'This is Graham Swift at his impressive best' Times Literary Supplement
On a midsummer's night, Paula lies awake, Mike, her husband of twenty-five years, asleep beside her, her two teenage children, Nick and Kate, sleeping in nearby rooms. The next day, she knows, will define all their lives.
As morning approaches, Paula recalls the years before and after her children were born. Her story is both a celebration of love possessed and a moving acknowledgement of the fear of loss, the fragilities, illusions and secrets on which even our most intimate sense of who we are can rest.
'Paula talks the way that people actually talk . . . this is part of Swift's overwhelming honesty as a writer: he writes the way that life goes' Anne Enright, Guardian
'The rhythms of long-term partnership become the rhymes of the narrative itself . . . a subtle picture emerges of how coupledom is deepened by parenthood' Robert MacFarlane, Sunday Times
'As assured and subtle as ever . . . Swift artfully reminds us that no set of relationships is ever free from complication and concealment' Spectator
'Paula's anguish is beautifully captured, as is her tenderness towards her loved ones' Mail on Sunday
On a midsummer's night, Paula lies awake, Mike, her husband of twenty-five years, asleep beside her, her two teenage children, Nick and Kate, sleeping in nearby rooms. The next day, she knows, will define all their lives.
As morning approaches, Paula recalls the years before and after her children were born. Her story is both a celebration of love possessed and a moving acknowledgement of the fear of loss, the fragilities, illusions and secrets on which even our most intimate sense of who we are can rest.
'Paula talks the way that people actually talk . . . this is part of Swift's overwhelming honesty as a writer: he writes the way that life goes' Anne Enright, Guardian
'The rhythms of long-term partnership become the rhymes of the narrative itself . . . a subtle picture emerges of how coupledom is deepened by parenthood' Robert MacFarlane, Sunday Times
'As assured and subtle as ever . . . Swift artfully reminds us that no set of relationships is ever free from complication and concealment' Spectator
'Paula's anguish is beautifully captured, as is her tenderness towards her loved ones' Mail on Sunday
Wie soll man den Kindern von dem anderen Mann erzählen? Der Engländer Graham Swift begibt sich in die Gedankenwelt einer Frau, die vor einer delikaten Aufgabe steht.
Was zeichnet einen großen Schriftsteller aus? Das Anspruchsvolle seiner Kunst hat auch das Ansprechende zu sein. Und dies sollte der Dichter in einem neuen Werk so zur Geltung bringen können, dass er keinesfalls als tumber Wiederholungstäter dasteht. Graham Swift, 1949 in London geboren, ist ein Künstler dieser seltenen Spezies. Der Verfasser von zwei Erzählbänden und zehn Romanen gehört zu den wichtigsten Autoren der Nachkriegsgeneration seines Landes. Im Zentrum seiner Prosa steht häufig eine Person in einem krisenhaften Moment. Die Handlung ist ereignisarm, der oft mittelalte und aus der englischen Mittelklasse stammende Held sucht nach einer Wahrheit, die sich im intensiven selbsttherapeutischen Nachdenken über die Vergangenheit ergibt. Am Ende der inneren Monologe ist das Gesamtbild der Figur plausibel. Dabei ist der Leser erstaunt darüber, wie es gelingt, die im Grunde alltäglichen inneren Kämpfe eines unauffälligen Bürgers als beachtliche Taten erscheinen zu lassen, die von der Umwelt bis dato nur noch nicht wahrgenommen wurden. Als Gewinner gehen sowohl der Protagonist als auch der Bücherfreund vom Feld; beide sind nun reicher an Erlebnissen, Erfahrungen und Erkenntnissen.
Obschon alle Betrachtungen auf eine umstürzende Enthüllung zusteuern, sind die kleinen Geheimnisse interessanter, die en passant gelüftet werden. In den anbrandenden Wellen des Gestern drohen die Grübelnden und Berichtenden zu ertrinken; ihr Strohhalm ist die Hoffnung, dass die Lebensbeichte, die meist eine fatale Selbstgerechtigkeit entblößt, die Zukunft positiv beeinflusst. Im Dasein der Memorierenden und Meditierenden verstreicht nur wenig Zeit. Der Adressat der atmosphärisch dichten, im Plauderton vorgetragenen Äußerungen ist abwesend; ihn vertritt der Leser, der insgeheim der Maxime des Romanciers zustimmt: "Das Erzählen hält sich nicht an Fakten und ist doch kein Betrug."
Die Cleverness des in Cambridge geschulten Literaturwissenschaftlers Graham Swift liegt darin, seine erzählerischen Instrumente nie alle gleichzeitig, als dröhnendes Orchester einzusetzen, sondern sie einzeln erklingen zu lassen. So fällt beispielsweise die schwierige Lage des Archivassistenten Prentis im Roman "Alias Federball" (1983) auf. So sticht im Roman "Ein ernstes Leben" (1986) die revuehafte Art heraus, in der Willy Chapman, ein Süßwarenhändler, seinen letzten Tag passieren lässt. So sind die frappierenden Bekenntnisse des Geschichtslehrers Tom Crick im Roman "Wasserland" (1984) wie ein Winseln, das das Unvermeidbare vermeiden helfen soll. So drängen sich im Roman "Letzte Runde" (1997) die peu à peu durchschaubar werdenden Rätsel nach vorn, die sich um den Metzger Jack Dodd ranken. Und so bleibt vom Roman "Das helle Licht des Tages" (2003) vor allem das gedankliche Ringen des Privatdetektivs George Webb im Gedächtnis.
Von dem nun auf Deutsch erschienenen Roman "Im Labyrinth der Nacht" wird man sich vermutlich vor allem an den Bewusstseinsstrom der Protagonistin Paula Hook erinnern. Die neunundvierzig Jahre alte Frau liegt im Bett und denkt an ein Ereignis, dessen Eintreten sie für den nächsten Tag erwartet. Wir schreiben das Jahr 1995. Paula ist eine angesehene Kunsthändlerin und lebt mit ihrem Mann Mike, einem gutsituierten Zeitschriftenverleger sowie ihren zwei Kindern in London. Die von ihr geschilderten Begebenheiten, Gefühle, Eindrücke und Ansichten wenden sich an ihre momentan schlafenden, sechzehn Jahre alten Zwillinge Nick und Kate: Am nächsten Tag sollen die beiden mehr erfahren über ein offenbar erschreckendes Detail, das ihre Herkunft betrifft.
Zuvor jedoch geht es um menschlich-allzumenschliche Vorkommnisse im Leben von Paula und ihrer Familie, die der Autor Swift in schöner Schlichtheit beschreibt: wie zum Beispiel Paula, als sie noch ein Kind war, ihrem Vater, einem Obersten Richter, heimlich bei der Arbeit zuschaute; wie eine Katze ein Liebespaar zu Sex inspiriert; wie jemand fremdgehen muss, um die Liebe zu seinem Partner zu erproben; und wie ein "Lied über Kummer und Herzleid und Trennung" zwei Menschen an ihr Glück und ihre Zusammengehörigkeit erinnert. Vor allem in diesen Momenten wird der von Barbara Rojahn-Deyk einfühlsam ins Deutsche übersetzte Roman zu einem Buch, das man nur ungern aus der Hand legt.
Die Prosa von Graham Swift enthält viele feinsinnige Beobachtungen über die Widersprüchlichkeit der Conditio humana. "Im Labyrinth der Nacht" erweist er sich dabei abermals als Meister der Empathie. Wie kann sich jemand von einer Person angezogen fühlen, die im Umgang die Grenzen des guten Benehmens überschreitet? Wie soll es ohne viele Worte einleuchten, dass eine Mutter über ihre geliebten Kinder denkt: "Ihr seid ein Wunder, ihr seid eine Freude, ihr seid eine Qual"? All dies ist möglich, weil der Autor seiner Haltung folgt, am besten nur über das zu schreiben, was er nicht kennt, um der Phantasie genug Raum zu geben.
Wie bei manch anderen früheren Veröffentlichungen Swifts hat die angelsächsische Kritik auch auf diesen Roman reserviert reagiert. Es scheine bizarr, dass eine Frau trotz enger Beziehung zu ihrem Nachwuchs fürchte, eine überraschende Mitteilung könne in ein familiäres Desaster führen. Es sei unglaubhaft, dass eine Mutter ihren Kindern von einem Ehebruch minutiös erzähle. Und es zeuge von einer übermäßig kontrollierten Erzählweise des Autors, dass er seine Heldin Paula erst nach langem Anlauf zum Kern ihres Anliegens vordringen lasse. Doch wer derart argumentiert, hat wenig verstanden. Allein ein poetischer Riese stellt das vermeintlich Unlogische als das einzig und nachvollziehbar Logische dar. In seinem Roman "Im Labyrinth der Nacht" zeigt sich Graham Swift auf der Höhe seines Schaffens.
THOMAS LEUCHTENMÜLLER
Graham Swift: "Im Labyrinth der Nacht". Roman.
Aus dem Englischen von Barbara Rojahn-Deyk. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2011. 318 S., br., 14,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main