Unmittelbar nach der Rückkehr des Instituts für Sozialforschung aus dem US-amerikanischen Exil nach Frankfurt bewarb sich ein junger Student bei Theodor W. Adorno um Mitarbeit: Ludwig von Friedeburg, Sohn des letzten Oberbefehlshabers der deutschen Kriegsmarine und selbst deren jüngster U-Boot-Kommandant im Zweiten Weltkrieg. Das erste gemeinsame Projekt war das berühmte »Gruppenexperiment«, jene von den US-Besatzungsbehörden finanzierte Studie, mit der die Demokratiefähigkeit der deutschen Bevölkerung nach NS-Diktatur, Vernichtungskrieg und Völkermord ermittelt werden sollte. Nach Abschluss des Vorhabens schrieb von Friedeburg begeistert von dem »ganz besonderen Geist« des Instituts für Sozialforschung und von der »geradezu beispielhaften Art des Teamworks in ihm«.
Es war der Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit und freundschaftlichen Beziehung, die bis zu Adornos Tod währte, wie die in diesem Band versammelten Briefe, Memoranden und Gesprächsprotokolle zeigen. Darüber hinaus dokumentieren sie die Geburtsstunde der empirischen Sozialforschung in der Bundesrepublik und lassen erkennen, wie maßgeblich die beiden an der Neugründung der Soziologie als akademischer Disziplin beteiligt waren.
Es war der Beginn einer langjährigen Zusammenarbeit und freundschaftlichen Beziehung, die bis zu Adornos Tod währte, wie die in diesem Band versammelten Briefe, Memoranden und Gesprächsprotokolle zeigen. Darüber hinaus dokumentieren sie die Geburtsstunde der empirischen Sozialforschung in der Bundesrepublik und lassen erkennen, wie maßgeblich die beiden an der Neugründung der Soziologie als akademischer Disziplin beteiligt waren.
Perlentaucher-Notiz zur WELT-Rezension
Wichtige Aufschlüsse über die Entwicklung der empirischen Sozialwissenschaften ermöglicht laut Rezensent Wolf Lepenies der von Dirk Braunstein und Maischa Gelhard herausgegebene Briefwechsel zwischen Theodor W. Adorno und dessen Schüler Ludwig von Friedeburg. Lepenies zeichnet zunächst den Lebensweg Friedeburgs nach, der im Dritten Reich vom Hitlerjungen zum U-Boot-Kapitän avancierte, später jedoch, wie Adorno in Gutachten beschrieb, aus innerem Antrieb zur Aufklärung fand. Friedeburgs Interesse an empirischer Forschung leitet sich, rekonstruiert Lepenies nach der Lektüre, direkt aus den Reeducation-Bemühungen der Amerikaner nach dem Zweiten Weltkrieg ab, später wird er am Frankfurter Institut für Sozialforschung Leiter einer Abteilung für empirische Sozialwissenschaften. Der Briefwechsel zeigt Lepenies zufolge auf, dass die Frankfurter Schule den Kontakt zur Empirie suchte, um nicht in Ideologie zu erstarren. Auch über den universitären Alltag und Adornos sorgsamen Umgang mit dem jüngeren Schüler lernt Lepenies einiges aus dieser schönen Veröffentlichung.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Der Briefwechsel zwischen Theodor W. Adorno und Ludwig von Friedeburg gibt einen Einblick in die universitären Alltagsprobleme einer Disziplin, die sich ihren Platz im Rang der Wissenschaften sichern oder bewahren musste; er zeigt die emotionale und intellektuelle Sorgfalt des Älteren gegenüber dem Jüngeren und dessen Bereitschaft ein Vorbild zu würdigen ohne es zu imitieren.« Wolf Lepenies DIE WELT 20240527