»Gegen das Verdrängen von Tod und Sterben«Drei Tage lang hielt Maren Wurster für ihren Vater Totenwache. Sein Körper lag aufgebahrt in einem Raum, für sie stand ein Bett darin. Ihr 5-jähriger Sohn war über lange Strecken da, auch ihre demenzkranke Mutter nahm Abschied von ihrem Mann. Die Autorin blieb sogar über Nacht - und schlief tief und fest. Aufbauend auf dieser persönlichen Erfahrung erkundet Maren Wurster die Totenwache aus philosophischer, historischer und gesellschaftskritischer Perspektive. Sie betrachtet verschiedene kulturelle Umgangsweisen mit dem Tod ebenso wie aktuelle Themen, etwa die Unmöglichkeit, in Corona-Zeiten Sterbende würdevoll zu begleiten. Es ist ein Plädoyer für Akzeptanz, für das Aushalten, für das Zumuten, für das Fühlen, das nur möglich ist in einer Gesellschaft, in der die Toten einen Platz haben, die Raum lässt für Nichtfunktionieren und Schmerz. Eine Gesellschaft, in der das Sterben nicht verdrängt wird, sondern das sein darf, was es ist: Teil desLebens.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Beeindruckt liest Rezensentin Eva Behrendt die beiden fast zeitgleich erscheinenden Bücher der Berliner Autorin Maren Wurster, die sich zwar mit Fragen von Fürsorge und Mutterschaft beschäftigen, die Behrendt aber keinesfalls unter die Schlagworte Care-Literatur oder "Regretting Motherhood" subsumieren möchte. Dafür schreibe und denke Wurster zu neugierig, intensiv und doch durchlässig. Besonders gefällt der Rezensentin, wie genau Wurster auf die Verletzlichkeit von Körpern blickt. In ihrem Essay berichtet sie von der Totenwache, die sie für ihren verstorbenen Vater abgehalten hat, inklusive Waschen, Herrichten und Schlafen in Gegenwart des Leichnams. Eine Situation "von höchster Intensität" erlebt Behrendt hier, verbunden mit philosophischen, aber auch praktischen Gedanken im Umgang mit Tod und Verlust.
© Perlentaucher Medien GmbH
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