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An inviting history of China from the days of the ancient Silk Road to the present, this book describes a civilization more open and engaged with the rest of the world than we think. Whether in trade, religious belief, ideology, or technology, China has long taken part in fruitful exchange with other cultures. With implications for our understanding of and our policies toward China, this is a must read.

Produktbeschreibung
An inviting history of China from the days of the ancient Silk Road to the present, this book describes a civilization more open and engaged with the rest of the world than we think. Whether in trade, religious belief, ideology, or technology, China has long taken part in fruitful exchange with other cultures. With implications for our understanding of and our policies toward China, this is a must read.
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Autorenporträt
Joanna Waley-Cohen is professor of history at New York University.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.06.2000

Das beste Werkzeug ist ein Tand aus eines Jesuiten Hand
In Wahrheit waren die Väter hochwillkommen: Joanna Waley-Cohen zerstört den Mythos von Chinas herrlicher Isolation

Lange Zeit bestand die Raison d'être abendländischer Sinologen in mannigfachen Versuchen des Nachweises der Einzigartigkeit und der hermetischen Charakterzüge der chinesischen Kultur. Eines der Kernstücke in dergleichen Argumentationen war die angebliche Unveränderlichkeit Chinas, die aus Selbstgenügsamkeit, Fremden- und Innovationsfeindlichkeit sowie der stolzen Freude am ewig Gleichen resultierte - ein europäisches Konstrukt, das spätestens seit der harschen Absage des Qianlong-Kaisers an englische Freihandelsansinnen im Jahre 1793 das China-Bild des folgenden Jahrhunderts prägen sollte. Diese Vorstellung hat bis heute vor allem chinesische Aufklärer beeinflusst, die ihren Reformwünschen Nachdruck verliehen, indem sie Chinas Vergangenheit getreu dem europäischen China-Stereotyp der Spätaufklärung in den finsteren Farben "feudaler Abgeschlossenheit" und reaktionärer Überheblichkeit malten. Auch im Westen selbst erweist sie sich als ungemein zählebig - man denke nur an das "Empire immobile" von Alain Peyrefitte.

Joanna Waley-Cohen leugnet nicht, dass offizielle Rhetorik im traditionellen und modernen China häufig von konservativem Selbstbehauptungswillen getragen war; aber sie lädt dazu ein, eher "Taten als Worte zu untersuchen". Der pragmatische, oft sogar enthusiastische Umgang mit ausländischen Gütern, Techniken, Religionen und säkularen Weltanschauungen hat, so Waley-Cohen, China geprägt wie jedes andere Land. Weder der Pferdewagen noch der Stuhl sind in China entstanden, und doch würde niemand leugnen, dass sie auch der chinesischen Tradition angehören. Das Schießpulver, eine der von auf die eigenständige Entwicklung eines "made in China" bedachten Nationalisten immer wieder gepriesene "Erfindung", entstand vermutlich aus dem Kontrakt taoistischer, nach dem Elixier des Langen Lebens gierender Mönche mit zentralasiatischen Spezialisten, die Kenntnisse von den chemischen Beschaffenheiten des Salpeters beisteuerten. Chinesischer Kosmopolitismus findet sich etwa auch im seit dem siebten Jahrhundert entfalteten Tributsystem, das im Grunde eine von Suprematie-Rhetorik nur notdürftig übertünchte Organisationsform der Außenhandelsbeziehungen darstellte.

Einige Fallbeispiele illustrieren den von ideologischer Staatsräson kaum gehinderten zwanglosen Umgang mit Neuem: die begeisterte Aufnahme, die im siebzehnten Jahrhundert die Jesuitenmissionare ihrer Religion, ihrer astronomischen (in den "Sextanten" symbolisierten) und militärtechnischen Kenntnisse wegen fanden; der Qianlong-Kaiser, dessen eher von innenpolitischen Rücksichten motivierte Absage an das englische Angebot gleichberechtigter wirtschaftlicher und politischer Beziehungen ihn nicht an lebhaftem Interesse für den Erwerb europäischer Artillerie hinderte; der überaus geschickte Einsatz der seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts frisch erworbenen Kenntnisse des internationalen Rechts durch die mandschurisch-chinesische Diplomatie. Schließlich auch die Erprobung zahlloser politischer und sozialer Ideologien durch Angehörige der chinesischen Intelligenz seit der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. In diesem Zusammenhang gelingen der Autorin eingängige Darstellungen des Dilemmas chinesischer politischer Denker, zugunsten der Stärkung des Landes entweder mit ausländischen, zumeist westlichen Ideen die eigene Tradition unterminieren zu müssen, oder aber mit kulturalistischen Konstruktionen sich von reformfeindlichen politischen Funktionsträgern instrumentalisieren zu lassen.

Auf ihrem Streifzug durch die Geschichte des chinesischen Kosmopolitismus schlachtet Waley-Cohen en passant auch einige heilige Kühe der Political Correctness: So wurden etwa die im Gefolge der Opium-Kriege abgeschlossenen so genannten "ungleichen Verträge", über die das offizielle China noch unlängst anlässlich der Heimholung Hongkongs lamentierte, von den Zeitgenossen zunächst kaum als ungleich empfunden, weil sie im Wesentlichen Vertragsmodellen folgten, die während der gesamten Mandschu-Zeit und zum Teil bereits viel früher praktiziert worden waren.

Nichts von alledem ist wirklich neu für die Spezialisten - ungewohnt ist lediglich die Perspektive einer ununterbrochenen internationalen Verwobenheit Chinas. Sie macht das Werk höchst lesenswert. Freilich hat das Buch auch seine Durststrecken, vor allem im letzten Teil, wo für den Nachweis einer trotz allem antiimperialistischen Propaganda-Getöse erstaunlich pragmatischen Außenpolitik des kommunistischen China die gesamte politische Geschichte der Volksrepublik umständlich erzählt wird. Dabei wird leider die Chance vergeben, gerade die vollständige Sowjetisierung des politischen, sozialen und kulturellen Lebens seit 1949 als Musterbeispiel für die chinesische Internationalität zu untersuchen.

Die immer wiederkehrenden Ausbrüche einer Rhetorik der "splendid isolation" im politischen Diskurs Chinas erklärt Waley-Cohen zu Recht mit dem Gefühl politischer Bedrohung und der Angst vor dem Verlust der Souveränität, Befürchtungen der chinesischen politischen Klasse, die im neunzehnten und eventuell auch im zwanzigsten Jahrhundert nicht ganz ungerechtfertigt waren. Seltsam unentschlossen bleibt sie jedoch, wenn die Rede auf ein anderes Motiv der offiziellen Absage an "Fremdes" kommt: die Wahrung der "kulturellen Reinheit". Nach einer Schilderung von zweitausend Jahren chinesischer Kultur als eines Produkts beständigen Austauschs mit der übrigen Welt müssten auch chinesische Deklarationen zugunsten einer "distinkten nationalen Identität" deutlicher in das Reich nationalistischer Konstruktion verwiesen werden, als die Autorin - hier offenbar durchaus unter den Zwängen der Korrektheit des westlich schlechten Gewissens stehend - dies tut. Hier sind manche chinesischen Gelehrten, wie etwa der Schanghaier Historiker Xiong Yuezhi mit seinen Arbeiten zur Verbreitung "westlichen Wissens" im spätkaiserzeitlichen China der Dekonstruktion traditioneller Abwehr-Rhetorik einen erheblichen Schritt näher gekommen.

Mit seinem monumentalen Werk "Asia in the Making of Europe" hat Donald Lach einst Maßstäbe für die Erarbeitung von Kriterien einer "shared history" gesetzt, die Asien als einen nicht wegzudenkenden Brennpunkt für die Entstehung des modernen Eruopa erfahren lässt. Die systematische Erforschung des umgekehrten Weges steckt trotz zahlreicher Ansätze im Detail noch in den Kinderschuhen. Die "Sextanten von Peking" sind ein erster Versuch, der Souveränität der chinesischen Auseinandersetzung mit Neuem Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, ohne der paternalistischen Attitüde zu verfallen, in China stets nur hilflose Reaktionen auf von außen kommende Stimuli zu konstatieren.

MICHAEL LACKNER

Joanna Waley-Cohen: "The Sextants of Beijing". Global Currents in Chinese History. W. W. Norton & Company, New York 1999. IX, 322 S., geb., 17,95 brit. Pfund.

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