Um die Lyrik von Namyeun Choy zu beschreiben, muss man notwendiger Weise zu Paradoxien greifen: Eine sanfte Brise aus Stahl, ein Staubkorn von der Größe des Alls, ein schwebendes Blütenblatt mit dem Gewicht der ganzen Welt, die unendliche Weisheit der Dinge ¿ Widersprüchlichkeiten, die in dieser Poesie nicht als Gegensätze auftreten, nicht unvereinbar sind, vielmehr eine untrennbare Einheit bilden. Alles ist in allem in diesen Zeilen und Wortgeflechten, und das ist keineswegs im Sinne einer abendländisch-klappernden und rumpelnden Metaphern-Maschinerie zu verstehen, sondern als Axiom, als nicht hinterfragte und nicht hinterfragbare Voraussetzung für die Arbeit der Dichterin. Eben dieses Axiom, diese innere Gewissheit, dass es ein Einzelnes gar nicht gibt, versetzt sie in die Lage, mit scheinbar leichter Hand selbst bleischwere philosophische Riesenklötze zum Tanzen zu bringen. Man kann bei Namyeun Choy viel lernen für das lyrische Handwerk. Noch mehr ließe sich aber lernen von dem, was da hinter, zwischen und über der lyrischen Melodie mitsingt und mitklingt: Eine Ganzheit, in der zugleich unendliche Trauer und unendlicher Trost zu finden ist.
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