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Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.06.2011

Wirtschaftsbücher
Von iSteve lernen
Apple-Mitgründer Jobs ist ein beliebtes Studienobjekt. Schließlich gilt er als einer der erfolgreichsten Manager unserer Zeit
Wie einst nur bei König Midas scheint sich alles in Gold zu verwandeln, was Steve Jobs berührt. Den ersten digitalen Musikspieler, den hat jemand anders entwickelt. Der erfolgreichste aber, der kommt von Apple, der Firma, die Jobs mitgegründet hat und führt. Computer gibt es viele. Die mit der höchsten Gewinnspanne liefert Jobs. Sein erstes Mobiltelefon hat er mehr als zwanzig Jahre nach dem ersten Handy vorgestellt, doch niemand verdient so gut wie Apple und Steve Jobs. Kein Wunder, dass das, was bei Midas zum Fluch wurde, vielen als Gabe erscheint, die es zu erlangen gilt.
Wer Jobs einmal erlebt hat, weiß, wie schwer es ist, sich seinem Bann zu entziehen. Bei Produktvorstellungen nutzt er die Worte „awesome“, fantastisch, oder „magic“, magisch, gleich dutzendfach, und das Publikum glaubt ihm das. Der Wunsch, vom Meister zu lernen, schlägt sich im Bücherregal nieder. Die Suche nach „Steve Jobs“ liefert auf der deutschen Webpräsenz des Buchhändlers Amazon 4480 Treffer. Und der Bedarf scheint noch immer nicht gedeckt. So gibt es gerade erst zwei neue Titel, die unterschiedlicher kaum sein könnten – obwohl sich beide um Jobs drehen.
Jay Elliot ist nicht irgendeiner unter den vielen Autoren, die sich mit Jobs befassen. Er hat Steve Jobs erlebt und mit ihm zusammengearbeitet. Elliot war zeitweise stellvertretender Vorstandsvorsitzender von Apple. Allerdings war das zu anderen Zeiten, Anfang der achtziger Jahre nämlich, als Jobs noch in seinen Zwanzigern war und Apple ein junges, aufstrebendes Unternehmen. Seither ist einiges geschehen: Jobs, 56, ist älter geworden, kämpft seit Jahren mit einer lebensbedrohlichen Krankheit, weswegen er sich im Moment aus dem Tagesgeschäft weitgehend zurückgezogen hat. Apple hat zwischenzeitlich eine Pleite überstanden und ist nun das wertvollste Unternehmen der IT-Branche.
Trotzdem: So nah dran wie Elliot sind die wenigsten Autoren von Büchern über Jobs. Verstärkung hat er sich durch William Simon geholt, einem ebenfalls mit Apple gut vertrauten Schreiber. Er hat bereit die Jobs-Biografie „iCon Steve Jobs“ geschrieben. Nun also „iLeadership – Mit Charisma und Coolness an die Spitze“. Die Verlagswelt scheint sich bei Büchern, die sich mit Jobs beschäftigen, nur schwer von einem vorangestellten „i“ trennen zu können. Schließlich, so wohl das Kalkül, hat das „i“ auch dem iPod, dem iPhone oder dem iPad zum Verkaufserfolg verholfen. Unter anderem.
Elliot und Simon dröseln auf, was für den Erfolg von Apple-Produkten sonst noch nötig ist. In fünf Teile untergliedern sie ihr Buch: „Produkt-Zar“, „Talent-Regeln“, „Mannschaftssport“, „Der Coolness-Faktor“ und „Wie man ,steveisch’ wird“. Die gute Nachricht nach dem ersten Überfliegen der Kapitel-Titel: Das Buch ist bei weitem nicht so hirnrissig, wie es die Namensgebung der Zwischenüberschriften vermuten lässt. Überhaupt hat „iLeadership“, wie so viele Bücher aus dem Amerikanischen, arg gelitten unter der Übersetzung. Nur ein Beispiel. Im Original steht: „Steve Jobs survives, thrives, and changes society by following his own passions.“ Der Satz fetzt – und wird ins Deutsche übersetzt zu: „Seinen eigenen Leidenschaften nachjagen zu können ist das Elixier, das Steve Jobs am Leben hält, ihn aufblühen lässt und mit dem er die Gesellschaft verändert.“ Puh. Selber Inhalt, Langeweile pur.
Solche Beispiele gibt es viele, wer statt zum Original zur Übersetzung aus dem Ariston-Verlag greift, muss sich durchbeißen. Der Lohn besteht in einigen Anekdoten aus der frühen Zeit von Steve Jobs, erzählt von seiner linken Hand, denn – so berichtet Elliot – der Apple-Chef ist Linkshänder. Der Autor beschreibt etwa, dass Jobs stets eine Porsche-Uhr trug. Wurde er auf das ausgefallene Design angesprochen, verschenkte er die Uhr – und zog sich, zurück im Büro, ein neues Exemplar an. Das, so Elliot, stehe für die Bereitschaft des Apple-Mitgründers, „sich auf einen einzelnen Aspekt oder ein Detail zu konzentrieren“ und andere für einen solchen Blick mit einem 2000-Dollar-Geschenk zu belohnen.
Die kleinen Geschichten machen das Buch kurzweilig. Der Leser profitiert von der Nähe der Autoren zum Studienobjekt. Ganz anders beim Titel „Was wir von Steve Jobs lernen können“ von Carmine Gallo. Er ist Kommunikationsberater und Inhaber einer kleinen Agentur. Mit Buchtiteln, die sich mit aktuellen Phänomen beschäftigen, hat er sich einen Namen gemacht. So hat er schon ein Buch über die Präsentationstechniken von Jobs geschrieben, als Nächstes folgt eines über den Erfolg von Foursquare, einem besonders in den Vereinigten Staaten bekannten Internet-Netzwerk.
Trendsetter statt Insider also bei diesem Werk. Gallo hat den Erfolg von Jobs in sieben Prinzipien zusammengefasst: „Tu das, was du liebst“ oder „Beherrsche die Botschaft“ zum Beispiel. Es wird deutlich, dass hier der Kommunikationsberater schreibt. Auch sein Buch, darauf weist der Autor gesondert hin, will keine Biografie sein. „Das Buch zielt vielmehr darauf ab, die Prinzipien aufzudecken, die Steve Jobs’ unerschöpfliche, weltverändernde Ideen befeuert haben“, schreibt Gallo und ergänzt: „Prinzipien, die Sie noch heute umsetzen können, um Ihr kreatives Potential aus dem Dornröschenschlaf zu wecken.“ Die Übersetzung von Gallo ist besser gelungen als die von Elliot, doch wer Beratersprech nicht mag, sollte vielleicht einen anderen Titel wählen.
Obwohl Gallo keine Biografie schreiben will, greift er doch auf die Lebensgeschichte von Jobs zurück, um seine sieben Prinzipien zu schildern. Anders als Elliot schildert er dabei Bekanntes. Er kennt Jobs nicht persönlich. Gallo zitiert ihn aus Interviews oder Artikeln, die in der Presse erschienen sind. Das erfüllt den Zweck. Die Beispiele machen das Buch unterhaltsam und die Prinzipien eingängig. Wer sich mit Jobs näher befasst hat, entdeckt aber wenig Neues.
Berater hier, Intimus dort. Die Wahl zwischen beiden Büchern fällt nicht leicht. Wer an Jobs Vita interessiert ist, wird eher zu Elliot greifen. Wenig bekannte Details aus dem Leben des Apple-Mitgründers veranschaulichen einige der Erfolgsprinzipien von Jobs. Das gelingt auch Gallo, ein Profi, was Kommunikationsberatung angeht, und dementsprechend manchmal zu sehr Consultant, zu wenig Erzähler.
Wer sich zwischen den Autoren nicht entscheiden kann, hat es einfach. Im Frühjahr 2012 erscheint die autorisierte Biographie von Jobs. Sie heißt: iSteve. Natürlich. Dieses Mal scheint das vorangestellte „i“ aber einen Verkaufsschlager vorherzusagen. Seit wenigen Tagen ist das 20 Euro teure Werk in der Originalversion bei Amazon vorzubestellen. Und obwohl es noch weit mehr als ein halbes Jahr dauert bis zur Veröffentlichung, führt iSteve schon die Bestsellerlisten an. Auch das ist wohl höchstens als ein Teil des Erfolgsgeheimnisses von Steve Jobs zu erklären.
Thorsten Riedl
Jay Elliot, William L. Simon: Steve Jobs – iLeadership. Mit Charisma und Coolness an die Spitze. Aus dem Amerikanischen von
G. Maximilian Knauer. Ariston Verlag,
München 2011.
272 Seiten. 19,99 Euro.
Carmine Gallo:
Was wir von Steve Jobs lernen können.
Verrückt querdenken – Strategien für den eigenen Erfolg.
Aus dem Englischen von Ursula Bischoff.
Redline Verlag,
München 2011.
320 Seiten. 24,99 Euro.
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