Die Geschichte Europas ist auch eine Geschichte der Toleranz. Überwiegend war sie jedoch das Gegenteil: eine Geschichte der Intoleranz. Umso bemerkenswerter, dass Europa schließlich sogar begann, sich darüber zu definieren, sprich Toleranz als das ethische Prinzip zu betrachten, dem es zu entsprechen hat. Zwar gilt dies nicht für Europa allein, doch es ist Europa, das darin seine Mission finden sollte. Im Kontrast zu dem, was es weltweit an Intoleranz verschuldet hat, müsste es sich als eine Kultur der Toleranz positionieren. Den ethischen Anspruch hätte es dabei an sich selbst zu richten und so zu einem Beispiel für gelebte Toleranz zu werden. Warum dies so sein sollte, darum geht es in diesem Buch.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Toleranz hat Tücken, das weiß jeder. Rezensent Christophe Büchi ist dem österreichischen Philosophen Heinrich Schmidinger dankbar, dass er noch mal eine Geschichte der Toleranz in Europa vor uns ausbreitet und dabei diese Widersprüchlichkeiten des Begriffs nicht auslässt. Geht Toleranz für Intoleranz? Wer entscheidet überhaupt, wer tolerant ist und wo die Grenzen der Toleranz liegen? Die Idee der Toleranz ist alt, hat ihre Vorläufer in der Antike, lernt Büchi bei Schmidinger. Aber das Referat stimmt ihn auch melancholisch. Der Idee der Toleranz schlage heute ein "eisiger Gegenwind" entgegen. Toleranz sei überhaupt nur möglich, wenn man selbst über einen "vielstimmigen Wahrheitsbegriff" verfüge. Aber allzu viele Spuren dieses Begriffs findet Büchi in aktuellen Debatten nicht mehr. Um so mehr kann er Schmidingers Vademecum zur Lektüre empfehlen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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