Als Toni und Toni sich kennenlernen, ist sie Tänzerin, er arbeitet an der Pforte der Einrichtung, in der sie probt. Es dauert nicht lange, bis sie ihn überredet hat, mit ihr ein Tanzprojekt umzusetzen, ein wenig länger, bis sie sich durch diese Proben näherkommen und ein Paar werden. Doch als Toni
(weiblich) kurz nach der Generalprobe zu ihrem Stück einen „Unfall“ hat, bricht das gemeinsam…mehrAls Toni und Toni sich kennenlernen, ist sie Tänzerin, er arbeitet an der Pforte der Einrichtung, in der sie probt. Es dauert nicht lange, bis sie ihn überredet hat, mit ihr ein Tanzprojekt umzusetzen, ein wenig länger, bis sie sich durch diese Proben näherkommen und ein Paar werden. Doch als Toni (weiblich) kurz nach der Generalprobe zu ihrem Stück einen „Unfall“ hat, bricht das gemeinsam aufgebaute Luftschloss in sich zusammen. Toni (weiblich) verfällt in Depressionen, greift zu alten Mustern der Selbstverletzung, verlässt kaum noch das Bett. Toni (männlich) hingegen fällt es schwer, sich den Aufgaben des Alltags zu stellen. Er flüchtet sich in den Zen-Buddhismus und das Erlernen der japanischen Sprache. Die Beziehung steht vor der Zerreißprobe.
Als ich mir die Longlist des Deutschen Buchpreises angesehen habe, ist mir das schmale Bändchen „Toni & Toni“ von Max Oravin nicht sofort ins Auge gefallen. Erst als ich „Tanz“, „Japanisch“ und „Buddhismus“ las, drei Dinge, die auch in meinem Leben eine Rolle gespielt haben, war mein Interesse geweckt. Und auf den ersten Seiten war ich auch durchaus angetan davon, wie schnell Oravin eine Stimmung aufgebaut hat, die körperlich fast greifbar war. Ich habe mich wirklich auf die weitere Lektüre gefreut.
Die Begeisterung begann aber recht zügig im Sande zu verlaufen. In erster Linie lag das daran, dass der Roman jenseits der fühlbaren Atmosphäre mir nicht viel zu bieten hatte. Die Geschichte/Entwicklung kam nicht so wirklich in Gang, die Charaktere blieben hölzern und farblos, obwohl Toni (männlich) als Erzähler durchaus in die analytische Tiefe geht. Aber vielleicht lag es genau daran, vielleicht blieb alles zu verkopft, zu choreografiert, um im metaphorischen Bild zu bleiben. Die Gefühlsebene blieb für mich künstlich und hat im Gegenzug bei mir auch keine Emotionen ausgelöst. Mein Interesse schwand dann auch von Seite zu Seite mehr, weitergelesen habe ich in erster Linie, weil ich erwartet und erhofft habe, dass noch irgendetwas Weltbewegendes passieren würde.
Darüber hinaus hatte ich noch mehrere kleinere Probleme mit diesem Buch. Inwieweit es realistisch ist, dass eine professionelle Tänzerin mit einem absoluten Laien eine brauchbare Vorstellung aufziehen kann, sei mal dahingestellt. Auch, ob es möglich ist, in so kurzer Zeit ein so tiefes Verständnis für die japanischen Kanjis und die Lehren des Zen-Buddhismus zu entwickeln (vielleicht spricht da aus mir auch nur der Neid). Befremdlich fand ich eher, dass selbstverletzendes Verhalten überhaupt kein Anlass zur Beunruhigung zu sein schien, sondern eher eine Art künstlerisch-kreativen Hobbys, wenn nicht sogar normale Alltagshandlung. Und es fiel mir zunehmend schwerer, den Zeitsprüngen zu folgen – was aber durchaus auch am stetigen Sinken meines Aufmerksamkeitslevels gelegen haben kann.
Ich bin mir bewusst, dass meine Kritikpunkte vielleicht ein wenig forciert und haltlos erscheinen mögen, aber eigentlich spiegelt das genau das, was ich beim Lesen empfunden habe. Viel Konstrukt, dazwischen viel Luft und wenig Substanz.
„Toni & Toni“ ist ein dünnes Buch, und einer der wenigen Fälle, in denen das auch gut so ist. Oravin kann schreiben, das möchte ich ihm überhaupt nicht absprechen, und ich kann auch nicht behaupten, mich während der Lektüre ernsthaft gelangweilt zu haben. Es gibt bestimmt viele, die dieser Roman ansprechen wird, die viel daraus mitnehmen können, aber für mich hat es nicht gepasst und ich sehe ihn auch nicht auf der Shortlist des Deutschen Buchpreises 2024. Darum von mir leider keine Leseempfehlung.