Gewollt und nicht gekonnt
Erster Eindruck:
Da hat jemand Frank Schätzings Werk „Der Schwarm“ überarbeitet! Der Unterschied: Nicht die Natur richtet sich gegen den Menschen, der im Begriff ist, sie zu vernichten, sondern sie bittet ihn darum, die von ihm angerichteten Schäden
wiedergutzumachen.
Inhalt:
Als ein einzelner Pottwal am Strand von Brighton in Großbritannien aufläuft,…mehrGewollt und nicht gekonnt
Erster Eindruck:
Da hat jemand Frank Schätzings Werk „Der Schwarm“ überarbeitet! Der Unterschied: Nicht die Natur richtet sich gegen den Menschen, der im Begriff ist, sie zu vernichten, sondern sie bittet ihn darum, die von ihm angerichteten Schäden wiedergutzumachen.
Inhalt:
Als ein einzelner Pottwal am Strand von Brighton in Großbritannien aufläuft, richten sich alle Bemühungen, auch die des Meeresbiologen Roddy Ormond, auf seine Rettung. Wenige Tage, nachdem das Tier erfolgreich seinem Element zurückgegeben wurde, werfen sich 78 Wale unterschiedlicher Spezies wieder auf den Strand. Bevor sie gerettet werden können, sterben sie. Hier kommt der Antagonist Rattigan ins Spiel, ein nach außen hin wohltätiger Milliardär. Nicht nur seine dunklen Geschäfte werden nach und nach dem Leser enthüllt, sondern auch sein Hass auf Ormond, den er seit ihren Studientagen kennt und dem er damals die Freundin ausgespannt hat. Erst spät erkennt Ormond in der Aktion der Wale einen Hilferuf, doch kann er sich nicht gegen die Medien und die Politik durchsetzen, die die Ursache dafür bislang erfolgreich vertuschen konnte.
Schreibstil:
Wie im Thriller üblich, fehlt die „innere Heldenreise“, also die Charakterentwicklung der Protagonisten. Nicht nur die Handlung, sondern auch die Sprache gibt ein rasches Tempo vor, sodass die gut 380 Seiten am liebsten „am Stück“ verschlungen werden wollen. Zahlreiche Dialoge wechseln mit eher kurzen Berichtssequenzen und recht vielen Selbstreflexionen ab. Auch der Wechsel der Perspektiven – einschließlich der Sicht und Gedanken des Pottwals Blackfin – macht den Thriller lebendig. Leider krankt die erste Hälfte des Romans an zahlreichen Wiederholungen schon ausgedrückter Vermutungen, und obwohl die Handlung samt Ergebnis schon früh vorhersehbar ist, versucht Croft beinahe krampfhaft, den Leser im Ungewissen zu lassen. Die Figuren sind durch ihre jeweilige Innenschau plastisch und lebendig dargestellt, wobei Rattigans kapitelfüllende Zerrissenheit zwischen Wohltätigkeit und Verbrechen und zwischen übertriebener Liebe zu seiner Tochter Ally und sein Hass auf Ormond übertrieben anmutet und nur dadurch erklärt werden kann, dass man ihn als Psychopathen einstuft. Hier wäre weniger mehr gewesen.
Fazit:
Wer Schätzings „Schwarm“ nicht kennt, mag mit „TIEF“ zufrieden sein, allen anderen Lesern ist der Thriller nicht zu empfehlen. Da schon früh zu erkennen ist, wie alle Handlungsstränge enden, wird die künstlich verschleppte Offenbarung zum Lesehindernis. Die erste Hälfte des Buches verzettelt sich in der Einführung der Figuren und Schauplätze und kommt einfach nicht auf den Punkt. Außerdem spielt Croft mit den in amerikanischen Actionfilmen beliebten Klischees, was alte Bekannt- und Liebschaften angeht, und so wirkt die Logik mancher Handlungen arg konstruiert. Daher landet „TIEF“ nur im Mittelfeld, der Roman hinkt zu sehr hinter Schätzings Original hinterher.