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Probleme kann man nie mit der selben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Albert Einstein Wer, wenn nicht Designer sollten Zukunft gestalten? Dafür aber werden sie in den seltensten Fällen ausgebildet. Das Selbstverständnis von Gestaltern beschränkt sich allzu oft auf Form- und Farbgebung, Materialwahl und das Design von Oberflächen digitaler Anwendungen. Dabei können Kreative mehr. Was ist die Rolle von Gestaltung in der vernetzten, gesellschaftlichen und ökologischen Revolution? Wo tun sich neue Chancen für Gestalter auf? Was bedeutet das für Berufsbild, Selbstverständnis und…mehr

Produktbeschreibung
Probleme kann man nie mit der selben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. Albert Einstein Wer, wenn nicht Designer sollten Zukunft gestalten? Dafür aber werden sie in den seltensten Fällen ausgebildet. Das Selbstverständnis von Gestaltern beschränkt sich allzu oft auf Form- und Farbgebung, Materialwahl und das Design von Oberflächen digitaler Anwendungen. Dabei können Kreative mehr. Was ist die Rolle von Gestaltung in der vernetzten, gesellschaftlichen und ökologischen Revolution? Wo tun sich neue Chancen für Gestalter auf? Was bedeutet das für Berufsbild, Selbstverständnis und Ausbildung im Design? Florian Pfeffer ist kein Prophet, er weiß auf diese Fragen nicht die Antwort. Aber er stellt sich der Herausforderung, sie zu suchen. Aus Gesprächen mit Vordenkern und der Auseinandersetzung mit Bildungskonzepten und Trends destilliert er Denkanstöße. Er präsentiert Beobachtungen, aus denen er Phänomene ableitet. Das verändert den Blick auf die Welt der Gestaltung und den auf die Welt, die es zu gestalten gilt. Dieses Buch ist kein Ratgeber. Es gibt keine Antworten, sondern stellt Fragen. Es präsentiert keine Lösungen, sondern Probleme. Design ist Problemlösung. In diesem Sinne ist das vorliegende Buch eine »intellektuelle Designerdroge«. Digitale Vernetzung, Globalisierung, kollabierende Ökosysteme und das Ringen um soziale Balance rückwirkend werden Sozialwissenschaftler unsere Zeit als »Tipping Point« betrachten, als die Phase, in der sich inmitten tosender Wogen faszinierende Chancen für kluge »Surfer« auftun, die es verstehen, die Welle zu reiten und die Zukunft zu gestalten. Wer, wenn nicht Designer sollten diese analytischen »Surfer« sein? Kaum ein anderer Beruf versteht sich derart darauf, Probleme zu analysieren und zu lösen! Wo aber tun sich grade Chancen auf ? Welche Strategien führen zum Erfolg? Welche Geschäftsmodelle ergeben sich daraus? Und was bedeutet all das für Berufsbild, Selbstverständnis und Ausbildung im Design? Gestalter fordern heute bestehende Strukturen heraus, sie suchen neue Antworten und überschreiten die Grenzen der Disziplin. Mit oder ohne Auftrag »adoptieren« sie Themen, die relevant sind und geben dem Design damit gesellschaftlich eine neue Bedeutung. Florian Pfeffer präsentiert richtungweisende Beispiele dieses neuen Designverständnisses und entwickelt daraus einen Kompass, mit dessen Hilfe Sie neues Terrain erschließen und Ihre Rolle als Designer eventuell neu definieren werden
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.2014

Modelle für morgen
Revolutionäre Ideen aus der Welt des Designs

Noch nie ist ein Design-Guru aus seinem Elfenbeinturm herabgestiegen und hat eine solch eindrucksvolle Phalanx von Geschäftsmodellen vor uns ausgebreitet. Innovativ ist dabei nicht nur das inhaltliche Konzept des Buches mit seinen 100 Business-Beobachtungen. Auch die grafische Gestaltung beweist, dass Innovation und Lesefreundlichkeit Hand in Hand gehen können. In diesem Buch passt die Gestaltung nicht nur zur inhaltlichen Aussage, sie ist ein Teil davon. Und wann hält man schon mal ein fadengeheftetes Flex-Cover mit Zündholzschachtel-Siebdruck-Pfeilen auf Lederfasern in der Hand?

"Die Idee von Design als Motor für gesellschaftliche Veränderungen ist weder extravagant noch utopisch. Sie ist weder übertrieben, noch überfordert sie Design", meint Florian Pfeffer und beweist seine These zugleich durch die durchdachte Existenz und Gestaltung dieses Buches. Oder sollte man es eine Gebrauchsanleitung, eine Petition oder einen Werkzeugkasten nennen? Wie dem auch sei: Diese 288 Seiten Papier praktizieren Design!

Was für eine Revolution, die hier von Amsterdam (wo der Autor lebt) oder Mainz (wo der Verlag seinen Sitz hat) ausgeht! Ob man das in der gemütlichen Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz schon gemerkt hat? Die veraltete Vorstellung von Design ist noch weit verbreitet. So existiert von dem legendären amerikanischen Gestalter Paul Rand die Anekdote, dass er einem Auftraggeber auf die Bitte nach alternativen Entwürfen folgende Antwort gegeben haben soll: "Ich mache keine Alternativen. Sie haben ein Problem. Ich gebe Ihnen die Lösung. Diese Lösung können Sie benutzen, wenn Sie wollen."

Diese Haltung ist Ausdruck eines romantisierten Rollenbildes: Der Gestalter als genialer Schamane, der mit der magischen Gabe ausgestattet ist, aus dem Nichts Wahrheiten für ein staunendes Publikum hervorzuzaubern. Damit es ist nun vorbei. "Die Wahrheit ist, dass es keine Wahrheit mehr gibt. Dieselben Technologien, die uns heute den Zugang zu Wissen und weltweiten Netzwerken bieten, liefern uns der NSA aus. Gentechnik heilt Krankheiten und eröffnet gleichzeitig einen Supermarkt für biologisches Leben", schreibt Pfeffer. Weiter heißt es: "Die Realität ist kompliziert, und es ist illusorisch, zu glauben, dass die durch Design einfacher wird." Das Credo von traditionellem Design war es, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen. "Das Design der Zukunft ist mit der Frage konfrontiert, wie wir Komplexität aushalten und gestalten können", schlussfolgert der Autor.

Für Pfeffer ist "Peer to Peer" das Gestaltungsparadigma des 21. Jahrhunderts: "Peer to Peer ist nicht nur ein Computernetzwerk, in dem alle Rechner gleichberechtigt miteinander verbunden sind", erläutert der Verfasser. "Es ist auch ein Designprinzip zur Gestaltung von Kommunikation, Dienstleistungen, Geschäftsmodellen und Produkten, bei dem viele unabhängige Ressourcen miteinander verbunden werden und innerhalb des Systems gleichberechtigt jede beliebige Rolle übernehmen können - Autor, Kunde, Investor, und andere." Ein Beispiel sei genannt. Muhammad Yunus und Richard Fuld hatten an zwei unterschiedlichen Orten dieselbe Idee: Geld an Menschen zu verleihen, die selbst nicht genügend Geld besitzen, um kreditwürdig zu sein.

Die Folgen hätten kaum unterschiedlicher ausfallen können. Yunus erhielt für sein Konzept der Mikrokredite den Friedensnobelpreis. Fuld hingegen, Vorstandsvorsitzender der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers, hat durch die Insolvenz seines Instituts das internationale Finanzsystem zum Einsturz gebracht. Wie kann ein und dieselbe Idee zu so unterschiedlichen Ergebnissen führen? Die Antwort liegt in der Gestaltung der Strukturen: Die Investmentbank ist sternförmig angeordnet, mit großen Knotenpunkten an zentralen Stellen, die bis zum Jahre 2008 zu groß waren, um sie scheitern zu lassen. Fällt die Zentrale aus, zieht sie die Peripherie wie Kleinanleger oder mittelständische Unternehmen mit in den Abgrund. Der Mikrokredit hingegen basiert auf einer netzartigen Struktur. Hier sind Risiken und Gewinne auf viele kleine Knotenpunkte verteilt, die so miteinander verknüpft sind, dass der Ausfall eines Knotens von den anderen aufgefangen werden kann.

"Wir können heute an vielen Stellen beobachten, wie die zunehmende Vernetzung unserer Gesellschaft die Umformung von sternförmigen Strukturen in Netzstrukturen beschleunigt. Dadurch entstehen Chancen für neue Geschäftsmodelle", schreibt Pfeffer. Viele Ideen aus seinem Buch finden sich - strukturierter und aus betriebswissenschaftlicher Sicht - im "St. Galler Business Model Navigator" wieder, das Oliver Gassmann, Karolin Frankenberger und Michaela Csik im vergangenen Jahr unter dem Titel "Geschäftsmodelle entwickeln" im Hanser Verlag präsentierten.

Pfeffer aber geht weiter, er ist visueller, kreativer, zerstörerischer, umfassender: "Es war noch nie so einfach wie heute, die Dinge in die Hand zu nehmen und selbst zu machen. Gestaltung, Entwurf und Machen werden zu einem neuen gesellschaftlichen Leitbild." Das alles erinnert stark an "Business Model Generation", eine Methode, mit der sich Geschäftsmodelle gestalten lassen: Recherche, Entwicklung von Ideen, Prototypen, konkrete Szenarien. Die Visualisierung ermöglicht, woran Power Point oft scheitert, nämlich Zusammenhänge, Implikationen und offene Fragen unterschiedlicher Modelle sichtbar zu machen.

Es wird oft bemängelt, dass Designer nicht genug wirtschaftliches Verständnis hätten. Was aber tatsächlich fehlt, ist das Selbstverständnis des Designers als Entrepreneur. Mit diesem Buch zeigt Pfeffer eindrucksvoll, wie Designer über die Rolle eines Dienstleisters hinauswachsen und Unternehmergeist beweisen. Die Grenzen zwischen den Disziplinen verwischen, und vor unseren Augen entstehen blaue Ozeane.

JOCHEN ZENTHÖFER

Florian Pfeffer: To Do: Die neue Rolle der Gestaltung in einer veränderten Welt - Strategien, Werkzeuge, Geschäftsmodelle. Hermann Schmidt Verlag, Mainz 2014, 316 Seiten, 288 Seiten, 39,80 Euro.

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