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Axel Hüttes "Spiegelungen" spielen mit dem Mythos des Narziß, der sich in sein Spiegelbild verliebt und diese Liebe mit dem Tod bezahlt. Seit der Erfindung dieses Mythos im Allgemeinen und des Spiegels im Besonderen üben Wasseroberflächen, vor allem, wenn sie von Bäumen umgeben sind, eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Hüttes neue Bilder sind in gewissem Sinne Weiterentwicklungen seiner Urwald-Aufnahmen. Beim Blick durch sein Objektiv entdeckte er eines Tages das aufrecht stehende Spiegelbild einer menschlichen Gestalt auf der dunkelgrünen Oberfläche eines Gewässers. Die Plattenkamera,…mehr

Produktbeschreibung
Axel Hüttes "Spiegelungen" spielen mit dem Mythos des Narziß, der sich in sein Spiegelbild verliebt und diese Liebe mit dem Tod bezahlt. Seit der Erfindung dieses Mythos im Allgemeinen und des Spiegels im Besonderen üben Wasseroberflächen, vor allem, wenn sie von Bäumen umgeben sind, eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Hüttes neue Bilder sind in gewissem Sinne Weiterentwicklungen seiner Urwald-Aufnahmen. Beim Blick durch sein Objektiv entdeckte er eines Tages das aufrecht stehende Spiegelbild einer menschlichen Gestalt auf der dunkelgrünen Oberfläche eines Gewässers. Die Plattenkamera, mit der Hütte arbeitet, gibt die Welt auf dem Kopf stehend wieder und zeigte ihm das Spiegelbild jetzt in nochmaliger Umkehrung, also "richtig" herum. Diese Entdeckung faszinierte ihn so, dass er den Spie gelungen eine eigene, seine jüngste Serie widmete. Ausgehend von einem an sich einfachen optisch-physikalischen Gesetz gelangte er zu Bildern, die die Wahrnehmung nachhaltig irritieren und unseren Sinnen scheinbar spielerisch Rätsel aufgeben. Die Wasseroberflächen, die wir sehen, sind unleugbar real Hütte bearbeitet seine Photographien nicht digital , und doch hinterlassen herabgefallene Blätter oder aufgebrochenes Eis Spuren von Irrationalität in den Bildern. Sie wirken seltsam fremd, wie im Traum gesehen und der greifbaren Wirklichkeit entrückt.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.09.2010

Sein und Schein
Axel Hütte bei Schirmer/Mosel und Johannes Wende bei Biedermann präsentieren zwei überaus spannende Positionen der Naturfotografie
Von Evelyn Vogel
München – Da sind Blätter, die kleinen Fischschwärmen ähneln, aber durch den Wald zu schwimmen scheinen, merkwürdige Gebilde erinnern an Flugsaurier, die mit weiten Schwingen durch das Dickicht segeln, Bäume, Sträucher, Blattwerk – alles ist erkennbar und wirkt doch sehr fremd und unwirklich. Der Betrachter von Axel Hüttes großformatigen Fotografien steht irritiert vor den Motiven, im festen Glauben zu wissen, was er sieht – und zugleich heftigst daran zweifelnd.
Hütte spielt in seinen Spiegelungen ganz bewusst mit Sein und Schein, mit einer Verschiebung der Wahrnehmung. Seine Technik der Verstörung: Mit seiner großformatigen Plattenkamera nimmt er die Spiegelungen des Waldes im See auf und dreht die analogen, durch die Plattentechnik auf dem Kopf stehenden Aufnahmen um 180 Grad. Treibende Blätter, Kräuselungen des Wassers und Lichtreflexionen wirken als Störfilter, die den Aufnahmen mitunter etwas Pastoses verleihen, sie wie Gemälde erscheinen lassen, deren Firnis durch das Alter gerissen ist. So verwandelt er schlichte Naturphänomene in irreal wirkende Kompositionen.
Axel Hütte zählt zu den bekanntesten deutschen Fotografen der Gegenwart. Er studierte von 1973 bis 1981 in der Klasse von Bernd Becher an der Düsseldorfer Kunstakademie – neben Andreas Gursky, Candida Höfer, Thomas Ruff und Thomas Struth, allesamt Fotografen, die mit ihren Arbeiten in den vergangen zwei Jahrzehnten das Medium Fotografie zur Kunstgattung erhoben. Hüttes Anfänge galten dem Porträt, später widmete er sich intensiv dem urbanen Raum. Mitte der neunziger Jahre begann Hütte, Landschaften zu fotografieren. Er suchte nach unberührten Welten und fand sie in der Schweiz oder in Island, zuletzt reiste er vor allem durch die Tropen.
Mit seinen neuesten Arbeiten „Towards the Wood“, von denen eine kleine, aber feine Auswahl im Showroom von Schirmer/Mosel zu sehen ist (wer mehr sehen möchte, der sei auf den Katalog verwiesen), kehrte der 59-Jährige nach Europa zurück. Für seine Spiegelungen suchte er spezielle Konstellationen wie einen Wasserspiegel, der knapp unter Uferhöhe liegt, und dunkle, stille Wasser. Die Weiher seiner Vorstellung fand er ebenso im Bayerischen Wald wie im spanischen Aranjuez. In gewisser Weise kehrt er mit diesen Arbeiten auch zu seinen Ursprüngen zurück, spielt das Porträt doch auch wieder eine Rolle in diesen Arbeiten – wenngleich auch mit fast Opheliahaften Anklängen. Und ein weiterer Aspekt leuchtet dem Betrachter aus den Spiegelungen entgegen: Die Verliebtheit des Narziss, der trunken vor Entzücken sich in seinem Spiegelbild verliert. Dies passt ganz wunderbar zu den naturhaften, von ihm als „Traumsequenzen“ bezeichneten Arbeiten, mit denen Axel Hütte den Betrachter einlädt, mit ihm in den Wald zu entschwinden.
Wer die Arbeiten Hüttes zum Thema Naturfotografie gesehen hat, sollte die von Johannes Wende nicht verpassen. Der 32-jährige Münchner stellt unter dem Titel „Zweige und Blätter“ derzeit sechs großformatige Arbeiten aus den Jahren 2008 bis 2010 in der Galerie Biedermann aus. Seine frühe Faszination fürs Alltägliche und fürs Besondere im Alltäglichen kommt hier zum Ausdruck. Und sein Spaß an der Verschiebung der Wahrnehmung.
Erste Arbeiten widmet Wende, der in München zunächst Kommunikationswissenschaft, Medienrecht und Psychologie, später an der Kunstakademie Malerei studiert und danach an die Filmhochschule wechselt, kleinen Dingen, die er ganz groß herausbringt. Das Innere von Verpackungen wie Nudelschachteln oder Getränkekartons fotografiert er so, dass der Betrachter den Eindruck hat, vor Aufnahmen mächtiger Industriearchitektur zu stehen. Spaghetti schieben sich wie Industrierohre durch vermeintlich mächtige Gebäudetrakte, Wasser schwappt durch Getränkekartons, so dass es aussieht, als ob riesige Hallen in Fluten versinken würden. Oft kombiniert mit Bewegung und zum Teil auch mit Musik, entstehen daraus multimediale Installationsreihen und kleine Filme. Konzentrierte sich Wende bis dahin auf Innenräume, so richtet sich sein Blick nun allmählich nach draußen. „Die sechs Elemente“, eine Serie aus dem Jahr 2007, entsteht zwar nach dem gleichen fotografischen Prinzip wie die Arbeiten zuvor, doch nun scheinen die Bilder die Erdatmosphäre zu zeigen. Eine himmlische Täuschung – ganz erdnah aus Getreide und Wasser, die durch die Lichtbrechung eine transzendentale Überhöhung erfährt.
Während eines Stipendienaufenthalts in einem Atelier mit Garten „wagt er sich zum ersten Mal zur Tür heraus“, wie er sagt und fotografiert von nun an Gestrüpp. „Das ganz Leere und das ganz Volle“, findet er, „sind sich sehr ähnlich“. Mit seiner Kamera rückt er nun ganz dicht heran und mitten hinein in die Natur. In den Wäldern rund um das Kernforschungszentrum Garching findet Johannes Wende fortan seine – wie er es nennt – „unspektakulären Ansichten“, mit denen er den Weg vom ganz Kleinen zum ganz Großen geht.
Zunächst fotografiert er noch Totalen, Bilder, die zeigen, was tatsächlich zu sehen ist. Dann rückt er immer näher heran und zugleich wird seine Aufnahmeposition niedriger. Ganz erdnah baut Wende seine großformatige Kamera auf, fokussiert auf eine Ebene in drei Metern Entfernung, so dass jede andere Distanz ihrer realen Wahrnehmung verlustig geht. Winzige Äste erscheinen dadurch wie Baumriesen, Büsche wirken wie dichter Dschungel. So fotografiert er sich durch die Jahreszeiten, ebenso fasziniert von der Kahlheit des Winters wie der sonnendurchfluteten Pracht des Sommers. Das Blattwerk entwickelt mitunter einen Sog, der dem Betrachter fast ein Schleudertrauma verursacht, schaut er nur lange genug und intensiv hin. Überhaupt: So still die Fotos auf den ersten Blick wirken, je länger man sich mit ihnen beschäftigt, desto filmischere Qualitäten offenbaren sich dem Betrachter. Ihnen ist Bewegung zu eigen.
Axel Hüttes waldige Traumsequenzen und Johannes Wendes unspektakuläre Ansichten von Zweigen und Blättern – zwei Positionen der Naturfotografie, die den vergleichenden Besuch lohnen.
Axel Hütte: „Towards the Wood“, Schirmer/Mosel Showroom, München, Galeriestr. 2, geöffnet Mo-Fr 12-19 Uhr, Sa 12-15 Uhr; bis 30. Oktober. Katalog (Schirmer/Mosel) 58 Euro.
Johannes Wende: „Zweige und Blätter – Branches and Leaves“, Fotografien in der Natur, Galerie Biedermann, München, Maximilianstr. 25, geöffnet Di-Fr 10-18 Uhr, Sa 11-14 Uhr; bis 16. Oktober. Katalog „Videos und Fotografien 2000-2010“ (in der Ausstellung) 20 Euro.
Die Weiher seiner Vorstellung
fand Axel Hütte im
Bayerischen Wald.
Mit seiner Kamera rückt
Johannes Wende ganz dicht
heran an die Natur.
Wahre Traumsequenzen hat Axel Hütte in seiner Serie „Towards the Wood“ geschaffen, links: Porträt #23 von 2006; gänzlich unspektakulären Ansichten widmet sich Johannes Wende, seine bevorzugten Motive zum Thema „Zweige und Blätter“ fand der junge Münchner Fotograf in den Wäldern rund um das Garchinger Kernforschungszentrum. © 2010 Axel Hütte / courtesy Schirmer/Mosel; Johannes Wende
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