Für Kinder sind sie oft genauso wichtig wie ihre gleichaltrigen Freunde, für vereinsamte alte Menschen manchmal die einzigen Wesen, die ihnen noch wirklich nahestehen. Und manch kluger Kopf hat sie als die besten Freunde des Menschen bezeichnet: unsere Haustiere. Tierfreunde beschäftigt die Frage, was nach dem Tod mit ihren geliebten Tieren geschieht. Sollen wir da denen glauben, die diesen keine Seele zugestehen wollen? Sollen wir den gestrengen Theologen folgen, die an die Himmelstür ein Schild hängen wollen, das allen Vierbeinern verkündet: "Wir müssen leider draußen bleiben?"
Haustiere
Kommen Tiere in den Himmel? Gerne würde man dies bejahen, doch letzte Sicherheiten gibt es dabei ebenso wenig wie bei der Frage, ob Menschen in den Himmel kommen. Was Spekulationen über das Fortleben im Jenseits betrifft, befindet man sich auf dem weiten Feld des Glaubens. Auf Beweise, die jedermann als gültig anerkennen wird, darf man in diesen Dingen nicht hoffen.
Helmut Zöpfl, emeritierter Professor für Schulpädagogik und vor allem als Mundartdichter bekannt, hat sich in einem kleinen Buch der Frage angenommen und sie im Titel gleich beantwortet: „Tiere kommen in den Himmel“ heißt der soeben erschienene Band. So apodiktisch, wie der Titel suggeriert, ist er in seinen Überlegungen freilich nicht. Zöpfl räumt durchaus ein, dass das menschliche Erkenntnisvermögen hier an Grenzen stößt. So ist es mehr die Hoffnung als das Wissen, das ihn unter Berufung aufs Alte Testament zu dem Fazit führt: „Und wenn man den Verheißungen glaubt, dann müsste doch wirklich in diesem Himmel Platz für alle Kreaturen sein.“
Zöpfls Buch ist keineswegs eine systematische theologische Abhandlung, die die Kriterien strenger Wissenschaft erfüllte. Einen akademischen Beitrag zu liefern, hat er auch gar nicht beabsichtigt. Zöpfl appelliert in seinen Betrachtungen, in die bisweilen auch eigene Gedichte einfügt sind, gleichermaßen an Verstand und Gefühl. Seine Vorstellung vom Paradies – und diese ist theologisch gewiss anfechtbar – ist eher irdisch geprägt, da und dort fühlt man sich an Kurt Wilhelms Theaterstück „Der Brandner Kaspar und das ewig’ Leben“ erinnert. Folglich wäre das ewige Leben eine von Mühsal und Plagen bereinigte Fortsetzung des Diesseits, und natürlich möchte man darin auch Tieren begegnen, besonders den Hunden, Katzen, Pferden oder Kanarienvögeln, die einem zu Lebzeiten ans Herz gewachsen sind. Wie aber steht es dann mit Mücken, Kakerlaken und anderen Plagegeistern? Der Bavarica-Schriftsteller Herbert Schneider, einer der Gastautoren in Zöpfls Buch, wirft diese Frage auf, gibt am Ende aber zu: „Was Gwieß woaß ma ned.“
Gewissheiten in diesen Angelegenheiten verkünden nur Dogmatiker, und es ehrt Zöpfl, dass er nicht als solcher auftritt. Im Gegenteil, er hat sich die Mühe gemacht, bei den antiken Philosophen, bei Kirchenvätern, Schriftstellern und modernen Naturwissenschaftlern nachzulesen, was sie zum Thema beizutragen haben. Auch nach der Lektüre des Buchs wird niemand mit letzter Sicherheit sagen können, ob Tiere eine Seele haben und ob sie in den Himmel kommen. Doch man darf Zöpfls Werk durchaus als Aufruf verstehen, mit den Tieren, ja der Schöpfung insgesamt, pfleglich umzugehen. Egal, ob es ein Jenseits für sie gibt oder nicht – die Tiere massenweise als Rohmaterial industrieller Verwertung zu missbrauchen, ist in jedem Fall unmenschlich.
Wolfgang Görl
Helmut Zöpfl: Tiere kommen in den Himmel. Rosenheimer-Verlag, 178 Seiten, 12,95 Euro.
Münchner Seiten
Sein Paradies ist ein recht Irdisches: Helmut Zöpfl erwartet sich deshalb auch Haustiere dort. Foto: Claus Schunk
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