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Also dieses Buch hat es wirklich in sich. Thomas Kellners 34. Monografie ist die wohl umfangreichste inhaltliche und künstlerische Aufarbeitung zur Geschichte der Kapellenschulen, die bis jetzt erschienen ist. Das Buch bettet sich ein in Kellners kulturhistorische Siegerland Arbeiten."Thomas Kellners Werkkomplex lädt dazu ein, mit dem außergewöhnlichen Blick auf architektonische Details, auf die Gesamtgestalt, die Maßverhältnisse und Proportionen der fotografischen Neuformulierung, Interesse für die Mühen und die Bedeutung des Bildungswesens im ländlichen Raum zu wecken, welches ja den…mehr

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Produktbeschreibung
Also dieses Buch hat es wirklich in sich. Thomas Kellners 34. Monografie ist die wohl umfangreichste inhaltliche und künstlerische Aufarbeitung zur Geschichte der Kapellenschulen, die bis jetzt erschienen ist. Das Buch bettet sich ein in Kellners kulturhistorische Siegerland Arbeiten."Thomas Kellners Werkkomplex lädt dazu ein, mit dem außergewöhnlichen Blick auf architektonische Details, auf die Gesamtgestalt, die Maßverhältnisse und Proportionen der fotografischen Neuformulierung, Interesse für die Mühen und die Bedeutung des Bildungswesens im ländlichen Raum zu wecken, welches ja den kulturellen Hintergrund, den "Humus" des architektonischen Phänomens Kapellenschule bildet."- Andrea Gnam
Autorenporträt
Thomas Kellner (Bonn 1966) is a German photographic artist known for his photographs of dancing buildings and interiors from around the world. For over two decades, Kellner has been exploring the pictorial possibilities of the contact sheet and has been particularly inspired by American cities, architectures and landscapes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2021

Dein Haus ist mein Spielzeug

Nichts zu sehen vom alten Fachwerk: Der Fotograf Thomas Kellner folgt im Siegerland den Spuren von Bernd und Hilla Becher.

Von Freddy Langer

Als wir schon einige Zeit an der Eiserntalstraße geparkt hatten, bei Regen im Auto blieben, um zu plaudern, und zwischen den Schauern ausgestiegen waren, um ein paar Fotos der Häuser entlang der Straße aufzunehmen, ging dann doch irgendwann eine Tür auf, und es kam ein älterer Herr heraus, stieg zwei, drei Stufen hinunter, schaute uns scharf an in einer Mischung aus Neugierde und Skepsis, schüttelte kaum merklich den Kopf, und noch bevor wir das Fenster hätten herunterlassen können, um zu grüßen und ihn vielleicht in ein Gespräch zu verwickeln, war er wieder in seinem Haus verschwunden. Klack, und zu war die Tür. Doch was hätten wir ihn auch fragen können? Wie es ist, in einem Haus zu wohnen, dem die Fotografen Bernd und Hilla Becher mit ihrer Typologie der Fachwerkhäuser im Siegerland zu Museumsehren verholfen haben? Ob es häufiger vorkommt, dass Fremde sein Haus inspizieren, als seien sie Immobilienmakler auf der Suche nach Material für ihr Geschäft und nicht Freunde der Kunst? Seit das Museum für Gegenwartskunst in Siegen im Jahr 2017 gemeinsam mit dem Stadt-Marketing eine Broschüre aufgelegt hat mit Abbildungen aller Becher-Bilder aus dem Ortsteil Eiserfeld, aufgenommen in den sechziger und siebziger Jahren, ergänzt um einen Stadtplan und exakte Adressangaben, sollen etliche Verehrer strengster Dokumentarfotografie das als Aufforderung zum Landfriedensbruch missverstanden haben und über Gartenzäune gestiegen sein. Schließlich hätten die Bechers auch die Rückseite der Gebäude fotografiert.

Das Museum bat damals den Siegener Fotografen Thomas Kellner, für diese Broschüre all die Häuser in ihrem aktuellen Zustand aufzunehmen. Kellner ist kein unbekannter; im Gegenteil. Mit Architekturaufnahmen solch berühmter Gebäude wie der Tower Bridge, der Brooklyn Bridge und der Golden Gate Bridge, dem Weißen Haus in Washington, der Oper von Sydney und dem Eiffelturm, die er allesamt auf Kontaktbögen von Kleinbildfilmen in verwirrende Muster zerlegte, hat er einigen Ruhm geerntet. Bei dieser Auftragsarbeit allerdings lag ihm nichts ferner als künstlerische Selbstverwirklichung. Anders als die Bechers fotografierte er deshalb bei Sonnenschein, mit allen Schatten und Tiefen, die das grelle Licht bewirkte. Und in Farbe. "Es war Straßengeknipse", sagt Kellner heute übertrieben bescheiden. Oben groß die Kunst, unten klein die Wirklichkeit, das war sein Konzept für die Seiten der Broschüre. Wobei die Bildpaare aufs Wunderbarste illustrieren, mit welch überzeugender Effektivität etwa moderne Fenster statt alter Sprossenrahmen, Faserzementplatten statt Fachwerk oder stilfreie Vorbauten für den Eingang eine Fassade mit wenigen Sanierungshandgriffen verhässlichen können.

Dann kam Corona. Und als Thomas Kellner während des Lockdowns durch sein elektronisches Bildarchiv blätterte, kam ihm eine Idee. Er holte die Aufnahmen von 2015 hervor und begann, sie zu verfremden. Nicht zu bearbeiten, wie er sagt, sondern sie zu verarbeiten. Erst reduzierte er die Farbe bis nahe ans Schwarzweiß, dann stellte er die Umgebung der Häuser so unscharf, dass die Gebäude im künstlich geschaffenen Raum seltsam klein und verloren wirken. Während Bernd und Hilla Becher die Häuser als Modell einer Wohnkultur begriffen und in ihrer Typologie nicht nur auf die Formenvielfalt der Fassaden achteten, sondern sich von den Bewohnern auch die Geschichte der Häuser erzählen ließen, verwandelte Kellner sie kurzerhand in Modellhäuschen. Mit einem verblüffenden Effekt. Die Bechers näherten sich mit dem distanzierten, nüchternen Blick der Fotogrammetrie, der wissenschaftlichen Bildmessung. Kellner hingegen schaut ausgerechnet über den Umweg der elektronischen Datenverarbeitung mit einen romantisch verklärten Blick auf seine Heimat. Wie niedlich, ist man versucht zu sagen. Allen misslungenen Sanierungen zum Trotz.

"Fachwerkhäuser des Siegener Industriegebietes heute" von Thomas Kellner. Verlag Seltmann Publishers, Berlin 2021. 56 Seiten, 19 Fotografien. Broschiert, 25 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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