This is the first systematic exploration of the nature and extent of sympathy for Nazi Germany at American universities during the 1930s. Universities were highly influential in shaping public opinion and many of the nation's most prominent university administrators refused to take a principled stand against the Hitler regime. Universities welcomed Nazi officials to campus and participated enthusiastically in student exchange programs with Nazified universities in Germany. American educators helped Nazi Germany improve its image in the West as it intensified its persecution of the Jews and strengthened its armed forces. The study contrasts the significant American grassroots protest against Nazism that emerged as soon as Hitler assumed power with campus quiescence and administrators' frequently harsh treatment of those students and professors who challenged their determination to maintain friendly relations with Nazi Germany.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.09.2010Hanfstaengl - Harvard - Hitlergruß
In mancher amerikanischen Eliteuniversität stieß das "Dritte Reich" auf Sympathie
Seit über 30 Jahren gibt es in den Vereinigten Staaten eine geschichtswissenschaftliche Forschung, deren Leitmotiv die unterlassene Hilfestellung des Landes für die vom Nationalsozialismus entrechteten, schließlich ermordeten Juden in Europa ist. Diese kritische und anklagende Tradition beschäftigt sich mit der partiellen Fehleinschätzung und Verharmlosung des NS-Systems; mit Schweigen, Wegsehen, Ignoranz, Passivität, auch mit einem verbreiteten Antisemitismus der "Zuschauer" auf der anderen Seite des Atlantiks. Diese Tendenz wurde durch einen tiefsitzenden Isolationismus noch verstärkt. Die ganz überwiegende Mehrheit der Amerikaner war in den dreißiger Jahren entschlossen, zu verhindern, dass die Vereinigten Staaten sich nach den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und des Versailler Vertrags noch einmal in Europa militärisch engagierten. Bis zum japanischen Überfall auf Pearl Harbor und bis zur deutschen Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten im Dezember 1941 sprach sich eine Mehrheit der Amerikaner gegen eine Kriegserklärung an Deutschland aus.
Wie konnte es geschehen, so fragen die Historiker, dass in der Präsidentschaft Franklin D. Roosevelts von 1933 bis 1945 die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden nur eine nachrangige Sorge der Politik Washingtons war? Warum ist für verfolgte Juden die Einwanderungsquote nicht erhöht worden? Warum hat Roosevelt in offiziellen Reden und globalen Schreckensszenarien vor Dezember 1941 kein einziges Mal das Schicksal der europäischen Juden thematisiert? Warum gab es besonders im Außenministerium einen verbreiteten Antisemitismus? Warum erwiesen sich selbst die jüdischen Hilfsorganisationen Amerikas als weitgehend hilflos und ineffizient? Warum wurde Auschwitz nicht bombardiert?
In dieser kritischen Tradition steht auch die neue Monographie von Stephen H. Norwood, Geschichtsprofessor an der Universität von Oklahoma, der seinen Doktorgrad an der New Yorker Columbia-Universität erwarb, just an jener Universität, die neben der Harvard-Universität im Zentrum seiner Anklage steht. Für Norwood haben die Nationalsozialisten und das Hitlerregime in den Jahren von 1933 bis 1938 - bis zur sogenannten "Reichskristallnacht" - im Elfenbeinturm amerikanischer Eliteuniversitäten eine viel zu nachsichtige Aufnahme gefunden.
Universitätspräsidenten wie James Bryant Conant von Harvard oder Nicholas Murray Butler von der Columbia-Universität in New York gehören zu den prominentesten "Angeklagten". Gegen erheblichen Protest aus den eigenen Universitäten, der nicht nur zum Boykott deutscher Waren, sondern auch zum Boykott des Verkehrs mit Offiziellen des Dritten Reiches, ja zum Boykott aller akademischen Austauschprogramme aufrief, hielten die beiden Präsidenten an Kontakten zu Offiziellen des "Dritten Reiches" und an transatlantischen Austauschprogrammen fest. Ein besonders umstrittener Fall war die Teilnahme von Amerikanern an der 550-Jahr-Feier der Universität Heidelberg im Jahr 1936, an einem tiefbraunen Festakt in Anwesenheit von Propagandaminister Goebbels. Im Gegensatz dazu weigerten sich alle britischen Universitäten, Abgesandte nach Heidelberg zu senden.
Conant und Butler unterbanden an ihren Universitäten Protestveranstaltungen gegen den Nationalsozialismus; sie sprachen sich nicht öffentlich, wie von ihren Kritikern gefordert, gegen die Entlassung linker, liberaler und jüdischer Wissenschaftler an den deutschen Universitäten aus; sie verhinderten nicht, dass der Auslandspressechef der NSDAP, Ernst Hanfstaengl, als ehemaliger Harvard-Student auf dem Gelände der Universität mit Nazigruß paradierte und der deutsche Botschafter Dr. Hans Luther an der Harvard Law School einen Ehrentitel erhielt.
Präsident Butler hielt Columbia für eine "christliche Institution", er begrenzte den Zugang jüdischer Studenten. Für den Historiker Fritz Stern war Butler ein "heimlicher Anti-Semit". Durch diese und andere Unterlassungen hätten, so der Autor, die beiden Präsidenten das NS-Regime in seiner Anfangsphase "legitimiert". Ein vergleichbares Muster einer naiven Verhaltensweise gegenüber dem Nationalsozialismus entdeckte der Autor in der Politik der berühmten "Sieben Schwestern", der sieben Elite-Colleges für Frauen: Vassar, Smith, Holyoke, Wellesley, Bryn Mawr, Radcliffe und Bernard. Lehrkörper und Studentinnen nahmen weiter mit Enthusiasmus an Austauschprogrammen mit Universitäten im nationalsozialistischen Deutschland teil. Sie verteidigten nach ihrer Rückkehr das "Dritte Reich", wobei sie die nationalsozialistische Propaganda zur Rechtfertigung der Verhältnisse in Deutschland oft ohne Abstriche übernahmen. Während die German Departments an amerikanischen Universitäten, so der Autor, bis 1941 zu Nestern des Nationalsozialismus wurden, flirteten die katholischen Universitäten mit dem Faschismus.
Autor Norwood kontrastiert die Reaktion der Universitätspräsidenten und anderer akademischer Eliten nicht nur mit den Protesten auf dem Campus, sondern auch mit einer weitverbreiteten kritischen Öffentlichkeit. Denn schon im ersten Halbjahr der NS-Herrschaft setzte ein dramatischer Verfall des deutschen Ansehens in den Vereinigten Staaten ein. Unterrichtet von hervorragenden Korrespondenten, die genau über Etappen der Machtbefestigung und Gleichschaltung, Verfolgung und Diskriminierung von Juden, Kommunisten, Sozialisten und Republikanern, Abschaffung der liberalen Grundfreiheiten, Maßnahmen gegen die christlichen Kirchen, die eigentümliche Mischung von Terror, Legalitätstaktik und öffentlicher Begeisterung, den staatlich geförderten Kult der Gewalt, die Bücherverbrennung berichteten, kam ein Teil der öffentlichen Meinung in Amerika schon im Sommer 1933 zu dem Schluss, dass die neue Diktatur eine Gefahr für den Weltfrieden darstelle und die Wirkungen der nationalsozialistischen Revolution nicht auf Deutschland beschränkt blieben.
Es formierte sich eine kritische Bewegung, deren spektakulärer Höhepunkt ein "Scheinverfahren" oder "Schauprozess" (mock trial) im New Yorker Madison Square Garden am 7. März 1934 war, als 20 Zeugen gegen Hitler und den Nationalsozialismus aussagten und 20 000 Menschen daraufhin die deutsche Regierung wegen Verbrechens gegen die Zivilisation verurteilten. Man hätte es also, so das zentrale Argument des Autors, im "Elfenbeinturm" besser wissen können, wenn man es denn besser wissen wollte; wenn die "Angeklagten" eine andere Weltsicht gehabt hätten, als sie es tatsächlich gehabt haben.
Die mehrfach ausgesprochene Hoffnung des Autors, dass eine kritischere Reaktion auf den Nationalsozialismus in den Vereinigten Staaten möglicherweise den Kurs der NS-Politik verändert hätte, hält der Rezensent für eine völlige Verkennung Hitlers und der machtpolitischen Realitäten. Hitler hat in seiner tatsächlichen Politik die Vereinigten Staaten bis zum Münchener Abkommen 1938 ganz, bis zum Überfall auf Polen im September 1939 weitgehend ignoriert. Deshalb konnte Göring im November 1937 sagen, es gäbe Staaten, die mit Deutschland gute, und es gäbe Staaten, die mit Deutschland schlechte Beziehungen hätten; aber zu Washington habe Berlin überhaupt keine Beziehung.
DETLEF JUNKER
Stephen H. Norwood: The Third Reich in the Ivory Tower. Complicity and Conflict on American Campuses. Cambridge University Press, Cambridge 2009. 339 S., 24,61 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
In mancher amerikanischen Eliteuniversität stieß das "Dritte Reich" auf Sympathie
Seit über 30 Jahren gibt es in den Vereinigten Staaten eine geschichtswissenschaftliche Forschung, deren Leitmotiv die unterlassene Hilfestellung des Landes für die vom Nationalsozialismus entrechteten, schließlich ermordeten Juden in Europa ist. Diese kritische und anklagende Tradition beschäftigt sich mit der partiellen Fehleinschätzung und Verharmlosung des NS-Systems; mit Schweigen, Wegsehen, Ignoranz, Passivität, auch mit einem verbreiteten Antisemitismus der "Zuschauer" auf der anderen Seite des Atlantiks. Diese Tendenz wurde durch einen tiefsitzenden Isolationismus noch verstärkt. Die ganz überwiegende Mehrheit der Amerikaner war in den dreißiger Jahren entschlossen, zu verhindern, dass die Vereinigten Staaten sich nach den Erfahrungen des Ersten Weltkriegs und des Versailler Vertrags noch einmal in Europa militärisch engagierten. Bis zum japanischen Überfall auf Pearl Harbor und bis zur deutschen Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten im Dezember 1941 sprach sich eine Mehrheit der Amerikaner gegen eine Kriegserklärung an Deutschland aus.
Wie konnte es geschehen, so fragen die Historiker, dass in der Präsidentschaft Franklin D. Roosevelts von 1933 bis 1945 die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden nur eine nachrangige Sorge der Politik Washingtons war? Warum ist für verfolgte Juden die Einwanderungsquote nicht erhöht worden? Warum hat Roosevelt in offiziellen Reden und globalen Schreckensszenarien vor Dezember 1941 kein einziges Mal das Schicksal der europäischen Juden thematisiert? Warum gab es besonders im Außenministerium einen verbreiteten Antisemitismus? Warum erwiesen sich selbst die jüdischen Hilfsorganisationen Amerikas als weitgehend hilflos und ineffizient? Warum wurde Auschwitz nicht bombardiert?
In dieser kritischen Tradition steht auch die neue Monographie von Stephen H. Norwood, Geschichtsprofessor an der Universität von Oklahoma, der seinen Doktorgrad an der New Yorker Columbia-Universität erwarb, just an jener Universität, die neben der Harvard-Universität im Zentrum seiner Anklage steht. Für Norwood haben die Nationalsozialisten und das Hitlerregime in den Jahren von 1933 bis 1938 - bis zur sogenannten "Reichskristallnacht" - im Elfenbeinturm amerikanischer Eliteuniversitäten eine viel zu nachsichtige Aufnahme gefunden.
Universitätspräsidenten wie James Bryant Conant von Harvard oder Nicholas Murray Butler von der Columbia-Universität in New York gehören zu den prominentesten "Angeklagten". Gegen erheblichen Protest aus den eigenen Universitäten, der nicht nur zum Boykott deutscher Waren, sondern auch zum Boykott des Verkehrs mit Offiziellen des Dritten Reiches, ja zum Boykott aller akademischen Austauschprogramme aufrief, hielten die beiden Präsidenten an Kontakten zu Offiziellen des "Dritten Reiches" und an transatlantischen Austauschprogrammen fest. Ein besonders umstrittener Fall war die Teilnahme von Amerikanern an der 550-Jahr-Feier der Universität Heidelberg im Jahr 1936, an einem tiefbraunen Festakt in Anwesenheit von Propagandaminister Goebbels. Im Gegensatz dazu weigerten sich alle britischen Universitäten, Abgesandte nach Heidelberg zu senden.
Conant und Butler unterbanden an ihren Universitäten Protestveranstaltungen gegen den Nationalsozialismus; sie sprachen sich nicht öffentlich, wie von ihren Kritikern gefordert, gegen die Entlassung linker, liberaler und jüdischer Wissenschaftler an den deutschen Universitäten aus; sie verhinderten nicht, dass der Auslandspressechef der NSDAP, Ernst Hanfstaengl, als ehemaliger Harvard-Student auf dem Gelände der Universität mit Nazigruß paradierte und der deutsche Botschafter Dr. Hans Luther an der Harvard Law School einen Ehrentitel erhielt.
Präsident Butler hielt Columbia für eine "christliche Institution", er begrenzte den Zugang jüdischer Studenten. Für den Historiker Fritz Stern war Butler ein "heimlicher Anti-Semit". Durch diese und andere Unterlassungen hätten, so der Autor, die beiden Präsidenten das NS-Regime in seiner Anfangsphase "legitimiert". Ein vergleichbares Muster einer naiven Verhaltensweise gegenüber dem Nationalsozialismus entdeckte der Autor in der Politik der berühmten "Sieben Schwestern", der sieben Elite-Colleges für Frauen: Vassar, Smith, Holyoke, Wellesley, Bryn Mawr, Radcliffe und Bernard. Lehrkörper und Studentinnen nahmen weiter mit Enthusiasmus an Austauschprogrammen mit Universitäten im nationalsozialistischen Deutschland teil. Sie verteidigten nach ihrer Rückkehr das "Dritte Reich", wobei sie die nationalsozialistische Propaganda zur Rechtfertigung der Verhältnisse in Deutschland oft ohne Abstriche übernahmen. Während die German Departments an amerikanischen Universitäten, so der Autor, bis 1941 zu Nestern des Nationalsozialismus wurden, flirteten die katholischen Universitäten mit dem Faschismus.
Autor Norwood kontrastiert die Reaktion der Universitätspräsidenten und anderer akademischer Eliten nicht nur mit den Protesten auf dem Campus, sondern auch mit einer weitverbreiteten kritischen Öffentlichkeit. Denn schon im ersten Halbjahr der NS-Herrschaft setzte ein dramatischer Verfall des deutschen Ansehens in den Vereinigten Staaten ein. Unterrichtet von hervorragenden Korrespondenten, die genau über Etappen der Machtbefestigung und Gleichschaltung, Verfolgung und Diskriminierung von Juden, Kommunisten, Sozialisten und Republikanern, Abschaffung der liberalen Grundfreiheiten, Maßnahmen gegen die christlichen Kirchen, die eigentümliche Mischung von Terror, Legalitätstaktik und öffentlicher Begeisterung, den staatlich geförderten Kult der Gewalt, die Bücherverbrennung berichteten, kam ein Teil der öffentlichen Meinung in Amerika schon im Sommer 1933 zu dem Schluss, dass die neue Diktatur eine Gefahr für den Weltfrieden darstelle und die Wirkungen der nationalsozialistischen Revolution nicht auf Deutschland beschränkt blieben.
Es formierte sich eine kritische Bewegung, deren spektakulärer Höhepunkt ein "Scheinverfahren" oder "Schauprozess" (mock trial) im New Yorker Madison Square Garden am 7. März 1934 war, als 20 Zeugen gegen Hitler und den Nationalsozialismus aussagten und 20 000 Menschen daraufhin die deutsche Regierung wegen Verbrechens gegen die Zivilisation verurteilten. Man hätte es also, so das zentrale Argument des Autors, im "Elfenbeinturm" besser wissen können, wenn man es denn besser wissen wollte; wenn die "Angeklagten" eine andere Weltsicht gehabt hätten, als sie es tatsächlich gehabt haben.
Die mehrfach ausgesprochene Hoffnung des Autors, dass eine kritischere Reaktion auf den Nationalsozialismus in den Vereinigten Staaten möglicherweise den Kurs der NS-Politik verändert hätte, hält der Rezensent für eine völlige Verkennung Hitlers und der machtpolitischen Realitäten. Hitler hat in seiner tatsächlichen Politik die Vereinigten Staaten bis zum Münchener Abkommen 1938 ganz, bis zum Überfall auf Polen im September 1939 weitgehend ignoriert. Deshalb konnte Göring im November 1937 sagen, es gäbe Staaten, die mit Deutschland gute, und es gäbe Staaten, die mit Deutschland schlechte Beziehungen hätten; aber zu Washington habe Berlin überhaupt keine Beziehung.
DETLEF JUNKER
Stephen H. Norwood: The Third Reich in the Ivory Tower. Complicity and Conflict on American Campuses. Cambridge University Press, Cambridge 2009. 339 S., 24,61 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Reviews of the hardback: 'Stephen Norwood's groundbreaking research and eloquent pen have added immeasurably to our understanding of how Americans responded to Nazism in the 1930s. The Third Reich in the Ivory Tower reveals a painful but important chapter in our nation's history.' David S. Wyman, author of The Abandonment of the Jews