Das österreichische Bundesland Tirol verzeichnet über 47 Millionen Übernachtungen pro Jahr. Wenn Martina Röthl der Frage nachgeht, was Tourismus mit den in Tirol lebenden Menschen macht, steht nicht die touristische Begegnung im Vordergrund, sondern die durch Bezugnahmen auf tourismusinduzierte Wissensbestände in Gang geSetzten Subjektivierungsprozesse der so genannten Einheimischen. Exemplarisch für diese "einheimischen Bereisten" stehen PrivatvermieterInnen, denen es in Tirol erlaubt ist, bis zu zehn Betten und außerdem Ferienwohnungen zu vermieten, ohne dafür ein Gewerbe anmelden zu müssen. In den 1960er und 1970er Jahren waren 50 Prozent aller Gästebetten so genannte "Privatbetten". Zum gegenwärtigen Zeitpunkt nächtigen noch immer 20 Prozent aller Tirol-TouristInnen in Privatvermietungen. Das vorliegende Buch beschäftigt sich mit den Alltagspraktiken bereister Menschen. Die Privatvermietung gerät dabei als physischer und sozialer Raum in den Blick, der auf ganz unterschiedlichen Ebenen mit makrostrukturellen Vorgaben und auf das reibungslose Funktionieren von Tourismus zielenden Strategien korrespondiert. Um zu klären, auf welche Weise sich dies auf die Lebenswirklichkeiten und Selbstverhältnisse der Beforschten niederschlägt, werden kulturanalytische Herangehensweisen mit dispositivtheoretischen Ansätzen verknüpft. Mit Tourismus in Zusammenhang stehende Subjekt-Effekte sind als tourismusinduzierte Subjektivierungen aufgegriffen, die sich im Sinne von Subjektivierungsweisen als "tatsächliche" Aneignungen in den Blick nehmen und empirisch verfolgen lassen.
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Es gelingt der Autorin, einen anschaulichen und vor allem problemorientierten, kritischen und selbstkritischen Einblick in das diesbezügliche Handlungsfeld zu vermitteln und für dessen Erkundung ein an einem ausgewählten zentralen Gegenstandsbereich orientiertes Instrumentarium zu erproben, indem sie das Handeln ihrer Gesprächspartner/innen in einem plausibel untergliederten breiten Spektrum von Einzelphänomenen sowie die dazugehörigen Wahrnehmungs-, Sprech- und Einschätzungsweisen unterschiedlicher Akteure erkundet. [...] Dies alles herausgearbeitet zu haben, macht die Leistung der Autorin aus, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann, liefert sie doch ein durchgängig vorbildhaftes, vielseitiges und vielfältiges, materialgesättigtes wie auch method(olog)isch und theoretisch hieb- und stichfestes, strukturell sowie sprachlich und stilistisch einwandfreies, ja geradezu fulminant und virtuos gelungenes Werk, welches man, in zwangsläufig verkürzter Form, als Modell für den konstruktiven und kreativen Umgang mit Michel Foucaults Dispositiv-Konzept im Bereich der empirischen Kulturwissenschaften betrachten und auf jeden Fall weiterempfehlen kann. - Burkhart Lauterbach, in: Bayerisches Jahrbuch für Volkskunde 2019.