In T.C. Boyles Roman „The Tortilla Curtain“ stehen zwei völlig gegensätzliche Paare im Mittelpunkt des Geschehens: Delaney und Kyra Mossbacher aus der gehobenen Mittelschicht, die in einer perfekten Vorstadtsiedlung von Los Angeles wohnen, und die illegalen mexikanischen Einwanderer Cándido und
América, die in dem benachbarten Canyon hausen und sich mit schlecht bezahlten Schwarzmarkt-Jobs über…mehrIn T.C. Boyles Roman „The Tortilla Curtain“ stehen zwei völlig gegensätzliche Paare im Mittelpunkt des Geschehens: Delaney und Kyra Mossbacher aus der gehobenen Mittelschicht, die in einer perfekten Vorstadtsiedlung von Los Angeles wohnen, und die illegalen mexikanischen Einwanderer Cándido und América, die in dem benachbarten Canyon hausen und sich mit schlecht bezahlten Schwarzmarkt-Jobs über Wasser halten. Die einen leben den amerikanischen Traum, die anderen wollen unbedingt daran teilhaben. Nachdem sich die Wege von Delaney und Cándido erstmals kreuzen – der Kalifornier fährt den Mexikaner an und verletzt ihn – geht es für beide bergab. Doch während sich Delaney darüber ärgert, dass z.B. sein Auto geklaut wird oder Kojoten über den Gartenzaun springen und sein Hündchen schnappen, geht es bei Cándido ums nackte Überleben: Hunger, Gewalt und Verlust der wenigen Ersparnisse.
Die Geschichte wird abwechselnd aus der Sicht der Mossbachers und der Rincóns erzählt. Da die Dialoge zwischen Cándido und América auf Spanisch wiedergegeben werden schadet es für die Lektüre nicht, auch Grundkenntnisse in dieser Sprache zu haben. Durch den Perspektivenwechsel werden die völlig unterschiedlichen Lebenswelten der beiden Paare noch deutlicher. Die erbärmliche Lage der illegalen Einwanderer, die als billige Arbeitskräfte ausgenutzt werden und oft nur vom Müll der Wohlstandssiedlungen leben können, wird von den Bewohnern dieser „weißen“ Vororte verschoben wahrgenommen. Tatsächlich erleben sie die Einwanderer als Bedrohung und mauern sich in „gated communities“ ein – besonders schön wird die Paranoia durch Delaneys Wandel vom scheinbar liberalen Humanisten zum erbitterten Gegner der Einwanderer dargestellt. Dabei beschönigt T.C. Boyle nichts und zeigt anhand weiterer Figuren, dass die Angst vor kriminellen Elementen teilweise durchaus berechtigt ist. Ein brillant geschriebener, sozialkritischer Roman, der mich beim Lesen gefesselt, tief bewegt und teilweise verstört hat. T.C. Boyle bietet keine einfachen Lösungen der gnadenlos geschilderten Probleme an, legt aber den Finger in die Wunde und regt zum Nachdenken an.