Der Begriff Theatralität bezeichnet seit einigen Jahren die charakteristischen Merkmale des Theaters im Theater. Roland Barthes erklärte 1954 "Was ist Theatralität? Es ist das Theater minus dem Text, es ist eine Dicke von Zeichen und Empfindungen, die sich auf der Bühne aufbaut". Wäre die Theatralität also eine Folge der Inszenierung? Es scheint jedoch, dass ein theatralischer Charakter auch aus nicht-theatralischen Aktivitäten hervorgehen kann. Und wäre dieser Charakter nicht die Theatralität? Könnte Theatralität nicht tatsächlich ein Bestandteil des Lebens sein? Mit dieser Überlegung befasst sich Nicolai Evreinov in seinem theoretischen Werk "Das Theater im Leben" aus dem Jahr 1930, in dem er eine Theorie der Theatralität als allem innewohnend darlegt. Dieser Text stellt die Theatralität als einen Instinkt dar, dessen Handlung das Anderswerden ist. Wir werden uns dieser Theorie nähern, indem wir den von Evreinov eingeschlagenen Weg nachvollziehen, um ihre Grenzen und Inkohärenzen aufzuzeigen. In unserer Studie werden wir die Beziehungen zwischen Evreinov, den verschiedenen Avantgarden, Meyerhold, Stanislavski und Nietzsche herausarbeiten.