"1914 als junger Mann in all das hineinzugeraten, war eine keineswegs weniger schreckliche Erfahrung als 1939 ... 1918 waren alle meine engen Freunde mit nur einer Ausnahme tot." So äußerte sich Tolkien zu Deutungen, die im "Herrn der Ringe" eine Reaktion auf den Zweiten Weltkrieg sahen. John Garth beschreibt hier zum ersten Mal ausführlich, wie Tolkien in seiner Jugend erlebte, dass die Welt um ihn in der Katastrophe versank. Gerade diese Erfahrungen prägten Tolkiens mythologische Erfindungen maßgeblich, in denen er seine eigene literarische Tradition begründete. Mittelerde und seine Anziehungskraft sind daher nicht aus Eskapismus entstanden, sondern aus dem Drang, das Erlebnis der Verwüstung dichterisch in eine Form zu bringen, die bis heute nachwirkt und fasziniert.
Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Tiefer hat bisher noch niemand in John Ronald Reuen Tolkiens Biografie gebohrt, um nach Antworten auf das Sprachtalent und die eigentümliche Fantasie des Autors zu suchen, berichtet John F. Jungclaussen, und tatsächlich: die Herleitung der mittelerdenen Motive aus Tolkiens Fronterfahrungen im Ersten Weltkrieg, wie John Garth sie in "Tolkien und der Erste Weltkrieg" vollzieht, erscheint plausibler als der häufiger bemühte Bezug auf die frühen Vierzigerjahre, findet der Rezensent. Es war das Erleben der Grabenkämpfe an der Somme, die längst jenseits jeder moralischen Legitimation waren, die Tolkien ein Schlachtfeld für die "Mythologie des Kampfes zwischen Gut und Böse" ersinnen ließen, auf dem trotz der Grausamkeiten klarere Verhältnisse herrschen, erfährt Jungclaussen vom Autor. Leider ist in der deutschen Übersetzung von Garths Buch auch einiges von Tolkiens Sprachwitz verloren gegangen, bedauert der Rezensent.
© Perlentaucher Medien GmbH
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