Noch sehr von den Leseeindrücken von „Tochter einer leuchtenden Stadt“ von Defne Suman beseelt, versuche ich diese Zeilen zu schreiben und diesem Buch gerecht zu werden. So wie die Lektüre nicht immer leicht und flüssig war, so lassen sich diese Zeilen nicht flott formulieren.
Wie diesen Roman
beschreiben, wie kurz den Inhalt zusammenzufassen?
Die Geschichte beginnt im Jahre 1905, an einem…mehrNoch sehr von den Leseeindrücken von „Tochter einer leuchtenden Stadt“ von Defne Suman beseelt, versuche ich diese Zeilen zu schreiben und diesem Buch gerecht zu werden. So wie die Lektüre nicht immer leicht und flüssig war, so lassen sich diese Zeilen nicht flott formulieren.
Wie diesen Roman beschreiben, wie kurz den Inhalt zusammenzufassen?
Die Geschichte beginnt im Jahre 1905, an einem orangeglühenden Septemberabend in der Hafenstadt Smyrna. An jenem Abend wurde Scheherazade, die Erzählerin dieser Geschichte geboren, die nicht ihr ganzes Leben lang diesen Namen trug.
Der Leser erhält Einblicke in das Leben dreier Familien, einer levantinischen, einer griechischen und einer türkischen. Vor dem Zerfall des osmanischen Reiches leben sie als Nachbarn nebeneinander, jede Familie in ihren Alltag verstrickt, mit Problemen, Nöten, Freuden und Herausforderungen. Nach dem Zerfall des osmanischen Reiches ist ein solcher Alltag für keine der Familien mehr möglich. Verbunden sind diese Familien mit Scheherazade ohne das es ihnen bewusst ist.
Diesen Roman wirklich begreifen und greifen zu können, war für mich eine kleine Herausforderung, der ich mich mit großem Eifer gestellt habe und am Ende dieses Buches angelangt, kann ich aus tiefster Überzeugung sagen, das Lesen und Durchhalten hat sich gelohnt, dass dieser Roman sogar Potential hat, um mehrmals gelesen zu werden.
Im Laufe der Seiten, wird man mit griechischer und türkischer Geschichte konfrontiert, mit dem osmanischen Reich, mit dem Zerfall dieses Reiches, mit Leid, Schrecken und Not die ein Krieg mit sich bringen. Aber, ich möchte sagen, auf eine alltägliche Art und Weise. Was machen politische Umschwünge mit Menschen, wie reagieren sie, wie bereiten sie sich darauf vor, wie viel wird im Vorfeld verdrängt um sein normales Leben weiter leben zu können? Wie schleichen sich Veränderungen langsam in den Alltag? Es wird von Alltäglichkeiten erzählt, die fast jeder in seinem Leben auf die ein oder andere Art erlebt, die sich wiederholen und in der Gesamtheit ein Leben prägen. All diese Dinge, die vielen Menschen irgendwann zu viel sind, zu langweilig, weil immer gleich, der Trott des Lebens. Doch merkt man erst dann wenn dieser Trott wegfällt, nicht mehr gelebt werden kann, dass ein Stück des Lebens verschwindet, ein sehr großes und wichtiges Stück. Und es kann so schnell gehen, von einer Sekunde auf die andere, können sich Leben ändern und das erfährt man an vielen Stellen dieses Romans. Hoffnungen die zerstört, Familien die auseinander gerissen, Leben die getötet werden, Menschen die ihre Heimat für immer verlieren. Die Stadt Smyrna, so wie sie gekannt, wie in ihr gelebt wurde, verschwunden.
Man liest in diesem Roman aber auch über die verschiedenen Arten der Liebe. Über die große Liebe zwischen zwei Menschen, die niemals schwindet. Über die begonnene, noch ganz zarte Liebe, über nicht erwiderter Liebe, über die Liebe einer Mutter zu ihren Kindern, über die Liebe zur Heimat.
Ebenso kann man in die Gefühlswelt einer Mutter eintauchen, die ihr Kind verloren hat, in die Gefühlswelt eines Kindes, später dann einer jungen Erwachsenen, die nie einen Bezug zu ihrer Mutter aufbauen konnte, die sich in ihrer Familie immer fremd und sich ihr immer fern gefühlt hat.
Diese vielen verschiedenen Themen, in eine Zeitepoche gebettet, über die man kaum liest, haben mich tief bewegt. Dazu dieser wunderbare Erzählstil, mit wenigen Dialogen, mit ausführlichen Beschreibungen, der Bilder entstehen, der Düfte heran wehen lässt. Der orangeglühende Septemberabend, der Duft von Feigen, Zimt, Rosenöl, begleitete mich beim Lesen und denke ich an diesen Roman, steigen mir diese Düfte gleich wieder in den Sinn.
Anfangs schrieb ich, dass diese Lektüre nicht leicht und flüssig war. Das lag zum Einen an den teilweise sehr bewegenden Schicksalen und Beschreibungen. Auf den letzten ungefähr 80 Seiten des Buches werden Szenarien geschildert, die ich nicht einfach so runter lesen konnte, die mehr als schwer erträglich waren, besonders wegen des sehr detaillierten Erzählstils, die aber gleichzeitig auch mit zu dem Besten gehören, was ich seit langem gelesen habe. Zum Anderen lag es an den vielen verschiedenen Personen, an den Ereignissen die nicht immer chronologisch erzählt wurden. Besonders bei einer geschichtlichen Thematik, die sich meiner Kenntnis weitgehend entzieht, fand ich es schwierig die Geschehnisse in die richtige Reihenfolge zu bringen. Immer wieder habe ich den Lesefluss unterbrochen, um zu rekapitulieren, um zu sortieren, verstehen zu können und nicht selten kam ich mir dabei vor, als löste ich eine Schachaufgabe.
Wieder einmal habe ich die Leseerfahrung erleben dürfen, dass besonders die schwerer zugänglichen Bücher, mit die kostbarsten und nachhaltigsten für mich sind.