Theo ist vierzehn Jahre alt. Seine größte Leidenschaft sind Bücher über alte Mythologien und Computerspiele. Als Theo erfährt, daß er schwer krank ist, nimmt ihn seine Tante Marthe mit auf eine große Reise. Er soll die Weltreligionen und ihre heiligen Stätten kennenlernen: Jerusalem, Ägypten, Rom, Istanbul, Moskau - Theo ist fasziniert und beeindruckt. Und überall trifft er auf kundige Religionsführer, die ihm die verschiedensten Glaubensrichtungen - vom Judentum über den Islam bis hin zum Buddhismus anschaulich nahebringen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.1998In zwanzig Religionen um die Welt
Seelenruhe, Selbsterkenntnis, Spezialwissen: "Theos Reise" von Catherine Clément
Theo aus Paris ist ein hübscher Einserschüler, den alle gern haben. Nachts liest er Bücher über ägyptische Mumien. Tagsüber befragt er per Mausklick das Orakel von Delphi. Doch religiöser Glaube bleibt dem Jungen fremd; als aufgeklärte Naturwissenschaftler lassen seine Eltern ihn nicht am Religionsunterricht teilnehmen. In der Pubertät befällt den labilen Jungen eine rätselhafte Krankheit. Die Ärzte sind machtlos, und Tante Marthe, die an der Börse ihr Vermögen mehrt und überall einflußreiche Freunde hat, empfiehlt eine alternative Therapie und schenkt Theo eine Weltreise. Beide besuchen alle großen Heiligtümer der Weltreligionen. Der überdrehte Jugendliche soll seine Todesangst überwinden lernen.
Schon auf dem Flug nach Jerusalem, der ersten Station, erkennt Theo, "wie wenig ich weiß". Ein Rabbi, ein Scheich und ein Dominikanerpater erläutern ihm die großen monotheistischen Glaubenssysteme sowie den häufig gewalttätig ausgetragenen Streit um die Bilder von Gott. In der Hauptstadt der drei Weltreligionen wird Theo von produktivem Zweifel erfaßt. Bald ahnt er, daß sich Wahrheit in vielerlei Gestalt ausdrücken kann. Der greise Scheich rät ihm, auf seine innere Stimme zu hören. Dann werde er die Kraft Gottes in sich spüren und zur Seelenruhe zurückfinden.
Von Jerusalem geht es nach Kairo und Luxor, dann nach Rom und zu zehn weiteren Orten, bis nach Delphi, wo die Reise endet. Catherine Clément inszeniert das Finale als grandioses Versöhnungsfest. Theos viele Führer zu den Religionen feiern im heiligen Hain seine Genesung. Tante Marthe heiratet einen ekstatisch tanzenden Brasilianer, und Theos Mutter ist mit Zoe, einem Mädchen mit dem Namen "die Lebende", schwanger. Das Leben hat über den Tod gesiegt. Theo kann lachen und den gegenwärtigen Moment genießen. Mitten im Endlichen erfährt er sich als eins mit dem Unendlichen.
Für den Leser wird diese Religionsexpedition zur anstrengenden Bildungsreise. Er muß viel theologische Gelehrsamkeit und Spezialwissen über religiöse Kulte verarbeiten. Kluge Kardinäle, Yogis und Gurus bringen ihre Einsichten nahe. Das Spektrum reicht von den antiken Polytheismen und den neuen synkretistischen Riten Afrikas bis hin zu Webers These über die calvinistischen Ursprünge des Geistes des Kapitalismus. Neben zarter Mystik werden grausame Opferkulte und heilige Erotik geschildert. Im kursiv gesetzten Tagebuch faßt Theo seine Erkenntnisse knapp zusammen. Ein exzellentes Sachregister macht den Roman auch zum Nachschlagewerk. Insgesamt folgt Clément der hermeneutischen Perspektive, die der Rabbi Elieser Theo an der Klagemauer eröffnet. Wer fremde Religionen allein von außen sehe, nehme nur das Abstoßende, Widerliche wahr. Wer von innen zu erkennen versuche, könne selbst in harten Fundamentalismen noch ein Körnchen Wahrheit entdecken.
Wie viele literarische Vorläufer erfährt Theo eine education sentimentale und entdeckt beim Reisen sein wahres Selbst. In Luxor tanzt er entspannt mit einem gleichaltrigen Knaben, fällt in Trance und hört ganz nahe ein Herz schlagen. Er lernt auch aus dem Bauch zu atmen. Selbstvergessen vernimmt er die nahe Stimme eines Zwillings. Erst spät beichtet ihm die Mutter das Grundgeheimnis seines Lebens, den Tod seiner Zwillingsschwester bei der Geburt. Dies wirkt befreiend und heilsam. Theo kann nun das Eigenrecht des Herzens gegenüber dem Verstand anerkennen und mit anderen mitleiden. Er lernt schweigen und erschließt sich die Erkenntnis, daß kein Mensch sich völlig transparent ist.
Catherine Clément verkündet ein liberalreligiöses Credo: Jede Religion könne zwar in Intoleranz umschlagen, recht verstanden dienten religiöse Symbole aber der humanen Selbstbegrenzung des Menschen. Er könne sich in seinen Schwächen annehmen. Zum Schluß lehrt Tante Marthe Theo ein altes protestantisches Gebet: "Behaltet, was immer euer Arbeiten und Sehnen sein mag, in der lärmenden Wirrnis des Lebens den Frieden eurer Seele. Strebt danach, glücklich zu sein". Auch wegen dieses frommen Ausklangs dürfte "Theos Reise" zum idealen Konfirmationsgeschenk werden - aus der Sicht der Erwachsenen. Jugendliche müßten schon so altklug wie Theo sein und den langen Atem eines Yogi besitzen, um sich auf allen Stationen dieser Reise belehren zu lassen.
FRIEDRICH WILHELM GRAF.
Catherine Clément: "Theos Reise". Roman über die Religionen der Welt. Aus dem Französischen von Uli Aumüller und Tobias Scheffel. Carl Hanser Verlag, München 1998. 600 S., geb., 39,80 DM. Ab 13 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Seelenruhe, Selbsterkenntnis, Spezialwissen: "Theos Reise" von Catherine Clément
Theo aus Paris ist ein hübscher Einserschüler, den alle gern haben. Nachts liest er Bücher über ägyptische Mumien. Tagsüber befragt er per Mausklick das Orakel von Delphi. Doch religiöser Glaube bleibt dem Jungen fremd; als aufgeklärte Naturwissenschaftler lassen seine Eltern ihn nicht am Religionsunterricht teilnehmen. In der Pubertät befällt den labilen Jungen eine rätselhafte Krankheit. Die Ärzte sind machtlos, und Tante Marthe, die an der Börse ihr Vermögen mehrt und überall einflußreiche Freunde hat, empfiehlt eine alternative Therapie und schenkt Theo eine Weltreise. Beide besuchen alle großen Heiligtümer der Weltreligionen. Der überdrehte Jugendliche soll seine Todesangst überwinden lernen.
Schon auf dem Flug nach Jerusalem, der ersten Station, erkennt Theo, "wie wenig ich weiß". Ein Rabbi, ein Scheich und ein Dominikanerpater erläutern ihm die großen monotheistischen Glaubenssysteme sowie den häufig gewalttätig ausgetragenen Streit um die Bilder von Gott. In der Hauptstadt der drei Weltreligionen wird Theo von produktivem Zweifel erfaßt. Bald ahnt er, daß sich Wahrheit in vielerlei Gestalt ausdrücken kann. Der greise Scheich rät ihm, auf seine innere Stimme zu hören. Dann werde er die Kraft Gottes in sich spüren und zur Seelenruhe zurückfinden.
Von Jerusalem geht es nach Kairo und Luxor, dann nach Rom und zu zehn weiteren Orten, bis nach Delphi, wo die Reise endet. Catherine Clément inszeniert das Finale als grandioses Versöhnungsfest. Theos viele Führer zu den Religionen feiern im heiligen Hain seine Genesung. Tante Marthe heiratet einen ekstatisch tanzenden Brasilianer, und Theos Mutter ist mit Zoe, einem Mädchen mit dem Namen "die Lebende", schwanger. Das Leben hat über den Tod gesiegt. Theo kann lachen und den gegenwärtigen Moment genießen. Mitten im Endlichen erfährt er sich als eins mit dem Unendlichen.
Für den Leser wird diese Religionsexpedition zur anstrengenden Bildungsreise. Er muß viel theologische Gelehrsamkeit und Spezialwissen über religiöse Kulte verarbeiten. Kluge Kardinäle, Yogis und Gurus bringen ihre Einsichten nahe. Das Spektrum reicht von den antiken Polytheismen und den neuen synkretistischen Riten Afrikas bis hin zu Webers These über die calvinistischen Ursprünge des Geistes des Kapitalismus. Neben zarter Mystik werden grausame Opferkulte und heilige Erotik geschildert. Im kursiv gesetzten Tagebuch faßt Theo seine Erkenntnisse knapp zusammen. Ein exzellentes Sachregister macht den Roman auch zum Nachschlagewerk. Insgesamt folgt Clément der hermeneutischen Perspektive, die der Rabbi Elieser Theo an der Klagemauer eröffnet. Wer fremde Religionen allein von außen sehe, nehme nur das Abstoßende, Widerliche wahr. Wer von innen zu erkennen versuche, könne selbst in harten Fundamentalismen noch ein Körnchen Wahrheit entdecken.
Wie viele literarische Vorläufer erfährt Theo eine education sentimentale und entdeckt beim Reisen sein wahres Selbst. In Luxor tanzt er entspannt mit einem gleichaltrigen Knaben, fällt in Trance und hört ganz nahe ein Herz schlagen. Er lernt auch aus dem Bauch zu atmen. Selbstvergessen vernimmt er die nahe Stimme eines Zwillings. Erst spät beichtet ihm die Mutter das Grundgeheimnis seines Lebens, den Tod seiner Zwillingsschwester bei der Geburt. Dies wirkt befreiend und heilsam. Theo kann nun das Eigenrecht des Herzens gegenüber dem Verstand anerkennen und mit anderen mitleiden. Er lernt schweigen und erschließt sich die Erkenntnis, daß kein Mensch sich völlig transparent ist.
Catherine Clément verkündet ein liberalreligiöses Credo: Jede Religion könne zwar in Intoleranz umschlagen, recht verstanden dienten religiöse Symbole aber der humanen Selbstbegrenzung des Menschen. Er könne sich in seinen Schwächen annehmen. Zum Schluß lehrt Tante Marthe Theo ein altes protestantisches Gebet: "Behaltet, was immer euer Arbeiten und Sehnen sein mag, in der lärmenden Wirrnis des Lebens den Frieden eurer Seele. Strebt danach, glücklich zu sein". Auch wegen dieses frommen Ausklangs dürfte "Theos Reise" zum idealen Konfirmationsgeschenk werden - aus der Sicht der Erwachsenen. Jugendliche müßten schon so altklug wie Theo sein und den langen Atem eines Yogi besitzen, um sich auf allen Stationen dieser Reise belehren zu lassen.
FRIEDRICH WILHELM GRAF.
Catherine Clément: "Theos Reise". Roman über die Religionen der Welt. Aus dem Französischen von Uli Aumüller und Tobias Scheffel. Carl Hanser Verlag, München 1998. 600 S., geb., 39,80 DM. Ab 13 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Abenteuerroman und Enzyklopädie, Entwicklungsroman und ein Stück farbenprächtige Reiseliteratur. Amüsant, spannend und leicht zu lesen." (FOCUS)
»Während Sofies Welt von Jostein Gaarder die Geschichte der Philosophie Revue passieren lässt, bietet Theos Reise einen synchronen Schnitt durch die aktuellen Religionen.« (Tages-Anzeiger)
»Während Sofies Welt von Jostein Gaarder die Geschichte der Philosophie Revue passieren lässt, bietet Theos Reise einen synchronen Schnitt durch die aktuellen Religionen.« (Tages-Anzeiger)
"So erfährt man ganz nebenbei, erzählerisch witzig und spannend verpackt, Wissenswertes über die drei großen Religionen." Hits für Kids
'Theos Reise', seit Wochen auf der Bestsellerliste, bietet ähnlich wie 'Sofies Welt', einen unterhaltsamen Weg, Religionen dieser Welt kennenzulernen." Stuttgarter Nachrichten
"Das ist Literatur für all diejenigen, die ihre kindliche Neugier nicht verloren haben." Der neue Tag
"...Keines der Bücher enthält so viele Informationen wie 'Theos Reise', das dennoch amüsant, spannend und leicht zu lesen ist." Focus
"Während Sofies Welt' von Jostein Gaarder die Geschichte der Philosophie Revue passieren lässt, bietet 'Theos Reise' einen synchronen Schnitt durch die aktuellen Religionen." Tages-Anzeiger
'Theos Reise', seit Wochen auf der Bestsellerliste, bietet ähnlich wie 'Sofies Welt', einen unterhaltsamen Weg, Religionen dieser Welt kennenzulernen." Stuttgarter Nachrichten
"Das ist Literatur für all diejenigen, die ihre kindliche Neugier nicht verloren haben." Der neue Tag
"...Keines der Bücher enthält so viele Informationen wie 'Theos Reise', das dennoch amüsant, spannend und leicht zu lesen ist." Focus
"Während Sofies Welt' von Jostein Gaarder die Geschichte der Philosophie Revue passieren lässt, bietet 'Theos Reise' einen synchronen Schnitt durch die aktuellen Religionen." Tages-Anzeiger
»Während Sofies Welt< von Jostein Gaarder die Geschichte der Philosophie Revue passieren lässt, bietet >Theos Reise< einen synchronen Schnitt durch die aktuellen Religionen.« Tages-Anzeiger, Zürich