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James Graham Wilson takes a long view of the end of the Cold War, from the Soviet invasion of Afghanistan in December 1979 to Operation Desert Storm in January 1991.

Produktbeschreibung
James Graham Wilson takes a long view of the end of the Cold War, from the Soviet invasion of Afghanistan in December 1979 to Operation Desert Storm in January 1991.
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Autorenporträt
James Wilson
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.07.2014

Hoch lebe die Improvisation!
Ronald Reagan, Michail Gorbatschow und das Ende des Kalten Krieges

Wie kam es, dass der Kalte Krieg in nur wenigen Jahren überwunden wurde? Manche glauben, die Entspannung sei von rationalem Kalkül und politischen Interessen gesteuert worden. Die Sowjetunion sei ökonomisch am Ende gewesen und habe im Rüstungswettlauf nicht mehr bestehen können, deshalb hätten die Kommunisten kapituliert. Solche Argumente unterstellen, Politik sei stets nur die Erfüllung rationaler Planung. Aber hätte die Sowjetunion nicht auch als Diktatur, als militärische Regionalmacht und als Gegner des westlichen Bündnisses überleben können? Was wäre geschehen, wenn nicht Gorbatschow, sondern ein Konservativer die Macht übernommen hätte? Manche Entscheidungen ergeben sich aus Zufällen, aus Situationen, in denen Politiker Entscheidungen treffen, die andere nicht getroffen hätten. Und deshalb erzählt James Wilson das Ende des Kalten Krieges als eine Geschichte der Improvisation. Die Hauptrollen in dieser Geschichte spielen Ronald Reagan und Michail Gorbatschow.

Als Ronald Reagan ins Amt kam, ahnte niemand, dass nur wenige Jahre später der Kalte Krieg zu Ende sein würde. Wilson portraitiert den amerikanischen Präsidenten als einen Politiker, der in der öffentlichen Meinung verkannt worden sei. Als hirnlosen Cowboy und Kalten Krieger habe man ihn verhöhnt. In Wahrheit aber sei er ein Mann des Friedens gewesen, der Stärke demonstrierte, weil er die sowjetische Regierung an den Verhandlungstisch zwingen wollte. Aus dieser Perspektive müsse auch das Raketenabwehrprogramm "SDI" in neuem Licht gesehen werden. Reagan habe nicht nur die Vereinigten Staaten vor der Bedrohung durch Atomraketen bewahren wollen, schreibt Wilson. Er habe der sowjetischen Regierung sogar angeboten, das Raketenabwehrsystem mit ihr zu teilen. In Moskau aber habe man den Versicherungen eines Präsidenten, der die Sowjetunion als "Reich des Bösen" bezeichnet hatte, nicht glauben wollen.

Warum aber setzte sich die Entspannung erst in der Mitte der achtziger Jahre durch, obwohl Reagan sie doch anstrebte? Weil auf beiden Seiten zu Anfang noch die Falken in allen wichtigen Fragen das letzte Wort behalten hätten, sagt Wilson. Andrei Gromyko, der sowjetische Außenminister, habe sich ein Ende der Konfrontation überhaupt nicht vorstellen können und jeden Vorschlag, der von der amerikanischen Regierung unterbreitet worden sei, für einen Betrugsversuch gehalten.

Das Misstrauen der sowjetischen Regierung beruhte keineswegs auf Einbildung. Weder Außenminister Alexander Haig noch Verteidigungsminister Caspar Weinberger hatten je den geringsten Zweifel an ihrer antikommunistischen Haltung gelassen, und sie glaubten, die Sowjetunion werde von gottlosen Gewalttätern regiert, denen man nicht trauen dürfe. Es war der Russland-Historiker Richard Pipes, der ihnen einredete, was sie hören wollten: dass die Sowjetunion Afghanistan erobert habe, um an den Indischen Ozean vorzustoßen, dass in Russland individuelle Freiheit und Privateigentum immer schon verachtet worden seien, dass der Kommunismus auch sieben Jahrzehnte nach der Revolution noch nach der Weltherrschaft greifen wolle und dass totalitäre Systeme sich nicht verändern könnten. Man werde mit Verhandlungen nichts erreichen, glaubte Weinberger zu wissen. Und deshalb müsse die Sowjetunion durch Stärke bezwungen werden. Auch Reagan habe den Kommunismus für eine "Seuche" gehalten, er sei von der Überlegenheit des freien Marktes und des amerikanischen Lebensstils überzeugt gewesen. Aber im Unterschied zu anderen Konservativen, so Wilson, habe er erkannt, dass der "Kreuzzug für die Freiheit" dem Wunsch nach Entspannung und Abrüstung widersprach. Nur durch gegenseitiges Vertrauen würde es gelingen, den Frieden zu bewahren. Deshalb musste die Rhetorik des Krieges der Sprache des Dialogs weichen.

Reagan habe sein wahres Gesicht erst zeigen können, als er sich von Haig und Pipes getrennt und den Wirtschaftswissenschafter George Shultz zum Außenminister ernannt habe, schreibt Wilson. Shultz sei ein Pragmatiker, kein Ideologe gewesen, und er habe Washingtons Außenpolitik an Möglichkeiten, nicht an Wünschen ausgerichtet. Die Sowjetunion befand sich in einer ökonomischen Krise, Polen hatte sich aus dem Machtbereich des sowjetischen Imperiums herausgelöst, und es schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein, bis in Moskau die Segel gestrichen wurden. Reagan und Shultz verbanden die Abrüstungsverhandlungen mit der Hoffnung, dass die sowjetische Regierung ihr Land durch politische und soziale Reformen aus der Krise führen werde. Wenn erst die Sorgen der Bevölkerung und nicht die Beherrschung der Welt zur Priorität geworden sei, werde die Sowjetunion nicht mehr länger eine Gefahr für die freie Welt sein, glaubten Reagan und seine Berater.

Es war ein glücklicher Zufall, dass Gorbatschow, der 1985 zum Generalsekretär ernannt wurde, über die Wirklichkeit ebenso dachte wie seine Widersacher. Für ihn gab es überhaupt keinen Zweifel, dass die Sowjetunion aus wirtschaftlichen Gründen das Wettrüsten beenden musste. Bisher hatte die Sowjetunion nicht nur ihre Aufrüstung, sondern auch die Einfuhr von Getreide durch den Export von Rohstoffen finanziert. Als der Ölpreis sank, stand die Versorgung der Bevölkerung auf dem Spiel. Ohne politische und ökonomische Reformen, glaubte Gorbatschow, werde die Sowjetunion nicht überleben. Er beendete die Intervention in Afghanistan, gab den Ländern Ostmitteleuropas Freiheit und Souveränität zurück und versuchte, marktwirtschaftliche Strukturen auch im eigenen Land zu verankern.

Gorbatschow und Außenminister Eduard Schewardnadse waren Politiker, die es zuvor in der Sowjetunion niemals gegeben hatte. Sie verstanden es, sich auf internationalem Parkett zu bewegen, sie scherzten und lachten, gaben ihrem Land ein freundliches Image. Was immer Gorbatschow auch gesagt haben mochte, man glaubte es ihm erst, als man ihn sprechen hörte und lachen sah. Als der Generalsekretär zum ersten Mal in die Vereinigten Staaten reiste, gewann er im Nu die Herzen der Amerikaner. Das Eis war geschmolzen, schreibt Wilson, aus Feinden seien Partner geworden, weil Reagan und seine Berater nicht länger übersehen konnten, dass von der Sowjetunion keine Gefahr für den Frieden mehr ausging. Noch 1983 hatte Reagan vom "Reich des Bösen" gesprochen, als er 1988 nach Moskau reiste, wollte er davon schon nichts mehr hören. Ohne Gorbatschow und Reagan, so Wilson, hätte es diese Verständigung nicht gegeben.

Was lernen wir aus dieser Geschichte? Dass Entscheidungen aus Situationen entstehen, dass Politik Improvisation und nicht Planung ist und dass Politiker die Gunst der Stunde nutzen müssen, um durchzusetzen, was sie sich vorgenommen haben. Eigentlich weiß jeder, der bei Verstand ist, dass Politik ein offenes Spiel mit Möglichkeiten ist. Aber wem schadet es, wenn Historiker aufschreiben, was die Leser schon wissen?

JÖRG BABEROWSKI

James Graham Wilson: The Triumph of Improvisation. Gorbachev's Adaptability, Reagan's Engagement, and the End of the Cold War. Cornell University Press, Ithaca 2014. 264 S., 29,95 $.

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