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Die 17-jährige Tochter des Grafen Neville gibt Anlass zur Sorge. Eines Nachts wird sie im Wald halberfroren von einer Wahrsagerin aufgefunden. Als der Vater das Mädchen abholt, prophezeit ihm die Hellseherin, er werde demnächst einen Menschen töten. Die Tochter macht sich diese Weissagung zunutze. Sie versucht den Vater davon zu überzeugen, dass sie das perfekte Opfer ist.

Produktbeschreibung
Die 17-jährige Tochter des Grafen Neville gibt Anlass zur Sorge. Eines Nachts wird sie im Wald halberfroren von einer Wahrsagerin aufgefunden. Als der Vater das Mädchen abholt, prophezeit ihm die Hellseherin, er werde demnächst einen Menschen töten. Die Tochter macht sich diese Weissagung zunutze. Sie versucht den Vater davon zu überzeugen, dass sie das perfekte Opfer ist.
Autorenporträt
Amélie Nothomb, geboren 1967 in Kobe, Japan, hat ihre Kindheit und Jugend als Tochter eines belgischen Diplomaten hauptsächlich in Fernost verbracht. Seit ihrer Jugend schreibt sie wie besessen. In Frankreich stürmt sie mit jedem neuen Buch die Bestsellerlisten und erreicht Millionenauflagen. Ihre Romane erscheinen in 39 Sprachen. Für 'Mit Staunen und Zittern' erhielt sie den Grand Prix de l'Académie française. Amélie Nothomb lebt in Paris und Brüssel.
Rezensionen
Amélie Nothomb lässt sterben

Der Graf Neville ist ein glücklicher Mann. Das merkt man allein daran, dass es niemanden in seinem Umfeld gibt, den er gerne erschießen würde. Aber gut, er ist eben eine Romanfigur, da mag das vorkommen. Dafür hat der Graf Geldsorgen, so wie alle anständigen Adeligen mit einem feudalen Schloss, das würdevoll zerbröckelt, und Sorgen um seine schwierige jüngste Tochter. Ein Setting, das in seiner bodenständigen Noblesse noch besser zu Amélie Nothomb passt als dieses, hätte die Autorin kaum finden können.

Dass auch ihre eigene Familie früher ein Schloss zu unterhalten hatte, erwähnt sie selbst im Roman: "Die Nothombs verkauften ihr Schloss Le Pont d'Oye", heißt es nebenbei, als der Graf darüber sinniert, wie viele Bekannte sich ihre Behausungen nicht mehr leisten können. Es handelt sich dabei tatsächlich um das Schloss in der belgischen Provinz Luxembourg, das ihr Vorfahr Pierre Nothomb 1932 kaufte und zur Begegnungsstätte für Künstler machte. Diese Bestimmung hat sich erhalten, doch das Schloss gehört der Familie nicht mehr.

So soll es auch den Nevilles mit ihrem Château du Pluvier bald ergehen. Zuvor aber plant der Graf seine alljährliche Gartenparty. Aber seine Tochter Sérieuse (so hätte Thomas Mann sie wohl auch genannt) landet zuvor durch eine seltsame Verkettung von Umständen bei einer Wahrsagerin, und als der Vater sie abholt, bekommt er prophezeit: Er werde auf seiner Party einen Gast töten.

Das stürzt ihn in entsetzliche Nöte. Vor allem, weil er sich auf seine Qualitäten als Gastgeber so viel zugutehält. Er möchte die Wahl des Opfers keinesfalls dem Schicksal überlassen, also muss jemand gezielt sterben. Aber wer?

Die Suche nach einem potentiellen Opfer gestaltet sich überaus amüsant. Der Graf erkundigt sich etwa bei seiner Gattin, wen sie denn so gar nicht leiden könne. "Letzten Monat bei den Wouters besaß Charles-Édouard van Yperstal die Unverschämtheit, mir zu sagen, dass ich immer noch schön sei", antwortet sie. Brigitte Große hat diesen und andere wundervolle Sätze mit einer großen Leichtigkeit übersetzt, die der Eleganz der französischen Vorlage absolut gerecht wird.

Immer noch schön - es wurden Leute wahrhaftig schon für weniger zur Rechenschaft gezogen. Aber es findet sich kein geeigneter Kandidat, bis Sérieuse sich anbietet. Sie empfinde seit Jahren nichts mehr, der Tod komme ihr gelegen. Es folgen zähe Verhandlungen mit dem Vater, die die schriftstellerische Qualität von Amélie Nothomb fassbar machen: Der Gedanke, die Tochter zu erschießen, wirkt beim Lesen kaum absonderlich. Einer muss ja nun sterben, und der Ruf der Familie darf nicht über Gebühr leiden.

Man hofft, dass Amélie Nothomb niemals auf den Gedanken kommt, eine Sekte anzuführen. Jeder, der ihrem feinen Witz erliegt, würde ihr in allem folgen. Zum Glück bleibt ihr beim enormen Output von einem Roman pro Jahr kaum Zeit für eine Zweitkarriere als Sektenguru. Sie möge also immer so weiterschreiben: Die Literatur profitiert von ihrer charmanten Überzeugungskraft.

JULIA BÄHR.

Amélie Nothomb: "Töte mich". Roman.

Aus dem Französischen von Brigitte Große. Diogenes Verlag, Zürich 2017. 112 S., geb., 20,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.09.2019

NEUE TASCHENBÜCHER
Charmant
monströs
Sérieuse ist eine 17-jährige belgische Grafentochter, der Vater hat das Erbe verpulvert und muss das Familienschloss verkaufen, bisher die Kulisse für rauschende Gartenparties, seiner einzigen Raison d’Être. Die Mutter findet immer alles toll, die älteren Geschwister haben sich emanzipiert. Die unbeachtete Sérieuse hat aus der Not emotionaler Aushungerung eine Tugend kühler Logik entwickelt, deren hinreißende Rhetorik den Charme des Buchs ausmacht. Um es doch mal zu wissen, haut sie ab, wird im Wald von einer Frau gefunden, die dem Vater, den der Aufwand belastet, voraussagt, dass er bei der letzten Party einen Gast töten wird. Rein gesellschaftlich geht das gar nicht, der Graf ist ratlos. Die Tochter hat ihn am Wickel und stürzt ihn in emotionale Abgründe. Ihr Angebot: „Töte mich“. Nothombs Moritat einer vernachlässigten Tochter – in der Nachfolge von Oscar Wildes „Verbrechen des Lord Arthur Savile“ – und ihrer überlegenen Strategien liest sich leicht, das Belustigende ist ernst wie Zeichnungen von Sempé, und Kritik an achtlosen Eltern lässt sich kaum charmanter vortragen – sofern so etwas überhaupt jemals sein darf. RUDOLF VON BITTER
Amélie Nothomb: Töte mich. Roman. Aus dem Französischen von Brigitte Große. Diogenes Verlag, Zürich 2019.
112 Seiten, 10 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Amélie Nothomb ist Kult: Ihre Romane haben Millionenauflagen. In ihren Romanen geht es morbide und makaber zu, jedenfalls nicht moralisch und schon gar nicht brav.« Martin Ebel / Tages-Anzeiger Tages-Anzeiger