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The author of the celebrated bestseller The English and Their History puts Brexit in its historical context
Geography comes before history. Islands cannot have the same history as continental plains. The United Kingdom is a European country, but not the same kind of European country as Germany, Poland or Hungary. For most of the 150 centuries during which Britain has been inhabited it has been on the edge, culturally and literally, of mainland Europe.
In this succinct book, Tombs shows that the decision to leave the EU is historically explicable - though not made historically inevitable - by Britain's very different historical experience, especially in the twentieth century, and because of our more extensive and deeper ties outside Europe. He challenges the orthodox view that Brexit was due solely to British or English exceptionalism: in choosing to leave the EU, the British, he argues, were in many ways voting as typical Europeans.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
The author of the celebrated bestseller The English and Their History puts Brexit in its historical context
Geography comes before history. Islands cannot have the same history as continental plains. The United Kingdom is a European country, but not the same kind of European country as Germany, Poland or Hungary. For most of the 150 centuries during which Britain has been inhabited it has been on the edge, culturally and literally, of mainland Europe.
In this succinct book, Tombs shows that the decision to leave the EU is historically explicable - though not made historically inevitable - by Britain's very different historical experience, especially in the twentieth century, and because of our more extensive and deeper ties outside Europe. He challenges the orthodox view that Brexit was due solely to British or English exceptionalism: in choosing to leave the EU, the British, he argues, were in many ways voting as typical Europeans.
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Frankfurter Allgemeine ZeitungBeinahe ein Remainer
Der englische Historiker Robert Tombs begründet in seinem neuen Buch, warum der Brexit richtig gewesen sei.
Von Gina Thomas, London
Auf dem Papier entspricht Robert Tombs dem klassischen Profil eines Remainers. Als emeritierter Geschichtsprofessor der Universität Cambridge gehört er der akademischen Zunft an, die zu neunzig Prozent gegen den Austritt Großbritanniens aus der EU gestimmt hat. Außerdem widerspricht er mit seinen engen Verbindungen zum europäischen Festland dem Klischee des insularen Euroskeptikers. Tombs besitzt durch die Ehe mit einer Französin eine doppelte Staatsangehörigkeit. Bevor er vor sieben Jahren eine ebenso monumentale wie originell gedachte und geschriebene Geschichte Englands vorlegte, errang er in Fachkreisen hohes Ansehen mit Studien zur französischen Geschichte des 19. Jahrhunderts.
Der tausend Seiten umfassende Band "The English and their History" zeichnete die Entwicklung einer ausgeprägt englischen - im Gegensatz zu einer britischen - Identität nach. Er traf in der sich aufheizenden Europa-Debatte einen Nerv. Der Erfolg beförderte Tombs ins Licht der Öffentlichkeit. Als vielgefragter Kolumnist wurde er zum öffentlichen Intellektuellen, der das Eintreten für den Brexit mit historischen Betrachtungen untermauerte und mit der von ihm mitgegründeten Website "Briefings for Brexit" ein akademisch fundiertes Gegengewicht zu dem, wie er meinte, von der liberalen europhilen Elite beherrschten Diskurs über das Für und Wider der Mitgliedschaft in der EU zu bilden suchte.
Dabei war Tombs ein Spätbekehrter. Wie er jetzt im Vorwort zu einer schwungvollen, von ironischem Witz durchsetzten Nachbetrachtung des Kampfes um den Brexit darlegt, haben ihn zwei Schlüsselmomente umgestimmt: das "Jetzt oder vielleicht nie" des Politikwissenschaftlers Chris Bickerton auf die Frage, ob es nicht ratsamer sei, vorerst abzuwarten und erst auszusteigen, wenn die Probleme in der EU sich verschärften; und die Einschätzung des amerikanischen Ökonomen Kenneth Arrow, den Tombs wenige Tage vor dem Brexit-Referendum im Juni 2016 bei einer Begegnung im Hause von Freunden in Cambridge fragte, ob der Austritt aus der EU eine wirtschaftliche Katastrophe bedeuten werde. Arrows erwiderte, dass Anpassungen erforderlich sein würden, der Brexit "aber bestimmt keine Katastrophe" verursachen werde. Tombs bekennt: "Wenn er das Gegenteil gesagt hätte, hätte ich vielleicht Remain gewählt."
Stattdessen ist er zum intellektuellen Vorreiter des Mythos der Brexit-Fraktion geworden, wonach sich der demokratische David gegen die übermächtigen Remainers durchgesetzt habe, die den demokratischen Prozess mit allen Mitteln zu vereiteln versucht hätten. Das Büchlein mit dem Titel "This Sovereign Isle: Britain In and Out of Europe", das Tombs jetzt vorgelegt hat, ist eine Art Nachtrag zu seiner großartigen englischen Geschichte. Der Ton ist aber eher der eines Partisanen als eines Geschichtswissenschaftlers. Dem Eröffnungkapitel mit einem äußerst straffen Resümee der historischen Beziehungen Britanniens zu Europa über die Jahrhunderte hinweg folgt die Darstellung des britischen Beitritts zur europäischen Gemeinschaft als eines Grundfehlers, der dem durch Geographie und Geschichte geprägten Wesen der Nation und ihren Interessen zuwidergelaufen sei. Den Fehler führt Tombs auf die Kultur der Desillusion zurück, mit der er das von ihm in Frage gestellte Narrativ des nationalen Niedergangs nach dem Verlust des Empires meint, der die Briten veranlasst habe, Europa als Rettungsboot zu betrachten. Dieses Narrativ beruhe auf "substanzlosen und illusorischen Analysen" und dem "elementaren Missverständnis", Britannien mit den europäischen Ländern zu vergleichen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von unverhofftem Wachstum profitiert hätten. In dem langen Zögern vor dem Beitritt zur europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sieht Tombs die Ursprünge des "festgezimmerten Mythos" einer verpassten Chance, die bei EU-Befürwortern die Überzeugung nährte, dass Britannien nie wieder zurückgelassen werden dürfe, koste es, was es wolle.
Tombs zieht das berühmte Staatspapier von 1820 heran, in dem Lord Castlereagh, "vielleicht unser größter Außenminister", seine Politik der Nichteinmischung formulierte. Großbritannien werde nur eingreifen, wenn das europäische System tatsächlich bedroht sei: "Dieses Land kann und wird nicht nach abstrakten und spekulativen Grundsätzen handeln." Das britische Ideal sei ein "friedliches, frei handelndes Europa gewesen", schreibt Tombs und behauptet, die Briten seien weder emotional noch intellektuell auf das europäische Projekt eingeschworen gewesen.
Aufgrund seiner eigenen These ist Tombs verwundert darüber, dass so viele Briten 2016 für den Verbleib in der EU gestimmt haben. Das knappe Ergebnis schreibt er der Propaganda der Remain-Kampagne und der Übermacht der Remain-Elite zu, zu der die BBC, die Hochschulen und die vom EU-Protektionismus profitierenden multinationalen Großunternehmen gehörten. Tombs lässt kein gutes Haar an der EU. Er bedauert Irland dafür, dass es wegen seiner Zugehörigkeit zur Eurozone gezwungen worden sei, sich dem harschen Regiment des Internationalen Währungsfonds und der EU unterzuordnen. Dabei hat Irland jahrzehntelang nicht nur materiell von der EU profitiert. Das Bündnis hat auch die Befreiung aus dem Würgegriff der Kirche ermöglicht.
Vor lauter Begeisterung über die "Magna-Carta-Tradition", der zufolge das Volk über grundlegende Fragen entscheide und die Herrscher gehorchten, findet auch das von Clement Attlee formulierte und von Margaret Thatcher unterschriebene Argument keine Erwähnung, dass Volksbefragungen, ein "Instrument von Diktatoren und Demagogen" (Thatcher), verfassungswidrig seien und den britischen Traditionen zuwiderliefen. Bezeichnend ist in Hinblick auf die von Tombs heruntergespielte Sorge, dass der Brexit die nationalistischen Tendenzen der keltischen Länder schüren und den Zusammenbruch des Vereinigten Königreiches befördern werde, der Buchtitel "Diese souveräne Insel" - wohl in Anspielung auf das große Loblied von Shakespeares Gaunt auf das gekrönte Eiland, bei dem jedoch nur von England die Rede ist, nicht von den britischen Inseln. In seiner Danksagung erwähnt Tombs, dass seine Frau eine Remainerin geblieben sei. Vielleicht lässt sich aus diesem Bündnis die Hoffnung schöpfen, dass die beiden Lager nun, da die Frage entschieden ist, nach den Jahren des bitteren Zwists tatsächlich an einem Strang ziehen.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der englische Historiker Robert Tombs begründet in seinem neuen Buch, warum der Brexit richtig gewesen sei.
Von Gina Thomas, London
Auf dem Papier entspricht Robert Tombs dem klassischen Profil eines Remainers. Als emeritierter Geschichtsprofessor der Universität Cambridge gehört er der akademischen Zunft an, die zu neunzig Prozent gegen den Austritt Großbritanniens aus der EU gestimmt hat. Außerdem widerspricht er mit seinen engen Verbindungen zum europäischen Festland dem Klischee des insularen Euroskeptikers. Tombs besitzt durch die Ehe mit einer Französin eine doppelte Staatsangehörigkeit. Bevor er vor sieben Jahren eine ebenso monumentale wie originell gedachte und geschriebene Geschichte Englands vorlegte, errang er in Fachkreisen hohes Ansehen mit Studien zur französischen Geschichte des 19. Jahrhunderts.
Der tausend Seiten umfassende Band "The English and their History" zeichnete die Entwicklung einer ausgeprägt englischen - im Gegensatz zu einer britischen - Identität nach. Er traf in der sich aufheizenden Europa-Debatte einen Nerv. Der Erfolg beförderte Tombs ins Licht der Öffentlichkeit. Als vielgefragter Kolumnist wurde er zum öffentlichen Intellektuellen, der das Eintreten für den Brexit mit historischen Betrachtungen untermauerte und mit der von ihm mitgegründeten Website "Briefings for Brexit" ein akademisch fundiertes Gegengewicht zu dem, wie er meinte, von der liberalen europhilen Elite beherrschten Diskurs über das Für und Wider der Mitgliedschaft in der EU zu bilden suchte.
Dabei war Tombs ein Spätbekehrter. Wie er jetzt im Vorwort zu einer schwungvollen, von ironischem Witz durchsetzten Nachbetrachtung des Kampfes um den Brexit darlegt, haben ihn zwei Schlüsselmomente umgestimmt: das "Jetzt oder vielleicht nie" des Politikwissenschaftlers Chris Bickerton auf die Frage, ob es nicht ratsamer sei, vorerst abzuwarten und erst auszusteigen, wenn die Probleme in der EU sich verschärften; und die Einschätzung des amerikanischen Ökonomen Kenneth Arrow, den Tombs wenige Tage vor dem Brexit-Referendum im Juni 2016 bei einer Begegnung im Hause von Freunden in Cambridge fragte, ob der Austritt aus der EU eine wirtschaftliche Katastrophe bedeuten werde. Arrows erwiderte, dass Anpassungen erforderlich sein würden, der Brexit "aber bestimmt keine Katastrophe" verursachen werde. Tombs bekennt: "Wenn er das Gegenteil gesagt hätte, hätte ich vielleicht Remain gewählt."
Stattdessen ist er zum intellektuellen Vorreiter des Mythos der Brexit-Fraktion geworden, wonach sich der demokratische David gegen die übermächtigen Remainers durchgesetzt habe, die den demokratischen Prozess mit allen Mitteln zu vereiteln versucht hätten. Das Büchlein mit dem Titel "This Sovereign Isle: Britain In and Out of Europe", das Tombs jetzt vorgelegt hat, ist eine Art Nachtrag zu seiner großartigen englischen Geschichte. Der Ton ist aber eher der eines Partisanen als eines Geschichtswissenschaftlers. Dem Eröffnungkapitel mit einem äußerst straffen Resümee der historischen Beziehungen Britanniens zu Europa über die Jahrhunderte hinweg folgt die Darstellung des britischen Beitritts zur europäischen Gemeinschaft als eines Grundfehlers, der dem durch Geographie und Geschichte geprägten Wesen der Nation und ihren Interessen zuwidergelaufen sei. Den Fehler führt Tombs auf die Kultur der Desillusion zurück, mit der er das von ihm in Frage gestellte Narrativ des nationalen Niedergangs nach dem Verlust des Empires meint, der die Briten veranlasst habe, Europa als Rettungsboot zu betrachten. Dieses Narrativ beruhe auf "substanzlosen und illusorischen Analysen" und dem "elementaren Missverständnis", Britannien mit den europäischen Ländern zu vergleichen, die nach dem Zweiten Weltkrieg von unverhofftem Wachstum profitiert hätten. In dem langen Zögern vor dem Beitritt zur europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sieht Tombs die Ursprünge des "festgezimmerten Mythos" einer verpassten Chance, die bei EU-Befürwortern die Überzeugung nährte, dass Britannien nie wieder zurückgelassen werden dürfe, koste es, was es wolle.
Tombs zieht das berühmte Staatspapier von 1820 heran, in dem Lord Castlereagh, "vielleicht unser größter Außenminister", seine Politik der Nichteinmischung formulierte. Großbritannien werde nur eingreifen, wenn das europäische System tatsächlich bedroht sei: "Dieses Land kann und wird nicht nach abstrakten und spekulativen Grundsätzen handeln." Das britische Ideal sei ein "friedliches, frei handelndes Europa gewesen", schreibt Tombs und behauptet, die Briten seien weder emotional noch intellektuell auf das europäische Projekt eingeschworen gewesen.
Aufgrund seiner eigenen These ist Tombs verwundert darüber, dass so viele Briten 2016 für den Verbleib in der EU gestimmt haben. Das knappe Ergebnis schreibt er der Propaganda der Remain-Kampagne und der Übermacht der Remain-Elite zu, zu der die BBC, die Hochschulen und die vom EU-Protektionismus profitierenden multinationalen Großunternehmen gehörten. Tombs lässt kein gutes Haar an der EU. Er bedauert Irland dafür, dass es wegen seiner Zugehörigkeit zur Eurozone gezwungen worden sei, sich dem harschen Regiment des Internationalen Währungsfonds und der EU unterzuordnen. Dabei hat Irland jahrzehntelang nicht nur materiell von der EU profitiert. Das Bündnis hat auch die Befreiung aus dem Würgegriff der Kirche ermöglicht.
Vor lauter Begeisterung über die "Magna-Carta-Tradition", der zufolge das Volk über grundlegende Fragen entscheide und die Herrscher gehorchten, findet auch das von Clement Attlee formulierte und von Margaret Thatcher unterschriebene Argument keine Erwähnung, dass Volksbefragungen, ein "Instrument von Diktatoren und Demagogen" (Thatcher), verfassungswidrig seien und den britischen Traditionen zuwiderliefen. Bezeichnend ist in Hinblick auf die von Tombs heruntergespielte Sorge, dass der Brexit die nationalistischen Tendenzen der keltischen Länder schüren und den Zusammenbruch des Vereinigten Königreiches befördern werde, der Buchtitel "Diese souveräne Insel" - wohl in Anspielung auf das große Loblied von Shakespeares Gaunt auf das gekrönte Eiland, bei dem jedoch nur von England die Rede ist, nicht von den britischen Inseln. In seiner Danksagung erwähnt Tombs, dass seine Frau eine Remainerin geblieben sei. Vielleicht lässt sich aus diesem Bündnis die Hoffnung schöpfen, dass die beiden Lager nun, da die Frage entschieden ist, nach den Jahren des bitteren Zwists tatsächlich an einem Strang ziehen.
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confident ... surprising and original ... and humble ... Tombs's opening chapter, putting Britain's relationship with Europe into a wider historical context, offers more insights than entire shelves of rival Brexit books. "Geography comes before history," he begins. "Islands cannot have the same history as continental plains. The United Kingdom is a European country, but not the same kind of European country as Germany, Poland or Hungary." ... Like all good historians, Tombs can be entertainingly bitchy [yet] all the time, with elegant wit, he punctures myth after myth Dominic Sandbrook Sunday Times