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Warum haben wir so oft Zweifel, ob wir gut genug sind?
Was bedeutet bedingungslose Liebe?
Warum bauen wir uns manchmal unsere eigenen Käfige?
In ihrem bisher wohl persönlichsten Buch erzählt Brianna Wiest ehrlich und verletzlich von ihrer eigenen Suche - ihren Schwierigkeiten, Kämpfen und Entscheidungen. In 40 Essays schreibt sie über so große Themen wie die Kunst des Loslassens oder die Bedeutung des Unbewussten für unser Leben, und lässt uns an ihrem Weg zu mehr Selbstakzeptanz teilhaben. Dabei zeigt sie warm und sensibel, dass alles eine Frage der Perspektive ist - unserer…mehr

Produktbeschreibung
Warum haben wir so oft Zweifel, ob wir gut genug sind?

Was bedeutet bedingungslose Liebe?

Warum bauen wir uns manchmal unsere eigenen Käfige?

In ihrem bisher wohl persönlichsten Buch erzählt Brianna Wiest ehrlich und verletzlich von ihrer eigenen Suche - ihren Schwierigkeiten, Kämpfen und Entscheidungen. In 40 Essays schreibt sie über so große Themen wie die Kunst des Loslassens oder die Bedeutung des Unbewussten für unser Leben, und lässt uns an ihrem Weg zu mehr Selbstakzeptanz teilhaben. Dabei zeigt sie warm und sensibel, dass alles eine Frage der Perspektive ist - unserer Perspektive! Dieses Buch ist eine wahre Fundgrube für alle, die sich nach Antworten, Trost und hin und wieder auch ein bisschen Liebe sehnen.
Autorenporträt
Brianna Wiest ist die Autorin des SPIEGEL-Nummer-1-Bestsellers '101 Essays, die dein Leben verändern werden' und 'The Mountain Is You'. Sie schreibt unter anderem für Forbes und The Huffington Post über Achtsamkeit, Spiritualität und Selbstverbesserung. Mit ihren Texten und Büchern will sie Menschen helfen, ihr Potenzial zu aktivieren und ein wahrhaftiges Leben zu führen. 
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Rezensentin Marlene Knobloch möchte eigentlich einmal tief durchatmen und diesem Millennial-Ratgeber eine Chance geben, kann dann aber scheinbar doch nicht anders als das Buch zu verreißen. Im Autoritätsanspruch mittlerweile gen "Jesus" tendierend, lege die US-amerikanische Jungautorin (auf Social Media gefeiert, von der US-Presse bisher ignoriert, vermerkt Knobloch) ein weiteres Mal einen Ratgeber zur schnellstmöglichen Glückserlangung vor - für die Kritikerin ist das aber ein einziges pseudo-spirituelles Geschwafel. "Du bekommst, was du benötigst. Es ist eine größere Kraft am Werk", zitiert sie etwa stöhnend. Das eigentlich Erschreckende an diesem an sich harmlosen Unsinn ist für die Kritikerin aber die "tief vereinzelnde, neoliberalistische" Grundhaltung dieser "Happiness-Predigt": In Wiests Logik - die sich bestens verkauft - ist das eigene Glück oder Unglück gänzlich auf die eigene Einstellung zurückzuführen, und auch anderweitig bewege man sich keinen Zentimeter aus der eigenen "Umlaufbahn". Dass das keine Haltung ist, die in irgendeiner Weise in der aktuellen gesellschaftspolitischen Situation hilfreich sein kann, ist für Knobloch offensichtlich.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.02.2024

Nehmt
euch
in Acht
Nach dem Superbestseller „101 Essays,
die dein Leben verändern werden“ liefert
Selfcare-Göttin Brianna Wiest in ihrem
neuen Buch die Wahrheit über alles.
Die Schäden dürften verheerend sein.
VON MARLENE KNOBLOCH
Natürlich ist es leicht, sich im Feuilleton über Ratgeber lustig zu machen. Der einzig richtige Ratgeber heißt bekanntlich die „Kritik der reinen Vernunft“, und hätte sich die Menschheit bitte einmal auf einen harten Stuhl in einem kahlen Raum gesetzt und ein paar Wochen Kant gelesen, wir wären heute so viel weiter und würden Angst nicht ständig mit Moral verwechseln. Aber die Leute lesen nicht auf harten Stühlen, sondern auf weißen Bettlaken oder Picknickdecken neben einer Schale Erdbeeren. Sie lesen nicht Emmanuel Kant, sie lesen Brianna Wiest. Und an dieser Stelle muss der Feuilletonist einfach mal tief durchatmen und das akzeptieren. „Blühe, wo du verwurzelt bist“, genau, ja, schon ist es besser.
Brianna Wiest ist das erstaunlichste Sachbuch-Phänomen des vergangenen Jahres. Ihre Bücher verkauften sich mehr als eine Million Mal, wochenlang stand ihr Ratgeber „101 Essays, die dein Leben verändern werden“ auf der Spiegel-Bestsellerliste. Während der Pandemie entwickelte sich das Buch zum Social-Media-Hit, auf Instagram hat sie über 800 000 Follower. Von der US- Kritik wird sie allerdings eisern ignoriert, oder die NYT-Rezensenten haben nach dem Lesen ihrer Bücher den Job gekündigt, um zu tun, was sie wirklich tun wollen. Die 31-jährige Autorin hat seit 2018 sechs Bücher veröffentlicht, die sich den Titeln zufolge graduell steigern in ihrem Autoritätsanspruch. Während man „Zeit für inneres Wachstum“ noch als freundliche Ermunterung deuten kann, überspringt Wiest jedes erkenntnistheoretische Ringen und verabschiedet sich mit ihrem neuen Buch direkt Richtung Jesus: „The Truth About Everything“. Die Wahrheit über alles, knackige 120 Seiten. Die Schäden dürften irreparabel sein.
Man muss nicht wie Kant 57 Jahre lang warten, bis man sein Lebenswerk niederschreibt, aber bei einem Großprojekt wie „Wahrheit über alles“ hätte eine Rückzugsphase vielleicht Gröberes verhindert. Zumal es eine wahnsinnige Nachfrage nach Wiests Lifestyle-Ratschlägen gibt. Auf Tiktok werden Videos, in denen junge Frauen in Sport-Tops eine Zeile aus ihrem Buch vorlesen, über 150 000 Mal angesehen. Wie Wiest schreibt und wie sie rezipiert wird, hat etwas Ersatz-Religiöses, wirrer Bibel-Sound trifft meditierhungrige Masse, und man fragt sich, ob das so eine gute Idee war, Gott abzuschaffen, seitdem glauben die Leute wirklich an alles Mögliche, vor allem leider an sich selbst. „The Truth About Everything – So erkennst du dein wahres Ich“ will in 40 „Essays“ die großen menschlichen Fragen, Selbstakzeptanz, die Bedeutung des Unbewussten und die Liebe erklären. Wiest schreibe dieses Buch, damit sie anderen „Linderung und Erleichterung bringen kann“. Das alles klingt manchmal, als hätte jemand einer Strick-Influencerin LSD in den Yogitee gekippt. „Du bekommst, was du benötigst. Es ist eine größere Kraft am Werk, über die wir Theorien aufstellen, die wir aber nicht vollends begreifen können. Und vielleicht muss es genau so sein.“ Wir verlieren die Fähigkeit „zu staunen“, weil wir – natürlich – „ausgebrannt“ sind. Irgendwie hat einem das alles schon ein Barfuß-Hippie morgens um vier auf einer WG-Party erzählt (und dann das letzte Weißbrot aufgegessen). Fängt sie in einem Satz einen Gedanken zur Schwingungsfrequenz an, die uns etwas Großes über das Leben sagen soll, sagt sie im nächsten, man solle ein Blatt anschauen. „Du wirst bemerken, dass es Adern hat, die genau wie unsere aussehen. Wir sind alle eins.“ Was, wenn man eine Kakerlake angeschaut hätte? Oder ein Borstenschwein? Und wie meint sie das, wir sind alle eins, auch Björn Höcke und die Taliban? Und was war jetzt mit den Schwingungen?
Das alles wäre harmlos, wenn sich jemand ein paar Tipps von der Seele geschrieben hätte, schaut, hab ein bisschen rumgedacht, das hab ich im Leben gelernt, viel Spaß damit, hab euch lieb. Aber es steht nicht nur zu befürchten, dass bald sämtliche Millennials ihre Beraterjobs kündigen und die Fensterbretter dieser Welt mit Töpferei und Gedichtbänden vollgestellt werden („Du hast keine Karriere, du hast ein Leben. Leb es“). Nein, Wiests tief vereinzelnde, neoliberalistische Happiness-Predigt ist grenzgefährlich.
Denn alles, was im Wiest-Universum geschieht, ist auf sich selbst zurückzuführen. „Auf diese Weise erschaffst du alles, was geschehen wird“, schreibt sie. Oder: „Ändere dein Denken, dann änderst du dein Leben.“ Irgendwann schreibt sie mit passiv-aggressivem Unterton: „Rede dir nicht ein, dass es anders wäre; du wirst ganz allein den Preis dafür zahlen müssen.“ Und: „Du bist für alles mit verantwortlich.“ Sie fände es aufregend, „die Gestalterin ihres Lebens“ zu sein. Abgesehen davon, dass sich eine alleinerziehende Mutter am Fabrikfließband in Wiests Logik selbststrafend für ihre Situation verantwortlich fühlen muss oder Post-Covid-Patienten sich aus ihrem Loch selbst rausdenken müssen, zurrt diese Pseudophilosophie die sowieso schon eng auf sich abgesteckten To-do-Pläne ihrer Leserschaft noch enger an die eigene Umlaufbahn. Es ist schamlos auf Hyperindividualisten geeichte Selbstoptimierung.
Zum einen scheint niemand in dieser ganzen Wie-fülle-ich-am-nicesten-mein-Leben-Logik zu kapieren, wie anstrengend diese Alleinverantwortung ist. Ständig fragt man sich, was man zu essen bestellt, ob man nach links swipen oder Schluss machen soll („Wenn du auch nur ein kleines bisschen zweifelst, geh“). Es reicht nicht, einen Partner zu haben, der dich von deiner Weisheitszahn-OP abholt, sondern es muss „eine bedingungslose, lebensverändernde, bewusstseinsverändernde, wahnsinnig leidenschaftliche, manchmal außergewöhnlich schwierige und dennoch einfach schier extreme Liebe“ sein, „mit der du dich mit jeder Faser deines Herzens verbunden fühlst“. Lauf, geh, dieser Jemand ist gerade da draußen, während DU gerade die Zeitung neben dem Falschen liest. DU bist schuld, falls du dein Leben lang mit dem Falschen zusammen warst. Jetzt kann man einwenden: Aber wenn sie den Leuten, die ihre Bücher kaufen, doch hilft? Gegenfrage: Wozu?
Folgt man Wiests Logik, verhilft sie exakt dem Einzelnen in seiner einzelnen Welt mit seiner einzelnen Sicht. Ihr Denken isoliert gegen gemeinsame Vergangenheitsbezüge, gegen Weltgeschehen. Große gemeinsame Ideen? Eine äußere Welt, in die man eingebettet ist? Demokratie, Moral, Systemfragen, also Dinge, über die man wirklich mal gern die Wahrheit über alles wissen würde, haben in dieser Glücksjagd keinen Platz. Jeder Fremdeinfluss hat einen Zweck, was Wiest in sich um Moraldefinitionen herumwindenden Sätzen formuliert wie: „Es liegt etwas ungemein Lohnendes im Dienst an deinen Mitmenschen. Er hat das Potenzial, deinem Leben einen neuen Sinn zu verleihen, indem es nicht nur einem Selbstzweck dient.“ Aber jede Nachbarschaftshilfe, jedes ehrenamtliche Engagement verlieren den moralischen Wert, sobald sie zum Zweck werden oder in Wiests Sprache zu „Potenzial“. Was diese Welt nicht braucht, sind noch mehr verwirrte Millennials, die sich den ganzen Tag ihren Kopf darüber zerbrechen, wie sie geschmeidig zum Glück kommen und etwas Kreatives machen können. Sondern wie man als Gesellschaft gemeinsam halbwegs nicht-depressiv durch diese Zeit kommt.
Die New Yorker Ratgeberin und tatsächliche Essayistin Fran Lebowitz hat dafür mal diesen Rat formuliert: „Wenn Sie den brennenden, rastlosen Drang verspüren, zu malen oder zu schreiben – essen Sie einfach etwas Süßes, das Gefühl wird vorübergehen.“ Lebovitz hat seit Jahren eine Schreibblockade, aber das macht nichts. Die Wahrheit hält sich ewig.
Demokratie und
Moral haben
hier keinen Platz
Ihre Bücher
verkauften sich mehr
als eine Million Mal
Brianna Wiest: The Truth About Everything.
Aus dem Englischen
von Renate Graßtat. Piper, München 2024. 128 Seiten, 18 Euro.
„Ändere dein Denken, dann änderst du dein Leben. Und auf diese Weise erschaffst du alles, was geschehen wird.“ Autorin Brianna Wiest hat für alle Lebensfragen eine Lösung, meist aber führt die in die endgültige Vereinzelung.
Foto: The Delaurus
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Eine zarte, inspirierende und angenehm kluge Ratgeberlektüre.« Judith Leopold Österreich 20240224
Nehmt
euch
in Acht

Nach dem Superbestseller „101 Essays,
die dein Leben verändern werden“ liefert
Selfcare-Göttin Brianna Wiest in ihrem
neuen Buch die Wahrheit über alles.
Die Schäden dürften verheerend sein.

VON MARLENE KNOBLOCH

Natürlich ist es leicht, sich im Feuilleton über Ratgeber lustig zu machen. Der einzig richtige Ratgeber heißt bekanntlich die „Kritik der reinen Vernunft“, und hätte sich die Menschheit bitte einmal auf einen harten Stuhl in einem kahlen Raum gesetzt und ein paar Wochen Kant gelesen, wir wären heute so viel weiter und würden Angst nicht ständig mit Moral verwechseln. Aber die Leute lesen nicht auf harten Stühlen, sondern auf weißen Bettlaken oder Picknickdecken neben einer Schale Erdbeeren. Sie lesen nicht Emmanuel Kant, sie lesen Brianna Wiest. Und an dieser Stelle muss der Feuilletonist einfach mal tief durchatmen und das akzeptieren. „Blühe, wo du verwurzelt bist“, genau, ja, schon ist es besser.

Brianna Wiest ist das erstaunlichste Sachbuch-Phänomen des vergangenen Jahres. Ihre Bücher verkauften sich mehr als eine Million Mal, wochenlang stand ihr Ratgeber „101 Essays, die dein Leben verändern werden“ auf der Spiegel-Bestsellerliste. Während der Pandemie entwickelte sich das Buch zum Social-Media-Hit, auf Instagram hat sie über 800 000 Follower. Von der US- Kritik wird sie allerdings eisern ignoriert, oder die NYT-Rezensenten haben nach dem Lesen ihrer Bücher den Job gekündigt, um zu tun, was sie wirklich tun wollen. Die 31-jährige Autorin hat seit 2018 sechs Bücher veröffentlicht, die sich den Titeln zufolge graduell steigern in ihrem Autoritätsanspruch. Während man „Zeit für inneres Wachstum“ noch als freundliche Ermunterung deuten kann, überspringt Wiest jedes erkenntnistheoretische Ringen und verabschiedet sich mit ihrem neuen Buch direkt Richtung Jesus: „The Truth About Everything“. Die Wahrheit über alles, knackige 120 Seiten. Die Schäden dürften irreparabel sein.

Man muss nicht wie Kant 57 Jahre lang warten, bis man sein Lebenswerk niederschreibt, aber bei einem Großprojekt wie „Wahrheit über alles“ hätte eine Rückzugsphase vielleicht Gröberes verhindert. Zumal es eine wahnsinnige Nachfrage nach Wiests Lifestyle-Ratschlägen gibt. Auf Tiktok werden Videos, in denen junge Frauen in Sport-Tops eine Zeile aus ihrem Buch vorlesen, über 150 000 Mal angesehen. Wie Wiest schreibt und wie sie rezipiert wird, hat etwas Ersatz-Religiöses, wirrer Bibel-Sound trifft meditierhungrige Masse, und man fragt sich, ob das so eine gute Idee war, Gott abzuschaffen, seitdem glauben die Leute wirklich an alles Mögliche, vor allem leider an sich selbst. „The Truth About Everything – So erkennst du dein wahres Ich“ will in 40 „Essays“ die großen menschlichen Fragen, Selbstakzeptanz, die Bedeutung des Unbewussten und die Liebe erklären. Wiest schreibe dieses Buch, damit sie anderen „Linderung und Erleichterung bringen kann“. Das alles klingt manchmal, als hätte jemand einer Strick-Influencerin LSD in den Yogitee gekippt. „Du bekommst, was du benötigst. Es ist eine größere Kraft am Werk, über die wir Theorien aufstellen, die wir aber nicht vollends begreifen können. Und vielleicht muss es genau so sein.“ Wir verlieren die Fähigkeit „zu staunen“, weil wir – natürlich – „ausgebrannt“ sind. Irgendwie hat einem das alles schon ein Barfuß-Hippie morgens um vier auf einer WG-Party erzählt (und dann das letzte Weißbrot aufgegessen). Fängt sie in einem Satz einen Gedanken zur Schwingungsfrequenz an, die uns etwas Großes über das Leben sagen soll, sagt sie im nächsten, man solle ein Blatt anschauen. „Du wirst bemerken, dass es Adern hat, die genau wie unsere aussehen. Wir sind alle eins.“ Was, wenn man eine Kakerlake angeschaut hätte? Oder ein Borstenschwein? Und wie meint sie das, wir sind alle eins, auch Björn Höcke und die Taliban? Und was war jetzt mit den Schwingungen?

Das alles wäre harmlos, wenn sich jemand ein paar Tipps von der Seele geschrieben hätte, schaut, hab ein bisschen rumgedacht, das hab ich im Leben gelernt, viel Spaß damit, hab euch lieb. Aber es steht nicht nur zu befürchten, dass bald sämtliche Millennials ihre Beraterjobs kündigen und die Fensterbretter dieser Welt mit Töpferei und Gedichtbänden vollgestellt werden („Du hast keine Karriere, du hast ein Leben. Leb es“). Nein, Wiests tief vereinzelnde, neoliberalistische Happiness-Predigt ist grenzgefährlich.

Denn alles, was im Wiest-Universum geschieht, ist auf sich selbst zurückzuführen. „Auf diese Weise erschaffst du alles, was geschehen wird“, schreibt sie. Oder: „Ändere dein Denken, dann änderst du dein Leben.“ Irgendwann schreibt sie mit passiv-aggressivem Unterton: „Rede dir nicht ein, dass es anders wäre; du wirst ganz allein den Preis dafür zahlen müssen.“ Und: „Du bist für alles mit verantwortlich.“ Sie fände es aufregend, „die Gestalterin ihres Lebens“ zu sein. Abgesehen davon, dass sich eine alleinerziehende Mutter am Fabrikfließband in Wiests Logik selbststrafend für ihre Situation verantwortlich fühlen muss oder Post-Covid-Patienten sich aus ihrem Loch selbst rausdenken müssen, zurrt diese Pseudophilosophie die sowieso schon eng auf sich abgesteckten To-do-Pläne ihrer Leserschaft noch enger an die eigene Umlaufbahn. Es ist schamlos auf Hyperindividualisten geeichte Selbstoptimierung.

Zum einen scheint niemand in dieser ganzen Wie-fülle-ich-am-nicesten-mein-Leben-Logik zu kapieren, wie anstrengend diese Alleinverantwortung ist. Ständig fragt man sich, was man zu essen bestellt, ob man nach links swipen oder Schluss machen soll („Wenn du auch nur ein kleines bisschen zweifelst, geh“). Es reicht nicht, einen Partner zu haben, der dich von deiner Weisheitszahn-OP abholt, sondern es muss „eine bedingungslose, lebensverändernde, bewusstseinsverändernde, wahnsinnig leidenschaftliche, manchmal außergewöhnlich schwierige und dennoch einfach schier extreme Liebe“ sein, „mit der du dich mit jeder Faser deines Herzens verbunden fühlst“. Lauf, geh, dieser Jemand ist gerade da draußen, während DU gerade die Zeitung neben dem Falschen liest. DU bist schuld, falls du dein Leben lang mit dem Falschen zusammen warst. Jetzt kann man einwenden: Aber wenn sie den Leuten, die ihre Bücher kaufen, doch hilft? Gegenfrage: Wozu?

Folgt man Wiests Logik, verhilft sie exakt dem Einzelnen in seiner einzelnen Welt mit seiner einzelnen Sicht. Ihr Denken isoliert gegen gemeinsame Vergangenheitsbezüge, gegen Weltgeschehen. Große gemeinsame Ideen? Eine äußere Welt, in die man eingebettet ist? Demokratie, Moral, Systemfragen, also Dinge, über die man wirklich mal gern die Wahrheit über alles wissen würde, haben in dieser Glücksjagd keinen Platz. Jeder Fremdeinfluss hat einen Zweck, was Wiest in sich um Moraldefinitionen herumwindenden Sätzen formuliert wie: „Es liegt etwas ungemein Lohnendes im Dienst an deinen Mitmenschen. Er hat das Potenzial, deinem Leben einen neuen Sinn zu verleihen, indem es nicht nur einem Selbstzweck dient.“ Aber jede Nachbarschaftshilfe, jedes ehrenamtliche Engagement verlieren den moralischen Wert, sobald sie zum Zweck werden oder in Wiests Sprache zu „Potenzial“. Was diese Welt nicht braucht, sind noch mehr verwirrte Millennials, die sich den ganzen Tag ihren Kopf darüber zerbrechen, wie sie geschmeidig zum Glück kommen und etwas Kreatives machen können. Sondern wie man als Gesellschaft gemeinsam halbwegs nicht-depressiv durch diese Zeit kommt.

Die New Yorker Ratgeberin und tatsächliche Essayistin Fran Lebowitz hat dafür mal diesen Rat formuliert: „Wenn Sie den brennenden, rastlosen Drang verspüren, zu malen oder zu schreiben – essen Sie einfach etwas Süßes, das Gefühl wird vorübergehen.“ Lebovitz hat seit Jahren eine Schreibblockade, aber das macht nichts. Die Wahrheit hält sich ewig.

Demokratie und
Moral haben
hier keinen Platz

Ihre Bücher
verkauften sich mehr
als eine Million Mal

Brianna Wiest: The Truth About Everything.
Aus dem Englischen
von Renate Graßtat. Piper, München 2024. 128 Seiten, 18 Euro.

„Ändere dein Denken, dann änderst du dein Leben. Und auf diese Weise erschaffst du alles, was geschehen wird.“ Autorin Brianna Wiest hat für alle Lebensfragen eine Lösung, meist aber führt die in die endgültige Vereinzelung.
Foto: The Delaurus

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