Die dreißiger und frühen vierziger Jahre waren für Horkheimer eine Zeit von außerordentlicher Produktivität: In rascher Folge verfaßte er diejenigen Texte, die heute als Kernbestand der Kritischen Theorie gelten. Eine entscheidende Rolle spielte dabei der lebendige intellektuelle Zusammenhang, in den Horkheimer durch die Zeitschrift für Sozialforschung und das in jenen Jahren besonders aktive Institut für Sozialforschung eingebettet war. Die tägliche Arbeit mit Wissenschaftlern verschiedener Geistes- und Sozialwissenschaften ermöglichte ihm eine ständige Diskussion und Erprobung seines Konzepts einer "kritischen" Theorie der Gesellschaft, die die engen Fachgrenzen überschreiten und sich an den realen Bedürfnissen der Menschen orientieren sollte. Die fünf ausgewählten Aufsätze zählen zu den bedeutendsten Arbeiten dieser Zeit. Insbesondere der Titelessay Traditionelle und kritische Theorie ist, neben der Dialektik der Aufklärung, als zentraler Text der Kritischen Theorie und zugleich als deren Programm zu lesen. Wie überzeugend Horkheimer seinen Entwurf einer materialistischen Geschichtstheorie in konkrete historische und soziologische Analyse umzusetzen verstand, wird deutlich an dem großen Aufsatz Egoismus und Freiheitsbewegung und an seinem Beitrag zu den Studien über Autorität und Familie. Der 1942 entstandene Essay Vernunft und Selbsterhaltung markiert bereits den Übergang zu der in der Dialektik der Aufklärung vertretenen vernunftkritischen Position. Als Textgrundlage dieser Auswahl dienen - die von Alfred Schmidt und Gunzelin Schmid Noerr herausgegebenen Gesammelten Schriften, in deren Anmerkungen auch inhaltlich bedeutsame Varianten wiedergegeben sind.
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