Statt Tagebuch zu führen protokolliert Meret Oppenheim in allen Lebensabschnitten ihre Träume. Bei der Niederschrift vermeidet sie jede Poetisierung. Ihr Blick ist auf die Wirklichkeit, das Ereignis, die Normalität des Traums gerichtet. In dieser bewußten Zurückhaltung ist ein künstlerisches Credo enthalten; die eigentliche Leistung sieht die Künstlerin in Disziplin und Intensität ihrer Aufnahmebereitschaft. Die Traumtechniken des Kopierens, Imitierens, der Mimikry, die im Traum am Werk sind, wendet sie auf allen Arbeitsfeldern an. Ebenso wie die Gedichte (2002) können die Traumaufzeichnungen den Blick auf die traumanalogen, kinematographischen Verfahren ihrer Arbeit an den Objekten (»Pelztasse«) und Bildern lenken.Erweiterte Neuausgabe des 1986 im Verlag Gachnang & Springer erschienenen Bandes; mit einem neuen Nachwort der Herausgeberin.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Sehr angetan zeigt sich Burkhard Müller von Meret Oppenheims Aufzeichnungen ihrer Träume. Die Künstlerin widersteht zu seiner Freude weitgehend der Versuchung, die Träume zu deuten. Stattdessen findet er immer wieder Skizzen und kleine Bilder, die das Traumgeschehen bildlich darstellen. Deutlich wird für ihn dadurch, wie sehr Oppenheims Werk mit ihren Träumen in Verbindung steht. Dass die Künstlerin unter dem Einfluss von C.G. Jung gelegentlich doch ein wenig interpretiert, missfällt Müller ein bisschen. Das ist allerdings die Ausnahme. Insgesamt hat ihn der "liebevoll" edierte Band doch sehr gefallen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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»Anders als für die Surrealisten war für Meret Oppenheim nicht Sigmund Freud die Autorität in Sachen Traumdeutung, sondern ... Jungs Theorie, wonach das menschliche Seelenleben stets zweipolig sei, jeder Mensch männliche und weibliche Seelenanteile aufweise, wurde für Oppenheim zentral, gerade in Auseinandersetzung mit der schwierigen Situation als Künstlerin in einem von Männern dominierten Kunstbetrieb.« Oliver Pfohlmann WDR 3 20101229