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Heinrich Deterings Buch entdeckt und erforscht einen weißen Fleck auf der Landkarte von Thomas Manns Leben und Werk. Dieses Buch erzählt die Geschichte von Thomas Manns bislang unbekannter Beziehung zur Unitarischen Kirche in Kalifornien - eine Geschichte, die vom Verhältnis zwischen Politik und Religion handelt, vom öffentlichen Engagement und von den Aufgaben der Literatur. »Selten, wenn überhaupt je, habe ich ein so lebhaftes und militantes Interesse an irgendeiner religiösen Gruppe genommen«, schreibt Thomas Mann 1951. Heinrich Deterings entdeckungsreiches Buch führt in zentrale Bereiche…mehr

Produktbeschreibung
Heinrich Deterings Buch entdeckt und erforscht einen weißen Fleck auf der Landkarte von Thomas Manns Leben und Werk.
Dieses Buch erzählt die Geschichte von Thomas Manns bislang unbekannter Beziehung zur Unitarischen Kirche in Kalifornien - eine Geschichte, die vom Verhältnis zwischen Politik und Religion handelt, vom öffentlichen Engagement und von den Aufgaben der Literatur. »Selten, wenn überhaupt je, habe ich ein so lebhaftes und militantes Interesse an irgendeiner religiösen Gruppe genommen«, schreibt Thomas Mann 1951. Heinrich Deterings entdeckungsreiches Buch führt in zentrale Bereiche von Thomas Manns Denken und Schreiben im Exil. Es wird ergänzt durch einen Essay von Frido Mann.
»Eine bahnbrechende Studie.« Hans Rudolf Vaget
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Heinrich Detering ist Professor für Deutsche und Vergleichende Literatur an der Universität Göttingen. Über Thomas Mann liegen zahlreiche Veröffentlichungen von ihm vor, u.a. sein Buch 'Thomas Manns amerikanische Religion. Theologie, Politik und Literatur im amerikanischen Exil'. Er ist Mitherausgeber der 'Großen kommentierten Frankfurter Ausgabe' der Werke Thomas Manns.
Rezensionen
Einen etwas ambivalenten Eindruck hat Heinrich Deterings Buch über Thomas Manns Nähe zum amerikanischen Unitarismus bei Rezensent Lorenz Jäger hinterlassen. Dieses in der Forschung bislang unbemerktes Verhältnis betrachtet er als "merkwürdige Episode" im Leben des Großschriftstellers. Deterings Werk schätzt er insofern als wichtig als es sich erstmals und sehr kenntnisreich mit dieser "Episode" in Manns Biografie befasst. Allerdings sieht er die Sympathie, mit der Detering die unitarische Religion, die in seinen Augen theologisch sehr dürftig ist, skeptisch. Des Autors "Einschwenken" auf diese typisch amerikanische Religion missfällt ihm sichtlich. Hier hätte er sich mehr Distanz gewünscht. Andererseits lobt er wiederum die profunde Darstellung der Entwicklungsgeschichte des amerikanischen Unitarismus, die das Buch bietet. Ob Manns Hinwendung zum Unitarismus mit der Überwindung seiner "ästhetizistischen Privatreligionen" gleichzusetzen ist, wagt Jäger zu bezweifeln. Er wirft dagegen die Frage auf, ob hier nicht ihr "neues Umkippen in eine weitere, nur diesmal aufklärerisch und humanistisch geprägte intellektuelle Sonderreligion" zu beobachten ist.

© Perlentaucher Medien GmbH

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Eine glänzende Studie erblickt Manfred Koch in Heinrich Deterings Buch über Thomas Manns Verhältnis zur Religion des amerikanischen Unitarismus. Dass die Forschung dieses Thema bislang ignoriert hat, scheint ihm schon etwas merkwürdig. Umso mehr weiß er Deterings auf gründlichen Archivrecherchen basierende Arbeit zu schätzen. Er attestiert dem Autor, Manns Beziehungen zur unitarischen Kirche von Los Angeles, seinen Austausch mit führenden Kirchenvertretern, sein Engagement für die Gemeinde detailreich zu schildern. Erhellend findet er insbesondere die klare Darstellung der Tradition des Unitarismus, dessen humanistischen, pragmatischen und demokratischen Züge Mann überzeugten und ihn auch religiös zum US-Bürger werden ließen.

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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.12.2012

Der Humanist als Ersatzpriester
Merkwürdige Episode: Heinrich Deterings Studie über Thomas Mann und die Unitarische Kirche

Thomas Manns geistige Entwicklung folgt nicht so sehr einer Logik der langsamen, kaum merklichen Revisionen und Umdeutungen; Positionen kippen vielmehr in ihr Gegenteil um, ohne dass die leitenden Begriffe dabei aufgegeben würden. Wenn etwa der Roman "Doktor Faustus" (1947) das Böse, die satanische Versuchung im deutschen Charakter offenlegt, so bildet er ein spätes Echo der Schrift aus dem Ersten Weltkrieg, "Friedrich und die Große Koalition", in der das Wort Maria Theresias über den Preußenkönig - er sei ein "böser Mann" - geradezu als Ehrenzeichen genommen worden war. Die Deutung stand also immer fest, nur ihre Wertung veränderte sich. Und so steht es auch mit "Kultur" und "Zivilisation" und manchen anderen intellektuellen Mustern, mit denen sich Thomas Mann seinen Reim auf die Zeit zu machen suchte.

Heinrich Detering ist nun auf eine merkwürdige Episode im Leben des Schriftstellers gestoßen, die niemandem bisher aufgefallen war. Und das Wort "Episode" ist in diesem Fall eine Untertreibung. Es geht um die Nähe von Thomas Mann zur "Unitarischen Kirche" in Los Angeles, in der er seine Enkel taufen ließ - wenn "Taufe" hier überhaupt das angemessene Wort ist, denn die Unitarier kennen keine Sakramente und sprechen von einer bloßen Zeremonie der Namensgebung - und mit deren Anführer Stephen Fritchman ihn Solidarität oder sogar Freundschaft verband. Einmal hielt Thomas Mann in der Kirche eine Kanzelrede.

Theologisch sind es ziemlich dünne, um nicht zu sagen regelrechte Bettelsuppen, die der Unitarismus bot. Heinrich Detering behandelt sie mit erkennbarer Sympathie; wenn etwas seinem an sich wichtigen Buch schadet, dann ist es das Einschwenken auf diese typisch amerikanisch-protestantische Weisheit, deren Entwicklungsgeschichte aber wiederum sehr kenntnisreich geschildert wird. In kurzem lässt sie sich so zusammenfassen: Mit der Unabhängigkeitserklärung wollten manche Geister des neunzehnten Jahrhunderts, etwa Ralph Waldo Emerson oder Walt Whitman, auch eine spirituelle Unabhängigkeitserklärung verbunden wissen. Im Vorwort zu seiner Gedichtsammlung "Grashalme" hatte Whitman verkündet: "There will soon be no more priests." In diesem geistigen Klima wurde die Gedankenwelt des Arianismus wieder wach, einer antiken Häresie: Danach war Jesus ein großer Mensch und eine große Seele, ein Prophet und Lehrer, eine weltgeschichtliche Lichtgestalt - aber nicht mehr, nicht das, was die Kirchen aus ihm gemacht hatten.

Dieser eher vagen Gedankenwelt gab die "Unitarische Kirche" ihre verfasste Form. Eine dogmenfreie Religion entstand. Ob man sie überhaupt noch "Religion" nennen mag, mit ihrer starken Akzentuierung von Humanität, Welt-Zukunft und säkular-praktischen, sozialen Anliegen, sei dahingestellt. Wir wissen, dass in den Vereinigten Staaten vieles unter dem Namen "Kirche" firmieren kann. Jedenfalls war diese Gruppierung offen für alle, Christen, Buddhisten, Agnostiker, Juden (vornehmlich allerdings, und da kommt der Pferdefuß des aufgeklärten Philosemitismus, für jene, die von dem "archaic life style of organized Judaism" enttäuscht seien).

Was Thomas Mann an dieser Gruppierung anzog, war einerseits ihr praktisches Engagement für Menschen wie seinen Bruder Heinrich, die aus Europa hatten fliehen müssen. Vor allem aber: Er glaubte, hier und nur hier die Einheit von politischem und spirituellem Bekenntnis zur Demokratie gefunden zu haben. Die Demokratie aber war ihm die "Forderung des Tages". Und so, wie der Joseph seines Romanzyklus im dritten Band zum Sozialpolitiker à la Roosevelt wurde, Biblisches und Aktuelles aus dem "New Deal" zu einer eigenartigen Demokratie-Religion verschmolzen, so lehrten es auch die Unitarier. Sehen wir aber wirklich eine Überwindung der ästhetizistischen Privatreligionen der deutschen Jahrhundertwende, des George- und Wagner-Kultes, und nicht vielmehr ihr neues Umkippen in eine weitere, nur diesmal aufklärerisch und humanistisch geprägte intellektuelle Sonderreligion?

Es kommt eine weitere politische Frage hinzu. Etwa zwischen dem spanischen Bürgerkrieg und dem Jahr 1946 gab es in Amerika eine mächtige, nach dem Kriegseintritt 1941 noch verstärkte Tendenz nicht nur zur pragmatischen Zusammenarbeit mit Stalins Sowjetunion. Sondern es gab darüber hinaus eine Art Kurzzeit-Utopie der "One world" als des eigentlichen Kriegsziels, in der sich die Rooseveltsche Linke mit den Kommunisten und ihren Sympathisanten treffen konnte. Genau hier ist der Ort der Unitarischen Kirche, die solchen Träumen einen spirituellen Überbau gab. Das amerikanische Standardwerk von Charles W. Eddis über den Kirchenchef, "Stephen Fritchman: The American Unitarians and Communism - A History with Documents", fand ich aber bei Detering nirgends erwähnt. Die Kommunistenjagd des Senators Joseph McCarthy, die einer ganzen Ära den Namen gab, war maßlos, und daran scheiterte sie am Ende. Es gilt aber darum noch nicht der Umkehrschluss, dass alle damals Beschuldigten lupenreine Liberale gewesen seien.

Die Zeitschrift "Life" druckte im April 1949 steckbriefartige Porträts von Kommunistenfreunden ab, unter ihnen Fritchman. Heinrich Detering versieht die Abbildung mit dem entschärfenden Kommentar "vorgeblich". Die Liste, so meint er, lese sich wie ein Who's who des "liberalen Amerika". So kann man nur schreiben, wenn man entschlossen ist, die Tatsachen zu ignorieren. Wenn es je eine gebildete Stalinistin gab, dann war es Lilian Hellman, die sich auf der Liste findet, bei manchen anderen reicht ein Minimum von Recherche, um sie unter den Anhängern der amerikanisch-sowjetischen Freundschaft oder anderer Tarnorganisationen zu finden. Thomas Mann hatte das törichte Wort vom Antikommunismus als der "Grundtorheit" der Epoche geprägt. Auch darin war er mit der Unitarischen Kirche eines Glaubens.

LORENZ JÄGER

Heinrich Detering: "Thomas Manns amerikanische Religion".

Mit einem Essay von Frido Mann. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012. 352 S., geb., 18,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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