Im Versuch, islamistische Selbstmordattentate zu erklären, ist die Versuchung oft groß, die 'Ursprünge' des modernen Märtyrerkultes in der Frühzeit des Islams zu suchen.Die Studie untersucht vor diesem Hintergrund die Figur des "Märtyrers auf dem Schlachtfeld" in ausgewählten Texten verschiedener Genres des frühen sunnitischen Schrifttums (Koran, Tafsir, Hadith, Sira und biographische Lexika). Herausgearbeitet wird u.a. ihre Genese in der Auseinandersetzung mit der altarabischen Kultur einerseits und der christlichen Tradition andererseits. Der Märtyrer erweist sich dabei als eine Figur der Abgrenzung und der Vermittlung zugleich. Weiterhin wird deutlich, dass die Darstellung und der Gehalt der Märtyrerfigur in den verschiedenen Genres stark variieren. Die Texte erweisen sich als ein Ort der Verhandlung zwischen der mythenfeindlichen Theologie des Korans einerseits und mythisierenden Narrativen andererseits. Der Märtyrer wird dabei auch zu einer Gefahr für die Orthodoxie, indem er im Koran verworfene Konzepte (wieder) einführt.Bereits in frühislamischer Zeit erscheint der Märtyrer als eine Figur, die in spezifischen historischen Konstellationen und diskursiven Kontexten Wandlungen unterworfen ist. Die anhaltende Dynamik des Märtyrerdiskurses in der Moderne ist Gegenstand des Epilogs.