Marktplatzangebote
12 Angebote ab € 1,00 €
  • Broschiertes Buch

Eine Biographie über Theodor Fontane, den großen deutschen Romancier des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Fontane war schon 60 Jahre, als er seinen ersten Roman veröffentlichte, 75 Jahre, als er mit "Effi Briest" den endgültigen Durchbruch erlebte. In jungen Jahren arbeitete Fontane als Apotheker, wechselte dann zum Journalismus und lebte lange Zeit als Korrespondent in London. Es folgten Jahre als Kriegsberichterstatter und Reiseschriftsteller. Heinz Ohff schildert Fontane als hart arbeitenden Mann, dem auf dem Weg zum Erfolg nichts geschenkt wurde. Theodor Fontane war weder ein märkischer…mehr

Produktbeschreibung
Eine Biographie über Theodor Fontane, den großen deutschen Romancier des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Fontane war schon 60 Jahre, als er seinen ersten Roman veröffentlichte, 75 Jahre, als er mit "Effi Briest" den endgültigen Durchbruch erlebte. In jungen Jahren arbeitete Fontane als Apotheker, wechselte dann zum Journalismus und lebte lange Zeit als Korrespondent in London. Es folgten Jahre als Kriegsberichterstatter und Reiseschriftsteller. Heinz Ohff schildert Fontane als hart arbeitenden Mann, dem auf dem Weg zum Erfolg nichts geschenkt wurde. Theodor Fontane war weder ein märkischer Mythos noch ein einsames Genie: Diese großartige und gültige Biographie zeigt den weltoffenen Preußen hugenottischer Prägung als hart arbeitenden Schriftsteller, der sich seinen hohen Rang in der Weltliteratur schwer erkämpft hat.
Autorenporträt
Heinz Ohff, geb. 1922, war von 1961-87 Feuilletonchef des Berliner 'Tagesspiegel'. Von ihm liegen zahlreiche Biografien vor. Er lebt in Berlin und Cornwall.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.1995

Der Bericht ist beinahe alles
Mehrfach gehobelt: Heinz Ohff erzählt das Leben Fontanes

Was wissen wir über Theodor Fontane? 1968 hat Helmuth Nürnberger, heute einer der Nestoren der Fontane-Forschung, nach eigenen und fremden Vorstudien die erste umfassende Biographie vorgelegt. Sie erschien in der Reihe von Rowohlts Bildmonographien, und nach deren Bauart stellte sie Fontanes Leben anhand seiner Selbstzeugnisse dar. Die gibt es nun fast im Übermaß: Autobiographische Bücher und Aufsätze, besonders über Kindheit und Jugend, Reiseberichte, Tausende von langen, inhaltsreichen Briefen an Freunde, Verleger und Kritiker, an Frau und Kinder. So konnte Nürnberger, mit aller gebotenen Vorsicht gegenüber dem bisweilen auch sehr Stilisierten, eine recht exakte, innere wie äußere Chronologie Fontanes erster sechzig Lebensjahre zusammenstellen. An die hängte er, da der Autor sich in diesem Alter aus seinen journalistischen, reiseschriftstellerischen und historischen Arbeiten und ebenso aus der Gesellschaft in sein Schreiben zurückzog, ein verständiges Kapitel über die späten Werke.

Das wirkt in einer Biographie wie ein Bruch; doch es gibt dem merkwürdigen Verlauf eines Lebens Ausdruck, an dessen Ende einer, den man schon beinahe vergessen, bestenfalls als sich verschwendendes Talent abgetan hat, Werke schreibt, die ihn zu einem der bedeutendsten Autoren der Zeit machen und die bis heute überdauern.

Nun hat der Berliner Journalist Heinz Ohff eine neue Fontane-Biographie geschrieben. Sie ist erheblich umfangreicher als Nürnbergers unlängst in der 19. Auflage erschienene, immer wieder aktualisierte; und es ist zu fragen: Was hat sie ihr voraus? Zunächst: An den Materialien, die Nürnberger zugrunde lagen, kommt Ohff natürlich nicht vorbei; und wenn er oft dieselben Zitate wie sein Vorgänger benutzt, so liegt das an dem Zwang, den eine pointierte Selbsteinschätzung auf jeden Biographen ausübt, ja an der Gewalt, mit der sie bisweilen einen kritischeren Ansatz, den Versuch eines Blicks von außen verhindert.

Allerdings nutzt Ohff sein Mehr an Raum fast ausschließlich dazu, dem bestehenden Fontane-Bild als einem Mosaik aus Selbstzeugnissen weitere solcher Steinchen hinzuzufügen. Die Problematik dieses Verfahrens wird früh schon deutlich. Zunächst in der blumigen Nacherzählung der Kindheitserinnerungen, dann ganz besonders in einem sehr lapidaren Kapitel über Fontanes Beteiligung an der Revolution von 1848. Hier erliegt Ohff der Selbstironie des Autobiographen; und so unterbleibt der Versuch, Grundvoraussetzungen und Bedingungen des politischen Engagements der Autoren dieser Zeit zumindest so weit aufzuarbeiten, daß Fontane in einem anderen Kontext erschiene, als bloß in dem kulissenschieberischer Barrikadenepisoden. Den Verlauf der Revolutionsmonate drängt Ohff auf weniger als eine Seite zusammen und nimmt damit die Position des alten Fontane ein, der als Greis seine Vergangenheit von 1848 zur komisch-romantischen Jünglingsepisode verkleinerte.

Dieses Beispiel steht für vieles. Ohne Zweifel litt Fontane zeitlebens unter Geldmangel, und ohne Zweifel zeichnete ihn eine gewisse "Indifferenz" aus, also ein Mangel an Letztbegründung allen Tuns, an Sicherheit in allen Überzeugungen. Dennoch reicht es für die Biographie einer solchen Persönlichkeit nicht aus, etwa den Wandel vom Freiheitsdichter zum Agenten eines Pressebüros in Diensten der konservativen Regierung lediglich aus pekuniären oder oberflächlich psychologischen Gründen zu erklären. Die mögen im Alltag der meisten zureichen, nicht aber für die Charakteristik eines Autors, der endlich aus seinen Erfahrungen mit Presse, Gesellschaft und Politik Werke schaffen sollte, in denen die scharfen Kanten, ja die Brüche der politischen und geistigen Grundsteine des Jahrhunderts deutlich wurden.

Ohff gesteht seine Probleme mit Autor und Material mehrfach ein: "So überzeugend sich (Fontanes) Weisheiten lesen, sie sind doch allesamt aus dem Zusammenhang gerissen, denn früher oder später folgt ihnen eine entgegengesetzte Formulierung, zumindest eine Abmilderung, die sich erneut als Aphorismus verwenden läßt." Doch allzu häufig überredet und harmonisiert Ohff, was als Problem herauszustellen wäre. Und mag auch im Psychologischen nie eine "Lösung" zu haben sein, im Werkgeschichtlichen kann ein Lob des späten Gelingens nicht eine lange Scheiternsgeschichte aufheben. Doch wenn Ohff eine Verbindung zu ziehen sucht zwischen dem Ziellosen und Umtriebigen des jungen Fontane und seinen späten Werken, so erschöpft sich das in der wohlmeinenden Formel, er habe viel aus dem Journalismus gelernt: "Bei ihm geht Journalismus, freilich in höchster Qualität, nahtlos in Erzählung, Belletristik, in Literatur über." (276) Was das heißt, bleibt offen; und Fontanes Satz "Der Bericht ist beinahe alles" wird als selbstverständlich genommen, nicht als das Rätsel, das er ist.

Vielleicht rührt das alles daher, daß Ohff ein Opfer seiner Lektüre geworden ist; denn seinen Text "harmonisiert" ein Konversationston, der von Fontane allzu bekannt ist. In ihm läuft alles Gefahr, sich aufzulösen, Dokument und Literatur, bekommt alles die Tendenz aufs Unernste, Beiläufige. So zum Beispiel ein Psychogramm: "Der Zug zum Spießigen wird im übrigen in Fontanes langer Lebenszeit immer wieder aufgefangen. Durch das Verklemmte wetterleuchtet eine Liberalität." Wird nun derart auch über Fontanes Texte geplaudert, verlieren sie entgegen allen Urteilen durch die Diktion ihren Wert: "Man muß hinzufügen, daß es zu seinen Untugenden gehört, leidenschaftlich gerne zu reimen." "So flüchtig seine Romane wirken (beinahe, als seien sie diktiert), so sind sie doch mehrfach gehobelt und gefeilt und immer wieder durch die Mangel gedreht worden." Gleich zu Beginn kreidet solches Räsonnement dem Autor beiläufig "die nicht ganz richtige Verwendung seines Lieblingszeichens, des Semikolons", an, "das er oft auch da benutzt, wo eine Klammer, ein Komma, ein Punkt oder ein Doppelpunkt hingehörte". Später spricht Ohff von Fontanes "schriftstellerischer Pranke" und davon, daß "Unterm Birnbaum" "nicht Fontanes gelungenster Roman" sei, aber "hautnäher erzählt als alle seine anderen".

So verliert sich der Biograph wie Fontanes Gestalten in konversationshafter Nivellierung. Allein, er ist keine literarische Figur; wir sind nicht an seinen Verwicklungen interessiert, sondern an seinem Verstehen. BURKHARD SPINNEN

Heinz Ohff: "Theodor Fontane". Leben und Werk. Piper Verlag, München 1995. 463 S., Abb., geb., 49,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr