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Der nunmehr in dritter Ausgabe vorliegende "Wegweiser Theresienstadt" führt sachkundig durch Geschichte und Gegenwart der nordböhmischen Festungsstadt, die während des Zweiten Weltkrieges als Konzentrationslager für Juden aus dem "Protektorat Böhmen und Mähren" bzw. ganz Europa diente. Heute ist Terezín/Theresienstadt eine tschechische Kleinstadt, die wegen der nahezu unversehrten Anlagen der Theresienstädter Gedenkstätte von Menschen aus aller Welt besucht wird. Dieser von den ehemals hier internierten Autoren Jehuda Huppert und Hana Drori verfaßte Wegweiser bietet nicht nur Orientierung in…mehr

Produktbeschreibung
Der nunmehr in dritter Ausgabe vorliegende "Wegweiser Theresienstadt" führt sachkundig durch Geschichte und Gegenwart der nordböhmischen Festungsstadt, die während des Zweiten Weltkrieges als Konzentrationslager für Juden aus dem "Protektorat Böhmen und Mähren" bzw. ganz Europa diente. Heute ist Terezín/Theresienstadt eine tschechische Kleinstadt, die wegen der nahezu unversehrten Anlagen der Theresienstädter Gedenkstätte von Menschen aus aller Welt besucht wird. Dieser von den ehemals hier internierten Autoren Jehuda Huppert und Hana Drori verfaßte Wegweiser bietet nicht nur Orientierung in der Stadt, sondern führt durch Informationen zu Alltag und Aufbau des ehemaligen Lagers auch tiefer in die Materie ein. Bilder, Aussagen, Gedichte und Zeichnungen von ehemaligen Häftlingen bereichern den in seiner Art einzigartigen Wegweiser.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.05.2007

Summen in der Luft

"Der Führer schenkt den Juden eine Stadt", höhnte 1944 ein nationalsozialistischer Propagandafilm. Die Stadt lag in Nordböhmen, knapp sechzig Kilometer von Prag entfernt, 1780 von Kaiser Joseph II. als Festung gegen eine befürchtete preußische Intervention auf dem Reißbrett entwickelt und nach dem Vornamen der Mutter der Kaiserin benannt: Theresienstadt, später Terezín. Da war aus der Garnison eine kleine Stadt geworden, mit einer tschechischen Bevölkerung von knapp siebentausend Einwohnern, die nach Zerschlagung der Tschechoslowakei durch das Hitler-Deutschland zwangsumgesiedelt wurden, weil die SS im Jahr 1941 beschlossen hatte, über Theresienstadt ihre schwarze Fahne aufzuziehen und den Ort in ein Konzentrationslager umzuwandeln, in ein "Mustergetto". Auf dieses dem direkten Befehl Adolf Eichmanns unterstellte "Vorzeigelager", in dem den darin bis 1945 zusammengepferchten hundertundfünfzigtausend Juden eine scheinbare Selbstverwaltung zugebilligt wurde, mit einem von ihnen gestalteten religiösen und kulturellen Leben, fiel später sogar eine Delegation des Internationalen Roten Kreuzes herein und gab nach einer Besichtigung des Lagers eine positive Bewertung ab. Wie die Wirklichkeit in Theresienstadt aussah, zeigt das kleine Handbuch von Jehuda Huppert und Hana Drori, zwei Überlebenden von Theresienstadt. Wer den Befehlen der Deutschen nicht unmittelbar folgte, wurde von den SS-Männern im Keller der Kommandantur gefoltert. Eine andere Demütigung bestand darin, dass die jüdische Verwaltung selber die Listen zusammenstellen konnte mit den Namen derjenigen, die Theresienstadt "Richtung Osten", nach Auschwitz, verlassen mussten, weil in der kleinen, nur als Sammel- und Durchgangslager geplanten Gettostadt "Platz" geschafft werden musste für neue Häftlinge, die die SS aus Böhmen und Mähren, Deutschland, Österreich, Dänemark, den Niederlanden, Ungarn und der Slowakei in das Lager brachten. Es werde für immer eine unbeantwortete Frage bleiben, schreibt das Autorenpaar, was die Häftlinge empfunden haben, wenn sie sich zu Lesungen und Konzerten versammelten, ob sie zum Beispiel Hilfe und Trost fanden, wenn sie einer Aufführung von Verdis Totenmesse, dem Requiem, lauschten. In der Stadt, die "der Führer den Juden schenkte", hatten die Straßen keine Namen, sondern Buchstaben und Nummern. Wie ein Schachbrett entworfen, gab es sogenannte L- und Q-Straßen - L stand für Längsstraßen in Nord-Süd-Richtung und Q für Querstraßen. Hinter der Anschrift "L 417" verbarg sich folglich das Haus Nr. 17 in der vierten Längsstraße. Besonders alte Leute waren der erniedrigenden Not ausgesetzt - sie wurden auf Dachböden der ehemaligen Kasernen "ausgelagert" und mussten auf steinernen Fußböden schlafen, inmitten ihrer Exkremente, weil die einige Stockwerke tiefer liegenden Toiletten für sie nicht mehr erreichbar waren. Da die SS kurz vor Ende des Krieges nicht alle Dokumente vernichten konnte, führt dieses sorgfältig informierende Handbuch auch einige Zeichnungen vor, auf denen die Gettohäftlinge ihr Zwangsleben in Theresienstadt festgehalten haben, Hunger, Krankheit und Tod, oft in Gestalt von Totenwagen in den engen Gassen. Dann waren die SS-Leute auf einmal verschwunden, und kurz darauf wussten die Überlebenden auch, warum: Am 8. Mai 1945 war "ein Summen in der Luft wie von einem riesigen Bienenschwarm". Alle eilten an die Fenster, und dann sahen sie, wer das immer lauter werdende Summen und Brummen verursachte: Die Panzer der Roten Armee hatten Theresienstadt erreicht.

Lin.

"Theresienstadt. Ein Wegweiser" von Jehuda Huppert und Hana Drori. Vitalis Verlag, Prag 2006. 120 Seiten, mehr als hundert Farb- und Schwarzweißbildern sowie Zeichnungen, ein Stadtplan. Broschiert, 9,90 Euro. ISBN 3-89919-089-0.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Schrecklich-schöner Wegweiser. Darf ein Buch über ein Konzentrationslager schön gestaltet sein? Der "Wegweiser" durch Theresienstadt von Hana Drori und Jehuda Huppert ist es, man nimmt das kleine Buch aus dem deutschsprachigen Prager Vitalis-Verlag tatsächlich gerne in die Hand, auch wenn darin eines der schrecklichsten Kapitel der jüdischen Geschichte des 20. Jahrhunderts erzählt wird. ... In diesem Buch erfährt man alles über Theresienstadt." (Tagesspiegel, 12.11.2000)