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When the three witches - now old, remarried and widowed - decide to go back to Eastwick to spend a summer together, many things have changed. Darryl Van Horne is gone. Their husbands and lovers have gone. The lithe and supple bodies with which they wrecked marriages and wreaked havoc many years before have gone.

Produktbeschreibung
When the three witches - now old, remarried and widowed - decide to go back to Eastwick to spend a summer together, many things have changed. Darryl Van Horne is gone. Their husbands and lovers have gone. The lithe and supple bodies with which they wrecked marriages and wreaked havoc many years before have gone.
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Autorenporträt
John Updike
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.02.2009

Zurück nach Eastwick

Am Dienstag ist der Schriftsteller John Updike im Alter von 76 Jahren gestorben. In seinem letzten Roman lässt er seine drei berühmten Hexen auferstehen. Das furiose Ende eines großen Werks

Wie hat sich Thomas Mann gegrämt, am Ende seines Lebens, als er ahnte, dass der "Krull" sein letzter Roman werden würde. "Unwürdig" nannte er das Buch, das er fünfzig Jahre zuvor begonnen und kurz darauf lustlos liegengelassen hatte, in seinen späten Tagebüchern. Ein unwürdiger, unernster Abschluss eines Lebenswerks, das eigentlich der "Faustus" am Ende runden sollte. Er sah nicht, wie rund dies Lebenswerk gerade durch die Wiederanknüpfung an den jugendleichten Hochstaplerroman in Wahrheit am Ende wurde.

Ein Schriftsteller schreibt bis zum Ende seines Lebens, das gehört zum Berufsbild, und ganz besonders bei so erzbürgerlichen Autoren wie Thomas Mann und John Updike gehört es dazu. Und ab einem gewissen Alter fürchtet jeder Schriftsteller, dass das gerade neu begonnene das letzte werden könnte. Vielleicht ist es ein schöner, unbewusster Selbstbetrug gegen Ende des Lebens an ein früheres Schreiben anzuknüpfen, es ist wie ein Besuch im eigenen Leben, ein Versuch gegen die Zeit.

John Updike, der am Dienstag im Alter von 76 Jahren in Beverly, Massachusetts gestorben ist, hat sein Lebenswerk auch mit einer Wiederaufnahme abgeschlossen. Und mit was für einer! Ausgerechnet den "Hexen von Eastwick" begegnen wir in seinem letzten Buch wieder, jenen Hexen, die die Welt vor allem als Susan Sarandon, Michelle Pfeiffer und Cher in dem gleichnamigen Film von George Miller aus dem Jahr 1987 in Erinnerung hat. "Die Witwen von Eastwick" heißt das Buch, das das große Werk John Updikes nach sechzig Büchern in fünfzig Jahren abschließt. Im Oktober letzten Jahres ist es in Amerika erschienen, auf Deutsch ist es für März angekündigt.

Desperate Housewives

Die Hexen also. Das Eastwick-Buch hatte immer eine Sonderstellung unter den Updike-Romanen, mit den drei Frauen als Protagonisten, all der Zauberei, dem Irrsinn und dem Teufel. Es passte auf den ersten Blick nie so ganz in seine Männer-, Paare-, Mittelstandswelt hinein. Es habe ihn gereizt, so erklärte Updike damals, einmal die Frauen, die sonst immer nur Gegenstand der Sehnsüchte seiner männlichen Helden sind, in den Mittelpunkt eines Buches zu stellen. In dieses Leben dreier Frauen Ende dreißig, frustriert vom lächerlichen Durchschnittsleben im Spießerstädtchen Eastwick, und selbst von den eigenen, schwachen Zauberkräften kaum aus dem Alltag zu reißen, bricht ein Mann hinein. Ein hässlicher, kleiner Lebemann, der weiß, was Leben ist, was Sünde ist, was wahres Leben sein kann. Und die schwarze Messe beginnt. Denn dieser Mann, Darryl van Horne, kommt direkt aus der Hölle - aus New York. Wer einmal die geniale Verfilmung gesehen hat, kann sich den Teufel nur noch als Jack Nicholson vorstellen, Kirschen essend in einem Luftzebra im Pool liegend und dabei mit Teufelskraft die Scheinheiligen des Städtchens ins Verderben stürzend. Die Hexen Jane und Sukie und Alexandra ergeben sich dem Gefühlssturm, verfallen dem Teufel und erringen am Ende in einem herrlichen Duell selbst die Macht über ihn, über das Leben, über die Sünde. Nur über das Städtchen nicht. Die bigotten Einwohner von Eastwick verfluchen die drei, und sie verschwinden in eine andere Welt. Man dachte für immer.

Was für ein schönes Geschenk, dass Updike die drei vor seinem Tode noch einmal wiederkehren lässt. Sie haben wieder geheiratet da draußen, haben ihre kleinen Künstlerberufe aufgegeben und die Zauberkraft verloren. Sie sind älter geworden, dreißig Jahre älter, sie haben Enkel bekommen und eine große Sehnsucht behalten. "Es ist in uns. Wie wir auf die Dinge schauen. Ein bestimmter Ort, eine Lebenszeit - sie erscheinen uns magisch. Meistens schauen wir zurück."

Am Anfang sehen wir sie auf Rentnerreisen in Kanada, Afrika und China. Das kann ja langweilig werden, denkt man schon, doch als in Peking Maos Leiche zu winken beginnt, ist längst klar: Updike zaubert wieder. Und so reisen die drei weiter, sehnen und erinnern sich, genießen die Freiheit, die nur das Alter kennt: "Jane, wir sind alt. Niemand will uns, außer unseren Enkeln in der ersten halben Stunde unserer Besuche. Das ist sehr befreiend, finde ich." Und so beschließen sie, die unendlichen Möglichkeiten für eine Reise in die Vergangenheit zu nutzen. Ein Sommer in Eastwick, wo einstmals ihr Leben explodierte.

Zunächst scheint es beinahe so, als könnten neue Explosionen folgen, als könnte ein Leben noch einmal neu beginnen und käme mit der Zauberkraft auch die Liebeskraft zurück. Updike gibt noch einmal alles, um an den Irrsinn der mittleren Jahre - der Hexen und seiner selbst - anzuknüpfen, und eine Weile lang führt die neue Altersfreiheit der drei tatsächlich zu einer phantastisch befreiten Rückkehrstory, zurück nach Eastwick. Sogar eine Art Teufel taucht wieder auf. Doch die Begegnung mit der Vergangenheit, mit den Orten der Vergangenheit im Alter muss am Ende immer enttäuschend bleiben. Man ist es ja immer selbst, den man dort sucht, sich selbst von damals, die Gefühle von damals, die Liebe von damals. Das ist ja alles fort, eine Erinnerung in uns und nicht an Orten. Alexandras Tochter erklärt es hier hart und nüchtern: "Ich glaube, du brauchst weniger Eastwick, nicht mehr. Du und deine Freundinnen, ihr dachtet, eine Rückkehr würde euch jünger machen, aber natürlich hat sie das nicht. Der Zauber, den du dir erhofft hattest, ist ausgeblieben."

Tod des Teufels

Das wunderbare an Updikes letztem Buch ist, dass sich diese Melancholie des Alters immer wieder mit Zorn und fassungslosem Staunen über die Gegenwart, das Eastwick von heute, vermischt. Die ganze Gedämpftheit und langweilige Durchschnittlichkeit des amerikanischen Vorstadtlebens bringt die alten Hexen beinahe um den Verstand: "Junge Mütter fahren ihre übergewichtigen Jungs in übergewichtigen Geländewagen zwanzig Meilen weit zum Hockeytraining, die jungen Väter, kastrierte Weichlinge, helfen ihren klitzekleinen Ehefrauen im Haushalt und lärmen den ganzen Samstag in ihrem süßen Häuschen herum. Es ist wie in den fünfziger Jahren, nur diesmal ohne die Russen als Entschuldigung."

Der Teufel lebt hier nicht mehr. Updike wendet sich ab. Es ist, als sei ihm in seinem letzten Werk und in der Welt, wie er sie am Ende sah, der Gegenstand seines Schreibens abhandengekommen: die Sünde. Der christliche Autor John Updike hat in all seinen Büchern über die Sünde geschrieben, über eine sündige Welt, die Versuchung und Verführung. Immer hat der Autor Updike darüber gestaunt, dass die Menschen "Schande und Scheidung riskieren im Tausch gegen eine klamme Motel-Liebe". Es war für ihn der Beweis dafür, dass "alles, was so festgefügt und handfest scheint, nicht mehr ist als ein Luftgespinst und weniger zählt als die Gnade des Gefühlssturms".

Und John Updike war immer auf der Seite der Sünder. Die Hexen hatten gemordet, damals in Eastwick, der Autor hatte ihnen in seiner Geschichte vergeben und sie zu Siegern erklärt. Wenn sie jetzt zurückkehren, dann auch, um sich den Folgen ihrer Taten von damals zu stellen, um etwas richtig zu machen oder wenigstens weniger falsch, bevor sie sterben.

Der Hass der Menschen von Eastwick auf die drei ist über all die Jahre der gleiche geblieben. An Vergebung ist nicht zu denken. Denn in dieser Stadt ist mit dem Teufel auch Gott gestorben und damit noch etwas Schlimmeres: "Die Leute laufen herum und beklagen den Tod Gottes", spottet Jane, "aber was mich wirklich beunruhigt, ist der Tod der Sünde. Ohne Sünde sind die Menschen keine Menschen mehr, sie sind nur noch seelenlose Schafe."

Ohne Sünde ist der Schriftsteller John Updike nicht zu denken. So liest sich sein letztes Buch heute, nach seinem Tod, fast wie ein notwendiger Schlusspunkt. "Na, wohin fahren wir in diesem Jahr zusammen?", fragt die Hexe Alexandra am Ende. Sie bekommt keine Antwort mehr.

VOLKER WEIDERMANN

John Updike: "The Widows of Eastwick". Alfred Knopf, 18,95 Euro. Auf Deutsch erscheint das Buch im März bei Rowohlt.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.05.2009

Liebe zu den herzlosen Geschöpfen
Gerade Sex verknüpft uns mit der Gesellschaft: John Updikes letzter Roman „Die Witwen von Eastwick”
Die „Witwen von Eastwick” sind John Updikes letzter Roman. Schon im Titel knüpft er an die drei Jahrzehnte zurückliegenden „Hexen von Eastwick” an (wobei „widows” und „witches” im Englischen klanglich noch näher beieinander stehen). Der Film war ein großer Erfolg, mit Jack Nicholson in der Rolle des diabolischen Darryl van Horne, der in seinem Badezuber die drei Hexen Alexandra, genannt Lexa, Jane und Sukie vernascht, gespielt von Susan Sarandon, Cher und Michelle Pfeiffer. Frisch geschieden, spürten sie in sich eine bislang unterdrückte Kraft; die lästige Kinderschar schickten sie aufs Internat oder vernachlässigten sie, um ein Leben voller Experimente zu starten, bei denen Liebhaber und schwarze Künste ganz oben rangierten. Kein Wunder, dass sie sich in dem kleinen Badeort Eastwick, Rhode Island, wenig Freunde machten; als sie mehr oder weniger fluchtartig verschwanden, hinterließen sie drei Leichen, von denen besonders eine ihr Gewissen drückt: Die junge, unschuldige Jenny hatte den unverzeihlichen Fehler begangen, einen Heiratsantrag van Hornes zu erhalten, woraufhin ihr der Dreibund in nächtlicher Sitzung einen Eierstockkrebs anzauberte; daran starb sie.
Seither sind mehr als dreißig Jahre vergangen. Alle drei haben wieder geheiratet: Lexa, die älteste, robusteste und gutmütigste unter ihnen einen Cowboy-Töpfer in Taos, New Mexico; die zierliche, sarkastische Jane einen „Investitionsberater” in Connecticut; und die elfenhafte Sukie, damals Klatschreporterin und nunmehr Verfasserin historischer Liebesromane, einen windigen Vertreter. So war Ruhe in ihr Leben eingekehrt, und sie hatten einander aus den Augen verloren. Doch dann sterben die Ehemänner rasch hintereinander weg, und die rüstigen Witwen, alle um die siebzig, die auf einmal merken, wie allein sie in der Welt stehen, nehmen zögernd den Kontakt wieder auf. Sie reisen gemeinsam, nach Ägypten, nach China, und beschließen endlich, den Sommer zusammen in Eastwick zu verbringen. Das einzige Haus, das es für sie zu mieten gibt, ist van Hornes altes Domizil, von geschäftstüchtigen Maklern inzwischen in kleinteilige Appartements zerlegt.
Mit Hass kommt man weit
Trotz des gelassenen Erzähltempos hat der Roman seinen Spannungsbogen: Wie werden die drei Hexen im Ruhestand mit den vielen alten Rechnungen umgehen, die im Ort noch offen sind? Wird es ihnen noch einmal gelingen, den Ring zu schließen und ihre frühere Macht zurückzuerobern? Und wenn ja, was werden sie damit anstellen? Lexa beharrt darauf, dass sie nur noch weiße Magie treiben sollten; Jane, die böseste der drei, fände auch ein bisschen schwarze ganz lustig. Wer wird sich durchsetzen?
Es gehört zum wohlbedachten Charme dieses Buchs, dass die Hexen wirklich hexen können, eben genug, um den drei älteren Damen den Reiz des Gefährlichen zu verleihen, aber nicht so viel, dass es dem Leser mit der Humorlosigkeit des magischen Realismus beschwerlich fiele. Zum Aufwärmen lassen sie in Peking den einbalsamierten Mao zwinkern, ganz kurz nur, aber doch so, dass das ernsthafte junge chinesische Paar, das Zeuge wird, den Unfug missbilligt, den diese Langnasen mit dem Großen Steuermann treiben.
Updike und seine Platzhalterinnen – man weiß nicht genau, wie man diese besondere Art des Erzählens verorten soll, in der das personale und das auktoriale Element sich zu einer einzigen Sensibilität verflechten – reagieren mit spontaner Intelligenz auf das, was sie sehen; unangestrengt springen sie von Gegenstand zu Gegenstand. „,Lebt ihr Mann noch?’ ,Warum nicht? Zum Sterben hat er doch gar nicht die Klasse.’” Unter welchen Bedingungen kann ein Mann in einem Pornofilm mitwirken? „,Um Porno zu machen (sagt ein Veteran der Branche), musst du sie entweder sehr gern mögen oder hassen. Mit Hass kommst du ziemlich weit dabei. Sie sind die Stars, du bist das Fleisch.’” „Sie” sind natürlich die Frauen, das versteht sich bei Updike von selbst. Lexa entdeckt zu ihrem Leidwesen, dass ihre Zimmergenossin Jane schnarcht, und es folgt die ungemein präzise Analyse eines einzelnen Schnarch-Atemzuges, in dem sich die ganze Psyche der Schnarchenden offenbart. Während die Älteren, Schriftsteller so gut wie andere Leute, sonst gern meinen, es gäbe nichts Neues unter der Sonne, entdecken Updike und seine Heldinnen ein bemerkenswertes Detail und einen verblüffenden Bezug nach dem anderen.
Wer sich Updike anvertraut, dem kann es im Leben, und zwar gerade im banalsten Leben, niemals langweilig werden. Er sollte aber wissen, welcher Preis hierfür zu entrichten ist. Um es so zuzuspitzen, wie seine Hexen es zu tun nicht zaudern würden: Updike glaubt nicht an Liebe, sondern an Sex. Liebe, auf Dauer gestellt, macht bequem und spießig (die entfremdeten Kinder der Hexen, mit ihren Couchgarnituren und Bierbäuchen, bieten abschreckende Beispiele, sie ziehen an ihren Müttern vorbei in ein frühes stumpfes Alter); Sex erfordert mit der Leibes- auch die Geistesgegenwart. Gerade in seiner anarchischen Unruhe liefert er den Kitt der Gesellschaft. „Bevor Sukie alt wurde, hatte sie sich vorgestellt, dass die Marotten – schlechte Charakterzüge und Verschrobenheiten – verschwinden würden, sobald das Bedürfnis, sexuell zu beeindrucken, entfiele; dass ohne die Ablenkung des Sex ein wahreres, ehrlicheres Selbst zum Vorschein käme. Doch es erwies sich, dass gerade Sex uns mit der Gesellschaft verknüpft, unsere Wachsamkeit erhält und uns dazu bringt, unsere scharfen Kanten zu glätten, damit wir mitmachen können.” Updike liebt seine herzlosen Geschöpfe; und wenn sie sich mit obszöner Andacht an die Begegnungen mit ihren Liebhabern erinnern, beschert er ihnen die rührendsten Momente seines Buchs.
Das alles würde Updike zu einer äußerst unterhaltsamen und anregenden, zu einer unbedingt empfehlenswerten Lektüre machen; aber noch nicht zum großen Autor, der er ist. Seine Kunst ist in seine Leichtigkeit verschränkt. Updike scheint zu treffen, ohne gezielt zu haben; seine Texte besitzen eine zen-artige Qualität. Sie gehört nicht ihm allein. Er könnte sie nicht haben ohne die Sprache, deren Sprecher er ist. Aber er holt aus den günstigen Vorbedingungen des Englischen sein eigenes Maximum heraus. Das betrifft zunächst den unglaublich reichen Wortschatz. Bei Updike finden sich auf einer Seite zwei verschiedene ironische Adjektive für Leute und Orte, die mit Kunst zu tun haben, „the artsy-craftsy crowd” und „arty Taos”. Man fühlt die Differenz, ohne ihr im Deutschen etwas ähnlich Müheloses zur Seite stellen zu können. Die Übersetzerin bietet den „Stamm von Möchtegernkünstlern” und das „kunstgewerbliche Taos”, eine Lösung, die ihre Deutlichkeit mit ihrer Schwere bezahlt.
Vor allem aber verdient Updikes Satzbau aufmerksame Bewunderung. Dieses Englisch gleitet durch die Luft, wo andere Idiome zu Fuß gehen müssen. Wenn hier jetzt ein Satz des Originals mit dem der deutschen Übersetzung verglichen werden soll, dann könnte das leicht wie eine Ungerechtigkeit gegenüber der Leistung von Angela Praesent erscheinen; tatsächlich sind ihre Beschränkungen diejenigen unserer Muttersprache überhaupt. Über Lexas Ehemann heißt es gleich auf der ersten Seite: „Jim Farlander, the husband she had conjured for herself from a hollowed pumpkin, a cowboy hat, and a pinch of Western soil scraped from inside the back fender of a pickup truck with Colorado plates that she had seen parked, looking eerily out of place, on Oak Street in the early 1970s, had, as their marriage settled and hardened, proved difficult to budge from his ceramics studio and little-frequented pottery shop on a side street in Taos, New Mexico.” Die komplette Geschichte einer Ehe, von den Träumen und Tricks der künftigen Braut bis zur Routine der späteren Jahre, samt einem Sprung quer über den amerikanischen Kontinent, ist hier in einen einzigen Satz gefasst; es ist ein langer, komplexer, gehaltreicher Satz, aber keiner, der übertrieben schwer zu verstehen wäre; ihn trägt sein federnder Rhythmus, dem das Viele leicht wird.
Bei Praesent wird daraus: „Jim Farlander, der Ehemann, den sie sich zusammengezaubert hatte aus einem ausgehöhlten Kürbis, einem Cowboyhut und einer Prise Westernerde, abgekratzt von der Innenseite der hinteren Stoßstange eines Pick-up-Truck mit einem Colorado-Kennzeichen, der an der Oak Street geparkt war und damals, in den frühen Siebzigern, ominös deplatziert gewirkt hatte, war, wie sich zeigte, als sich ihre Ehe gesetzt und gefestigt hatte, nur mit Mühe herauszuholen gewesen aus seiner Keramikerwerkstatt und dem spärlich besuchten Töpferwarenladen an einer Seitenstraße in Taos, New Mexico.”
Kecker Griff an die Stoßstange
Nicht dass dieser Satz im Deutschen um etwa dreißig Prozent länger gerät, stellt das Problem dar – Updike schreibt noch viel längere Sätze –, sondern dass unsere Sprache gar keine Wahl hat, als die zwanglose Reihe, mit der es immer noch weiter geht, in den Schraubstock der Syntax zu spannen. Praesent kennt die Gefahren des überdehnten deutschen Satzbogens und weicht ihnen aus, so gut sie kann, indem sie zum Beispiel das „zusammengezaubert hatte” weit nach vorn holt und nicht etwa, wie es die Normalstellung wäre, erst nach „Westernerde” einfügt, wenn nicht gar nach „gewirkt hatte”. Es hilft nicht viel; aus „had proved difficult to budge” wird unvermeidlich „war, wie sich zeigte, nur mit Mühe herauszuholen gewesen”, und der kecke rasche Griff an die Stoßstange des fremden Autos verwandelt sich in eine umständlichste Prozedur, die dennoch irgendwie so überhastet vonstatten geht, dass man gar nicht recht begreift, was passiert. Wo Kürze nachgeahmt werden soll, bei der „Westernerde” etwa oder „ominös deplatziert”, wird nur erreicht, dass der Leser stutzt: so dauert alles noch länger. Es geht nicht; und dass es nicht geht, ließe sich Satz für Satz beweisen.
Niemand könnte heute auf Deutsch so schreiben, wie Updike es auf Englisch kann. Die Klage vom übermächtigen Einfluss der Weltsprache auf die unsrige geht fehl; sie konzentriert sich engstirnig auf Fragen des Wortschatzes und sieht nicht, welche ungeheuren Chancen die englische Syntax böte, wären wir nur bereit, von ihr zu lernen, speziell von der wunderbaren Gewichtlosigkeit ihrer Partizipial- und Infinitiv-Konstruktionen. Das Deutsche leidet an der Herrschsucht seiner Verben, die sich anscheinend nur abwehren lässt, indem man über sie den Bann der Substantivierung verhängt. Wie man das Verb in der Vielfalt seiner möglichen Beziehungen nutzt und ihm zugleich einen dienenden Platz anweist, das könnte die Lehre des Englischen sein, eine Lehre der geschmeidigen Komplexität. Einem angehenden deutschen Schriftsteller, der um Rat fragt, wie er sein Schreiben tauglich machen soll, sagt man am besten: Lies viel Updike im Original. BURKHARD MÜLLER
JOHN UPDIKE: John Updike: The Widows of Eastwick. Hamish Hamilton, London 2008, 308 S, 19,80 Euro.
JOHN UPDIKE: Die Witwen von Eastwick. Roman. Aus dem Englischen von Angela Praesent. Rowohlt Verlag, Reinbek 2009, 413 S., 19,80 Euro.
Der diabolische Mann und drei Bezaubernde: „Die Hexen von Eastwick” (1986) Foto: cinetext
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