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Furioses literarisches Aufbegehren: Der internationale Bestseller über weibliche Lust, Selbstbestimmung und die Welt nach #MeToo
Drei Frauen, drei Geschichten, drei Beziehungen: Lisa Taddeo hat eine der wichtigsten Bestandsaufnahmen über die Fragilität des Feminismus und starkes weibliches Begehren geschrieben.
Wie weit ist die sexuelle Befreiung tatsächlich gekommen, wenn der Alltag in der Ehe jede Lust an der Lust erstickt? Warum arbeitet sich die Gesellschaft weiterhin an ihrer Misogynie ab, wenn die MeToo-Debatte den Spieß längst umgedreht haben sollte? Und wann beginnt sexuelle
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Produktbeschreibung
Furioses literarisches Aufbegehren: Der internationale Bestseller über weibliche Lust, Selbstbestimmung und die Welt nach #MeToo

Drei Frauen, drei Geschichten, drei Beziehungen: Lisa Taddeo hat eine der wichtigsten Bestandsaufnahmen über die Fragilität des Feminismus und starkes weibliches Begehren geschrieben.

Wie weit ist die sexuelle Befreiung tatsächlich gekommen, wenn der Alltag in der Ehe jede Lust an der Lust erstickt? Warum arbeitet sich die Gesellschaft weiterhin an ihrer Misogynie ab, wenn die MeToo-Debatte den Spieß längst umgedreht haben sollte? Und wann beginnt sexuelle Gewalt gegen Frauen?

Lisa Taddeo kratzt mit »Three Women - Drei Frauen« am Glanz der Gleichberechtigungsillusion und hinterfragt das Fundament des neuen Feminismus. Schonungslos zerlegt sie rosige Vorstellungen über Beziehungen, Ehe und weibliche Lust. Und lässt doch immer wieder die Hoffnung aufscheinen, dass ein Begehren auf Augenhöhe möglich ist.

Das fulminante Debattenbuch über Feminismus als Zweikampf

Seine literarische Kraft und radikale Ehrlichkeit hat »Three Women - Drei Frauen« aus dem Stand zu einem internationalen Bestseller und zur wichtigsten Neuerscheinung 2020 gemacht.

Lisa Taddeo zeigt die Realität jenseits von #MeToo und gibt der Sexismusdebatte mit ihrem New York Times-Bestseller einen völlig neuen Dreh. Mit bisher über 70.000 verkauften Exemplaren in Deutschland ist »Three Women - Drei Frauen« nicht nur ein #1-SPIEGEL-Bestseller. Es ist ein Aufschrei, dem sich niemand entziehen kann.
Autorenporträt
Lisa Taddeo hat als Saul Bellow Fellow in Boston studiert. Sie schreibt Features für Esquire, New Yorker, Elle, Observer und viele andere. Mit 'Three Women - Drei Frauen' gelang ihr ein phänomenaler internationaler Bestseller, der von Presse und Publikum hoch gelobt wurde.
Rezensionen
»Ein journalistisches Bravourstück, in dem es zwar vordergründig um Sex geht, das aber im Kern von universellen Sehnsüchten handelt und von all den zählebigen Widerständen, die dem Verlangen entgegenstehen.« Vogue 20200301
Emotional übertölpelt, sexuell ausgenutzt

Mit ihrer literarisierenden Reportage „Three Women – Drei Frauen“ hat Lisa Taddeo weibliches Begehren studiert – und
in den USA einiges Aufsehen erregt. Ist das Buch mehr als soziopolitisch sublimierte Erotikliteratur?

VON MEREDITH HAAF

Das heiß erwartete Buch von Lisa Taddeo, das im vergangenen Jahr eine mittlere publizistische Sensation in den USA war und nun auf deutsch erscheint, heißt „Three Women – Drei Frauen“, beginnt aber mit der Geschichte einer Vierten: „Als meine Mutter jung war, folgte ihr jeden Morgen ein Mann auf dem Weg zur Arbeit, der hinter ihr masturbierte.“ Taddeo schreibt, sie habe nie so recht verstanden, was ihre – mittlerweile verstorbene – Mutter dazu brachte, sich das gefallen zu lassen. Ob es ihr vielleicht sogar gefiel. Was es für Frauen bedeutet, Objekt der Begierde zu sein und wie das ihr eigenes Begehren prägt, ist das Rätsel, um das sich „Three Women“ dreht.

Es sind gute, aufwühlende Geschichten, die Taddeo bei Maggie, Lina und Sloane gefunden hat, drei Frauen, deren Leben von komplizierten Leidenschaften gezeichnet ist. Sie hat dafür acht Jahre recherchiert, ist teilweise in andere Bundesstaaten gezogen, um ihnen nahe sein zu können: Maggie, heute Mitte 20, war als katholisches Highschool-Mädchen in eine Affäre mit ihrem verheirateten Lehrer verstrickt, der sie emotional übertölpelt und sexuell ausgenutzt hat: „Dann legt er ihre andere Hand auf die ausgebeulte Stelle seiner Anzughose: ‚Spürst du, wie geil du mich machst?‘ Sie hat diesen Satz schon in Filmen gehört und sich immer gewundert, warum Männer so etwas sagen. Will Aaron sie mit seinem steifen Penis beeindrucken?“ Mit solchen tragikomischen Szenen schafft Taddeo das vielschichtige Bild einer jungen Frau, die zu intelligent für das ist, was ihr passiert – aber nicht erfahren genug, um es zu verstehen, mit verheerenden persönlichen Folgen.

Die emotional interessanteste Figur in diesem Buch ist die Hausfrau Lina, Anfang 30 und todunglücklich verheiratet mit einem Postboten, der ihr ein großes Haus gekauft hat, aber sie nicht küsst, was für sie ein Quell unendlichen Schmerzes ist: „Vielleicht lag es daran, dass sie in der Highschool zu wenig geknutscht hatte. Es hatte ihr nie gereicht. Wie gern hätte sie eine ganze Nacht damit verbracht, zwölf Stunden lang nur knutschen, aber es waren nie mehr als hie und da ein paar Minuten gewesen.“ Lina beginnt eine Affäre mit einem Ex-Freund, der zwar einen dicken Bauch und mit seiner Frau zwei Kinder hat, aber dessen Geschlechtsteil sich für sie „wie ein Rubin“ anfühlt (was auch immer das heißt). Aidan „behandelt sie furchtbar (...) er nimmt fast nie Rücksicht auf ihr Herz“, aber für zwanzigminütige Treffen mit ihm organisiert sie ihre Kinder weg und nimmt stundenlange Autofahrten auf sich.

Die „edle“ Restaurantbesitzerin Sloane, die dritte Protagonistin, wiederum wird von vielen Männern sehr geliebt, insbesondere ihrem eigenem, einem Koch, der sie „fast karnickelhaft“ begehrt und ihr außerdem gern beim Sex mit anderen Leuten zusieht. Ein Erkenntnisgewinn ihrer Geschichte ist der logistische Aufwand, den solche Bedürfnisse bedeuten. Sloane sieht überdurchschnittlich gut aus und kommt aus einer reichen Familie, sie hat zwei Kinder, zwei Autos und einen immensen „Mental Load“, aber möglicherweise nicht viele echte Freunde. Schließlich wählt ihr Mann einen sehr attraktiven Kollegen für sie als Dritten im Bunde aus und es beginnt eine erotisch überaus befriedigende Zeit – bis die Frau des Dritten von der Sache erfährt. Sloanes Showdown ist eine Konfrontation mit der Frau, die nicht begreifen kann, wie sie ihr das antun konnte: „Du bist die Frau – weißt du denn nicht, dass du die Macht hast?“

Doch die Macht, das wird während der Lektüre immer deutlicher, kann für die Reporterin Taddeo nie bei der Frau liegen. Maggie, Sloane und Lina sind alle in irgendeiner Form Varianten von Taddeos Mutter – Frauen, die etwas mit sich machen lassen, und ihre eigenen Bedürfnisse darauf eingestellt haben, was andere mit ihnen machen wollen. Ihr Begehren kreist um Männer, wird von ihnen entfacht oder abgewiesen. Das ist Taddeos Programmatik: „Männer haben die Frauen schon immer auf eine ganz bestimmte Art und Weise gebrochen. Sie lieben sie oder lieben sie so halb und fühlen sich irgendwann ausgelaugt und ziehen sich innerlich über Wochen und Monate zurück, verschanzen sich in ihrer Höhle, verdrücken eine letzte Träne und rufen dann nie wieder an. Die Frauen aber warten.“ Diese ganz bestimmte Geschichte über das weibliche Wollen liest sich in einem schön gebundenen Buch mit architektonisch vollendeten Absätzen zwar tiefgründig – ist aber auch nichts anderes als das, was man sonst in „Cosmopolitan“ oder „Für Sie“ serviert bekommt.

In Anbetracht der originellen Form, des hohen Unterhaltungswertes des Buchs und der komplexen Erzählung wäre das zu verschmerzen. Störender ist auf Dauer etwas anderes: Taddeo ist eine Meisterin der textlichen Überrumpeltaktik. Nach einer reichlich langatmigen Beschreibung von Sloanes Restaurant-Karriere wechselt sie geschickt und unvermittelt das Thema: „So kommst du damit klar, deinem Mann beim Sex mit einer anderen Frau zuzusehen: Du musst beschwipst, darfst aber nicht betrunken sein.“ Wer will da nicht mehr wissen?

Dieser Stil eröffnet eine gewisse moralische Problematik, die der thesenstarken, literarisierenden Reportage innewohnt. Das Genre ist ja, trotz aller Journalismus-Skandale, derzeit sehr beliebt, jedenfalls fast so beliebt wie der Topos des „weiblichen Begehrens“, mit dem man sich authentisch auseinanderzusetzen hat. Nur vertraut es sehr oft auf eine Autorenstimme, die sich in den Texten nicht offenbart, sondern ihre absolute Souveränität über ihr Sujet durch Sprache verschleiert. Durch den personalen Erzählstil fällt das zunächst nicht auf, und Lisa Taddeos überaus genaue Rekonstruktionen sexueller Begegnungen helfen dabei, die Illusion aufrecht zu erhalten, dass hier aus erster Hand berichtet wird: „Sie kniet sich vor Aidan, und ihr schießt durch den Kopf, was für ein Glück sie hat, wie glücklich sie ist. Dass dieses rohe Bedürfnis erfüllt wird. Dass dieser rohe Mann in diesem Augenblick ihr gehört.“ Es ist an keiner Stelle im Text erkennbar, wo die Stimme der Protagonistin aufhört und die Sprache der Autorin beginnt. Ist das noch „die Geschichte von drei Frauen“ – oder die Geschichte, die Lisa Taddeo über diese Frauen erzählen will?

Es gibt dieses Reporter-Klischee von der Tugend, „nah an den Protagonisten“ heran zu kommen: Darunter stellt man sich vor, dass die Reporterin ihr tiefes Verständnis für eine Person in formvollendete Sprache gießt und damit nicht einfach nur ein Bild liefert, sondern ein Porträt. Taddeos Buch erfüllt diesen Anspruch auf geradezu unheimlich perfekte Weise. Die Frage ist nur, ob es diesen Anspruch im Dienst der Wahrhaftigkeit erfüllt, oder im Dienst der Autorin. Genauso unklar ist, ob man hier als Leserin wirklich etwas erfährt, oder sich eigentlich nur gut geschriebene, soziopolitisch sublimierte Erotikliteratur zu Gemüte führt.

Deshalb ist es besonders treffend, dass „Three Women – Drei Frauen“ zu jenen Büchern gehört, die viel von Instagrammerinnen fotografiert werden (ob das bei der deutschen Ausgabe der Fall sein wird, angesichts einer Umschlaggestaltung, die an einen Unterwäschektalog erinnert, bleibt abzuwarten): Es sieht gut aus. Es enthält viele extrem gut teilbare Absätze. Dass man es liest, demonstriert sexuelle Neugier. „Three Women“ ist so konstruiert, wie Menschen auf Instagram von ihrem Leben berichten: Kontrolliert unverblümt, hübsch aufgeräumt, und hochgradig süchtig machend. Es ist ein fragwürdiges Buch, aber geradezu unwiderstehlich.

„Vielleicht lag es daran, dass
sie in der Highschool zu
wenig geknutscht hatte“

Lisa Taddeo ist eine Meisterin
der textlichen Überrumpeltaktik
– das stört auf Dauer

In „Three Women“ sucht sie die gedankliche und sprachliche Verschmelzung mit ihren Protagonistinnen – die Autorin Lisa Taddeo.

Foto: Rii Schroer / eyevine / laif

Lisa Taddeo:
Three Women – Drei
Frauen. Aus dem
Englischen von Maria Hummitzsch.
Piper Verlag,
München 2020.
416 Seiten, 22 Euro.

DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de

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Wie erlebte Rede total scheitert
Lisa Taddeo bringt die "Drei Frauen", denen sie eigentlich Gehör verschaffen will, zum Verstummen

Die größten Enttäuschungen sind Bücher, die bereits vor Erscheinen aufgepumpt werden und dann von der ersten bis zur letzten Zeile alles vermissen lassen. "Drei Frauen", das Debüt der amerikanischen Autorin Lisa Taddeo, das kommende Woche im Piper Verlag erscheint, ist so ein Buch. Im Sommer letzten Jahres katapultierte es Taddeo, die kreaŽtives Schreiben studierte, für elf Wochen in die Liste der meistverkauften Sachbücher der "New York Times". Ein paar versprengte Texte von ihr kann man im Netz nachlesen, darunter "The Last Days of Heath Ledger", einen Text aus dem Männermagazin "Esquire" von 2008, der die letzten Tage von Heath Ledger aus der Sicht von Heath Ledger erzählt. "Reported fiction" - berichtete Fiktion, fiktive Berichterstattung - nannten die Herausgeber das damals: Recherche aufgefüllt mit Erdachtem. "Drei Frauen" will ganz ähnlich Sachbuch und Belletristik auf einmal sein. Von "literarisch brillant verdichteten Erfahrungen" ist nun auch im Klappentext der deutschen Ausgabe die Rede.

"Drei Frauen" ist ein locker zusammengelegtes Buch. Zwischen Prolog und Epilog wechseln sich drei Erzählstränge ab, die wie die Frauen heißen, von denen sie handeln: Maggie, Lina, Sloane, Maggie, Lina, Sloane. In dieser Anordnung werden einander zum Kontext gemacht: eine minderjährige Schülerin mit einem sexuellen Verhältnis zu ihrem Lehrer, (die einzige mit Klarnamen!); eine in ihrer Ehe unbefriedigte Hausfrau mit einem Verhältnis zu ihrer Jugendliebe und eine Restaurantbesitzerin in offener Ehe. Protagonistinnen, die, wie Taddeo in der "Anmerkung der Autorin" versichert, außerhalb der Buchdeckel existieren und dort ausgepackt haben, also Taddeo aus ihrem Leben, vor allem und im Detail aus ihrem Sexleben, erzählt haben. Sie habe die drei Frauen ausfindig gemacht, schreibt Taddeo, sie immer wieder getroffen. Sie sei ihnen insgesamt acht Jahre lang "hinterhergereist". So viel Ausdauer klingt vielversprechend.

Nur enttäuschen bereits die ersten Seiten. Zwischen hobbypsychologischen Versatzstücken ("Letztlich geht es dabei immer um Angst") präsentiert Taddeo einen Haufen alter Vorurteile als "Theorie": "das weibliche Begehren" sei unbekannt, komplex, passiv ("ein ausgetretener Pfad") im Gegensatz zum anderen, "männlichen Begehren": allseits bekannt, aktiv, "zielorientiert". Damit entschuldigt die Erzählerin nicht nur beiläufig - boys will be boys will be boys - den Belästiger ihrer eigenen Mutter ("Der Mann, der meiner Mutter jeden Tag auf dem Hin- und Rückweg zu ihrer Arbeit folgte, brauchte das"). Sie begründet damit auch, warum das Buch handelt, wovon es handelt. Die Gespräche, die sie anfangs mit Männern geführt habr, seien nämlich "auf dieselbe Weise verlockend gewesen, wie es verlockend ist, beim Chinesen immer das gleiche Gericht zu bestellen". Das kann man noch humorvoll oder schon unglücklich verwickelt finden. Genauso wie die Tatsache, dass die angeblich interessanteren Frauen bei ihr doch immer auch nur "die Frauen" oder "wir Frauen" sind, als wäre da ein homogener Erfahrungsraum.

Über das wirksame Phantasma, es gäbe innerhalb der amerikanischen Öffentlichkeit ein Art intime Teilöffentlichkeit, eine "Frauenkultur", in der alle Frauen etwas gemein hätten und allesamt ein Bedürfnis nach intimen Gesprächen, vor allem über Liebe, Sex und deren Enttäuschungen, hat 2008 die Amerikanistin Lauren Berlant ein ganzes Buch geschrieben: "The Female Complaint". Taddeos Protagonistinnen scheinen diese Diagnose zu bestätigen: Sie lesen sogenannte "chick lit", "anspruchslose Frauenliteratur", entblößen und synchronisieren sich mit anderen Frauen in Stuhlkreisen und vertrauen sich, nicht zuletzt, einer Unbekannten, Lisa Taddeo, an. Für die Marketingkampagnen der Verlage, die diese Vorstellung einer "Frauenkultur" kapitalisieren - etwa wenn es in den Blurbs heißt, "Drei Frauen" sei "ein Geschenk an alle Frauen der Welt", "wie das Lesen eines Tagebuchs, von dem man nie gehofft hätte, es zu schreiben"; "Frauen werden wissend nicken" -, kann Lisa Taddeo nichts.

Aber sie kann etwas für die große, leider unreflektierte Paradoxie, mit der ihr Buch den Anspruch erhebt, Reportage zu sein, aber durchweg fiktionalisiert. Von "nicht frei erfunden", von "Quellen" und von "der Richtigkeit der Ereignisse" ist darin die Rede. Bereits der erste Erzählstrang von "Drei Frauen" aber beginnt mit dem Satz: "An diesem Morgen machst du dich zurecht, als würdest du in den Krieg ziehen." Und in genau diesem Stil schreibt Lisa Taddeo dann fast vierhundert Seiten voll, überwiegend in erlebter Rede, als könne sie unmittelbar in die Köpfe der Frauen hineinschauen und aus ihnen heraus berichten. Durch diese Fiktionalisierung bringt Taddeo ihre Protagonistinnen, denen sie doch angeblich Gehör verschaffen will ("Ich werde aus ihrer Sicht erzählen", "die Geschichten gehören diesen drei Frauen") zum Verstummen. Denn wo Maggie, Lina oder Sloane zu Wort kommen und wo Taddeo frei fabuliert, ist nirgendwo markiert. Ist es Maggie, die sagt, dass der Lehrer, der sie missbraucht hat, ihr "Exlover" sei? Dass "sie selbst noch ein Kind" sei? Sind "stark und heiß" wirklich Linas Wörter für ihre Jugendliebe? Und ist sie es auch, die ihr eigenes Leben einmal beiläufig "den ganzen anderen Scheiß" nennt? Die Geschichten der drei Frauen, für die ja gerade deren eigene Formulierungen und Narrativierungen entscheidend wären, werden von Taddeo zu einem erzählerischen und stilistischen Einheitsbrei verklebt und mit abgebrühter Pose vorgetragen ("Er war vernarrt in deine kleinen Finger. Damals schob er seine eigenen in dich hinein. Seitdem ist viel passiert. Dein Vater ist tot").

Insgesamt wird "Drei Frauen" auf diese Weise so dubios erzählt, dass man auf reservierte bis empörte Distanz geht, wo Taddeo, wie sie es im Prolog ankündigt, sich doch die Empathie ihrer Leserinnen und Leser erschreiben will. Da ist plötzlich von SUV-fahrenden Yoga-Frauen der Vorstädte die Rede, von einer "Chefglucke" und von einer Protagonistin, deren Gesicht "förmlich nach Rummachen schreit". Es wirkt lieblos, fast respektlos und denunziatorisch, wie fremde Leben hier von einer unlokalisierbaren Erzählstimme aus dem Off immer wieder über einen Kamm geschoren werden, als sei wirklich alles derselbe "Scheiß". Als bestünde die Welt wirklich aus "Arten von Frauen" ("die sich in langen Kleidern nicht verheddern"), "Arten von Männern" (die Frauen "mit Charme" auf Betten werfen), aus angeblichen Gegensätzen wie alt, aber feminin, arm, aber schön, dick, aber sexy, Mutter, aber sexy, flirten, aber "eine fein austarierte Sexualität haben", Katholikin sein, aber "einen Draht zu den eigenen Gefühlen haben" - und noch schieferen Bildern. Da gibt es Probleme, auf denen "wie auf Wellen in neue Bundesstaaten gesurft wird"; eine Penetration wie "dreimal Specht, einmal Wal"; Sex, bei dem man "ein sanft gehäutetes, brutal geweidetes Kalb" wird; Wasser, das aus Felsen sprudelt "wie aus einem schillernden Trüffel", und Frauen, immer "diese Frauen", die auf ihren Stühlen nach vorne rutschen, "so wie Suppe bei einem Erdbeben zum Tellerrand schwappt".

Der szenische Realismus, den Taddeo dabei offenbar durch das Anhäufen peripherer Details erzielen will (das Betreten-verboten-Schild auf dem Rasen, die grün-weißen Packer-Shirts der Cheerleader einer Straßenparade, die Tönung und Temperatur von Chicken Wings), wird fortlaufend untergraben durch die Frage, die das Buch, weil es sich als Sachbuch präsentiert, selbst provoziert: Wie kann Lisa Taddeo das alles wissen? Und warum braucht sie die Fiktionalisierung? Was hätte eigentlich dagegen gesprochen, Interviews zu führen, in denen nicht nur Taddeos Fragen, sondern auch ihre Protagonistinnen deutlich vernehmbar gewesen wären? Warum muss an ihrer statt erzählt werden? Oder warum hat Taddeo, andersherum, nicht Ernst gemacht mit dem, "so wie ich es mir vorstelle", das sie selbst einmal artikuliert, und tut gar nicht erst so, als könnte sie unmittelbar erzählen, was sich unmöglich unmittelbar erzählen lässt?

"Drei Frauen" ist voller Banalitäten: "Männer, die die Herzen von Frauen schon immer auf eine ganz bestimmte Weise gebrochen" hätten, "echte Menschen", von denen es heutzutage nur noch wenige gäbe, "feine Nuancen unseres Begehrens, die offenbaren, wer wir wirklich sind". Lisa Taddeo fällt damit hinter den aktuellen Stand der Diskussion über Geschlechter wirklich sehr weit zurück.

DIBA SHOKRI

Lisa Taddeo: "Three Women - Drei Frauen". Aus dem Englischen von Maria Hummitzsch, Piper Verlag, 416 Seiten, 22 Euro.

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