Travel back through time this Christmas on a tour of a completely different world: England in the Middle Ages.
Imagine you could travel back to the fourteenth century. What would you see, and hear, and smell? Where would you stay? What are you going to eat? And how are you going to test to see if you are going down with the plague?
In The Time Traveller's Guide Ian Mortimer's radical new approach turns our entire understanding of history upside down. History is not just something to be studied; it is also something to be lived, whether that's the life of a peasant or a lord. The result is perhaps the most astonishing history book you are ever likely to read; as revolutionary as it is informative, as entertaining as it is startling.
'Ian Mortimer is the most remarkable medieval historian of our time' The Times
'After The Canterbury Tales this has to be the most entertaining book ever written about the middle ages' Guardian
Imagine you could travel back to the fourteenth century. What would you see, and hear, and smell? Where would you stay? What are you going to eat? And how are you going to test to see if you are going down with the plague?
In The Time Traveller's Guide Ian Mortimer's radical new approach turns our entire understanding of history upside down. History is not just something to be studied; it is also something to be lived, whether that's the life of a peasant or a lord. The result is perhaps the most astonishing history book you are ever likely to read; as revolutionary as it is informative, as entertaining as it is startling.
'Ian Mortimer is the most remarkable medieval historian of our time' The Times
'After The Canterbury Tales this has to be the most entertaining book ever written about the middle ages' Guardian
Frankfurter Allgemeine ZeitungDer Ritter des Kokosnussbechers
Ian Mortimer weiß, wie es sich anfühlt, mit einer Rüstung auf einem Schlachtross in den Kampf zu reiten. Aber was taugt sein Mittelalter-Reiseführer wirklich?
Wenn man Ian Mortimer heißt und von Kindesbeinen an Sonntag für Sonntag den Erzählungen der Erwachsenen von der eigenen Familie lauscht, die bis zu südenglischen Tuchfärbern des achtzehnten Jahrhunderts zurückreichen, malt man sich leicht eine noch viel ältere und vornehmere Herkunft aus; zuerst denkt man an normannische Besatzer im späten elften Jahrhundert, bald an Roger Mortimer, der seiner Geliebten, der Königin Isabella, die Hand zur Ermordung des Herrschers geliehen hatte und nach drei Jahren usurpierter Macht durch Edward III., dessen Sohn, selbst am Galgen endete (1330).
Einmal verstrickt in Geschichte, führt nicht einmal die Erkenntnis der falschen eigenen "Ansippung" wieder aus dem Mittelalter heraus; denn Burgen und Kathedralen warten nur darauf, durch Ians Phantasie mit Menschen belebt zu werden. Und wo das Wissen des Jungen und die Worte seiner Lehrer nicht ausreichen, tun die Schautafeln des "English Heritage" bei den Ruinen das Ihre dazu. Bis heute schlagen den 1967 geborenen Historiker Vergangenheit und Heimat in ihren Bann; in Devon bewohnt er in Moretonhampstead, dem "Tor zum Hochmoor", mit Frau und drei Kindern ein Haus und schreibt in der Fledermausturmkammer Buch für Buch über das vierzehnte Jahrhundert.
Sein erstes Werk widmete er Roger Mortimer, dem "größten Verräter", auf das Biographien der Könige Edward III. und Heinrich IV. folgten. Zwar hatte er sich auch in der Forschung bewährt und 2004 gar einen angesehenen Preis für seine Dissertation über medizinische Sterbehilfe um 1570/1720 gewonnen, sich aber dann gern den Zwängen der Schulwissenschaft entzogen. 2008 erfüllte er sich endlich den lange Jahre gehegten Traum, eine Geschichte des mittelalterlichen Alltags zu schreiben. Sein Buch konzipierte er als einen Reiseführer, bei dem er selbst die Leser zur Teilnahme am Geschehen im Gemäuer der Vergangenheit anleitete, häufig, indem er sie direkt ansprach. Dieses Experiment einer virtuellen Geschichte war so erfolgreich, dass sich die Presse überschlug. Der "Guardian" jubelte, seit den "Canterbury Tales" von Chaucer (1390) habe niemand ein unterhaltsameres Buch über das Mittelalter geschrieben, für die "Times" ist Mortimer "der bemerkenswerteste Mittelalter-Historiker unserer Zeit".
Sollen wir in das Lob einstimmen? Dazu gibt es reichlich Anlass. Mortimer beschreibt nicht einfach die Landschaft, die Menschen in ihren ständischen Bezügen, den "medieval character" (deutsch ungut übersetzt mit "das Wesen des mittelalterlichen Menschen") oder die grundlegenden Aspekte des Alltagslebens, sondern er geht die Leser direkt an: "Wie Sie durch das Königreich reisen; wo Sie Unterkunft finden; was Sie essen und trinken; was sich zum Zeitvertreib unternehmen lässt."
Komplizierte Sachverhalte werden dadurch greifbar: "Die einzigen mechanischen Uhren, denen Sie begegnen werden, sind große Turmuhren in den Glockentürmen von Adelspalästen und manchen großen Klöstern und Kathedralen (...). Es liegt auf der Hand, dass Uhren den Tag ganz anders einteilen, wenn sie im Sommer 18 Stunden Tageslicht und sechs Stunden Nacht messen (und nicht zwölf und zwölf). Deshalb sind zwei Arten von Zeit gleichzeitig in Gebrauch: Uhrzeit und Sonnenzeit. Man muss also unbedingt hour of the clock (das heutige o'clock) dazusagen, wenn man die Uhrzeit meint. Denken Sie daran, dass Uhren die Zeit nicht anzeigen; sie verkünden sie durch Glockenschläge zur vollen Stunde. Sie werden also hören, dass die Leute nicht nur von hours of the clock spechen, sondern auch von hours of the bell."
Mit großer Suggestivkraft vergegenwärtigt der Autor die Lebensweise von Menschen aller Schichten; er schildert also, wie man in einer Ritterrüstung von 45 Kilogramm Gewicht auf einem zehn Zentner schweren Streitross und beim Anreiten mit 65 Stundenkilometern Geschwindigkeit die Lanze mit der Kraft einer halben Tonne auf den Metallschutz ihres Gegners treffen lässt, so dass der von Glück sagen kann, wenn er vom Pferd stürzt, weil ihm sonst sein Kopf vom Leib gerissen würde.
Überrascht wird mancher Leser, dass die meisten Menschen sich wenigstens fünf Mal am Tag die Hände wuschen und sonst, was nötig war, säuberten, wenn sie nicht, wie die Latrinenreiniger von London, den Arbeitstag mit einem Bad in der Themse beschlossen. Durch die Verbreitung des Zuckers nahm im vierzehnten Jahrhundert die Erkrankung der Zähne erheblich zu; die mit Karies verbundenen Schmerzen wurden aber auf winzige Würmer zurückgeführt, die sich angeblich in den Zahnschmelz fraßen und gegen die Myrrhe und Opium empfohlen wurden. Wer sich das nicht leisten konnte, solle "eine Kerze aus Hammelfett, vermischt mit dem Samen von Bärenklau", nehmen und das Licht so nahe wie möglich am Zahn abbrennen, während ein Becken mit kaltem Wasser darunter stehe: "Die Würmer fallen dann ins Wasser herab", lautete die ärztliche Prognose.
Bisweilen sind Mortimers Bilder kaum noch zu ertragen; so schildert er, wie zum Tode Verurteilten nicht nur Organe bei lebendigem Leibe herausgerissen, sondern die verbliebenen inneren Gefäße so abgebunden wurden, dass die Sterbenden noch eine Weile mitansehen konnten, wie die Bestandteile ihres Körpers verbrannt wurden. Den Schwarzen Tod, die Pestwellen seit 1348, führt der Autor mit so intensiver Anteilnahme vor Augen, dass er schließlich abbricht und sich entschuldigt: "Was Sie sehen, ist einfach zu entsetzlich."
Mortimer hat neben kulturgeschichtlichen Abhandlungen und Quellenanthologien auch aus eigenen Studien in "The National Archives" geschöpft, und wo er Wortbedeutungen nachspürt, greift er gern auf das "Oxford English Dictionary", das englische Pendant zum Grimmschen Wörterbuch, zurück. Seiner Findigkeit ist etwa der Hinweis auf elf mittelalterliche Kokosnussbecher zu verdanken oder die Information, dass man Pferde behutsam am Oberschenkel ritzte, um aus dem gewonnenen Lebenssaft Blutwurst zu machen. Dankbar für so viel reiche Belehrung, sieht man Mortimer gern nach, dass er den Gebrauch des Kummets, also des Geschirrs für Pferde vor dem Pflug, viel zu spät datiert.
Gewiss ein eindrucksvolles Buch, aber handelt es sich auch um ein wegweisendes Werk, gar um einen Durchbruch der Geschichtsschreibung? Hier sind doch Zweifel angebracht. Was der Autor leistet, ist die Aneinanderreihung von Bildern der Vergangenheit; jeder Leser wird eine oder zwei dieser Imaginationen in Erinnerung behalten. Aber ein Gesamtpanorama des Alltagslebens lässt sich so nicht erfassen. Dieses Buch öffnet die Augen für das fremde Gegenüber, begünstigt aber nur das Erlebnis für den Augenblick. Nicht der Intellekt, der Fragen an die unbekannte Vergangenheit stellt, wird hier beschäftigt, sondern nur die Sinne werden befriedigt. Der Autor, dem so viel an der Annäherung an die Menschen der Geschichte liegt, versperrt durch die Anlage seines Buches jeden Weg zur Identifikation mit Gestalten, mit denen der Leser wirklich leiden und von denen er nachhaltig lernen könnte.
Schließlich bietet der ganz auf England beschränkte Historiker ein unscharfes Bild seines Jahrhunderts. Obwohl die Könige mit Frankreich den Hundertjährigen Krieg ausfochten, kommt dieser bei Mortimer nicht vor, weil er sich auf dem Boden des Kontinents abgespielt hat; das Problem der Juden in der christlichen Mehrheitsgesellschaft bleibt ausgeklammert, denn die Andersgläubigen waren schon 1290 von der Insel vertrieben worden. Nichts deutet Mortimer auch davon an, dass in ebendiesem Jahrhundert die erste von Europa ausgegangene Globalisierung scheiterte. Dass sich die "Abendländer" nach jahrhundertelanger Siedlung seit 1360 unter dem Druck der Inuit aus Grönland zurückziehen mussten, war ein Problem der Norweger, nicht der Engländer, und ebenso waren die Insulaner wenig betroffen, als der chinesische Kaiser 1371 den letzten westlichen Kaufmann verabschiedete und sich die Handelswege durch Innerasien für die christlichen Westeuropäer nach mehr als 150 Jahren erneut verschlossen.
MICHAEL BORGOLTE
Ian Mortimer: "Im Mittelalter". Handbuch für Zeitreisende. Aus dem Englischen von Karin Schuler. Piper Verlag, München 2014. 429 S., 38 Abb., geb., 22,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ian Mortimer weiß, wie es sich anfühlt, mit einer Rüstung auf einem Schlachtross in den Kampf zu reiten. Aber was taugt sein Mittelalter-Reiseführer wirklich?
Wenn man Ian Mortimer heißt und von Kindesbeinen an Sonntag für Sonntag den Erzählungen der Erwachsenen von der eigenen Familie lauscht, die bis zu südenglischen Tuchfärbern des achtzehnten Jahrhunderts zurückreichen, malt man sich leicht eine noch viel ältere und vornehmere Herkunft aus; zuerst denkt man an normannische Besatzer im späten elften Jahrhundert, bald an Roger Mortimer, der seiner Geliebten, der Königin Isabella, die Hand zur Ermordung des Herrschers geliehen hatte und nach drei Jahren usurpierter Macht durch Edward III., dessen Sohn, selbst am Galgen endete (1330).
Einmal verstrickt in Geschichte, führt nicht einmal die Erkenntnis der falschen eigenen "Ansippung" wieder aus dem Mittelalter heraus; denn Burgen und Kathedralen warten nur darauf, durch Ians Phantasie mit Menschen belebt zu werden. Und wo das Wissen des Jungen und die Worte seiner Lehrer nicht ausreichen, tun die Schautafeln des "English Heritage" bei den Ruinen das Ihre dazu. Bis heute schlagen den 1967 geborenen Historiker Vergangenheit und Heimat in ihren Bann; in Devon bewohnt er in Moretonhampstead, dem "Tor zum Hochmoor", mit Frau und drei Kindern ein Haus und schreibt in der Fledermausturmkammer Buch für Buch über das vierzehnte Jahrhundert.
Sein erstes Werk widmete er Roger Mortimer, dem "größten Verräter", auf das Biographien der Könige Edward III. und Heinrich IV. folgten. Zwar hatte er sich auch in der Forschung bewährt und 2004 gar einen angesehenen Preis für seine Dissertation über medizinische Sterbehilfe um 1570/1720 gewonnen, sich aber dann gern den Zwängen der Schulwissenschaft entzogen. 2008 erfüllte er sich endlich den lange Jahre gehegten Traum, eine Geschichte des mittelalterlichen Alltags zu schreiben. Sein Buch konzipierte er als einen Reiseführer, bei dem er selbst die Leser zur Teilnahme am Geschehen im Gemäuer der Vergangenheit anleitete, häufig, indem er sie direkt ansprach. Dieses Experiment einer virtuellen Geschichte war so erfolgreich, dass sich die Presse überschlug. Der "Guardian" jubelte, seit den "Canterbury Tales" von Chaucer (1390) habe niemand ein unterhaltsameres Buch über das Mittelalter geschrieben, für die "Times" ist Mortimer "der bemerkenswerteste Mittelalter-Historiker unserer Zeit".
Sollen wir in das Lob einstimmen? Dazu gibt es reichlich Anlass. Mortimer beschreibt nicht einfach die Landschaft, die Menschen in ihren ständischen Bezügen, den "medieval character" (deutsch ungut übersetzt mit "das Wesen des mittelalterlichen Menschen") oder die grundlegenden Aspekte des Alltagslebens, sondern er geht die Leser direkt an: "Wie Sie durch das Königreich reisen; wo Sie Unterkunft finden; was Sie essen und trinken; was sich zum Zeitvertreib unternehmen lässt."
Komplizierte Sachverhalte werden dadurch greifbar: "Die einzigen mechanischen Uhren, denen Sie begegnen werden, sind große Turmuhren in den Glockentürmen von Adelspalästen und manchen großen Klöstern und Kathedralen (...). Es liegt auf der Hand, dass Uhren den Tag ganz anders einteilen, wenn sie im Sommer 18 Stunden Tageslicht und sechs Stunden Nacht messen (und nicht zwölf und zwölf). Deshalb sind zwei Arten von Zeit gleichzeitig in Gebrauch: Uhrzeit und Sonnenzeit. Man muss also unbedingt hour of the clock (das heutige o'clock) dazusagen, wenn man die Uhrzeit meint. Denken Sie daran, dass Uhren die Zeit nicht anzeigen; sie verkünden sie durch Glockenschläge zur vollen Stunde. Sie werden also hören, dass die Leute nicht nur von hours of the clock spechen, sondern auch von hours of the bell."
Mit großer Suggestivkraft vergegenwärtigt der Autor die Lebensweise von Menschen aller Schichten; er schildert also, wie man in einer Ritterrüstung von 45 Kilogramm Gewicht auf einem zehn Zentner schweren Streitross und beim Anreiten mit 65 Stundenkilometern Geschwindigkeit die Lanze mit der Kraft einer halben Tonne auf den Metallschutz ihres Gegners treffen lässt, so dass der von Glück sagen kann, wenn er vom Pferd stürzt, weil ihm sonst sein Kopf vom Leib gerissen würde.
Überrascht wird mancher Leser, dass die meisten Menschen sich wenigstens fünf Mal am Tag die Hände wuschen und sonst, was nötig war, säuberten, wenn sie nicht, wie die Latrinenreiniger von London, den Arbeitstag mit einem Bad in der Themse beschlossen. Durch die Verbreitung des Zuckers nahm im vierzehnten Jahrhundert die Erkrankung der Zähne erheblich zu; die mit Karies verbundenen Schmerzen wurden aber auf winzige Würmer zurückgeführt, die sich angeblich in den Zahnschmelz fraßen und gegen die Myrrhe und Opium empfohlen wurden. Wer sich das nicht leisten konnte, solle "eine Kerze aus Hammelfett, vermischt mit dem Samen von Bärenklau", nehmen und das Licht so nahe wie möglich am Zahn abbrennen, während ein Becken mit kaltem Wasser darunter stehe: "Die Würmer fallen dann ins Wasser herab", lautete die ärztliche Prognose.
Bisweilen sind Mortimers Bilder kaum noch zu ertragen; so schildert er, wie zum Tode Verurteilten nicht nur Organe bei lebendigem Leibe herausgerissen, sondern die verbliebenen inneren Gefäße so abgebunden wurden, dass die Sterbenden noch eine Weile mitansehen konnten, wie die Bestandteile ihres Körpers verbrannt wurden. Den Schwarzen Tod, die Pestwellen seit 1348, führt der Autor mit so intensiver Anteilnahme vor Augen, dass er schließlich abbricht und sich entschuldigt: "Was Sie sehen, ist einfach zu entsetzlich."
Mortimer hat neben kulturgeschichtlichen Abhandlungen und Quellenanthologien auch aus eigenen Studien in "The National Archives" geschöpft, und wo er Wortbedeutungen nachspürt, greift er gern auf das "Oxford English Dictionary", das englische Pendant zum Grimmschen Wörterbuch, zurück. Seiner Findigkeit ist etwa der Hinweis auf elf mittelalterliche Kokosnussbecher zu verdanken oder die Information, dass man Pferde behutsam am Oberschenkel ritzte, um aus dem gewonnenen Lebenssaft Blutwurst zu machen. Dankbar für so viel reiche Belehrung, sieht man Mortimer gern nach, dass er den Gebrauch des Kummets, also des Geschirrs für Pferde vor dem Pflug, viel zu spät datiert.
Gewiss ein eindrucksvolles Buch, aber handelt es sich auch um ein wegweisendes Werk, gar um einen Durchbruch der Geschichtsschreibung? Hier sind doch Zweifel angebracht. Was der Autor leistet, ist die Aneinanderreihung von Bildern der Vergangenheit; jeder Leser wird eine oder zwei dieser Imaginationen in Erinnerung behalten. Aber ein Gesamtpanorama des Alltagslebens lässt sich so nicht erfassen. Dieses Buch öffnet die Augen für das fremde Gegenüber, begünstigt aber nur das Erlebnis für den Augenblick. Nicht der Intellekt, der Fragen an die unbekannte Vergangenheit stellt, wird hier beschäftigt, sondern nur die Sinne werden befriedigt. Der Autor, dem so viel an der Annäherung an die Menschen der Geschichte liegt, versperrt durch die Anlage seines Buches jeden Weg zur Identifikation mit Gestalten, mit denen der Leser wirklich leiden und von denen er nachhaltig lernen könnte.
Schließlich bietet der ganz auf England beschränkte Historiker ein unscharfes Bild seines Jahrhunderts. Obwohl die Könige mit Frankreich den Hundertjährigen Krieg ausfochten, kommt dieser bei Mortimer nicht vor, weil er sich auf dem Boden des Kontinents abgespielt hat; das Problem der Juden in der christlichen Mehrheitsgesellschaft bleibt ausgeklammert, denn die Andersgläubigen waren schon 1290 von der Insel vertrieben worden. Nichts deutet Mortimer auch davon an, dass in ebendiesem Jahrhundert die erste von Europa ausgegangene Globalisierung scheiterte. Dass sich die "Abendländer" nach jahrhundertelanger Siedlung seit 1360 unter dem Druck der Inuit aus Grönland zurückziehen mussten, war ein Problem der Norweger, nicht der Engländer, und ebenso waren die Insulaner wenig betroffen, als der chinesische Kaiser 1371 den letzten westlichen Kaufmann verabschiedete und sich die Handelswege durch Innerasien für die christlichen Westeuropäer nach mehr als 150 Jahren erneut verschlossen.
MICHAEL BORGOLTE
Ian Mortimer: "Im Mittelalter". Handbuch für Zeitreisende. Aus dem Englischen von Karin Schuler. Piper Verlag, München 2014. 429 S., 38 Abb., geb., 22,99 [Euro].
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Superbly lively and filled with telling anecdote. The Big Issue in the North