner Arsenale mit und Fabriken für Massenvernichtungswaffen auch gegen Widerstand zu vollstrecken. Aber zugleich muß man sich darüber klar sein, daß dies andere Probleme nach sich ziehen wird. Ohne eine wenigstens potentiell konsensfähige Langzeitvision für ihre politische Zukunft in staatlichem Verbund oder in einer anderen Form sind die Interessen der Kurden im Norden, der Sunniten im Zentrum und der Schiiten im Süden des Landes nicht miteinander auszugleichen. Eine solche Vision kann aber nicht, wie bei früheren Versuchen der Staatsgründung und Staatsstabilisierung, von außen kommen, allenfalls dann, wenn sie von vertrauenswürdigen Exilpolitikern mitgetragen und in Angriff genommen würde. Darauf zu bauen hieße auf ein Wunder hoffen.
WILFRIED VON BREDOW
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Sandra Mackeys glänzendes Buch über den Irak
Sandra Mackey: The Reckoning. Iraq and the Legacy of Saddam Hussein. Verlag W.W. Norton & Company, New York/London 2002. 415 Seiten, 22,50 Pfund.
Im vorletzten Stadium politischer Entscheidungsprozesse verdichten sich in der Regel alle Daten und Urteile zu einer einzigen und letzten Alternative: ja oder nein. Im Fall der Diktatur Saddam Husseins steht der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen vor der Frage, ob der von diesem Regime ausgehenden Bedrohung des regionalen und des Weltfriedens notfalls auch militärisch zu begegnen sei. Der amerikanische Präsident Bush wiederum muß entscheiden, ob die Vereinigten Staaten notfalls auch ohne Mandat des Sicherheitsrates mit eigenen Streitkräften die Entwaffnung und einen politischen Wechsel im Irak einleiten sollen. Wenn ein Entscheidungsprozeß in diesem Stadium angelangt ist, wenn nur über das Ja und das Nein noch gestritten wird, dann gerät all das, was es zuvor an abwägenden Urteilen, an Motiven und unterschiedlichen Erklärungen gab, aus dem Blickfeld. Das muß man bedauern, denn dadurch werden nicht nur alle Differenzierungen plattgewalzt. Es macht auch den Streit selbst auf eigentümliche Weise unfruchtbar. Vermeiden läßt sich das in diesem Stadium allerdings kaum, eben weil es in der Natur solcher Entscheidungsprozesse liegt.
Trotzdem bleibt die Möglichkeit, sich tiefgründiger mit dem anstehenden Problem zu beschäftigen. Dafür ist es nie zu spät. Denn selbst nach einer getroffenen und durchgesetzten Entscheidung ist das politische Problem, um das es geht, meist noch keineswegs aus der Welt geschafft. Vielmehr taucht es in veränderter Form samt einer Menge von Folgeproblemen neu auf. Sollte also die Bedrohung durch Saddam Husseins Ambitionen, in den Besitz von Massenvernichtungswaffen zu gelangen, eliminiert worden sein, ist damit noch lange nicht klar, ob sich aus der dann entstandenen Lage nicht andere, ebenfalls sehr gefährliche Bedrohungen ergeben werden.
Genau diese Frage greift die amerikanische Journalistin Sandra Mackey auf. Ihr ausführlicher und auf langjährigen Recherchen im Nahen Osten beruhender Bericht stellt eine glänzende Mischung aus aktualitätsbezogener Geschichtsschreibung und abgewogener politischer Analyse dar. Wir erfahren von der Leidensgeschichte der Bevölkerung in einem Land, das über Generationen hinweg nur Objekt auswärtiger politischer Interessen war; von den religiösen, ethnischen, politischen und sozialen Trennlinien, die weder ein irakisches Staats- noch ein Nationalbewußtsein aufkommen ließen, und von dem Ölreichtum, der für ein paar Jahre das Land aufblühen ließ, bevor es dann durch die von Saddam Hussein begonnenen Golfkriege in tiefstes Elend gestürzt wurde.
Man muß diese lange und größtenteils deprimierende Geschichte der innerarabischen, innerislamischen und sozialen Spannungen und Kämpfe im Irak sowie die Geschichte der Auseinandersetzungen mit den Nachbarn und den weltpolitischen Bezugsmächten seit dem Ersten Weltkrieg zur Kenntnis genommen haben, um die tödliche Dramatik des jetzigen Regimes nachvollziehen zu können. Saddam Hussein hat es mit äußerst brutalem Terror nach innen und mit seinem kriegerischen Ausgreifen nach außen, erst gegen den Iran, dann gegen Kuwait, vermocht, die internen Trennlinien grob zuzudecken. Es geschah dies zu enormen menschlichen Kosten und wurde durch die Sanktionen der Vereinten Nationen seit dem Ende des zweiten Golfkrieges in der Wirkung leider verstärkt. Der Machthaber sitzt auch heute fest im Sattel. Er ist es, der den Irak zu einem Schurkenstaat gemacht hat.
Die panarabisch motivierten Kämpfe gegen das Ottomanische Reich vor und im Ersten Weltkrieg, die von den Briten aus Eigeninteresse geförderte matte Monarchie, die revolutionären Illusionen der Bath-Partei und zuletzt der als sozialer Kitt genutzte Antisemitismus und Antiamerikanismus, all das steht als Folie hinter den Umrissen eines von einigen sunnitischen Clans kontrollierten, während Saddam Husseins schrankenloser Herrschaft immer weiter ausgepreßten Landes. Aber so paradox es klingen mag - gerade weil diese Herrschaft alle Ansätze einer zivilen Gesellschaft ausradiert hat, sind der Diktator und seine Machtapparate die einzigen Klammern, welche die Reste der widerstrebenden politischen Kräfte in der Gesellschaft zusammenhalten. Gleichviel wie der Abgang Saddams sich vollziehen wird, auch danach werden der Irak und seine nähere Umgebung aller Voraussicht nach ein Hort der Instabilität bleiben. Dies ist Sandra Mackeys These, die sie mit viel Überzeugungskraft begründet.
Gegen ein gewaltsames Aus für die versteckten Aufrüstungsprogramme spricht dies zwar nicht. Denn wenn diese Programme einen derart bedrohlichen Charakter haben, wie die amerikanische und die britische Regierung annehmen, und diese Annahmen sind ja nun wahrlich nicht aus der Luft gegriffen, dann kann es im Interesse des Weltfriedens unabdingbar werden, die Entwaffnung des Irak, die Zerstörung seiner Arsenale mit und Fabriken für Massenvernichtungswaffen auch gegen Widerstand zu vollstrecken. Aber zugleich muß man sich darüber klar sein, daß dies andere Probleme nach sich ziehen wird. Ohne eine wenigstens potentiell konsensfähige Langzeitvision für ihre politische Zukunft in staatlichem Verbund oder in einer anderen Form sind die Interessen der Kurden im Norden, der Sunniten im Zentrum und der Schiiten im Süden des Landes nicht miteinander auszugleichen. Eine solche Vision kann aber nicht, wie bei früheren Versuchen der Staatsgründung und Staatsstabilisierung, von außen kommen, allenfalls dann, wenn sie von vertrauenswürdigen Exilpolitikern mitgetragen und in Angriff genommen würde. Darauf zu bauen hieße auf ein Wunder hoffen.
WILFRIED VON BREDOW
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