Achtung, Werbung!Auf dem Computer, Smartphone oder Tablet, im TV, im Kino, in Zeitschriften, auf Plakaten, im Bus: Überall poppen Bilder auf, laufen Fernsehspots und Wettbewerbe, hängen Plakate und Aufkleber. Wir werden den ganzen Tag von Marketing zugedröhnt und manchmal sogar richtig verfolgt davon. Doch was unterscheidet gute Werbung von schlechter? Warum ist die eine Marke cool, während die andere sportlich, schick oder bieder ist?Als Paul mit neuen Sneakers in die Schule kommt, beginnt auf dem Pausenhof eine Diskussion über Trends und Gruppenzugehörigkeit, digitales Marketing, Zielgruppen, Kundenbedürfnisse, Filterblasen und Medienkompetenz. Die Kinder erfahren, dass hinter jeder Marke eine Idee steckt, warum wir uns gerne von Influencern beeinflussen lassen und was Marketing mit einem Butterbrot gemeinsam hat.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.01.2021Gigantische
Manipulation
Ein Buch erklärt, wie
Marketing die Welt verführt
Kinder sind heute dem Marketing ausgesetzt, so stark wie vermutlich keine Generation zuvor. Facebook, Instagram, Youtube sind perfekte Plattformen für Werbung, die auf Kinder und Jugendliche zielt. Influencer, selbst fast noch Kinder, schaffen über Youtube auf hocheffiziente Weise Markenbewusstsein. Die Frage, von welcher Marke Turnschuhe oder Jeans sein sollten, beschäftigt unzählige Teenager.
Es gibt also gute Gründe, Kindern möglichst früh zu einem selbstbewussten Umgang mit Marken und Marketing zu ermutigen. Genau das ist der Anspruch von „Ting“, einem neuen Bilderbuch, das erklärt, „wie Marketing die Welt verführt“. Autoren sind der schweizerische Marketing-Professor Cary Steinmann und die französisch-schweizerische Historikerin Laura Simon. Über ihr Projekt sagen sie in einem Blog des Verlags: Marketing sei eine „gigantische Manipulation, die uns kontrolliert“. Und: „Wir wollen den Kindern auf einfache, spielerische und unterhaltsame Weise erklären, was heute passiert und auf was sie sich vorbereiten sollten.“ Das Buch richtet sich laut Verlag an Kinder ab acht Jahre.
Die Rahmenhandlung von „Ting“ ist etwas gewollt: Vincent und Paul, zwei Viertklässler, haben unverhofft eine Freistunde. Während die beiden sich über die Marke ihrer Sneaker unterhalten, zieht sie die Hausmeisterin in ein Gespräch über Marketing. Sie hat, wie der Zufall so will, längere Zeit in einer Werbeagentur gearbeitet. Die Hausmeisterin (einen Namen hat sie nicht) prägt den Spruch: „Marketing ist das Ting auf der Marke“, mit dem sich der zuvor etwas rätselhafte Titel erklärt. Die Kinder erfahren dabei viel Nützliches: woher der Begriff „Marke“ kommt, wie Angebot und Nachfrage zusammenspielen und was es mit der „Quengelzone“ in Supermärkten auf sich hat.
Leider tritt jedoch das Leichte, Spielerische im Text oft zurück und der erhobene Zeigefinger kommt zum Vorschein. Zum Beispiel bei der steilen These, dass die bösen Marketingleute für ungesunde Produkte viel mehr werben als für gesunde, weil man mit denen mehr Gewinn erzielen kann. Mit dem Wunsch zu belehren mag es auch zusammenhängen, dass der Text des Kinderbuchs unverhältnismäßig lang und oft abgehoben ist. Braucht man wirklich den Begriff „Alleinstellungsmerkmal“, um Grundschülern das Besondere einer Marke zu erklären? Versöhnen können dann allerdings die hinreißenden Illustrationen der lettischen Künstlerin Elina Braslina. Ihr sehr eigener Stil, er erinnert an anspruchsvolle Comics, macht es leicht, durchs Buch zu blättern und vielleicht ein wenig mehr über Marketing zu erfahren. (ab 8 Jahre)
NIKOLAUS PIPER
Cary Steinmann, Laura Simon: Ting. Wie Marketing die Welt verführt. Mit Illustrationen von Elina Braslina. Helvetiq Verlag Basel/Lausanne 2020, 64 Seiten, 19,90 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Manipulation
Ein Buch erklärt, wie
Marketing die Welt verführt
Kinder sind heute dem Marketing ausgesetzt, so stark wie vermutlich keine Generation zuvor. Facebook, Instagram, Youtube sind perfekte Plattformen für Werbung, die auf Kinder und Jugendliche zielt. Influencer, selbst fast noch Kinder, schaffen über Youtube auf hocheffiziente Weise Markenbewusstsein. Die Frage, von welcher Marke Turnschuhe oder Jeans sein sollten, beschäftigt unzählige Teenager.
Es gibt also gute Gründe, Kindern möglichst früh zu einem selbstbewussten Umgang mit Marken und Marketing zu ermutigen. Genau das ist der Anspruch von „Ting“, einem neuen Bilderbuch, das erklärt, „wie Marketing die Welt verführt“. Autoren sind der schweizerische Marketing-Professor Cary Steinmann und die französisch-schweizerische Historikerin Laura Simon. Über ihr Projekt sagen sie in einem Blog des Verlags: Marketing sei eine „gigantische Manipulation, die uns kontrolliert“. Und: „Wir wollen den Kindern auf einfache, spielerische und unterhaltsame Weise erklären, was heute passiert und auf was sie sich vorbereiten sollten.“ Das Buch richtet sich laut Verlag an Kinder ab acht Jahre.
Die Rahmenhandlung von „Ting“ ist etwas gewollt: Vincent und Paul, zwei Viertklässler, haben unverhofft eine Freistunde. Während die beiden sich über die Marke ihrer Sneaker unterhalten, zieht sie die Hausmeisterin in ein Gespräch über Marketing. Sie hat, wie der Zufall so will, längere Zeit in einer Werbeagentur gearbeitet. Die Hausmeisterin (einen Namen hat sie nicht) prägt den Spruch: „Marketing ist das Ting auf der Marke“, mit dem sich der zuvor etwas rätselhafte Titel erklärt. Die Kinder erfahren dabei viel Nützliches: woher der Begriff „Marke“ kommt, wie Angebot und Nachfrage zusammenspielen und was es mit der „Quengelzone“ in Supermärkten auf sich hat.
Leider tritt jedoch das Leichte, Spielerische im Text oft zurück und der erhobene Zeigefinger kommt zum Vorschein. Zum Beispiel bei der steilen These, dass die bösen Marketingleute für ungesunde Produkte viel mehr werben als für gesunde, weil man mit denen mehr Gewinn erzielen kann. Mit dem Wunsch zu belehren mag es auch zusammenhängen, dass der Text des Kinderbuchs unverhältnismäßig lang und oft abgehoben ist. Braucht man wirklich den Begriff „Alleinstellungsmerkmal“, um Grundschülern das Besondere einer Marke zu erklären? Versöhnen können dann allerdings die hinreißenden Illustrationen der lettischen Künstlerin Elina Braslina. Ihr sehr eigener Stil, er erinnert an anspruchsvolle Comics, macht es leicht, durchs Buch zu blättern und vielleicht ein wenig mehr über Marketing zu erfahren. (ab 8 Jahre)
NIKOLAUS PIPER
Cary Steinmann, Laura Simon: Ting. Wie Marketing die Welt verführt. Mit Illustrationen von Elina Braslina. Helvetiq Verlag Basel/Lausanne 2020, 64 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Rezensent Nikolaus Piper findet Cary Steinmanns und Laura Simons Bilderbuch, das Kindern die Mechanismen von Marketing vermitteln will, etwas zu "abgehoben" und belehrend. So scheinen ihm die Texte oft zu lang, Wörter wie "Alleinstellungsmerkmal" für Leser ab 8 Jahren unangebracht und auch die Rahmenhandlung, in der sich zwei Grundschüler mit der Hausmeisterin über Marken unterhalten, eher erzwungen. Wettgemacht werde dies aber durch "hinreißende" Illustrationen der lettischen Künstlerin Elina Braslina, sodass der Rezensent letztlich doch gerne im Buch blättert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Rezensent Nikolaus Piper findet Cary Steinmanns und Laura Simons Bilderbuch, das Kindern die Mechanismen von Marketing vermitteln will, etwas zu "abgehoben" und belehrend. So scheinen ihm die Texte oft zu lang, Wörter wie "Alleinstellungsmerkmal" für Leser ab 8 Jahren unangebracht und auch die Rahmenhandlung, in der sich zwei Grundschüler mit der Hausmeisterin über Marken unterhalten, eher erzwungen. Wettgemacht werde dies aber durch "hinreißende" Illustrationen der lettischen Künstlerin Elina Braslina, sodass der Rezensent letztlich doch gerne im Buch blättert.
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