Die Christentumstheorie Trutz Rendtorffs zählt zu den anspruchsvollsten und wirkmächtigsten theologischen Entwürfen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Martin Laube macht zunächst die unterschiedlichen theologischen, philosophischen und soziologischen Quellen des christentumstheoretischen Programms durchsichtig und leistet damit einen Beitrag zur Geistesgeschichte der jungen Bundesrepublik. Im Mittelpunkt steht sodann die Aufgabe einer systematischen Rekonstruktion. Ausgehend von der Beobachtung, daß Rendtorff ein neuzeittheoretisches und ein theologiereflexives Interesse miteinander verknüpft, stellt der Autor die Christentumstheorie als eine theologische Deutung der neuzeitlichen Welt dar, welche zugleich umgekehrt den christentumsgeschichtlichen Standort der eigenen Deutung einzuholen versucht. Dabei erscheint die Neuzeit als ein Kapitel in der Realisierungsgeschichte christlicher Freiheit, während die Theologie dieser Freiheit zum Bewußtsein ihrer selbst verhilft. Die Christentumstheorie Trutz Rendtorffs rückt so betrachtet in eine auffällige Strukturanalogie zur Gesellschaftstheorie Niklas Luhmanns: So wie diese eine soziologische Selbstbeschreibung der modernen Gesellschaft bietet mit der Pointe, die Beschreibung auf eine Selbsteinholung der eigenen Beschreibungsperspektive hin zuzuspitzen, läßt sich Rendtorffs Christentumstheorie als eine theologische Selbstbeschreibung der modernen Gesellschaft entschlüsseln, welche - unter dem Titel des 'Christentums' - auf die neuzeitliche Welt insgesamt ausgreift und diesen Zugriff als Ausdruck des neuzeitlichen Christentums selbst zu erweisen sucht.